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Alt 13.08.2016, 19:12
Benutzerbild von Geli-Emilie
Geli-Emilie Geli-Emilie ist offline
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Standard AW: Adeno-Karzinom - Dickdarm

Danke, Frank! Aber mit so einem großen Schnitt hätte ich jetzt nicht gerechnet. Kosmetische Probleme habe ich damit nicht, Bikini war früher ;-) Die Frage ist für mich, wieviel meinem Körper mit der OP zugemutet wird. Da wäre ein minimalinvasiver Eingriff wünschenswert. Für den 29. August bin ich in der Asklepios-Klinik in Lich für die stationäre Aufnahme einbestellt, falls ich mich für den Eingriff entscheide. Da wird sicher eine ausführliche Aufklärung stattfinden. Gut, wenn ich dann vorher weiß, welche Fragen ich dabei stellen sollte und was für mich wichtig ist zu wissen, was nach dem OP auf mich zukommt. Nicht, dass ich mir im Nachhinein vorwerfen muss, das eine oder andere im Aufklärungsgespräch nicht beachtet zu haben. Als ich letzte Woche nach Darmspiegelung und Kontrast-CT die Diagnose Adenokarzinom erhielt, habe ich spontan gesagt, dass eine weitere Krebstherapie für mich nicht mehr in Frage kommt, da für mich die Grenze der Leidensfähigkeit mittlerweile überschritten ist. Eine Woche vorher erhielt ich in der gleichen Klinik nach 6 Jahren Ursachenforschung bei allen möglichen Spezialisten die Zusatzdiagnose "SMS", bzw. "SPS" (Stiff-Man-Syndrom/Stiff-Person-Syndrom). Eine Krampf-/Spastik-Krankheit, die unheilbar ist und zu den absolut seltenen Krankheiten zählt. In Deutschland sind lediglich 180 Patienten registriert, die Dunkelziffer liegt mit Sicherheit mehrfach hoch, die Diagnostik ist halt schwierig und für die meisten Ärzte unbekannt. Die Spastiken treten meist nachts auf und haben wohl u. a. etwas mit der Außentemperatur, bzw. plötzliche Temperatursenkungen zu tun, da braucht nur die Bettdecke etwas zu verrutschen, und meine Extremitäten kühlen ab, das löst gleich einen Anfall aus. Das kann so weit führen, dass die Muskulatur sich verselbstständigt und die Gelenke verdreht. Da musste ich schon hilflos miterleben, wie ein Teil des Meniskus einreißt. Die Schmerzen sind höllischisch, die Anfälle dauern bis zu 20 Minuten. Nichts hilft außer sofortiger Hitzezufuhr wie heiße Dusche oder Heißluft (neben meinem Bett liegt immer ein Fön bereit, damit ich die betroffene Muskulatur sofort schockbehandeln kann). Anschließend bin ich physisch und psychisch total ausgelaugt und falle in einen Tiefschlaf, ähnlich wie bei einem Epileptiker – bis zum nächsten Anfall. Wer das mitmacht, wünscht sich nur noch, dass ein Leben mit solchen Episoden nicht mehr lange dauert. In diesen Augenblicken möchte man am liebsten aus dem Fenster springen. Mitten im Sommer laufe ich bei Temperaturen unter 20° mit Skianzug und Handschuhen rum und muss sogar teils in dieser Montur schlafen, wenn es mir gar nicht mehr warm genug wird.. Die dummen Kommentare meiner Mitmenschen sind dabei das geringste Übel.

Die weitere körperliche Belastungsfähigkeit ist ebenfalls stark eingeschränkt durch die COPD 2. Grades, die ich gleich nach der Strahlentherapie bekam, nachdem die Lungenspitze zu viel Strahlung abbekommen hat. 2004 habe ich problemlos im Frühjahr den Dachsteingletscher auf Skiern überquert, im Herbst konnte ich die Treppe im Haus nicht mehr ohne Pause schaffen. Einfache Tätigkeiten werden zum Problem, ich komme sofort außer Atem und muss mich setzen.

Eine Herzklappeninsuffizienz nebenbei auch noch im Juni d. J. festgestellt - das habe ich im Prinzip mehr oder weniger noch mit einem "Aha." quittiert, 4 Stenosen im Halsschlagaderbereich, Zwerchfellhochstand mit ständigen Zwerchfellkrämpfen (es reicht schon, wenn ich mich nur kurz nach vorne beuge, um die Schuhe oder Strümpfe anzuziehen). Insofern ist meine Lebensqualität schon mehr als genug eingeschränkt. Genau das ist mein Problem bei der Entscheidung pro oder kontra Darm-OP. Angst vor eine OP habe ich nicht. Nur Angst, den Eingriff zu bereuen, wenn der Restbestand an Lebensqualität auch noch für lange Zeit gefährdet ist, bzw. auch noch ganz verschwindet. Zudem noch die Möglichkeit besteht, dass auch die Bauchspeicheldrüse befallen ist. Das müsste ich eigentlich auch vorher noch untersuchen lassen, aber noch mehr schlechte Neuigkeiten...???! Ich weiß gar nicht so genau, ob ich dies überhaupt im Moment wissen WILL. Der Verdacht stand jedenfalls letzte Woche auch im Raum. Weitere Polypen im Darm gibt es auch. Die zahlreichen Polypen, die bereits 2004 entfernt wurden, waren schon damals z. T. grenzwertig. Das würde bedeuten, dass es auch in Zukunft zu neuen Polypen kommen kann. Ich befürchte halt, dass es einfach nicht aufhört mit den Diagnosen. Jeder in meiner Umgebung versucht, mir Mut zu machen, ich hätte doch schon so viele Krankheiten überstanden und mich immer wieder aufgerappelt, aber ich muss sagen, dass die Kraft, noch mehr durchzustehen nicht unendlich vorhanden ist und ich einfach nicht mehr kann.

Genau das ist die Frage, die bei mir täglich im Raum steht seit letzter Woche: warum um alles in der Welt soll ich mir überhaupt eine weitere Therapie zumuten? Gebärmutterkrebs mit 30 Jahren, mit Anfang 50 Halslymphknotenmetastasen, Arthrosen in der Wirbelsäule, Schultern und in beiden Knien... Wie lang wird bei mir die Rekonvaleszenzzeit dauern? Durch Eure Berichte sehe ich Letzteres nicht mehr ganz so negativ, aber es bleibt die Angst, ich könnte die OP bereuen. Es ist fast so, als würde ich die neue Diagnose als Alibi sehen, all die anderen Schmerzen für immer los zu sein, wenn ich mich für eine Palliative Behandlung entscheide und ein somit das Ende meines Lebens akzeptiere. Solche Gedanken habe ich schon seit längerer Zeit gehabt.

Dem steht wieder entgegen, dass ich nicht weiß, was dann auf mich zukommt. Ob ich dann bereuen würde, die OP nicht rechtzeitig gemacht zu haben. Wie würde "das Ende" aussehen? Einen solchen Bericht habe ich noch nicht gefunden. Ob mir überhaupt in diesem Fall jemand zuraten würde?

MaraM, ich denke da an Deine Worte:

„Ich würde die OP machen, denn mit fortgeschrittenem Darmkrebs, der dann Palliativ behandelt wird (Chemo, aber andere) lebt es sich....naja.“

Wie ist der Verlauf, wenn ich das Karzinom da lasse, wo es ist und einfach die Zeit arbeiten ließe?

Ich bin jedoch andererseits nicht der Typ, der sein Leben einfach wegwirft, wenn es noch Chancen gibt, wenigstens den Rest Lebensqualität wieder zu bekommen, den ich jetzt noch habe. Zumindest kann ich damit (vorausgesetzt, ich beachte einige Regeln zur Vorbeugung von Spastiken usw.) noch viele Momente genießen.

Dank Morphinpflaster Transtec Pro 35 sind sogar noch viele sportliche Erlebnisse möglich. Wie z. B. am Mittwoch und Donnerstag je ein Ritt auf einer tollen Isländer Stute von 3 Stunden am Strand und in den nordjütländischen Dünenwäldern mit langen Tölt- und Galoppstrecken. OK, gestern haben die Muskeln mir nur noch eingeschränkt Dienste erwiesen, aber heute kann ich wieder ein wenig Nordic Walken. Das war es mir aber wert - andere nennen es "Unvernunft". Montag kommt die nächste Reittour, bis dahin ist hoffentlich hoffentlich auch etwas Hornhaut dort, wo ich heute noch ein wenig wund bin. Solche Momente möchte ich nicht missen, dazu hänge ich wohl doch noch zu sehr am Leben.

Ich bin froh, dass ich hier Mitpatienten treffen kann, die mir ehrlich sagen können, was auf mich zukommen kann, wenn ich meine Entscheidungen überdenken muss. Und mein "Nein" sehe ich dank den Berichten von Frank und MaraM heute nicht mehr so kategorisch wie vor einer Woche.

Wie bedeutsam ist eigentlich - bezogen auf die THERAPIE des Dickdarmkrebses - ob es sich um eine mögliche Familien-/Erbkrankheit handelt? In meiner Familie ist es schon fast eine Ausnahme, nicht früh an Krebs zu sterben. Bezogen auf Darmkrebs ist mir jedoch nur ein Fall bekannt, der den Cousin meiner Mutter betraf, der nur 51 Jahre alt wurde. Mein Vater starb mit 52 an Speiseröhrenkrebs, die Schwester meiner Mutter mit 38 an Lymphdrüsenkrebs, meine Mutter schaffte es bis über 70 Jahre, dann starb sie an Bauchspeicheldrüsenkrebs, meine Schwester hatte Schilddrüsen-, Unterleibs- und Hautkrebs, wurde nur 49 Jahre alt, starb jedoch an einem geplatzten Aneurisma , die Schwester meiner Großmutter väterlicherseits starb mit Ende 70 an Leberkrebs. Ich hatte, wie gesagt, mit 30 Gebärmutterkrebs und mit Anfang 50 Halslymphknotenmetastasen bei unbekanntem Primärtumor. Ist das nur wichtig wegen eventueller Prophylaxe oder spielt es eine Rolle bei der Therapie? Ich sehe, ich wiederhole mich...

Den Ausdruck HNPCC höre ich hier zum ersten Mal und frage mich, wie relevant dies für mich sein kann.

Fällt Euch sonst noch etwas ein, was ich in einem Aufklärungsgespräch vor der OP ansprechen und gegebenenfalls wissen sollte?

Für die OP wäre der 1. September geplant, falls ich mich dafür entscheide
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Geändert von gitti2002 (06.09.2016 um 16:32 Uhr) Grund: Titelanpassung nach Verschiebung
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