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Alt 14.09.2004, 03:46
Gast
 
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Standard Umgang m.d. Wunsch

Liebe Marion,Angi, Egal und lieber Christian

Danke für eure lieben Antworten, Zuspruch und Mutmachung das Gespräch zu führen.

Mit dem Aufbringen des Themas wollten wir, Willy UND ich, aber auch ein Thema im KK eröffnen u.a. um Erfahrungen auszutauschen, über dass wahrscheinlcih wenig gesprochen wird, denn wir sind sicher nicht die einzigen die dieses Problem haben.

Das Gespräch zwischen uns funktioniert, wir reden sehr viel - haben ja auch genügend zeit dazu -, und er zeigt seine Ängste auch in dem zeitweise sogar losheulen kann, eine Wut auf das ganze zeigt und dann wiederum sehr sachlich über das ganze spricht.

Nur zeitweise sind diese Drohungen dazwischen, die primär nur einen Zweck haben, uns zu provozieren. Mit dieser Provokation haben wir es nicht leicht.

Generell zum gemeinsamen Gespräch - Willy und ich reden sehr viel miteinander, auch über seine Ängste und Nöte sowie seinem Weg in Richtung Sterben und Tod. Nicht zuletzt ist es uns schon voorher wichtig gewesen, denn die Tatsache dass ich Sterbebegleiterin bin hat für uns ja auch bewirkt, dass ich über ein anderes (Fach-)wissen, Sichtweisen, Ansichten und Erfahrungen mit Sterbenden verfüge. Trotz meinem Beruf und meiner spezialisierten Tätigkeiten, ist es ganz anders wenn man als betorffene Angehörige mitten drin steckt. ich habe mir nie gedahct, dass trotz dme ganzen Wissen, den Erfahrungen mit begleitung von Sterbenden es so anders ist wenn man im Boot sitzt anstat es von aussen schaukeln sieht.

Die Gedanken die ihr aufgeführt habt, sind oft unser Gesprächsstoff, und zwar von ihm aus.

Willy ist ja, wie wir auch, in Onko-psychologischer Betreuung, auch hier hat er schon solche Sprüche von sich gelassen, die sogar von der Therapeutin nicht in eines der von euch absolut richtigen Deutungen rein passen lässt. Und trotzdem kommt sie wie ich und ihr auf die selben Schlussfolgerungen. Solche Aussagen sind halt immer nur eine Fazette des Ganzens un djede Fazette zeigt nur jeweils eine Momentaufnahme der Situation. So ändernt sich der Grund seiner aussagen je nach Verfassung, Tag, Nachricht, Situation, Laune, Personen die um ihn sind etc..

Er sagt es aber vielmehr im Sinne von "gel du wärst auch froh wenn ich nicht mehr leben würde, dann hättet ihr endlich Ruhe?". Also er proviziert uns zur Antwort "Ja wir wären froh", dabei sind wir alles andere als froh, dass er in dieser Lage ist.

Provokativ empfinden wir es, weil wir zwar wissen wie es um ihn steht, aber dass der Tag - X nicht heute oder morgen sein wird. Er sich aber auch zeitweise dahingehend rein steigert, dass er so tut als ob es in dne nächsten Tagen sein wird. Deshalb nervt es auch wenn es so provokativ wirkt, auch wenn wir wissen, dass es Ausdruck seiner Nöte und Ängste sind.

Vielleicht versucht er diese Provokation auch auf den Tisch zu bringen damit er besser sein Ventil für seine Wut findet und wirklich in Wut, laut, angry und verwirrt äussern kann, statt nur in einem Gespräch findet? Wut im Gespräch so zu vermitteln, dass sie nachvollziehbar ist, ist nicht einfach. Wut aber zu zeigen ist deutlich und erleichtert.

Egal - Mit dem Luft machen hast du absolut recht, verdrängen tun wir es beide nicht, dafür aber Pascal und Marc - auch für sie ist der Leidensweg von ihrem Papi, aber auch uns allen, nun endlos geworden - wo es einfach kein Ende nimmt.

Willy und ich haben beide unsere Gesprächspartner gefunden u.a. Freunde und Pfarrer, aber auch meine Mutter um auch über das Thema zu sprechen. Wir tun es aber auch miteinander. Wir machen uns auch nichts vor - also es werden keine "falschen" Hoffnungen gemacht, denn die Wahrheit kommt ans Licht und verletzt vielmehr als ehrlich informiert zu sein. Es gibt aber Situationen an denen er erst später informiert wird, da kann ich ihn sachlicher und nicht mit der eigenen Angst begleiten und wie du sagtest trösten, weil ich einfach ein paar Stundne oder tage das sinken lassen konnte und etwas mit Distanz mit ihm darüber sprechen kann. Es bringt ihm und auch mir nichts wenn ich auch noch heule und im Tief bin, wobei er auch solche Momente bei mir sehen darf und sollte, aber nicht dann wenn er selber Kraft benötigt um es zu verdauen (als nicht zwingend um einfach weiter zu kämpfen obwohl er gar nicht mehr mag.

Danke für den Hinweis E. K-R. - Die Bücher von Elisabeth Küböler-Ross, resp. ihre Fachliteratur und Seminare kenne ich sehr, sehr gut, ich kannte sie persönlich, sie war mir sehr wichtig. Einen Teil meiner Sterbebegleiterausbildung habe ich bei ihr genossen. Aber auch sie ist zu den Erkrenntnissen gelangt, dass sie einige ihrer Theorien überdenken musste als sie plötzlich selbst auf der anderen Seite der Strasse stand und selbst seit Jahren versucht hatte Abschied zunehmen und zu gehen. Diese Phase des Abschiednehmens nannte sie ja die "Aufbäumungsphase" wo auch teilweise recht heftig gehadert wird.

Marion - du hast recht man muss öfters nach dem Bauchgefühl gehen, generell und in dieser Situation erst recht, ich glaube dass ich zeitweise danach gehe. Das Bauchgefühl darf an Bedeutung nicht unterschätzt werden.

Angi - ja es ist auch eine Art des Ausdrucks seines Nicht-zur-Last-fallen-wollen und seiner Hilflosigkeit. Der Punkt "Trotz" kann sein, wenn er im Rahmen normaler Auserinandersetzungen wie es alle Paare und Eltern mit ihren Kindern haben, stattfinden, und zwar wie du sagtest im Sinne von mit so verletzenden Worten, ja es ist verletzend wenn er das so sagt, dass er dann Aufmerksamkeit sucht. Vielleicht auch Mitleid und "das- auf- die-Schulter-klopfen "du bist ein armer". Vielleicht versucht er so vom eigentlichen Thema der Diskussion, die oft mit dem normalen nervenenden Alltag zu tun hat und gar nicht mit seiner Krankheit abzulenken. Das sind Ansätze die ich sicher nochmal mit ihm besprechen werde, bei Gelegenheit. Wie oben schon erwähnt, zwar in Theorie und Praxis mit anderen (Patienten) shcon oft durchlebt, aber als im Boot sitzenden dneknt man nicht daran (ähnlich dem Spruch "vor lauter Bäume sieht man den Wald nicht mehr"). Man kommt nicht immer drauf, auch wenn man vom Fach ist, Danke für den Hinweis und das wieder darauf aufmerksam machen. Ist schon komisch wie man als Fachperson plötzlich doch wie ein ganz normaler Laie reagieren kann!

Christian - diese vielen Erfahrungen und Situationen die du selber schon gemacht hast sind sehr beeindruckend und doch klassische Beispiele für das noch-zu-Erledigen von etwas vor dem Tod. Sie decken sich Eins zu Eins (in der Art aber nicht im Detail) auch mit den Erfahrungen die ich mit eigenen sterbenden Verwandten, Angehörigen und als Sterbebegleiterin mit Patienten gemacht habe. Dass jemand der vor dem Sterben steht, noch unbedingt etwas "Erledigen oder erledigt haben will", darunter zählt auch das auf jemanden Warten um sich zu verabschieden (wobei es muss nicht im ersten Augenblick als ersichtliches Abschiednehmen wahrnehmbar sein) bevor er wirklich loslassen und gehen kann, sind Erlebnisse die ich oft erlebt habe und auch ganz eindrücklich von Elisabeth Kübler-Ross geschildert werden. Ich sehe deine Worte nicht nur sachlich, sondern mit viel liebevollem Respekt und Gefühl den Verstorbenen und den Kämpfenden (z.B. deine Mutti) gegenüber. Schappo.

Muss sagen es sind genau diese Erfahrungen die für mich die Hauptmotivation waren damals Sterbebegleitung zu machen, sie haben mir sehr viele Eindrücke hinterlassen die ansonsten nie so intensiv erlebt hätte. Auch ich habe Erlebnisse wie die von deinem Patienten und dem Rasieren.

Ja du kennst Willy nicht, aber einen Film denn wir nicht kennen(!!!), du sagt aber du kannst dich nicht durch Miterleben hininversetzen, ja auch wenn ich tagtäglich um ihn herum bin, kann auch nicht defintiv seine Gefühle, Ängste, Gedanken etc. nach empfinden, er aber auch nicht meine. Das kann niemand.

Aber ich bin froh über mich trotzdem sagen zu können, dass ich es jetzt schon spüre, dass er nicht mehr mag und ich entsprechend auf seine gespräche reagiert habe. Das Leiden verlängern kann man mit der Therapie etc. man kann es aber auch in dem man nicht loslässt (da hast du ja Beispiele gebracht die zwar kein bewusstes unnötiges Verlängern ausgelöst haben, aber wenn der "Abschied" vielleicht vorher statt gefunden hätte, wäre vielleicht auch der Tod früher gekommen - wer weiss. Nur im Prinzip ist es der Patient / Betroffene auch derjenige der das Tempo selber bestimmt im Rahmen des ganzen Loslassens und Gehens.

Für die vielen Anregungen, offenen Meinungen und tiefgreifende Erlebnisse danken wir euch von Herzen. Es ist trotz dme traurigen Thema ein sehr wertvolles thema, denn es geht vor allem um die Wretschätzung, den Respekt udn Toleranz und die Liebe zu andern. Auch eine Art von Liebe resp. Zuneigung die man zu Fremden (dein Pat. Christian und die vielen die ich erlebt habe) aufbauen kann.

Von Herzen viele Liebe Grüsse und Danke für eure ganz, ganz wertvollen Meinungen. Eure Liz - viel Kraft an alle auch den vielen Mitlesern.

Upps Entschuldigung wenn das Posting lang wurde.
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