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Alt 22.04.2005, 01:07
Gast
 
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Standard Keine Ahnung wie es weitergehen soll?!

Liebe Sylvi,

es ist so schön, dass Du dich gemeldet hast, auch wenn ich Dir wünsche, morgens um 5:00 Uhr lieber tief uns fest zu schlafen - oder bist Du ein Frühaufsteher??? Ich bin eher eine Nachteule )
Vielen Dank für Deinen Mut, die letzten Momente mit Deinem Peter so zu schildern, wie sie waren. Das nimmt mir einiges meiner Ängste, die ich sicher bewusst und viel mehr unbewusst habe vor dem, was mir ja noch bevorsteht mit Klaus. Ich hoffe, dass er genau so friedlich gehen darf und vor allen Dingen, dass dieser Moment noch in weiter Ferne ist, aber mein Sinn für die Realität sagt mir da etwas anderes.

Heute ist so ein Tag, an dem ich ein lachendes und ein weinendes Augen habe. Heute vor 4 Jahren habe ich Klaus kennengelernt - einer der verrücktesten Tage in meinem immerhin nun 46-jährigen Leben. Wir hatten uns einige Wochen zuvor bei einem Online-Backgammon-Turnier im Internet getroffen (eine meiner unheimlichen Leidenschaften)und irgendwie hat es so über 500 km Entfernung virtuell beim Chatten ganz schön gefunkt. Tja und dann stand er am 21. April 2001 vor meiner Tür in Bremerhaven und 4 Wochen später bin ich zu ihm nach Wiesbaden gezogen. Es war die beste Enscheidung meines Lebens und wir dürfen von uns zu recht behaupten, dass wir ein Internet-Dreamteam geworden sind. Soviel zu meinem lachenden Auge.
Heute vor 7 Monaten saßen wir beim Neurologen, der uns mitteilte, dass Klaus Metastasen im Hirn habe und sofort ins Krankenhaus muss, um den Primärtumor schnell zu finden. Was dann folgte, habe ich ja bereits geschrieben.

Um den Tag gebührend zu "würdigen", hatte Klaus ausgerechnet heute einen Komplettcheck beim Onkologen, das volle Programm:
Blutuntersuchung, Ultraschall aller Organe , Röntgen der Lunge, MRT des Kopfes.
Die Blutwerte sind gut, der Tumor in der Lunge ist seit November unverändert (obwohl oder vielleicht weil im Dez. die letzte Chemo war). Der Arzt, der den Ultraschall machte, hat etwas von ...mit der Leber stimmt was nicht... gemurmelt, ich war bei der Untersuchung leider nicht dabei und Klaus hat lieber nicht so genau nachgefragt - er will eigentlich auch nix Konkretes wissen - er lebt mit seiner Krankheit wie die 3 Affen (nix hören, nix sehen und nix darüber reden). Den Befund vom MRT des Kopfes (das Wichtigste!!) gibt es erst am Dienstag bei der Abschlussbesprechung. Diese Warterei zehrt ziemlich an meinen Nerven, auf der einen Seite möchte ich schnell etwas Positives hören, auf der anderen Seite bin ich froh, nicht sofort was Negatives zu erfahren. Dann schwindet wieder etwas von der Hoffnung, die trotz aller Rrealität ja doch in mir immer noch keimt.
Wir haben beide mittlerweile einen Weg gefunden, mit der Krankheit zu leben und Klaus hat seinen tollen Humor nicht verloren ( nach dem Motto - Humor ist, wenn man trotzdem lacht)

Heute hatten wir wieder viel Spass bei und mit dem Onkologen, Klaus teilte ihm mit, das nun zum 120. Mal während der letzten 6 Monate seine Gürtelrose wieder ausgebrochen sei und das ja die Tabletten wohl nix bewirken, also hätten wir sie in die Tonne gestopft und würden jetzt mit grossem Erfolg mit Gesichtsmasken aus "Totem Meer Salz" daran ( am Po !!) experimentieren. Das hat schliesslich auch super gegen den Ausschlag (Iressa-Nebenwirkung) geholfen im Gegensatz zu der Kortisonsalbe. Der Arzt wünschte uns daraufhIn weiter viel Erfolg bei "Jugend Forscht" und meinte, das mit dem Toten Meer Salzrieche aber verdächtig danach, dass Klaus auf eine Reha am Toten Meer spekuliere.....
Manchmal ist es uns direkt peinlich, nach so einem Gespräch der Warteschleife von Patienten vor der Tür zu begegnen. Was werden die wohl denken, wenn sie unser lautes Lachen im Arztzimmer mitbekommen? ...aber das ist eh wurscht, jeder muss sehen, wie er am besten alles verarbeitet und jeder wird seinen eigenen Weg finden.

Sylvi, auch du wirst Deinen Weg finden, das braucht seine Zeit.
Hab keine Angst vor der Beerdigung, viele gute Freunde werden Dir sicher zur Seite stehen und denke daran, auch wenn du einen Teil von Deinem Peter beerdigen wirst, er wird trotzdem immer ganz Teil Deines Lebens sein und all die Erinnerungen an Eure gemeinsame Zeit bleiben bei Dir.

Für mich persönlich- als "Ungläubige" in kirchlicher Hinsicht - ist eine Beerdigung ein symbolischer Abschied, der einem klarmacht, dass nichts mehr so ist wie vorher.

Ich werde auf eine andere Art Abschied von Klaus nehmen müssen (ich weiss noch nicht, ob ich froh oder traurig darüber sein werde), denn er hat ausdrücklich den Wunsch geäussert, verbrannt und anonym beerdigt zu werden ohne Trauerfeier und das ganze Drumherum (wie er so sagt). Seine Begründung hierfür ist, dass er mich auf keinen Fall an seinem Grab sehen möchte, es gäbe so viele schönere Plätze, an denen ich mich an ihn erinnern könne.
"Sei nicht traurig, wenn ich von Dir gehe. Sei glücklich,dass wir so eine schöne Zeit miteinander haben durften."

Vielleicht hilft Dir das auch mal, Sylvi.

Liebe Grüsse von der Nachteule
Gaby
Ich wünsche Dir ganz viel Kraft
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