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Alt 10.04.2008, 11:33
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Registriert seit: 15.02.2008
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Standard AW: Meine Mutter auch - ich brauche bitte eure Hilfe!

Liebes Blümchen...

Ich habe gerade erst mal unten angefangen und mich langsam durch die ganzen Beiträge nach oben gekämpft. Das was Du fühlst ist glaube ich nicht wirklich Wut, Du bist einfach nur ausgepowert. - und da wird man schon mal ein bißchen zum Angstbeißer.

Was die Auszeit angeht: Mein Hausarzt hat mich gerade über Ostern für eine Woche krank geschrieben. Ein falsches Wort hat genügt um mich zum Weinen zu bringen, es war einfach nötig. Und toll dass er es erkannt hat. Wir haben offen darüber gesprochen. Jeder Hausarzt kann Dich aufgrund (glaub, die nehmen dann gerne "zentrales Nervensystem") psychischer Überlastung genauso gut krank schreiben. Nicht zuletzt: Geht es Deiner Psyche schlecht, leidet irgendwann das Immunsystem - und dann fällt Deine Hilfe ganz aus. Versteh mich nicht falsch, Du simulierst damit nicht! Natürlich sollte das keine Regel sein. Aber Du kannst nur helfen wenn es Dir soweit möglich gut geht.

Meine Mutter sagt immer: Mir geht es gut, wenn es Dir gut geht.

Das "Rumkommandieren" - auch den Vorwurf habe ich mir anhören müssen. Nimm das nicht persönlich. Krebskranke bekommen am Tag tausende gut gemeinter und richtiger Ratschläge. Gerade das Trinkproblem kenne ich auswendig. Irgendwann fühlen sie sich dann bevormundet. Deine Mutter sagst Du lebt ja sonst allein - ich denke, sie muss sich auch erst einfinden in die neue Situation. Bei meiner Mum hat es lange, lange, lange gedauert bis wir einen Weg gefunden haben. Inzwischen stelle ich ihr die unterschiedlichsten Getränke hin - und hoffe, das eins dabei ist, auf das sie gerade richtig Lust hat. Wenn dem nicht so ist akzeptiere ich das. Apropos: Manchmal kann auch während der Chemo ein Extra Beutelchen Kochsalz rausspringen. Das hilft zwar nciht lange, aber zumindest ein wenig. Oft ist es alleine schon das "trinken-müssen" dass den Appetitt verdirbt.

Du hast ja gelesen, dass meine Mum seit Juni in Behandlung ist. Ich habe mich was den Urlaub angeht genauso verhalten. Alle meine Tage gingen einzeln für Therapie Begleitung, Gewebeentnahmen und und und ins Land.

Der Punkt ist aber, dass mir jeder gesagt hat, dass ich mich dabei nicht vergessen soll. Und wenn ich jetzt (Meine Mum hat mir die Regel vor zwei Wochen aufgedrückt) an zwei Tagen in der Woche nur kurz bei ihr bin und im Anschluss squashen gehe, schwimmen, radfahren oder sonst etwas was ganz anders ist, komme ich am nächsten Tag mit viel mehr Ruhe und Ausgeglichenheit zu ihr. Ich habe ein 3/4 Jahr gebraucht um zu verstehen dass mein Akku für sie genauso wichtig ist wie für mich.

Meine Mutter - sonst immer Sonnenbank braun, dezent geschminkt, super gekleidet, gerne Schmuck - hat sich fast eine Woche soweit gehen lassen, dass sie sich gar nicht mehr gewaschen hat - und die Kleidung kaum gewechselt. Das hat sich aber ganz von selbst wieder gelegt. Kann ich auch gut verstehen dass ihr manchmal der "Sinn des Ganzen" nicht greifbar scheint.

Als ich in der Onkologie gearbeitet habe hatten Patienten oft Angst, ins Krankenhaus zu kommen und es nicht mehr zu verlassen. Ich denke, gerade bei älteren Menschen ist der Gedanke noch dominanter. Ich kann verstehen dass Sie - wieder Vernunft - nach Hause möchte. Und ich stimme auch dem anderen Beitrag zu - nimm Deine Familie mit in die Pflicht, Du kannst Dich ja nicht vierteilen!

Ich hoffe, Dir helfen meine Schilderungen ein bißchen. Verstehen kann ich Dich mehr als gut. Mein Vater war damals in Heidelberg in der experimentellen Behandlung, unter 1,5 Stunden pro Fahrt konnten wir ihn nicht besuchen. Ich weiß meinen jetzigen Vorteil bei meiner Mutter die um die Ecke wohnt sehr zu schätzen.

Siehst Du - alle Menschen unterschiedlich, aber nicht alle Ängste und Sorgen
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Liebe Grüße - Bibi
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Dankbarkeit
ist die Erinnerung
des Herzens
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