Thema: wer weiß rat
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Alt 08.01.2011, 14:36
mahohz mahohz ist offline
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Standard AW: wer weiß rat

Liebe Oma Erika,

ich kann deine Sorgen gut verstehen.

Es wird sehr, sehr anstrengend für deine Tochter werden. Die Zeit auf der KMT-Station wird ihr alles abverlangen und sie wird Momente erleben, in denen sie drauf und dran ist, die Hoffnung zu verlieren.

Eine KMT/SZT ist ein Ritt auf der Rasierklinge und deinem Enkel wird zwischenzeitlich sehr schlecht gehen. Es ist schwer für Eltern, das zu ertragen, aber da muss deine Tochter durch!

Aber - sie wird das schaffen! Sie wird über sich hinauswachsen und wird Kraftreserven mobilisieren, von denen sie gar nicht weiß, dass sie sie hat.

Das war bei uns allen so und das wird auch bei deiner Tochter so sein.

Dein Enkel wird das ganze sehr wahrscheinlich als deutlich weniger schlimm in Erinnerung behalten, als deine Tochter. Die Kinder bekommen genügend Schmerzmittel, dass sie nicht leiden müssen. Außerdem grübeln sie nicht so viel, weshalb sie das auch psychisch viel besser wegstecken, als wir Eltern.

Wenn es irgendwie möglich ist, sollte dein Schwiegersohn ebenfalls mit zu der anderen Klinik reisen, zur Not auch mit den anderen Kindern. Ich habe 2009 mit dem Kleinen im Ronald McDonald Haus in der Nähe des Uniklinikums HH-Eppendorf gewohnt, während meine Frau mit dem Großen auf der KMT-Station war. Wir haben uns regelmäßig abgewechselt, was es erträglicher gemacht hat. Ich habe dafür meinen gesamten Jahresurlaub und mein Überstundenkonto geopfert.

Wenn es dort also ein Ronald McDonald-Haus oder eine ähnliche Einrichtung gibt, dann sollten deine Tochter und ihr Mann versuchen, dort unterzukommen.

Sollte sie doch alleine mit deinem Enkel dorthin müssen, sollte so oft wie möglich jemand aus der Familie kommen und sie mal für ein paar Stunden ablösen.

Es ist ganz wichtig, dass sie auch mal für ein paar Stunden raus kommt!!!

Und hinterher, wenn die schlimmen Wochen auf der KMT-Station überstanden sind und deine Tochter und dein Enkel wieder nach Hause kommen, dann beantragt bitte so schnell wie möglich eine sog. "familienorientierte Reha". Die ist unglaublich wichtig, um wieder zu sich selbst zu finden und das ganze Elend von sich abfallen zu lassen.

Meine Frau, die bis dahin unglaublich stark war, ist am ersten Tag der Reha regelrecht zusammengebrochen. Sie war völlig fertig und am Ende ihrer Kräfte. In den folgenden vier Wochen konnte sie sich aber wieder erholen, genau wie der Rest der Familie.

Und als wir wieder nach Hause fuhren waren die Kraftreserven wieder so weit aufgetankt, dass wir alle wieder unbelastet in den Alltag starten konnten.

Ich wünsche euch alles Gute und drücke die Daumen für die schwere Zeit, die vor euch liegt. Ihr werdet das zusammen schaffen!

LG
mahohz
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Philipp, geb. 09/2003, Diagnose T-ALL 10/2008, Behandlung nach CO-ALL High Risk, Late/Poor Responder, Abbruch des Protokolls 03/2009, allogene Knochenmarktransplantation 04/2009 (Konditionierung mit VP16 und 6 Ganzkörperbestrahlungen (12 gray)), aktuell nach wie vor in Remission mit 100%igem Spender-Chimärismus
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