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Alt 08.11.2009, 11:06
mahohz mahohz ist offline
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Standard AW: Jonas und die KMT

Hallo bettiddl,

es tut mir leid, dass es deinem Jonas so schlecht geht. Leider sind das Begleiterscheinungen der Behandlung, die nicht zu verhindern sind. Vertraue den Ärzten, die wissen, was zu tun ist und tun alles mögliche, damit es Jonas bald wieder besser geht und dann in der Lage ist, den nächsten Schritt (KMT) zu machen.

Ich möchte Dich an dieser Stelle noch einmal vorwarnen und gleichzeitig auch ein wenig beruhigen, bezüglich der Dinge, die Jonas und euch als Eltern während der KMT bevorstehen.

Es wird ihm in der Aplasie wahrscheinlich sehr, sehr schlecht gehen. Schlechter als jetzt und Du wirst Tage erleben, an denen er an seine Grenzen kommt - und Du auch...

Für uns war es jedenfalls schwer zu ertragen zu sehen, wie 3 Pumpen und SIEBEN Perfusoren an den drei Katheterschläuchen angeschlossen waren und alle waren in Betrieb. Das der Notfallwagen mit geladenem Defibrilator direkt vor Philipps Zimmertür stand, hat uns erschreckt (umso erleichterter waren wir, als er irgendwann nicht mehr dort stand).

Als die Fiebersenker nicht mehr halfen und Philipp mit Kühlpacks bedeckt im Bett lag, mit >40 Fieber, Blut hustend, mit Morphin vollgepumpt und mit Sauerstoffmaske for dem Gesicht (Sättigung ohne Sauerstoff <80), da hatten wir richtig Angst, dass er stirbt. Das war der Tiefpunkt. Und gleichzeitig war es trotzdem ein guter Tag.

Denn Abends stürmte ein Arzt zu uns ins Zimmer und überbrachte die beste aller Nachrichten: Die ersten Leukos waren da! Ab da ging es wieder bergauf und das mit einem Tempo, das atemberaubend war. Philipp durfte nicht einmal eine Woche nach diesem schlimmen Tag das erste Mal kurz nach draußen (nicht nur vor die Zimmertür; er durfte für ein paar Minuten richtig aus dem Haus).

Und dann noch eine Bemerkung zu den Prognosen der Ärzte, was die voraussichtliche Zeit im Krankenhaus angeht: Die Ärzte geben eigentlich immer den längstmöglichen Zeitraum an, den sie aus ihrer Erfahrung heraus kennen. Es muss aber beileibe nicht solange dauern.

Philipps "Take" (also das Auftreten der ersten Leukos nach der Transplantation) war schon an Tag 8! Vorausgesagt wurden uns zwei Wochen und als der Professor zu uns sagte, die Spenderzellen seien so gut, dass er den Take schon nach 10 Tagen erwarten würde, kam anschließend der Stationsarzt noch mal zu uns und relativierte die Aussage des Professors. Es könne auch viel länger dauern und wir sollen nicht zu sehr auf den 10. Tag schauen. Und dann - wie gesagt - war der Take sogar schon an Tag 8.

Philipp wurde um den 30. Tag nach der KMT schon wieder in sein "Heimatkrankenhaus" verlegt (hier mussten wir allerdings etwas nachhelfen) und war 10 Tage später schon wieder Zuhause. Anfangs mussten wir allerdings mind. 2 mal in der Woche zur Kontrolle ins Krankenhaus. Das haben wir aber sehr gerne auf uns genommen, denn das war allemal besser, als stationär im Krankenhaus zu sein.

Wir haben übrigens während des KMT-Aufenthaltes im Uniklinikum Eppendorf in Hamburg auch im Ronald McDonald Haus gewohnt. Dazu kann ich nur sagen: Es war wirklich toll. Die Leute sind sehr nett und kümmern sich wirklich rührend um ihre Gäste. Der Kontakt und die Gespräche mit anderen Eltern haben meiner Frau und mir auch sehr gut getan. Natürlich sind nur die Eltern der wirklich "harten Fälle" zu Gast im Ronald McDonald Haus, aber zu sehen, wie sie alle mit ihrem Schicksal umgehen und wie sie trotzdem anderen Mutmachen, das gibt Kraft.

Vor euch liegt eine schwere Zeit. Wahrscheinlich die schwerste überhaupt in der Behandlung eures Sohnes. Er wird an seine Grenzen stossen und ihr ebenso. Und trotzdem wird es gutgehen. Die Ärzte wissen ganz genau, was sie tun. Auf den KMT-Stationen arbeiten Spezialisten, die keine Komplikation mehr erschüttern kann, da sie alles schon mindestens einmal hatten und erfolgreich behandelt haben.

Ihr werdet das schaffen. Jonas wird wieder gesund.

LG
Mitja
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Philipp, geb. 09/2003, Diagnose T-ALL 10/2008, Behandlung nach CO-ALL High Risk, Late/Poor Responder, Abbruch des Protokolls 03/2009, allogene Knochenmarktransplantation 04/2009 (Konditionierung mit VP16 und 6 Ganzkörperbestrahlungen (12 gray)), aktuell nach wie vor in Remission mit 100%igem Spender-Chimärismus