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Alt 07.06.2011, 17:35
Engelein Engelein ist offline
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Lächeln AW: wer berichte über lebensverlängerung lungenkrebs


Seit fast fünf Jahren lese ich immer einmal wieder hier mit – mal mehr, mal weniger. Manchmal längere Zeit gar nicht, weil es über meine Kräfte ging. Heute habe ich mich hier angemeldet, weil mich zunehmend verwundert, dass die früher doch recht intensive Teilnahme der Nutzer sehr stark zurückgegangen ist und nur noch einige wenige verblieben sind, die Mut machen und helfen.
Kurz zu mir: Jahrgang 1957, ein Sohn *1994, Diagnose 4/06: „raumgreifender Prozess“ (9x9x10cm) linker Lungenunterlappen, COPD; OP 6/06 : erweiterte Unterlappenresektion mit Hauptbronchusresektion und Y-Manschette des Oberlappens und systematischer Lymphknotendissektion. Einschmelzendes Plattenepithelkarzinom Stadium III, (T3,N4,M0). Hochschmerzhafter, jedoch problemloser OP-Verlauf und Rekonvaleszenz, adjuvante Chemotherapie empfohlen, jedoch nach Einholung Zweit- und Drittmeinung zugunsten engmaschiger (jeweils alle 3 Monate) Überwachung abgelehnt. Alle 3 Monate komplettes Labor, jeweils im Wechsel Thorax-CT und große Bronchoskopie. Bis dato kein Hinweis auf Rezidiv. Prognose vor der OP: Möglicherweise ist die OP eine rein palliative Maßnahme, dann noch etwa 3 Monate. Ohne OP bis zum Pleuraerguss. Zeitraum unklar.
Ich hatte großes Glück und wurde in Wiesbaden operiert. Sämtliche Nachsorgetermine wurden beim damaligen Operateur durchgeführt, den ich am ehesten für in der Lage hielt, Vernarbungen und Verwachsungen, die durch die OP entstanden sind, von möglichen Neuherden zu unterscheiden.
Die fünf Jahre sind voll und mein Leben hat sich verändert. „Das Biest“ wird auch weiterhin (sch…… auf die Statistik!) engmaschig überwacht – das wird wohl bis zum Ende meines Lebens so bleiben. Ich habe mein Leben zurückgewinnen können, obwohl ich nicht weiß, für wie lange. Ich arbeite wieder, jedoch völlig ohne Karrieredruck, ich bin umgezogen und lebe nun endlich in dem ländlichen Umfeld, das ich mir immer gewünscht habe. Ich habe mir einen Wohnwagen gekauft, mit dem ich durch die Lande zockele, wann immer sich die Gelegenheit ergibt und habe zu meinem ehemals einsamen Einzelhündchen (das ich vor drei Wochen gehen lassen musste ) noch drei weitere Fellnasen geholt. Gemeinsam mit einer Reitlehrerin habe ich hinter dem Hof auf den großen Koppeln eine unglaubliche Sammlung von vor dem Schlachthof geretteten Pferden stehen (vom ehemaligen Rückepferd über Miniponys und Haflinger bis hin zur Araberstute, die nicht als Galopperin taugen wollte), die von Kindern und Jugendlichen ausgelastet werden, denen therapeutisches Reiten hilft und die uns von den Ämtern zugewiesen werden.
Was habe ich gelernt? Und was könnte ich weitergeben, was könnte ich sagen, das helfen kann? Mir fällt spontan die Aussage meines alten Hausarztes ein, den ich sechs Monate nach der OP fragte, ob ich wirklich noch einen Hund zu mir nehmen sollte. Er sagte: „Mensch Mädel, mach‘ alles, was Dir Freude macht!“ Dieser Satz hat mich begleitet. Auch in Therapien und Reha-Maßnahmen. Behandlungen, bei denen ich den Eindruck hatte, sie unterstützen mich, habe ich weiter verfolgt. Andere einfach liegen gelassen. Die halfen dann anderen.
Mein vor „dem Biest“ relativ geradliniges Leben hatte plötzlich Kurven und Schleifen. Mein Körpergefühl war verlorengegangen. Die ganze linke Seite Thorax zwischen Wirbelsäule und Brustbein taub. Gleichzeitig ein Lebensgefährte, der sich nicht mehr als Geliebter und Mann, sondern als Pfleger verstand. Es hat sich also Vieles verändert. Das meiste ist absolut positiv. Hatte ich „früher“ oftmals das Gefühl, nur reagieren zu können und immer und ewig das Risiko zu haben „zu spät“ zu kommen, so agiere ich heute und lebe endlich in meiner Mitte.
Ich bin froh und dankbar, so weit gekommen zu sein und möchte noch ein großes Stück so weiter leben dürfen.
Jetzt will ich Euch aber nicht mehr langweilen – ich wollte mich hiermit und genau an dieser Stelle kurz vorstellen und Euch sagen: Kämpft gegen „das Biest“ und den „schwarzen Panther“. Nichts bleibt wie es war, aber es lohnt sich.

Liebe Grüße Michaela
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