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Alt 24.05.2009, 15:08
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Depression und Traurigsein - Einander helfen, leichter sein!

Hallo Illian, hallo Jasmin,

ja, Angst und Trauer lassen sich nicht verbannen. Das stimmt wohl. Ich finde nur diese schwankende Intensität so schlimm. An manchen Tagen ist es fast nicht mehr auszuhalten.

Zitat:
Ich vermute deine Mama wird auch noch ärztlich betreut und überwacht oder? Gibt es dort keine Psychoonkologen/ Einrichtungen oder ähnliches an die du dich schon wenden könntest.
Ja, meine Mutter wird ärztlich betreut und erhält auch Chemotherapie - palliativ eben. Es wird dort gewiss auch Psychoonkologen geben, das Problem an der Sache ist, dass meine Mutter einen Teufel tun würde, mich dorthin mitzunehmen. Der einzige Mensch, der sie begleiten darf, ist ihr Mann. Da hab ich mich mit abgefunden und akzeptiere das. Sie sagt immer:"Du bist mein Kind. Es reicht schon, dass Du so ziemlich alles weißt. Du musst da nicht live beisein." Okay ! Also Hilfe von außen werd ich mir dann hier irgendwo in der Umgebung suchen müssen. Was ich mal in Anspruch genommen habe, aber in allererster Linie für meinen Ältesten war eine Trauerbegleitung. Eventuell wäre das auch nochmal etwas, was ich in Erwägung ziehen könnte.

Ich frage mich, ob es eine Zeit gibt, an der man das alles besser aushalten kann. Ich weiß, dass es ganz am Anfang, als die Diagnose gestellt wurde, ganz ganz furchtbar war. Mit sehr viel verzweifeltem Weinen und kaum mehr einem klaren Gedanken, außerhalb des Krebsthemas.

Kürzlich telefonierte ich mal mit meiner Mutter. Sie erwischte mich gerad völlig auf dem falschen Fuß und ich musste mich tierisch beherrschen am Telefon. Gerade bei der Mama hat man ja immer das Gefühl sich ein wenig fallenlassen zu können, sich auszusprechen, eben weil es mit die vertrauteste Person, der meist geliebte Mensch ist. Ich hab mich dann rasch wieder gefasst, aber sie kennt mich ja und hat gemerkt, dass ich an dem Tag nah am Wasser und überhaupt nicht gut drauf war. Irgendwann sagte sie dann:"Mensch Kind, das ist doch jetzt schon seit über einem Jahr so. Langsam musst Du Dich doch an den Gedanken gewöhnt haben!" Sie hat das aus reiner Verzweifelung heraus gesagt. Das zumindest glaube ich. Denn daran gewöhnen?! Woran? Es bleibt ja nicht stehen. Die Krankheit ist immer einen Schritt voraus und gibt das Tempo vor. Wir alle "hinken emotional" immer hinterher. So fühl ich das.

Liebe Jasmin,

Zitat:
Leider habe auch ich keine Lösung parat. Mir geht es jeden Tag anders, mal traurig, mal verzweifelt panisch, bockig, sauer... manchmal alles auf einmal.
Ja, ich bin auch nicht alle Tage gleich drauf. Eines merke ich nur sehr deutlich, nämlich dass die einigermaßen guten Tage immer weniger werden. Dich bewundere ich. Du hast soviel aufgegeben, bzw. vorübergehend zurückgelassen, pflegst Deine Mama auf so engem Raum mit sovielen Personen. Der Druck und die Belastung ist ja für alle Beteiligten immens.

Und in einer solchen Extremsituation rutscht einem auch gewiss das ein oder andere mal unkontrolliert raus. Bei uns ist es so, dass wir uns ja nur 1-2 x wöchentlich sehen. Und das reicht dann oft schon aus. Wie wäre das auf so beengtem Raum? Nicht auszudenken.

Wobei...das ist auch ein Thema, das mich sehr belastet. Wenn es meiner Mama mal schlechter gehen sollte, wäre ich einfach auf Grund meiner persönlichen Situation gar nicht in der Lage eine 24h Pflege zu gewährleisten. Mal ganz abgesehen davon, dass ich gar nicht einzuschätzen wüsste, was da auf mich zukommt und ob ich überhaupt in der Lage wäre das zu bewältigen. Wir haben über das Thema mal gesprochen. Meine Mutter sagte, sie wolle selbstverständlich so lange wie irgend möglich zu Hause sein. Aber wenn ein Schweregrad der Erkrankung eintreten sollte, der ihren Mann und mich allein vom pflegerischen her überfordern würde, dann würde sie in ein KH oder Hospiz gehen wollen. Das macht mich traurig und auf der anderen Seite erleichtert es auch. Ich hab einfach Angst vor der Zeit, wo es ihr schlechter gehen wird. Große Angst. Das wäre für mich das Schlimmste, wenn sie leiden müsste.


Zitat:
Und so bin ich weiterhin hin- und hergerissen zwischen: Lass es endlich vorbeigehen, sie soll nicht so dahinsiechen UND Bitte lass sie, wenn es so geht, noch lange, lange bei mir bleiben können.
Diese innere Zerrissenheit, die macht mir auch zu schaffen. Man ist in sich selbst, vor lauter verzweifelter Liebe, völlig uneins. Ach Jasmin, ich denke die Lösung für das Traurigsein wird es nicht wirklich geben, aber wir können uns hier austauschen, und uns das was uns bedrückt ein wenig von der Seele schreiben, gegenseitig zusprechen und vielleicht ein bißchen gut tun.

Gestern waren meine Tochter und mein Ältester bei meiner Mama. Sie hat so einen Spaß an den Kindern. Es ist jedesmal eine Freude, wenn sie hinterher bei mir am Telefon nochmal den Tag Revue passieren lässt. Ich hoffe so inständig, dass sie noch eine lange und gute Zeit hat.

Das wünsche ich uns allen.

Seid lieb gegrüßt und habt noch einen guten Sonntagnachmittag

Annika
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