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Alt 15.12.2017, 16:43
Clea Clea ist offline
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Standard AW: Wo ist Platz für die Angst?

Hallo,
auch ich bin nur Angehörige. Meine Mutter war die Betroffene.
Aber ich hatte eine Scheißangst. Angst vor der Wahrheit,
Angst, dass nicht mehr alles so wird wie es sein sollte,
Angst, meine Ma leiden zu sehen, sie war doch immer so stark.
Angst vor dem Alleinsein, Angst vor der Trauer meines Papas und meines Bruders,
Angst davor, dass alle ihr Leben weiterleben und ich es nicht verpacke.
Das sind vielleicht andere Ängste als die eines Betroffenen.
Aber ich denke, dass Betroffene sich auch um ihre Hinterbliebenen sorgen
und so vielleicht auch dort noch kämpfen und hoffen, wo sie sich selbst vielleicht nur noch einen würdigen Lebensabend wünschen würden.
Man kämpft für die anderen, obwohl man selbst- und auch die aanderen- schon weiß, dass es hoffnungslos ist.
Ich persönlich hatte sehr körperliche Symptome: hoher Puls, höherer Blutdruck, schlechter Schlaf, Zittern, Übelkeit, Völlegefühl, Kloß im Hals. Da war die nackte Panik.
Und dann für mich die Notwendigkeit, stark zu sein für Ma, damit sie sich nicht auch noch Sorgen um mich macht. Sie sollte für sich kämpfen, nicht für mich.
Aber sie hat es nicht geschafft. Wir hatten 7Wochen und 5Tage.
Irgendwie stelle ich mir mein eigenes Lebensende anders vor, selbstbestimmter.
Meine Ma hat uns alles entscheiden lassen, sie hat alles unterschrieben, was wir ihr vor die Nase gehalten haben.
Als es bergab ging, war es unsere Entscheidung, keine Flüssigkeit mehr zu geben und mit dem Antibiotikum aufzuhören. Wir konnten nur mutmaßen, ob sie das so gewollt hätte. Ich hoffe es bis heute. Aber ich weiß es nicht.
Ich kann dir deine Ängste nicht nehmen, dieses Schalentier ist einfach so grausam und es kann dich binnen kürzester Zeit fressen.
Wenn du selbst für dich entscheiden kannst, was du willst und wann du etwas nicht mehr willst, kann ich dir aus meiner Erfahrung nur sagen, sage es deutlich und sage, dass es für dich so in Ordnung ist. Das könnte wenigstens deinen Angehörigen etwas Druck nehmen.
Es gibt ja solche und solche Diagnosen, bei uns war es eben eine vernichtende, aber das muss bei dir ja nicht auch so sein. Daher bist du diejenige, die entscheiden kann und sollte. Das ist vielleicht die Macht, die dir noch bleibt. Und wenn du dich entscheidest, statt an der Chemo lieber am Krebs zu sterben, dann ist das eine sehr mutige Entscheidung, der zumindest meine Hochachtung sicher ist.
Ich wünsche dir auf deinem Weg viel Kraft und liebe Menschen, die dich begleiten.
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