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Alt 09.04.2008, 08:44
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Registriert seit: 06.02.2008
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Standard AW: Meine Mutter auch - ich brauche bitte eure Hilfe!

Liebe Blume.
Ich habe deinen Thread gelesen, bin total erschüttert und möchte mich auch mal hier einklinken, um dir zu sagen, dass ich es super finde, wie du das mit deiner Mutti machst.
Du hast die wunderbare Gabe, dein großes Engagement, deine Kraft, die du aufbringst und noch aufbringen wirst - auch wenn du es dir jetzt noch nicht vorstellen kannst, dass du das schaffst - für deine Mutti einzusetzen. Das soll dich weiterhin stärken und deine Mutti genauso.
Niemand außer dir kann ihr jetzt die Nähe, Wärme und die Kraft geben, die sie braucht.
Die Gespräche mit dir, deine Aktionen und Bemühungen, das alles gibt ihr den Mut zur Hoffnung. Wenn sie sagt, dass sie „Kurt“ bekämpfen will, siehst du, dass deine Kraft bei ihr angekommen ist.

Du wirst sehen, dass du das auch weiterhin schaffst, weil du deine Mutti so liebst und alles für sie tun willst. Da kommt wirklich von irgendwo ein "Sonnenstrahl" her, der dich wieder auftankt.
Ich kenne das Gefühl, das man sein eigenes Leben nach den Hochs und Tiefs der schlimmen Krankheit ausrichtet. Wenn es meinem Papa einigermaßen gut ging, wars bei mir auch so - allerdings auch umgekehrt. Ich habe mein Leben nicht mehr „verplant“, keine Termine gemacht – ich wusste ja nicht, ob ich sie einhalten konnte, weil mich ja zu jeder Stunde ein Anruf meiner Mama davon abbringen konnte. Ich habe mich auch nicht beschwert, dass es so war – ich hab es gerne getan, weil ich sonst aus Sorge auch keine ruhige Minute gehabt hätte. Ich habe meinen Papa über alles geliebt und habe mich und meine Bedürfnisse hinten angestellt.
Es ist so schwer, das alles auszuhalten. Man rechnet stündlich mit Hiobsbotschaften, die einen noch mehr runterziehen – daher ist es normal, dass man sich an „kleine“ Schritte klammert, wenn z. B. die Blutwerte wieder auf einen guten Wert steigen.

Ich finde, hier ist man goldrichtig aufgehoben. (-> Ich sage hier mal DANKE an alle, die Lesen oder auch Mitschreiben. Es hilft so sehr zu wissen, dass man einfach nur "gehört", aber auch verstanden wird und nicht alleine mit seinen Gedanken ist.)
Die Gedanken, die man täglich mit sich rumschleppt, schreibt man hier auf - man bekommt Antworten, Infos und Zuspruch und das hilft so sehr!
Ich z. B. kann hier meine Trauer gut verarbeiten, weil ich bei meiner Familie und meinen Freunden und Kollegen nicht so oft "davon" sprechen mag.
Hier kommt man mit Menschen "ins Gespräch", die genau wissen, wovon man spricht, wenn man sich leer und komisch fühlt. Alle hier - ob Betroffene oder Angehörige - können das so gut nachfühlen.

Sprich mit deiner Mutti auch über deine Ängste.
Du musst sie rauslassen, das ist ganz normal. Und deine Mutti wird dadurch vielleicht lockerer und kann auch mehr über ihre Ängste reden.
Sie sollte wissen, wie es dir geht und du solltest wissen, wie es in ihr aussieht – sofern sie es zulässt.
Mein Papi hat irgendwann dicht gemacht und wollte nicht mehr darüber sprechen. Er bekam immer Tränen in die Augen und schaute aus dem Fenster auf die Wiese. „Grün beruhigt“, sagte er immer.
Er wollte nicht, dass wir wissen, dass er sicher Angst hatte – und er wollte auch nicht, dass wir in Tränen ausbrechen vor Ratlosigkeit. Er war tapfer und stark für uns bis zuletzt.

Bitte nimms mir nicht übel, wenn ich jetzt folgendes schreibe – aber ich finde Offenheit immens wichtig, möchte dir aber keine Angst machen: irgendwann wird eine Zeit für dich und deine Mama kommen, in der es wichtig ist, dass ihr beide los lasst.
Du solltest nach Möglichkeit in der Lage sein, deiner Mama dann zu sagen, dass sie sich um dich/euch keine Sorgen machen muss und das sie beruhigt sein kann, dass „alles läuft“.
Allein dafür ist es wichtig, dass ihr auch über eure Ängste und eure innere Wut über „Kurt“ sprechen könnt. Lasst sie raus, versteckt sie nicht – es macht euch irgendwie freier.

Du hast die Möglichkeit, dir hier alles von der Seele zu schreiben, das ist prima und tut dir gut. Ich kann das für mich auch bestätigen und möchte dich bestärken, weiter hier zu bleiben. Deine Mama hat kein solches Ventil, macht alles mit sich alleine aus. Vielleicht schafft ihr es gemeinsam, dieses schwierige Thema zu besprechen.

Fühl dich umarmt und sei Gewiss, dass du nicht alleine bist.
Ich wünsch dir und deiner Mutti alles Gute, viel Kraft weiterhin und bleib stark für dich und sie.
Das Wichtigste ist, dass du für sie da bist, auch wenn du ihr durch ihre Müdigkeit und Schwäche nicht viele Aktionen bieten kannst. Genießt zusammen die Gespräche, gute Sendungen, eure Musik – einfach alles, was euch gut tut. Auch wenn man sagt, dass du dir auch was gönnen musst, damit du wieder zu Kräften kommst und die Kraft übertragen kannst – es ist einfacher gesagt, als getan.
Tu einfach das, wonach dir ist und wenn du rund um die Uhr bei deiner Mutti sein willst, dann wirst du das für dich brauchen.
Ich denk an dich.
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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