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Alt 09.04.2008, 12:43
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Bianca-Alexandra Bianca-Alexandra ist offline
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Registriert seit: 15.02.2008
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Standard AW: Meine Mutter auch - ich brauche bitte eure Hilfe!

Liebe Blume,

ich weiß nicht viel über Dich - und entweder bin ich ein bißchen untertalentiert oder es findet sich wirklich nicht viel in Deinem Profil.

Das was Du sagst und schreibst kenne ich sehr gut. Als mein Vater an Krebs starb war ich komplett unterinformiert - und habe es ohnehin nicht so recht geglaubt was passiert. (War ja auch erst 15). 3 Jahre später habe ich dann auf einer Krebsstation ein freiwilliges soziales Jahr absolviert -ich wollte so gerne etwas von dem zurück zahlen was mein Vater erhalten hat.

Dann kam die Diagnose bei mir - Gott sei Dank weitestgehend harmlos weil rechtzeitig - und dann die meiner Mutter.

Auch ich habe den Drang alles wissen zu müssen. Ich habe unendlich viel recherchiert, mich mit Apothekern wegen Medikamenten zusammengesetzt, die Krebshotline strapaziert, war mit meiner Mutter beim Psychologen (aber das ist nicht unser Weg) - ich glaube, wir wollten uns gegenseitig bescheinigen lassen, dass der andere sich zusehr dort herein steigert , habe mit Ihren Ärzten gesprochen, Schwestern interviewt.... letztlich doch immer mit dem gleichen Bedürfnis.

- ich möchte alles wissen was uns erwarten kann
- ich möchte keiner Situation unvorbereitet gegenüberstehen
- ich möchte mgl. Nebenwirkungen vorher wissen, dadurch kann ich die
Reaktionen von Körper und Geist besser verstehen - und weiß auch besser
wann es Zeit ist, die Alarmglocken (und zwar nicht zu früh) schellen zu
lassen
- viele psychische Verhaltensweisen (kalt, abweisend, launisch....) erklären
sich durch Medis...
...man hat so oft Angst, etwas falsch zu machen, gerade jetzt...

Aber obwohl ich wirklich inzwischen sehr gut über alles Bescheid weiß, letztlich war unterbewusst doch alles von der Hoffnung getragen, irgendwo eine Studie zu lesen, die mir sagt : Alles wird gut.

Ich habe ein sehr, sehr offenes Verhältnis zu meiner Mutter. Oft hatte ich ein schlechtes Gewissen wenn ich dann doch mal eine Träne nicht zurückhalten konnte. Sie sagt mir dann immer, dass sie dann merkt, wie sehr ich sie lieb habe - und dass das in Ordnung ist. Natürlich ist es meine Aufgabe sie zu stützen und nciht umgekehrt. Aber dennoch finde ich, Du solltest natürlich bleiben. Du kannst nicht immer stark sein. Und wie ich in einem der Beiträge gelesen habe: Es ist wirklich wichtig über alles zu reden, vor allem über Ängste. Ich habe meiner Mutter gestern einige Beiträge von Ulla Krefeld vorgelesen. Die Geschichten und die Umgangsweise sind sehr ähnlich. Meine Mutter hat geweint und mich verunsichert. Ich hatte ja extra depressive Passagen weg gelassen. Sie hat sich verstanden gefühlt. Es wurden Dinge ausgesprochen, die sie mir gegenüber nciht unbedingt verbalisieren wollte.

Wir haben dann doch wieder den Weg gefunden die kleine Blockade zu lösen. Sie hat natürlich Angst. Wir haben auch schon vor Monaten eine individ. Patientenverfügung besprochen. Zwar mag sie sie nicht abgeben, aber ich kenne Ihre Ängste besser - und sie meine auch.

Außerdem weiß ich jetzt, dass sie es grausig findet wenn ihre tausend indirekten Lampen nicht leuchten - ich dachte, es ist manchmal aus weil sie dann Dunkelheit möchte. Nein, sie ist dann einfach nur zu schlapp um sie anzuschalten. und fühlt sich unwohl wenn es so dunkel ist.

Das ist es was ich meine, verbalisierte Ängste werden kleiner - und wenn Deine Mom von selbst das Gespräch sucht musst Du ja auch keine Angst haben in ihr ein trauriges Gefühl auszulösen. Vielleicht will sie ja gerade mit Dir über ein Hopitz, die Angst vor dem Tod oder etwas anderes sprechen und wartet nur darauf, dass Du Dich darauf einlässt. Sie hat doch sicher auch Angst, ihre Tochter zu belasten....

Bei meiner Mom war es so. Sie hat mir gestern gesagt, dass meine Reaktion "Ach Mama sag nicht sowas" auf Ihre Frage "Wenn die erst in drei Jahren Blüten bilden - seh ich die wohl nicht mehr?" in ihr den Eindruck erweckt hat dass ich nicht darüber reden will.

Dabei wollte ich sie nur nicht runterziehen. Völlig falsch umgesetzte Motivation. Jetzt haben wir gesprochen. Ängste, die im Dunkeln bleiben entwickeln sich zu riesen großen Monstern finde ich. Und das gilt auch für Deine !

Gestatte mir noch eine letzte, kleine Bemerkung: Auch wenn dieses Forum gut tut - sonst hätte ja auch ich den Schritt nicht gemacht mich nun doch anzumelden - glaube ich dass man darauf achten sollte dass es die persönliche Unterhaltung - mit wem auch immer - nicht ersetzt....

Irgendwie sind wir doch alle im gleichen Boot. Manchmal mit verschiedenen Blickwinkeln, aber doch ganz sicher alle mit der gleichen Angst vor dem Wasserfall hinter der nächsten Biegung.

Ganz liebe Grüße.... jetzt hast Du aber ein Fleißkärtchen fürs Lesen verdient ;-)
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Liebe Grüße - Bibi
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