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  #1081  
Alt 15.03.2007, 13:46
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Stammtisch

wunderschön, die Bilder, das Gedicht und ganz besonders der Text auf der letzten Karte. Ja, die glücklichen Augenblicke, so kostbar, so hilfreich zu wissen, dass wir sie hatten.

Nachdenklich werde ich immer bezüglich der Jahreszeiten. Klar, man vergleicht das Menschenleben ja auch hin und wieder damit. Und wie sicher war ich mir, dass wir wahrscheinlich zwar schon den Spätsommer erreicht hatten, aber der Herbst und Winter ja noch vor uns lag. Wann war Cläuschens Spätsommer? Der Winter kam so schnell und unverhofft

@Wölkchen , du machst dich ja vielleicht mal rar hier, schön, dass du überhaupt noch da bist

Kommt gut durch den Resttag. Ich hatte eine super angenehme Schicht. Seltsam hab ich nun schon seit Tagen

Bis dann

Andrea
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  #1082  
Alt 15.03.2007, 20:53
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Hallo Ihr Lieben ,

ich glaube, ich sehe hier gerade die Schwierigkeiten eines virtuellen Stammtischs. Den Witz habe ich zwar verpasst, aber ich denke, das ist nicht wirklich wichtig. An einem realen Stammtisch hätte vielleicht auch jemand einen Witz gemacht, ein paar hätten gelacht, ein paar die Augen verdreht und das Gespräch wäre einfach weitergegangen. Wäre die Stimmung in diesem Moment gedrückt gewesen, es hätte keinen Witz gegeben. Ganz einfach. Wenn einem jedoch beim Lesen etwas unangenehm aufstößt, kann man seinen Ärger erst so richtig aufbauen.

Wegen ein paar Misstönen gleich den ganzen Stammtischgedanken in die Tonne treten? Nein, ich denke, das möchte niemand. Auch hier wird es - wie im realen Leben - nicht möglich sein, immer nur Harmonie und Sonnenschein zu haben. Und - auch ich habe sofort hier geschrieben, als ich selbst ein echtes Lachen nach Monaten der Dunkelheit erlebt habe. Auch ich wollte es teilen, wollte vielleicht ein Wenig Hoffnung geben, dass das Lachen nicht ganz verloren ist.

Es ist nicht leicht immer den richtigen Ton zu treffen. Andrea, Du kannst das irgendwie - aber ich selbst bin mir da auch oft nicht sicher. Ich sehe, welche dahingesagten Sätze verletzen. Ich sehe doch an mir selbst wie ich einmal auf einen Spruch negativ reagiere, in einer anderen Situation lache ich mit. Wie kann ich von meinem Umfeld erwarten, dass dieses wirklich so sensibel ist, das zu wissen? Wenn ich es selbst im Voraus nicht sagen könnte? Und - mal ganz ehrlich - die unglückliche Single-Frau ist auch tief getroffen über Sprüche à la "gehen sie mit ihrem Mann auch so um" - und kann kein "Recht" für sich in Anspruch nehmen, man möge in ihrer Gegenwart so etwas nicht sagen.

Ich hatte kürzlich ein Aha-Erlebnis, als ein Kollege mir erzählte, dass seine Frau nach dem Tod ihres Vaters plötzlich für ihn so unverständlich reagiert. Sie stellt ihr ganzes bisheriges Leben in Frage, einmal will sie über ihren Vater sprechen, am nächsten Tag weist sie ihn ab wenn er das Gespräch sucht. Sie reagiert sehr empfindlich auf für ihn (und für sie vermutlich auch) bisher belanglose Dinge. Heute möchte sie trauern, seine Aufmunterungsversuche sind unwillkommen, morgen möchte sie abgelenkt werden und empfindet seine Anteilnahme als Belastung. Ja, ich konnte ihm sagen, all das habe ich auch durchlebt, mein Partner hat dasselbe durchlitten. Und - nein - mehr als aufmerksam und für sie da zu sein und Verständnis zu haben, mehr kann er nicht für sie tun, denn es ist ihr Verlust. Es sind ihre "hätte ich bloß" und "wäre ich damals.." Kämpfe. Und, nein, er wird es nicht schaffen in jeder Situation alles richtig zu machen. Und, ja, ihre Wut wird sich vielleicht auch einmal gegen ihn richten und vielleicht wird sie ihm auch vorwerfen, dass er garnichts verstehen kann - da wird er durchmüssen.

Ich habe bei diesem Gespräch zum ersten Mal wirklich ehrlich über mich selbst nachgedacht, und - ich habe mich genau so verhalten. Und ich bin sicher, hier hat jeder Verständnis dafür. Ist es dann nicht ein Zeichen der Hoffnung, wenn andere es schaffen, ein kleines Stück vom Glück wiederzufinden? Dass es wirklich irgendwie weitergeht, auch wenn es sich jetzt im Moment einfach nicht so anfühlt und man den berühmten Silberstreif am Horizont selbst nicht sehen kann?

Sicher ist es besonders schwer, wenn man selbst gerade in einem Loch sitzt, und garnicht glücklich sein will. Wenn man gerade Angst hat, der Schmerz könnte wirklich nachlassen und der geliebte Mensch könnte womöglich vergessen werden? Ja, ich kenne auch das, ich bin morgens aufgewacht und in Tränen ausgebrochen, weil ich nicht sicher wusste, ob ich am Vortag an meine Mami gedacht habe - es wäre das erste Mal gewesen - und, nein, ich wollte nicht glücklich sein, ich hatte ein schlechtes Gewissen, ich wollte trauern, so, wie ich meine dass sie es verdient hat. Und gleichzeitig weiss ich doch ganz sicher, sie würde wollen, dass ich mich mit einem Lächeln an die schönen Zeiten erinnere.

Mir selbst fällt es nicht leicht, über meine eigene Trauer zu sprechen, ich bin ein echter Verdränger. Es hilft mir aber, hier zu lesen, zu sehen, wie andere es schaffen und auch, dass vieles von dem was ich empfinde irgendwie "normal" ist. Und - um wieder die Kurve zum Grund meines Beitrags zu kriegen - ich bin froh, dass es diesen Stammtisch gibt.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen einen schönen Abend.
AndreaM
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  #1083  
Alt 16.03.2007, 05:54
Blue Blue ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Andrea M spricht mir aus der Seele. Eigentlich gibt es dazu nichts weiter zu sagen. Auch mir ist der Stammtisch noch immer wichtig.

Es sind über 21 Monate seit dem Tag X vergangen, dem Todestag meines Mannes. Am Anfang meines Weges ohne Jürgen, sagte ich allen und jedem: ihr müsst mich jetzt eben aushalten. Es ist sicher nicht immer einfach mit mir. Hier habe ich ein paar wenige Menschen gefunden, die mir wichtig wurden. Natürlich entstehen über eine gewisse Zeit Kontakte, natürlich fängt man irgendwann an, einen Hinweis zu geben, der nur für jemand ganz speziell bestimmt ist. Hat aber dennoch nichts mit verschworener Gemeinschaft zu tun. Ich weiß von bestimmten Tagen, weiß wie ich mich dann meist fühle und auf einmal gehen die Gedanken in Richtung eine kleine Freude machen. Zeigen, du – ich denk an dich. Es gibt nicht nur den Todestag und Geburtstag, es gibt bei jedem Einzelnen sehr viele Tage die schwierig auszuhalten sind und meist schreibt man sich das nicht auf die Stirn. Und immer wieder wird vergessen, hier stehen nur Buchstaben. Keine Mimik, keine Gestik.

Es wird immer wieder Situationen geben, die mich sprachlos machen. Und ich bin mir sicher, daß ich immer wieder aufstehe, die Talfahrt beendet ist. Ja, so langsam schließt sich das 2. Jahr bei mir. Die Gedanken gehen zurück in das andere Leben, meine Seele wird die Päckchen betrachten und neu verschnüren, vermutlich mein Leben lang. Was ich damit sagen will, es werden viele Erinnerungen wieder kommen, Gespräche und Gedanken, Trauriges und Glückliches. Alles wird neu sortiert und verwahrt und ich werde dort anfangen, wo ich zuletzt aufgehört habe, immer und immer wieder.

An mutigen Tagen werde ich nachlesen in der Zeit von 2 Jahren, (habe mir in der Pflegezeit alles von der Seele geschrieben und das ist jetzt ein wertvoller Schatz für mich) in verzagten Momenten werde ich im Stammtisch blättern, mir Mut machen, weil ich weiß, ich bin nicht alleine.


Das Auto

Erinnerungen, kostbar - nicht zu löschen, für immer auf meiner Festplatte. Ein ganz normaler Tag. Ich sitze auf dem Balkon, trinke meinen Kaffee, die Sonne scheint und Jürgen kommt um die Ecke geflitzt.

Honda CRX-VTI del Sol, knallerot. Klar, daß Dach ist im Kofferraum verschwunden. Das Dach war immer im Kofferraum verschwunden sobald die Sonne ein bißchen blitzte, selbst wenn er nur 5 Minuten damit fuhr. Jürgen hat sein Käppi auf (und noch immer der Verdacht, hat er das Mützchen eben erst aufgezogen, damit ich nicht motze???), die "Blues-Brothers-Sonnenbrille" auf der Nase, tolle Musik im Auto - dröhnt bis zu mir. Und ein unglaubliches Grinsen....

Ja, Jürgen hat dieses Auto "gelebt" und ich durfte es nun noch 18 Monate fahren. Nicht so "gelebt" wie Jürgen, aber dieses Auto ist noch immer sehr wertvoll für mich. Und trotzdem habe ich es gestern abgegeben. Die Vernunft hat das Rad angeschubst und ich bin mit hüpfendem Bauch hinterher gerannt. 2, 3 Wochen lang meine Nächte damit verbracht, gedreht und gewendet und jetzt, gestern, gemacht. Es ist weg, ich bin leer. Und komisch, ab dem 15.03.2001 hat Jürgen dieses Traumauto gefahren....

Gemault, gemotzt, abgetaucht und trotzdem vor einiger Zeit losmarschiert, zum Honda-Händler und offensichtlich, nach heutiger Sicht, gibt es tatsächlich Menschen, die noch konfuser sind als ich, oder genauso?

Es war schwer, sehr schwer. Bin im Autohaus angekommen und hab erst mal eine halbe Stunde gebraucht bis ich überhaupt etwas sagen konnte. Saß klein auf meinem Stuhl, den Rücken einem kleinen hübschen Auto zugedreht, knallerot, mit Schiebedach trotz Klimaanlage. Ein kleiner Bär saß vorne an der Windschutzscheibe – mein neues Auto. Ich finde keine Worte, kann nicht sagen wie es mir ging. Die Uhr rückte unaufhaltsam vor. Nein, diese allerletzte Fahrt habe ich nicht genossen, es war einfach schrecklich.

Am 21. März 2005 fuhr Jürgen zum letzten Mal mit seinem Auto. Das Lied das er zuletzt in seinem Auto hörte, war auch mein letztes Lied in seinem Auto – und das erste im neuen Auto. Es war bis zuletzt Jürgens Auto – nicht mein Auto, auch nicht unser Auto – sein heilix Blechle.

Von meiner Schwägerin habe ich mich auffangen lassen, ich konnte nicht sofort hierher. Sie hat mich einfach nur gedrückt. War sie es doch, die mir eine Rede gehalten hat, entweder jetzt oder noch ein Jahr fahren, hat sich angefühlt wie einen Tritt in den Hintern. Nein, nicht unter Druck gesetzt, war meine Entscheidung.

Bei jedem Gespräch der letzten beiden Wochen hat sie mir die Argumente „warum jetzt“ wieder vorgepredigt, so viel auf mich einreden musste sie zuletzt, als Jürgen nichts mehr gegessen hat und ich entscheiden musste, ob künstliche Ernährung oder nicht. Nein, nicht wirklich ich habe es entschieden – Jürgen hatte es vorbestimmt.

Hier eingetroffen, Nachricht auf dem AB. Aha, das Autohaus. Tja, er hat keine Ahnung wie es passiert ist, aber er hat doch tatsächlich meinen Fahrzeugschein, den –brief und die Rechnung in seine Unterlagen gesteckt – und nicht mir mitgegeben. Ob ich nochmal vorbeikommen könnte? Wer ist nun konfus? Ja, alle Beide – ich habe es nicht bemerkt.

Jetzt steht also tatsächlich in der Tiefgarage ein Auto das grienst. Zeit um die Winterpause zu beenden und wieder mutig zu werden. Ich freue mich auf meine Süsse, auf Andrea und Steffen, auf das Autofahren. Das ist wieder so ein Gegensatz. Klar freue ich mich über das neue Auto, aber…

Und noch etwas poltert in mir. Vielleicht irgendwann ein Trost für mich. Jürgen sagte vor langer Zeit einmal zu mir, auch in Bezug auf Autos, man sollte sein Herz nicht an solche Dinge hängen...

Nachher werde ich also mit dem Polo Jürgens Winterreifen zum Autohaus fahren, meine Papiere und die Rechnung abholen. Meinen Polo bei Nehmet abgeben und auch die Sommerreifen nicht vergessen. Das Herz wird nicht so schwer werden, sicher nicht, ist es doch nur mein Auto. Anschließend bei Jürgen vorbei gehen und ihm die Blumen bringen, die ich mit dem neuen Auto bekam.

Tja, Sprüche die die Welt nicht braucht? Hab gestern einen gehört - nein, sprachlos war ich nicht. Hatte nunmal bis jezt 2 Autos und treffe in der Tiefgarage einen Nachbarn. Er sieht mein neues Auto stehen und fragt: "Hast ein neues Auto? Ach, Du brauchst ja noch immer 2".

Ja, und jetzt kommt noch ein Hinweis für Gärtner, nein, das kann ich mir nicht verkneifen! Nun rate mal, wo ich mindestens 1 oder gar 2 Wochen lang zu finden bin?!?! Klar, entweder in der Badewanne oder auf dem Sofa. Und versprochen, ich rühr mich nicht vom Fleck, es sei den ich bekomme Hunger!

Bruni
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  #1084  
Alt 16.03.2007, 07:30
Wolke Wolke ist offline
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Standard AW: Stammtisch

klar bin ich noch da. Ich lese hier fast täglich mit. Aber da es in mir so anders aussieht, bin ich meist eher still.

Auch wenn ich weiß, dass es quatsch ist, so hänge ich mein Herz auch an mein Auto. Die Tage fiel mir aus heiterem Himmel in der Mittagspause auf dem Weg zurück zur Arbeit ein, meine Ma kennt weder meine neue Wohnung, noch mein neues Auto. Das schmerzte. Dabei ging mir dieser Gedanke nicht zum ersten Mal durch denk Kopf. Schon komisch, warum gerade jetzt? Aber vielleicht kennt sie es ja doch, kann mir nur ihre Meinung dazu nicht mehr sagen wie früher?

Ich wünsche uns allen viele schöne Fahrten mit Dach oder ohne, hauptsache der Frühlingssonne entgegen.

Wolke
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  #1085  
Alt 16.03.2007, 08:50
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tinchen71 tinchen71 ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Hallo liebe Stammtischler(innen),

ich bin auch bisher stille Leserin gewesen, hatte auch den Gedanken, das es sich hier um eine "eingeschworene" Gemeinschaft handelt.
Das dem nicht, oder nur bedingt so ist, habe ich nun aus den letzten Postings entnommen.
Ich bin seit dem 19.02. diesen Jahres Witwe.
An meinem, unserem Auto hänge ich auch sehr...
Am 08.02.07 habe "ich" ein neues Auto bekommen, ich habe es ausgesucht nach den Kriterien, die mir für meinen Mann wichtig erschienen. Bequem, weich gefedert, mit Sitzheizung, eine grössere Limousine mit der wir zwei auch mal in den Urlaub fahren könnten. Mein Schatz hat alles mit dem Autohaus geregelt, am 06.02.auf dem Rückweg von seiner letzten Chemotherapie, das Auto bezahlt und auch zum ersten Mal gesehen. Leider nur gesehen und drin gesessen, nicht gefahren. Er konnte selbst nicht, wurde an diesem Tag von seinem Bruder chauffiert. Er war soo begeistert von dem Auto, hat sich gefreut wie ein Kind. Dann hat er noch organisiert das das Auto am 08.02.als ich von der Arbeit kam, vor unserer Haustür stand. Zu einer Probefahrt mit mir gemeinsam war er leider nicht in der Lage
Bereits am 11.02. kam er dann ins Krankenhaus...
Vielleicht später mehr
Es grüsst Euch von Herzen
Christina.
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  #1086  
Alt 16.03.2007, 09:50
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Hallo Christina,

es freut mich, dass du den Weg zu uns gefunden hast, dich nicht abschrecken lässt, dass halt auch hier einmal passiert, was menschlich ist. Ich hoffe sehr, dass du durch den Austausch ein wenig das Gefühl hast, aufgefangen, verstanden zu werden.

Ich kann verstehen, dass man das Gefühl bekommen kann, da "komm ich nicht mehr rein". Im April wird es ein Jahr, dass wir hier schreiben. Klar ist viel passiert in der Zeit, gibt viel nachzulesen, dazu hat man nicht immer die Muße. Aber vielleicht wird auch gerade hier am Stammtisch klar, dass sich für uns alle das Leben derart verändert hat mit dem endgültigen Abschied, dass auch ein Weiterleben nicht möglich ist, ohne Innehalten, ohne Verzweiflung, ohne Rückschläge. Hier sollte - das möchte ich nochmals ausdrücklich betonen - immer möglich sein, von vorne zu beginnen, mit dem Schmerz, mit den Zweifeln, mit den Ängsten und der Hoffnung. Ein Schritt vor, zwei zurück, so sieht für mich seit über zwei Jahren der Alltag aus. Und die zwei Schritte zurück, hier werden sie verstanden. Und der eine Schritt vor, hier freut man sich mit mir. So sollte es sein.

Die letzten Postings haben mir sehr viel bedeutet. Habe tatsächlich begonnen, an mir zu zweifeln, mich gefragt, warum ist dir der Stammtisch noch immer so wichtig? Dass es euch doch auch so geht, lässt mich hoffen, dass ich nicht doch total bekloppt bin.

Auch heute wieder, ein schmerzlicher Tag. Der Todestag meines Bruders, der 41. Gleichzeitig auch der Tag, an dem Claus mich an der Aufzugstüre des Krankenhauses erwartet hat, den Daumen nach unten. Ja, es schien, die OP war gut überstanden. Ja, er war sogar wieder zu Kräften gekommen, erstaunlich schnell. Aber, ja das aber: Die Metastasen um die Aorta, nein, keine Hand ist so ruhig, um das Risiko einzugehen.

Ich glaube an diesem Tag habe ich das letzte mal mit Gott gesprochen. Auf der Heimfahrt vom Krankenhaus, zurück zu unseren Kindern. Tränen, die mir das ungeliebte Autofahren noch schwerer machten. Ich habe ihn angefleht, mir das nicht noch einmal anzutun. Er hat mich nicht gehört, hat mir eine neue Lektion im Leben auferlegt. Wieder musste ich lernen, ohne den Menschen zu leben, den ich am meisten geliebt habe.

Nein, seither habe ich nie wieder mit ihm gesprochen. Hatte ihn auch während der folgenden Zeit nicht um ein Wunder angefleht, hatte auf eines gehofft, ja, aber irgendwie war ich sauer auf ihn, denn immerhin hatte ich mich während des gesamten Lebens mit meinem Mann bei ihm bedankt, regelmäßig. Ja DANKE hab ich immer wieder gesagt für mein wunderbares Leben.

Und nun? Wer hat mir nun den Menschen im neuen Leben geschickt? Wird noch eine Lektion auf mich warten? Irgendwie scheint es, dass ich die Fähigkeit verloren habe, den Augenblick zu genießen. Die Angst und die Zweifel, momentan noch die Gefühle, die überhand haben. Ich bin nicht mehr sauer auf ihn, und wer mir den neuen Menschen geschickt hat? Nun, zu dem, von dem ich es heute annehme, wünsche ich es mir, würde zu seinem Lebensplan passen, mich und die Kinder glücklich zu sehen. Nein, ich bin nicht mehr böse auf Gott, habe ihm nur nichts mehr zu sagen. Vielleicht, so es ihn denn gibt, erklärt er mir einmal? (Alexis Zorbas lässt grüßen...)

Nun muss ich los. Vielleicht auch eine Chance? Wer weiß. Jedenfalls ein Anfang in mein Leben nach der DUMMKUH.

Kommt gut durch den Tag und ... ihr wisst ja Bescheid!

LG
Andrea
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  #1087  
Alt 16.03.2007, 10:04
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Autos - das ist schon etwas seltsames

Mein erstes - ja, das war ein Geschenk meiner Mami. Zugegeben, es hatte nur noch 1,5 Jahre TÜV, ich durfte ihr altes "zuende fahren". Ja, für das nächste habe ich all mein gespartes Taschengeld und Jobbergeld ausgegeben - und meine Mami hat mir schicke Sitzbezüge und einen Satz Winterreifen, Steuer und Versicherung dazugeschenkt. Ohne sie wärs nicht geganen. Als der Polo dann, "volljährig" geworden, den Heldentod starb (ich habe wirklich geweint - mein Freund musste ihn zum Schrott fahren, ich konnte es nicht), war ich (wie so oft ) grade etwas klamm und meine Mami hat einen abgelegten Firmenwagen für mich organisiert, die 250 Mark hat sie dazubezahlt.

Ein Golf II war das. Ja, den habe ich dann bis zu ihrem Tod 2005 (so lang schon her?) gefahren. Immer hat sie gesagt "Kind, Du bist über 30 und verdienst doch ordentlich, kauf Dir endlich ein anständiges Auto, man geniert sich ja mit der alten Karre". Und immer habe ich gesagt: erstens fährt er noch ganz prima und zweitens hast Du ihn mir geschenkt - ich häng halt dran. Kurz vor ihrem Tod hat er den Geist aufgegeben - und, ja, da stand Mamis kleiner schicker Mitsubishi schon vor meiner Tür - sie brauchte ihn nicht mehr und ich musste ja ins Büro - und vor allem zu ihr ins Hospiz kommen... Wir haben inzwischen ein tolles, schickes, fast neues gekauft (auf das hatten wir schon lange gespart) - und wir brauchen keine 2 Autos. Trotzdem - der kleine Mitsubishi ist immernoch da ... ich weiss nicht, ob ich ihn weggeben kann. Für den Umbau ist es auch wirklich praktisch 2 Autos zu haben - und - da wir noch eine ganze Weile beschäftigt sein werden, habe ich noch Zeit mir zu überlegen was mir danach einfällt...

Wie schön dass ich nicht die einzige bin, die an Autos hängt...

Ihr Lieben, ich wünsche Euch allen ein schönes Wochenende, lasst Euch vom angesagten Wetterwechsel nicht runterziehen!

AndreaM
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  #1088  
Alt 16.03.2007, 17:13
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AndreaS AndreaS ist offline
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Glückseligkeit? Wenn das Herz einen Satz macht, weil das Postauto außerhalb jeder Festtage vor dem Haus hält? Eine Seele hat an dich gedacht, eine Geste, unverhofft, heute. Bewusst? Oder unbewusst. Irgendwie hat beides was, bewusst = sehr aufmerksam, unbewusst = Die Seelenschwingung stimmt, eindeutig, zweifelsfrei.

Nun stehn sie vereint, die beiden, natürlich bei unseren Jungs. Habe sie so gestellt, dass sie sich ansehen, Der Engel des Geistes, der Inspiration und des Mutes mit hoch gestreckten Armen, geradezu wie eine Umarmung und der Engel der Wünsche. Auch das, ja es passt zusammen.

Wenn Steffen vielleicht Zeit findet, werde ich sie Bilder reinstellen von unserer Hausbar mit kostbaren Kleinigkeiten. Mit einem Kerzengesteck als Umzugsgeschenk und den Engeln und Teelichter.

Kleinigkeiten, Glückseligkeit, ja, auch das ist durch den Stammtisch möglich geworden.

LG
Andrea
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  #1089  
Alt 16.03.2007, 18:18
Blue Blue ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Und nun kommt die Antwort, damit wirklich keine Fragen offenbleiben.

Ich wußte um den Tag heute bei Andrea, sie hat es hier erzählt und auch mir. Und wie ist es, wenn ein Tag schwer auszuhalten ist? Vielleicht kommt das Postauto - so ganz, rein zufällig?? Ja, was Kleines und was für die Hüften.

Vor einigen Wochen habe ich den Film "Das Streben nach Glück" gesehen. So ziemlich am Schluß kommt das Wort Glückseeligkeit vor - da habe ich angefangen Andrea mit dem Wort zu bombadieren - oh ja, sie hat es ausgehalten. Doch, vielleicht war heute bei Andrea trotzdem ein bißchen Glückseeligkeit, was auch immer das sein mag.

Es sind die kleinen Dinge.

Und heute habe ich wieder gelesen, ich bin nicht alleine, mit meiner Art an Dingen zu hängen. Ein ganz neues Auto, bestellt, bezahlt und bereitgestellt - und immer wenn Du mit diesem Auto fährst, summt Dir Dein Kopf.

Das Auto, von der Mutter, wie alle Autos zuvor.

Grüßle
Bruni
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  #1090  
Alt 16.03.2007, 20:20
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Ja Bruni hat es erklärt. Und nun will ich es euch zeigen, unser kleines Stück Glückseligkeit in unserem Wohnzimmer, jedes einzelne Geschenk eine kleine Geschichte, eine symbolische Brücke von Osten über Süden, von der Erde in den Himmel:








Danke dafür

Andrea u. Steffen
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  #1091  
Alt 17.03.2007, 10:52
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Bin mal wieder versackt. Hab eigentlich einen Text zu seinem neuen Album gesucht und dabei auf nachstehendes Gespräch gestoßen.

Herbert Grönemeyer, er bringt das was mit uns passiert, wenn ein geliebter Mensch stirbt wunderbar auf den Punkt. Macht aber auch Mut, dass das Leben einen wiederbekommen darf.

Vielleicht interessiert es euch ja auch, ich hab es verschlungen:

http://www.stern.de/unterhaltung/mus....html?nv=heads

Ein erträgliches Wochenende euch allen.

LG
Andrea
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  #1092  
Alt 17.03.2007, 11:11
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Dagi Dagi ist offline
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Daumen hoch AW: Stammtisch

Liebe AndreaS

Melde mich auch mal wieder! Habe diesen Link den du eingestellt hast auch gelesen.... habe Hühnerhaut bekommen, bin beeindruckt!
Und danke dass du ihn eingestellt hast!
Ich sehe auch eine Menge Übereinstimmungen.....dagi
Angehängte Grafiken
Dateityp: jpg aadankerosezn9.jpg (14,8 KB, 117x aufgerufen)
__________________
Das Leben wäre viel einfacher,wenns nicht so schwer wäre......
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  #1093  
Alt 17.03.2007, 15:05
Sabitz Sabitz ist offline
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Hallo AndreaS,
vielen Dank für den Link von H. Grönemeyer. Dieses Gespräch bringt unsere Gefühlslage wirklich auf den Punkt.
Es zeigt auf, wie verwundet unsere Seele ist und wie sie es irgendwann schafft, wieder die ersten Schritte zurück ins Leben zu finden.
Dieses Gespräch kam für mich so emotional und total ehrlich rüber und macht Hoffnung.
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  #1094  
Alt 19.03.2007, 07:02
Blue Blue ist offline
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Liebe Christina,

heute schicke ich Dir ein "ich denk an Dich". Möchtest Du ein bißchen erzählen? Komm laß Dich einfach knuddeln.

Bruni
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  #1095  
Alt 19.03.2007, 08:31
AndreaM AndreaM ist offline
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Aus dem Interview:
Zitat:
Du kannst klagen, dass sie tot ist - du kannst dankbar sein, dass sie gelebt hat.
Diesen Gedanken hatte ich hier auch schon einmal. Den "richtigen" Partner fürs Leben zu finden, das ist ein Geschenk, das nicht jeder erhält. Diesen wieder zu verlieren, ist ein Schicksal, das niemand verdient.

Wieviel Kraft muss es kosten an den Punkt zu gelangen, an dem man dankbar zurückblicken kann, dass man den "richtigen" wenigstens für ein Stück des Lebenswegs gefunden hat?


@Bruni,
es tut gut, verstanden zu werden!

@AndreaS
es werden sicher noch viele Lektionen auf Dich warten - und ich bin sicher, Du wirst sie alle meistern! Vielleicht ist ja die erste, wieder zu lernen den Augenblick zu genießen und alle anderen Gedanken für den Moment auszuschalten. Denn die Augenblicke sind so kostbar - und die Zeit hält nicht an.

@Wolke
Ich verstehe Dich! Ich werde ohne meine Mami heiraten müssen....

Ich wünsche Euch allen eine schöne Winterwoche.
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