Wie schlimm wird es noch?

[Cali1]

Mein Vater (67) hat Mitte Dezember 2006 die Diagnose nicht kleinzelliges Bronchialcarzinom, Stadium IV, bekommen. Die Ärzte haben gesagt, es sieht nicht gut aus, nicht operabel und nicht bestrahlbar. Die Nachricht war ein Schock für die ganze Familie. Es war das traurigste Weihnachten in meinem ganzen Leben !!! Über die Lebenserwartung haben die Ärzte nicht wirklich was gesagt, jeder Mensch ist anders. Und die Beiträge hier im Forum zeigen dies ja auch. Anfang Januar hat er eine Chemo angefangen (Carboplatin/Vinorelbin) und da nach einem Zyklus der Primärtumor kleiner geworden war, haben wir wirklich Hoffnung gehabt, dass er noch ein wenig mehr Zeit bei einigermaßen Lebensqualität erleben darf. Aber leider ist das nicht so. Es ging ihm von Anfang an schlecht unter der Chemo, er war total müde und sehr schlapp. Er hat sehr an Gewicht verloren und hatte immer wieder Fieberschübe. Dann auch Pilze in der Lunge. Dazu der quälende Husten. Vor zwei Wochen hat sich dann die Atemnot massiv verstärkt, so dass er letzte Woche Dienstag wieder in die Klinik kam. Er hat eine Blutkonserve bekommen, weil die Blutwerte so schlecht waren. Aber die Atemnot konnten sich die Ärzte irgendwie nicht erklären, die Sauerstoffsättigung des Blutes war angeblich gut und das Röntgen hatte nichts ergeben. Irgendwie habe ich das nicht so richtig verstanden. Samstag Nacht ging es ihm dann sehr schlecht. Die Ärzte haben sich mehrere Stunden intensiv um ihn bemüht, aber als wir am Sonntag da waren, war nicht mal ein Arzt zu sprechen. Ich finde das so frustrierend, es geht doch schließlich nicht um einen banalen Beinbruch oder so. Ein Arm und die rechte Gesichtshälfte waren auch ganz geschwollen. Als wir kamen, hat mein Papa geweint und nur gesagt, es wird immer schlimmer. Ich habe ihn in meinem ganzen Leben noch nie weinen sehen. Donnerstag kam dann der nächste Hammerschlag. Nun haben sie plötzlich festgestellt, dass der Primärtumor trotz Chemo sehr sehr gewachsen ist und dass die Schwellung daher kommt, weil der Tumor auf die Blutgefäße drückt. Sie wollen nun doch bestrahlen. Dazu wird er heute nach Potsdam verlegt. Es tut mir so leid, meinen Vater so leiden zu sehen. Ich habe im Internet nachgeforscht, das ganze heißt wohl obere Einflussstauung und wird als onkologischer Notfall angesehen. Ich habe so Angst, dass die Bestrahlung nicht hilft und er überhaupt keine Luft mehr bekommt. Hat jemand Erfahrung mit sowas?
Traurige Grüße
Manuela

[Andrea K.]

Liebe Manuele,

es tut mir leid, Deinen Bericht lesen zu müssen. Meine Mama hatte auch ein Nicht-Kleinzellites BC. Ihr ging es so schlecht, dass sie kaum 4 Schritte machen konnte, ohne dass sie nach Luft schnappte. Sie konnte wirklich kaum atmen.

Die Bestrahlung hat ihr innerhalb kürzester Zeit wieder das Atmen erleichtert. Die Nebenwirkungen der Bestrahlung waren auch - so zumindest meine Mama, aber sie war hart im Nehmen - zu ertragen. sie konnte eben schlecht essen, weil die Speiseröhre verbrannt war. Aber wie gesagt, der Tumor ist innerhalb von wenigen Tagen zurück gegangen und das Atmen fiel ihr leichter.

Ich drücke Euch fest die Daumen, dass es hilft.

Liebe Grüße

Andrea

[Ulla Krefeld]

Hallo Manuela,

ich möchte Dir Deine grösste Sorge gerne abnehmen. Leider war es bei mir damals das gleiche, denn weil die Geschwulst so gross war, drückte sie auch auf die Vene, wodurch diese sogenannte ""obere Einfluss-Stauung" hervor gerufen wurde. Es stimmt, dass man somit sofort als Notfall behandelt wird. Es kann möglich sein, dass man erst einmal versuchen wird, diese abgedrückte Vene zu stabilisieren. Das geht mit einem Stent, der durch die Leiste bis über das Herz hinaus geleitet wird. Somit wäre die erste Gefahr erst einmal gebannt.

Bei der Notfallaufnahme kannte man noch nicht die Krebsart, die ich hatte. Deshalb kam ich auch schon am 2. Tag zur Strahlenabteilung. Man machte wieder ein CT. Der zuständige Arzt meinte, dass er mir sofort helfen könnte und wenn das Geschwulst weg sei, wäre an meiner Lunge noch nicht mal mehr ein Kratzer. Klar hatte ich absolutes Vertrauen zu ihm. Irgendwie war ich dann enttäuscht, dass ich doch erst einmal Chemotherapie machen sollte. (Bei einem kleinzelligen Carzinom ist das die beste Therapie) Aber im nachhinein gut, denn meine Geschwulst war durch die Chemo schon weg. Und siehe da, zum Schluss bin ich doch noch bei dem netten Strahlendoktor gelandet, allerdings gilt diese Bestrahlung nur, damit auch die letzten Krebszellen ihren Garaus bekommen.Übrigens muss es nicht sein, dass die Speiseröhre angegriffen wird. Ich habe bereits 18 Bestrahlungen und habe keinerlei Probleme!

Liebe Manuela, ich wünsche Deinem Vater alles erdenklich Gute. Ich hoffe, dass ich Dir ein wenig die Angst nehmen konnte.

Alles Liebe
Ulla

[Cali1]

Liebe Andrea, liebe Ulla,
danke für eure Antworten. Hab gerade mit meiner Mutter telefoniert. Mein Vater hat heute seine erste Bestrahlung bekommen. Von der Dosis her war sie wohl sehr hoch, genau wie die nächste am Montag. Danach wird dann geringer dosiert. Ich hoffe so sehr, dass es ihm Linderung bringt, ohne dass die Speiseröhre zu sehr angegriffen wird. Denn davon hatte ich schon gehört.
Treten mögliche Nebenwirkungen bei der Bestrahlung sofort auf oder bauen sich die auch erst nach und nach auf?
Wir werden meinen Vater morgen in der Klinik besuchen. Ich bin froh, dass er nun in Potsdam ist, denn das ist viel dichter dran als die Klinik, in der er vorher war. Für ihn da zu sein, ist das einzige, was wir tun können. Ich versuch dann immer stark zu sein und hinterher laufen die Tränen. Aber so ist das wohl ganz einfach.
LG
Manuela

[Andrea K.]

Hallo Manuela,

schön, dass Deinem Vater so schnell geholfen wird. Ich gehe ganz sicher davon aus, dass es ihm bald besser geht. Bezüglich der Nebenwirkungen ist das wahrscheinlich auch von Patient zu Patient unterschiedlich. Meine Mama bekam auch eine sehr hohe Dosis und ihr wurde davon übel und sie war müde - aber mit Hilfe von Medikamenten ging es ihr wirklich besser.

Nicht den Mut verlieren und wenn die Tränen raus müssen, dann lass sie fließen, danach geht es einem besser. Man muss ja nicht immer tapfer sein - es ist eine sehr schwere Zeit.

Ganz liebe Grüße vom Niederrhein

Andrea

[Ulla Krefeld]

Liebe Manuela,

ich kann wirklich sehr gut nachvollziehen, dass Deinem Vater die Tränen kommen. Denn wenn man sogar nach aussen sieht, was der Krebs in einem anrichtet, ist man schrecklich machtlos. Es wäre sogar für Deinen Vater schön, wenn Du in solchen Momenten mit weinen würdest. Da muss man keine Stärke zeigen, im Gegenteil. Es tut uns Kranken gut, wenn man sich so hilflos fühlt, dass wenigstens die eigenen Verwandten mitleiden. Und wenn man sich so fühlt, kann man schon einmal gar nicht den Spruch, "wird schon werden" brauchen, sondern nur eine wirklich herzliche Umarmung, ohne Worte!

Es ist schon mal sehr gut, dass Dein Vater in Eurer Nähe ist und er die erste Bestrahlung gut hinter sich gebracht hat. Mach Dir bitte um eventuelle Nebenwirkungen jetzt noch keine Sorgen. Sei dankbar, dass die Medizin heute so weit ist, dass es solche Geräte gibt, die uns das Leben retten können. Für alle evtl. anfallenden Nebenwirkungen gibt es Medikamente, die die Probleme schnellstens lindern. Hauptsache ist doch, dass die Ärzte jetzt alles versuchen werden, Deinem Dad zu helfen. Und das ist wirklich schön!

Alles Liebe

Ulla