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  #1  
Alt 12.08.2003, 14:22
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Ich muss es mir von der Seele schreiben. Manche von Euch kennen meine Geschichte (siehe Thread für Angehörige UND Betroffene). Danke Euch wenigen für die Antworten. Vielleicht gibt es wirklich nichts mehr zu sagen, dass ich so wenig Antworten bekomme.
Meine Mutter hat mir am letzten Do auf meine Frage, ob ich ihr einen Gefallen tun könnte, gesagt: "der einzige Gefallen, den Du mir tun könntest, darfst Du mir nicht tun. Ich will nicht, dass Du in den Knast kommst."
Sie will nicht mehr. Sie leidet so sehr. Sie hat keine oder nur geringe Schmerzen, aber einem übelriechenden Ausfluss aus der inaktiven Blase (infiltriert vom Krebs im kleinen Becken), AP-Probleme, Durchfall, aber auch Subileus, Übelkeit, Kachexie, Schwäche. So hilflos, ein armes kleines Würmchen, Haut und Knochen - aber Blutwerte, lebenswichtige Organe, alles so gut, dass man fürchten muss, dass sie sich noch lange quälen müssen wird. "Wann hört das auf? Wann ist das endlich zu Ende?" fragte sie mich. Es gibt keine Antwort.
Hoffen wir jetzt, dass es ihr schnell schlechter geht? Ich weiß nicht - vielleicht schon, weil die Hoffnung auf Besserung eigentlich nicht mehr existiert.
Ich schäme mich für manche Gedanken, ich weiß nicht mehr weiter. Ich will sie nicht verlieren, aber ich will nicht, dass sie sich quälen oder leiden muss. Aber diese Qual und dieses Leid sehe ich jedes Mal, wenn ich sie besuche.
Tja, aber eine Wahl hat wirklich niemand von uns.
So, mir hat das jetzt weh und auch gut getan, das zu schreiben. Hoffe, es klang nicht zu sehr nach Gejammere. Vielleicht war es aber genau das und musste auch mal sein.
Danke
Claudia
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  #2  
Alt 12.08.2003, 14:40
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Liebe Claudia,

Du kannst hier "jammern" so viel Du willst, mir hat das auch geholfen und wir sind nun einmal alle keine Übermenschen.
Meine Mutti konnte nicht mehr kämpfen, sie wollte nicht mehr und wie oft hab ich mir gewünscht, dass sie gehen kann!
Hab oft gedacht, sie liegt da in ihrem Bett, so klein, so schwach, so arm und am liebsten hätte ich sie in meine beiden Hände genommen, so wie ein kleines Vogerl und hätte sie weggetragen in eine andere, bessere Welt . .
Du kannst nur bei ihr sein, einfach dasein und ihr sagen, dass Du sie nicht alleine lässt, dass Du sie lieb hast und immer lieb haben wirst!
Ich denk an Dich!
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  #3  
Alt 12.08.2003, 15:01
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Liebe Claudia,

Du jammerst nicht, sondern Du musst nun mit Gefühlen umgehen, die Dich zerreissen.
Wie kann ich Deine Gefühle nachempfinden. Ich kenne auch die Worte, die Blicke, das Flehen. Und das "nur" daneben stehen, und nichts tun können. Nur zu hoffen, dass ihr Herz bald keine Kraft mehr hat.

Bekommt Deine Mutti wenigstens gegen die Übelkeit etwas? Vomex?
Kann sie noch ein wenig essen? Zerdrückte gekochte Kartoffel binden die Flüssigkeit im Darm. Alle Milchprodukte beschleunigen.

Verwöhne sie mit viel Kuscheln und Geborgenheit, leichten Massagen und Körperstreicheln, das entspannt.

ganz liebe Grüße
Jutta
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  #4  
Alt 12.08.2003, 16:41
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Liebe Claudia,

das ist bestimmt hart, wenn deine mutter um sterbehilfe bittet. mein vater hat dies nicht getan, es ging aber auch alles sehr schnell nach 6 wochen ist er gestorben. er hatte im febr. 02 eine darmkrebs op. ist alles gut verlaufen. im 10/02 haben sie dann BSDK im endstadium entdeckt. und dann ging alles sehr schnell. einen lieben menschen so leiden zu sehen, ist nicht zu ertragen. ich habe auch an seinem bett gesessen und gebetet, lieber gott, bitte lass ein wunder geschehen oder lass es endlich vorbei sein. wie du siehst sind diese gedanken menschlich und ich glaube wir hatten sie alle mal. ich schon nach ein paar wochen. da mußt du wirklich kein schlechtes gewissen haben. wie soll ein mensch auch mit so einer situation umgehen. keiner mit herz kann diese qual und die angst mit ansehen. man wünsch seinen lieben nicht den tot, nur die erlösung. und bei meinem vater war es erlösung. als er gestorben war, war meine trauer auch irgendwie komisch. ich dachte nur es ist vorbei. was soll ich jetzt tun. ich hatte plötzlich zeit. (meine mutter ist auch schon tot, mußte mich also, wie viele anderen nicht um den anderen kümmern und sorgen). mein ganzen vorheriges denken war nur auf meinen vater gerichtet. und jetzt 8 monate später fange ich erst an, mit hilfe all dieser lieben menschen in diesem forum, alles zu verarbeiten.
ich kann dir nur mitgeben, du bist nicht alleine. viele menschen hier fühlen von herzen mit. und das ist nicht nur so gesagt, sondern erhlich gemeint. wir wissen wie es dir geht und du kannst dir hier immer alles von der seele schreiben, wie absurd oder komisch es dir auch vorkommen mag.
ich wünsche deiner mutter und auch dir von herzen alles liebe.

liebe grüße
anja w.
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  #5  
Alt 13.08.2003, 21:38
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Liebe Claudia,

ich selbst weiss, wie furchtbar es ist seinen geliebten Menschen unter Qualen dahinsiechen zu sehen. Ich selbst wusste nicht, was tun. Heute weiss ich, dass es in der Schweiz (ich glaube auch Niederlande) unter bestimmten Umständen die legale Möglichkeit zur Sterbehilfe gibt. Es ist sehr heikel. Aber wenn ein Mensch noch bei vollem Verstand ist, sich unendlich quält und sich diese Lösung sehnlichst wünscht, ist die Frage, ob man nicht gemeinsam (damit meine ich die Reise in die Schweiz, so möglich) diesen Weg geht. Ich wünschte, ich hätte diese Möglichkeit früher gekannt und sie zumindest als Option für meinen Mann gehabt.
Ich hoffe, ich habe Dich und auch andere Leser nicht erschreckt. Das wollte ich nicht. Nur irgendwann wird die Qual so groß und solange der Betroffene (und nur er) diese Entscheidung SELBST treffen kann, sollte man zumindest daran denken und sei es auch nur um dem Patienten die Angst vor einem langen Leidensweg zu nehmen.

Alles Gute, Nadine
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  #6  
Alt 13.08.2003, 22:29
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Liebe Claudia,

mein Vater hat auch diesen Wunsch geäußert, und ich bin damals furchtbar erschrocken - aber hatte er nicht eigentlich Recht? Ihm ging es immer schlechter und schlechter, Chance auf Besserung gleich Null und er saß da und wartete aufs Sterben im vollen Bewußtsein, dass er am Schluss ein Pflegefall sein würde ... Und muss man sich dann wirklich schämen, wenn man sich wünscht, dass er das, was er am wenigsten möchte, nicht erleben muss?

Ja, so weit ich weiß gibt es diese Möglichkeiten in Holland und in der Schweiz, aber wenn das für euch ein Thema ist, solltet ihr euch gut informieren vorher, denn es gibt leider auch hier Gutes und Schlechtes.

Ich würde deiner Ma aber auf jeden Fall empfehlen, falls noch nicht geschehen, eine Patientenverfügung zu verfassen - leider es auch das heutzutage keine Garantie mehr, aber es gibt doch noch genügend verständnisvolle Ärzte, die sich dann an den Willen des Patienten halten und das Leiden nicht noch verlängern. Ich könnte mir vorstellen, dass es deine Mutter beruhigt und ihr ein wenig die Angst nimmt.

Alles Liebe für euch
Janka
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  #7  
Alt 20.08.2003, 10:48
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Hallo Ihr Lieben.
Ich komme leider erst jetzt zur Antwort, weil ich letztes Wochenende 40 geworden bin und auch wieder bei meiner Mum war. Sie weint so viel zur Zeit, weil sie uns nicht mehr so helfen kann, nicht mehr die Sachen machen kann, wie früher.
Wir haben mit meinem Vater über die Möglichkeit in der Schweiz, von der ich schon wusste, geredet. Er hat es völlig abgeblockt und gemeint, Mum würde völlig zusammenbrechen, wenn wir ihr so etwas vorschlagen würden. Seine Augen waren sooo traurig.
Aber - und vielen Dank für Eure Worte - ich glaube, er klammert sich fest, er will sie nicht gehen lassen, obwohl sie es sich wünscht. Aber manchmal lächelt sie auch, und ich frage mich, reichen ihr diese wenigen Glücksmomente aus? Sind ihre Wünsche, doch endlich sterben zu können, gaaaanz ernst?
Wir haben mit ihr über Sterbehilfe noch nicht aktiv gesprochen, aber wenn sie das nächste Mal in meinen Armen liegt, das Häufchen Elend, Haut und Knochen, und schluchzt und sagt, wie lange sie sich noch quälen muss, dann habe ich mir fest vorgenommen, sie zu fragen.
Das Schlimme ist ja wirklich, dass keiner weiß, wie lange das so noch gehen kann. Ihre Blutwerte sind immer noch gut, Herz, Lunge, Leber, alle lebensnotwendigen Organe sind okay. Sie isst kleine Happen, einmal im Monat schafft es mein Vater sogar, sie zu überreden in ein kleines Restaurant zu fahren, wo sie dann danach immer brechen muss, weil sie auf einmal zu viel isst. Und das ist auch ein Hauptproblem, dass das, was ihr schmeckt, zu fett, zu schwer o.ä. ist und sofort Übelkeit / Erbrechen hervorruft. Tja, Geschmack und Appetit, das ist bei Krebspatienten wohl wirklich ein Kapitel für sich.
Wenn ich das jetzt so lese, merke ich, dass das eigentlich das Dilemma ist: sie ist "eigentlich" noch ganz fit, aber quält sich furchtbar mit dem stärker werdenden Ausfluß, mit Übelkeit und Erbrechen und Kraftlosigkeit - ohne jegliche Hoffnung auf Besserung. Aber wie geht es weiter?
Sie weint so viel, und da wir die Woche über nur telefonieren können (240 km), weiß ich nicht mehr, was ich ihr sagen soll.
Zumindest hört sie jetzt auf, uns etwas vorzuspielen und zeigt, wie sie sich fühlt. In den Arm nehmen lässt sie sich auch viel mehr als früher. Man spürt jeden Knochen, jede Sehne. Ganz anders als früher.
Scheiße
Wie geht das nur weiter? Wie lange? Was kommt noch alles auf sie zu? Fragen, aber keine Antworten.

Ich danke Euch allen ganz viel, es tut gut, das alles zu schreiben und zu wissen, es wird verstanden.
Claudia
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  #8  
Alt 20.08.2003, 13:46
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Standard Meine Mutter bittet mich um einen Gefallen, aber..

Liebe Claudia,

das ist wirklich eine sehr schwierige situation. ich denke auch ihr solltet eine patientenverfügung einholen und in diesem zusammenhang auch mit ihr über die andere hilfe sprechen. mein gott, wie schrecklich muß es euch allen gehen. es ist schon hart, selbst wenn man den eindruck hat, der liebe mensch will noch. wenn ich mir vorstelle mein vater hätte um sterbehilfe gebeten. ich weiß es nicht. aber reden solltet ihr mit ihr, wenn sie es wirklich nicht mehr aushalten kann. ich denke auch daran, dass evt. bei fortschreitender vergiftung des körpers, das gehirn nicht mehr so arbeitet und sie dann diese entscheidung nicht mehr bewußt treffen kann.
einen rat kann einem da wohl niemand geben. aber, wenn wir ehrlich zu uns selber sind. keiner möchte so etwas auch nur ansatzweise durchmachen müssen. ich kann deine mutter verstehen. es ist unmenschlich und man fragt sich wirklich, reicht dieses eine lächeln ab uns zu, um sie für die qualen zu entschädigen.
gerade bei diesem thema gehen die meinungen stark auseinander.

ich wünsche euch alles liebe

anja w.
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