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Alt 28.03.2008, 23:45
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Blume68 Blume68 ist offline
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Registriert seit: 27.03.2008
Beiträge: 1.752
Unglücklich Meine Mutter auch - ich brauche bitte eure Hilfe!

Hallo an alle lieben Schreiber hier,

ich habe das Bedürfnis, hier mitzuschreiben, auch wenn ich noch nicht sooo lange in diesem Forum mitlese.
Seit ich es entdeckt habe, bin ich überwältigt von der Offenheit, Teilnahme, Unterstützung, und der Energie,
die aus all den
Beiträgen spricht – und ich war oft beim lesen be- und gerührt!
Deshalb traue ich mich einfach mal...

Ich war mir nicht sicher, welches Forum ich ansprechen soll – so versuche ich
es hier, weil es vielleicht schneller einzuordnen ist, um welche Krebsform es geht.

Ich brauche eure Hilfe und bitte euch herzlich darum – damit ich selbst helfen
und weiter unterstützen kann. Damit die Angst nicht langsam überwiegt.


Bei meiner lieben Mutter, 75 Jahre alt, ist Anfang März ein kleinzelliges Bronchialkarzinom
festgestellt worden.
Es hat bereits in die Leber gestreut, und ist auch deshalb eher zufällig bei einem Ultraschallbild
festgestellt worden.
Seither ist nichts mehr wie es war...

Nachdem ihr Sohn und ihr Mann gestorben sind, hat sie noch meine
Schwester und mich.
Uns verbindet ein enges, liebevolles Verhältnis.

Nach den Todesfällen baute meine Mutter über die letzten Jahre rapide ab.
Sie bekam alle möglichen Erkankungen, u.a. chronische Polyarthritis, womit
sie aufgrund sehr guter Medikamente bisher gut klarkam.
Sie lebt allein.

Soweit zum Hintergrund. Es ist eben leider nicht NUR der Krebs, der ihr in
Zukunft zu schaffen machen wird.

Ich möchte erstmal nur kurz auf die medizinischen Details eingehen.

Sie ist jetzt seit drei Wochen im Krankenhaus, in meiner Nähe.
Nach den ersten nötigen und gründlichen Untersuchungen wurde festgestellt:
eine OP ist nicht möglich. „Ummauerung des Unterlappenbronchus mit
höchstgradiger Stenosierung der Segmentbronchien 6, 7 und 10.“
Eine befreundete ehemalige OP-Schwester hat mir so gut wie möglich die
drei Seiten Befund „übersetzt“ – es sieht aufgrund mehrerer Faktoren
überhaupt nicht gut aus.

Behandlung: Chemotherapie palliativ mit Carboplatin und Etoposid, alle
3 Wochen für 3 Tage.

Die Beiträge und einige Recherchen im Internet sagen über diese Krankheit
meist aus: es KANN relativ schnell gehen..


Sie hat gerade ihre erste Chemo hinter sich, die ersten Nebenwirkungen sind
spürbar (sie ist noch im Krankenhaus in meiner Nähe, ich bin jeden Tag da,
meine Schwester wohnt weiter weg): erste eine Lungenentzündung, die mit Antibiotika
behandelt werden muss(te), dann Nasenbluten ohne Ende;
gestern die weissen Blutkörperchen auf Null, Isolierung in einem separaten Zimmer, zu Besuch
geht erstmal nur noch „vermummt“. Seit heute gehen ihr langsam die Haare aus – wobei DAS
sie NOCH nicht so belastet. (lächel)

In Zukunft wird ihre Polyarthritis sie vermehrt quälen, weil die hilfreichen
Medikamente aus einer Studie aufgrund der Chemo abgesetzt werden mussten.
Diese Medikamente haben dafür gesorgt, dass sie so lange allein in ihrem
Haus allein zurecht kam.


Warum ich schreibe, ist vor allem, weil ich momentan spüre, dass ich
Schwierigkeiten habe bei Besuchen und Gesprächen mit ihr.
Ich war immer gewöhnt, dass das, was ich für sie TUN konnte
(Unterstützung, in welcher Art auch immer, früher) etwas positives bei ihr
bewirkt hat – sei es einfach DA sein, für sie was schönes kochen, mit ihr einen
schönen Abend verbringen, reden, lachen... ich kann sie gut motivieren, gut zuhören,
wir haben einen innigen Draht – aber mittlerweile fällt es mir immer schwerer, sie aufzubauen;
ich habe zunehmend Sorge, das „richtige“ zu sagen.
Das liegt eben daran, dass ich mittlerweile genug über diese Krankheit weiss, und sie nicht.
Und die Ärzte haben mir geraten, sie erstmal darin zu unterstützen, dass sie sich stark macht.
Ich bin normalerweise in der Lage, in dem Moment, wenn ich bei ihr bin, „umzuschalten“ auf
Unterstützung. Ich schiebe meine Sorgen weg, und bin ganz für sie da – und wenn sie mal weint,
sage ich ihr: „..das muss auch mal raus, lass es zu, wenn du möchtest.
Halte es nicht meinetwegen zurück.“ Aber ich dränge nicht drauf.


Ich bin ganztags berufstätig, und denke natürlich auch an das, was noch an Weg vor uns
liegt.

Ihr werdet euch fragen: worauf möchte sie nun hinaus?
Es ist mein Konflikt mit der Offenheit.
Es sind Beispiele wie heute. Wenn sie zum Beispiel sagt, während ich
bei ihr bin:
„Mein Leben wird nie mehr so sein, wie es war. – Das ist doch kein Leben, oder?
Immer nur Chemo – mein ganzes Leben lang.“

Und ich, spontan trösten wollend: „Alles ist so gut, wie man was draus macht!
Wir werden das beste daraus machen! Auch wenn man Chemo nicht sein ganzes
Leben lang machen kann. Es hat ja auch Nebenwirkungen.“

Sie: „Und dann? Dann sterbe ich, oder?“
Ich hätte mich ohrfeigen können!!!

Ich habe ihr sofort entgegnet, dass es noch genug Möglichkeiten gibt – wenn sich der
Tumor verkleinert, vielleicht doch noch Bestrahlung, oder überhaupt ein Zurückgehen
des Tumors. Natürlich hoffe ich das auch! Aber ich merke, dass meine Sorge und Angst,
dass SIE leiden muss, überwiegt. Es geht dabei nicht um MICH – ich habe Angst vor
dem, was auf SIE zukommt - die Chemos, die Nebenwirkungen, das vielleicht mal nicht
mehr alleine wohnen können zu Hause. Das ist ihr so wichtig, ihre Selbständigkeit.

Und vor allem: dass sie dauend meint, sich für UNS stark machen zu müssen!
Oder gar verdrängen... sie hat doch auch Ängste...aber ich spüre, sie hat Sorge,
uns damit zu belasten.
Wie offen darf ich mit ihr reden? Darf ich sie ermutigen, auch Ängste zuzulassen?
Oder soll ich sie „nur“ ermutigen, nach vorne zu schauen?
Positiv zu denken?
Ich fühle mich im Moment so verunsichert...

Ich kann mittlerweile im Job kaum noch denken, einfach, weil mein Input zur Zeit so
hoch ist. Ich bin weder „abgedreht“ noch überbesorgt oder panisch, es belastet mich
einfach zunehmend. Und wir stehen ja erst am Anfang einer Behandlungszeit...

Meine Mutter sagt, ich tue ihr gut, meine Besonnenheit und Unterstützung –
zur Zeit habe ich nur leider einen Punkt erreicht, an dem ich dauernd denke:
was kommt noch?
Schaffe ich das? Ich MÖCHTE hoffen, und ihr genau diese Hoffnung vermitteln,
damit sie nach vorne schauen kann, und sich nicht aufgibt.
Nicht allein unseretwegen – für SICH!
WENN sie das möchte und kann!

(Ich schreibe das, wohl wissend, dass das auch Betroffene lesen.
Bitte, das soll nicht falsch ankommen! Was ich damit meine, ist: sie hat sich in
den letzten Jahren so oft für uns stark gemacht - obwohl sie für SICH manchmal gar
nicht mehr wollte, wie sie sagte - ich wäre glücklicher, wenn sie das auch für sich
tun könnte und wollte. Dieser Satz bezieht sich nur auf
ihre und unsere eigene Situation.)


Ich werde immer IHRE Wünsche ganz oben anstellen, und IHRE Zeit, die sie braucht.
Und merke dabei, wieviel Kraft das kostet...wo ich doch eben diese Kraft brauche,
um sie zu unterstützen.

Kann mir jemand Mut machen, dass das zu schaffen ist...?...
Oder seine Meinung sagen, wie offen man dem Betroffenen gegenüber, was diese
Krankheit angeht, sein sollte? Auch wenn das von Mensch zu Mensch anders ist, klar.
Ich möchte einfach nur mein bestes geben können....

Tut mir leid, wenn es länger geworden ist...und danke für´s lesen...

Blume

PS: wenn mein Beitrag eher ins „Angehörigen-Forum“ gehört, möge es bitte
jemand von euch verschieben. Ich war einfach unsicher, musste aber jetzt
einfach schreiben...sorry.

Geändert von Blume68 (29.03.2008 um 19:55 Uhr)
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