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Alt 13.05.2009, 13:54
Heike66 Heike66 ist offline
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Standard Psychosomatische Therapie

Hallo an alle, die es interessiert,
ich habe ja versprochen, zu berichten wie es mir so in der Klinik ergangen ist...
Habe einen Abriss dessen verfasst, was in den 11 Wochen so gelaufen ist.
Ich hoffe, es ist nicht zu konfus und vielleicht gibt es dem ein oder anderen auch Mut, sich an soetwas heran zu wagen.
Über ein Feedback würde ich mich freuen und beantworte auch Fragen, falls es zu persönlich wird, antworte ich über PN.
Viele Grüße
Heike

Psychosomatische Therapie 17.02.-04.05.2009

An einem Dienstag begann ich die psychosomatische Therapie. Ich fühlte mich schrecklich, wie in einem luftleeren Raum. Ich bekam mein Bett in einem Dreibettzimmer. Eine meiner Mitpatientinnen war sehr vereinnahmend und drückte mir, während ich meinen Koffer auspackte, ihre Lebensgeschichte ins Ohr. Sie hat Schreckliches erlebt und ich bot ihr an, ihr zuzuhören. Während des Gesprächs ging es mir immer schlechter und ich drohte, vom Stuhl zu kippen. Ich brach das Gespräch ab. Das war eine wichtige Erfahrung für die Zeit dort.
Ich musste mich häufig abgrenzen, damit ich es aushalten konnte und irgendwie lernen, mich um mich zu kümmern. Das gelang mir mal mehr und mal weniger gut, denn die einzelnen Schicksale haben mich sehr berührt.

Auf dieser psychosomatischen Station sind max. 10 Patienten. In der Zeit, als ich dort war hatten wir einen Männerüberhang. Somit war die Wahl des Fernsehprogramms vorbestimmt:
Fußball, Handball, Formel 1, Actionfilme, Krimis und Nachrichten. Mir war das allerdings ziemlich egal, da ich in den ersten Wochen weder Musik noch Fernsehen ertragen konnte.

Oft lief ich allein übers Klinikgelände, fühlte mich irgendwie gehetzt und kam nicht zur Ruhe.
Nach der ersten Woche hatte ich so die Nase voll, dass ich noch nicht an den Gruppentherapien, Kunst- und Musik teilnehmen durfte und es mir irgendwie noch schlechter ging als vorher, dass ich meinen Koffer packte. Die Stationsärztin redete lange mit mir und ich sah ein, dass das auch keine Lösung wäre und blieb.

Die ersten zwei Wochen durfte ich nur am Frühsport, Einzelgesprächen, der Sozialtherapie und den Gruppenorganisationsrunden teilnehmen, da abgeklärt werden sollte, ob ich gesundheitlich in der Lage bin, diese doch anstrengende Therapie durchzuhalten. Ich musste zum Knochenzinti – zum Glück war der Befund in Ordnung und außerdem schickte man mich noch zum Pulmologen wegen meines Asthmas. Woche für Woche reduzierten sie mein Kortison. Außerdem reduzierten sie das Insidon, was ich seit Jahren nehme um die Hälfte. Eigentlich wollten sie mir das Insidon ganz wegnehmen, aber irgendwie trauten sie sich nicht.

In der dritten Woche bekam ich ein Einzelzimmer, was für mich sehr gut war. Ganz langsam wurde ich etwas ruhiger und so nach fünf Wochen hatte ich das Gefühl „angekommen“ zu sein. An meinen Schlafproblemen änderte das nichts.

Ab der dritten Woche durfte ich dann auch an den anderen Therapien teilnehmen. Dreimal in der Woche hatte ich Musiktherapie jeweils 90 min. Da ich nicht sonderlich musikalisch bin, stand ich dem sehr skeptisch gegenüber. Diese Therapieform lernte ich schätzen und lieben. Nie hätte ich gedacht, dass ich über ein Instrument meine Gefühle zum Ausdruck bringen kann. Leider fiel diese Therapie zwischendurch vier Wochen aus, da die Therapeutin zum Lehrgang war und Urlaub hatte. Das war ein echter Verlust.

Zu dieser Zeit hatte auch meine Einzeltherapeutin Urlaub und ich bekam eine Vertretung.
Bereits am Anfang hatte ich das Gefühl, dass ich sie mit meiner Geschichte überfordere. In der ersten Sitzung war sie kurz vorm Heulen. Außerdem fühlte ich mich unverstanden und nicht ernst genommen. Anfangs dachte ich, dass es mit ihr schwierig ist, weil sie noch so jung (um die 30) ist, aber die Psychologin, die ich in Vertretung bekam, war auch nicht älter und es passte einfach prima. Ich bat um einen Therapeutenwechsel. Allerdings hatte ich keine Chance. Der Chefarzt und ich spielten regelrecht ein Machtspiel. Er wollte mich zwingen, dass ich wieder zu der ersten Therapeutin gehe. Beinahe wäre ich „umgekippt“, blieb aber standhaft. Er ließ sich seine „heilige“ Ordnung nicht durcheinander bringen.
Dadurch hatte ich zwischenzeitlich keine Einzeltherapeutin, was es für mich sehr schwer machte. Ich versuchte, so gut es ging, Erkenntnisse aus den Gruppentherapien zu ziehen.

Gruppengespräche hatten wir dreimal pro Woche je 90 min. Diese Gespräche waren oft gewinnbringend und ich staunte, wie häufig es Dopplungen in Lebensgeschichten gibt.
Unsere Gruppentherapeutin war eine sehr resolute Frau Anfang 60, die ich sehr mochte.
Zwei Aussagen von ihr fand ich richtig gut: „Was nicht ausgetragen wird, wird nachgetragen“ und „Wenn sich jeder um sich selber kümmert, ist allen geholfen...“ Wir hörten es nicht gern, aber sie hat recht! Allerdings hatten wir auch hier einen Therapeutenwechsel, da sie zur Kur fuhr. Wir bekamen vorübergehend eine Therapeutin um die 40, die die Gruppentherapie anders aber auch sehr gut und vielleicht sogar besser machte.

Mir fiel auf, dass es für mich irgendwie leichter war mit den Therapeuten zu arbeiten, die vorher Medizin studiert hatten und dann eine zusätzliche psychotherapeutische Ausbildung gemacht hatten. Irgendwie fühlte ich mich da besser aufgehoben und verstanden.

Bei dieser Therapeutin bekam ich die letzten 2 ½ Wochen auch verkürzte Einzeltherapie, die mir einige wichtige Erkenntnisse brachte. Schade, dass ich nicht die gesamte Zeit mit ihr arbeiten konnte, dann wäre ich jetzt sicher ein Stück weiter.

Kunst- und Gestaltungstherapie unterschied sich nicht wesentlich voneinander. Beides hatten wir ein Mal pro Woche. Da ich eine kreative Ader habe, gefiel mir das ganz gut. Oft malten wir mit Wachsmalstiften, manchmal auch mit Fingermalfarbe oder Acryl, auch Bleistifte und Buntstifte waren vorhanden. Einmal fertigten wir Rundgabebilder an, das war spannend. Jeder malt auf seinem Blatt ca. 10 min und dann wurden die Bilder herumgegeben, wobei jeder etwas auf das Bild des anderen malen durfte (ca. 5 min) Es war erstaunlich, was dabei heraus kam. Manchmal musste auch die ganze Gruppe ein Bild zusammen malen oder wir arbeiteten in Zweiergruppen. Immer wurde ein Thema vorgegeben, im Anschluss wurden alle Arbeiten an ein Brett geheftet und jeder sollte zu seinem Bild sprechen. Wie viel man aus so einem Bild lesen kann – ich hätte es nicht geahnt.

Einmal pro Woche hatten wir Bewegungstherapie, diese wurde von Co-Therapeuten (den Schwestern oder dem Pfleger) durchgeführt. Es ist schon sehr interessant, was da so abläuft und welche Ängste, Stärken, Schwächen oder Sympathien hervortreten.

Dann gab es noch Gruppensozialtherapie, dort fertigten wir ein Genogramm und sprachen über alltägliche Probleme, Ziele, Aufgaben usw.
In der Einzelsozialtherapie wurde die eigene Situation beleuchtet (Arbeit, Familie, Freizeit).
Man erhielt Hilfe und Anregungen auf den unterschiedlichsten Gebieten. Auch Familiengespräche wurden angeboten. Der Therapeut war einfach richtig gut!

Insgesamt hat mir dieser Klinikaufenthalt allerdings nicht das gebracht, was ich mir erhoffte.
Es war ein erster kleiner Schritt, dem wohl noch viele kleine und ich hoffe auch größere Schritte folgen werden. Ich soll erst mal lernen, „gnädig“ mit mir umzugehen und auf gar keinen Fall vorläufig übers Arbeiten gehen nachdenken. Im November werde ich noch mal die Tagesklinik für 12 Wochen besuchen.

Die Therapie hat viele Fragen in mir aufgeworfen und so einige „Baustellen“ geschaffen und ich weiß nicht, wie ich die in den Griff bekommen soll!

Mir ist aufgefallen, dass die meisten Probleme aus der Kindheit kommen.
Außerdem gibt es bei den Patienten einen hohen Anteil an Linkshändern.
Ansonsten findet man Patienten aus allen Schichten, unterschiedlichen Alters und Bildungsgrades.

Meine Familie stand die ganze Zeit hinter mir, mein Partner kam mich bis auf einen Tag jeden Tag besuchen und Anne war zweimal die Woche bei mir. Flori ließ sich selten sehen, er meinte, ich würde doch an den Wochenenden immer kommen, das reicht. Na ja er ist in der Pubertät.
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Alt 13.05.2009, 21:10
Heike66 Heike66 ist offline
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Beiträge: 184
Standard AW: Psychosomatische Therapie

Guten Abend,
danke für die ersten Äußerungen!
Gute Nacht!
Heike
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