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  #1  
Alt 29.01.2015, 09:26
AHoo AHoo ist offline
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Standard Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Hier geht es um die Krebserkrankung meiner Mutter (78)...

Vorab... 2009 wurde zufällig ein recht ausgeprägtes Dermato-Fibrosarkom an der rechten Kopfseite bei meiner Mutter festgestellt. Dann ging alles plötzlich "ratzfatz"... Vorstellung an der nächsten Uniklinik - erst Dermatologie, dann Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie - PE - Tumorentfernung - Transplantation. Danach nahmen die Depressionen ihren Lauf. Immer wieder Äußerungen wie "Warum gerade dieser Krebs?" "Warum nicht Brustkrebs" usw. usf.

Letzten Sommer ging es dann los... zufällig wurden bei ihr bei einer Routinekontrolle ihres Psychiaters (Behandlung wegen der Depressionen) auffällige Laborwerte festgestellt, mit denen zuerst niemand so recht etwas anfangen konnte.
Es wurden noch mehrere Kontrollen vorgenommen, Ultraschall vom Oberbauch gemacht... CT angeordnet. Auf den Termin zum CT musste (wollte) sie mehrere Wochen, um nicht zu sagen Monate, warten... obwohl ich versuchen wollte einen früheren, evtl. bei einem anderen Institut, zu bekommen.

Bevor das CT gemacht werden konnte, wurde sie erneut in der Psychiatrie stationär aufgenommen.. und nach CT nahezu unverzüglich in unser Kreiskrankenhaus verlegt. Es erfolgten erneut diverse Ultraschalluntersuchungen und Endoskopien zur PE... die Ärzte wollten nicht so recht mit der Sprache rausrücken... vertrösteten nicht nur meine Mutter, sondern auch mich immer wieder wegen einer Diagnose... bis... ja bis sich der Stationsarzt dann irgendwann ein Herz fasste und sich auf ein Gespräch mit mir einließ.

Die entnommenen Proben sprachen für einen bösartigen Prozess... man könne jedoch noch nicht sagen, wo die Ursache (der Primärtumor) läge - aha... so erfährt man, dass man Proben von einer Metastase genommen hatte *seufz*

Es sähe schlecht aus, man habe Befunde an Bauchspeicheldrüse, Milz und Leber gefunden, der ganze Bauchraum voll mit Metastasen... vermutlich sei die Bauchspeicheldrüse Ausgangspunkt... d.h. es bliebe nicht viel Zeit bei einem so ausgeprägten Befund.

Zwei Tage später hieß es dann... es sei wohl doch eher Gynäkologisch: Eierstock Krebs... also Verlegung zu den Gynäkologen... erneut CT und ein MRT noch hinterher.

Der Chefarzt nahm sich viel Zeit und besprach die Befunde mit uns gemeinsam... und erklärte was man machen wolle und könne - meine Mutter solle sich überlegen was sie möchte und dann Bescheid sagen.

Kurz und knapp... Anfang Dezember wurde sie operiert... eigentlich wäre die OP auch erfolgreich gewesen, wenn...

Wenn in der Leber nicht eine ca. 4 cm große Metastase an äußerst ungünstiger Stelle gesessen hätte, die man nicht entfernen konnte. Die Uniklinik in Aachen wurde uns empfohlen, um zu gucken, ob sie dort die Metastase irgendwie in Angriff nehmen könnten.

Entlassung Anfang Januar 2015... nur wenigeTage später plötzlich die totale Verschlechterung ihres Zustands... extreme Verwirrheitszustände, Verweigerung von Essen, Trinken und Medikamenten, Durchfälle.
Therapieversuch zu Hause mit Infusionen - kein zufriedenstellender Effekt - erneut Einweisung ins Krankenhaus - Ursache: Lithium-Überdosierung

Nach Stabilisierung erfolgte die Verlegung in die Uni Aachen... wieder Voruntersuchungen (CT und Ultraschall)... mit dem erstmal niederschmetternden Ergebnis:

Neue Metastasen im Peritoneum, fraglich neue Metastase in der Leber (nun wären beide Leberlappen befallen) und Vergrößerung der ursprünglichen Lebermetastase auf ca. 5 cm

Entlassung mit der Empfehlung von 3 Zyklen Chemo, dann Kontroll-CT und im günstigsten Fall OP.

Das ist der heutige Stand der Dinge... aber ich habe den Eindruck, als würde meine Mutter das nicht wirklich wollen. Sie sagt allerdings auch nicht, was sie will... und ich habe das Gefühl, dass, egal was ich unternehme (Vorgespräch wegen Chemo beim operierenden Gyn), alles falsch ist und bin total verunsichert
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  #2  
Alt 29.01.2015, 21:38
Bernsteinketterl Bernsteinketterl ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

..mei das mit deiner Mama tut mir leid...da kann ich gut mitfühlen....bei uns ist es mein Schwiegervater...dein Titel hier ist ähnlich meinem vom Gefühl her.... (Anfang vom Ende...? Passt irgendwie zu ...zwischen Hoffnung und Angst...)

...verunsichert ist man...das stimmt....ich glaube das ist einfach diese Hilflosigkeit und Machtlosigkeit...und es ist so schwierig mitzubekommen, dass der kranke Mensch, den man doch so liebt, immer mehr aufgibt und eben - wie du sagst - das alles irgendwie gar nicht mehr wollen zu scheint... aber auch nicht sagt, dass er es definitiv nicht mehr will...

...vor allem diese Operationen im "Endstadium" die machen mir viel Gedanken...das ist ja bei uns nun auch der Fall...Chemo geht bei uns gar nicht mehr, wegen den schlechten Leber- und Nierenwerten...

...man wünscht sich sooft genaue Prognosen, einen Zeithorizont....eine Glaskugel...und dass man in diesen kranken lieben Menschen ein bisschen hinein schauen könnte...Gedanken lesen....mei...ich wünsche Dir viel Kraft für alles was kommen mag....!
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  #3  
Alt 30.01.2015, 03:47
AHoo AHoo ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Liebes Bernsteinketterl,

danke für deinen lieben Worte. Meine Mutter war ihr ganzes Leben lang ein sehr verschlossener Mensch... die Krankheiten machen das nicht besser und erleichtern die Situation leider für beide Seiten nicht.

Bei "meinen Patienten" ist es einfacher

Ich hab dein Thema gelesen... mit deinem Schwiegervater. Keine leichte Situation für euch, ich hoffe für deinen Partner und dich, dass ihr euch gegenseitig genügend Kraft geben könnt, um durch diese schwere Zeit zu kommen.

Hoffe, dass es morgen mit der OP klappt... und dein Schwiegervater von seinen Schmerzen befreit wird.

lg Astrid
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  #4  
Alt 30.01.2015, 10:40
Wind Wind ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Liebe Astrid,

ich verstehe deine Verunsicherung sehr gut. Mein Papa ist in der Regel auch sehr verschlossen und lässt nur wenig nach außen. Am Anfang überrollt die Diagnose erstmal alle … den Betroffenen wie auch die Angehörigen. Allerdings glaube ich heute, dass dieses Überrollen auf zwei unterschiedliche Arten geschieht. Die Angehörigen denken … bitte, sterbe nicht! …. die Betroffenen denken … werde ich nun sterben, war`s das, wie werde ich sterben?
Dieses Wort „Krebs“ verändert einfach alles.
Dazu kommt, dass dann eine Menge Auswertungen, Arztberichte, weitere Vorgehensweisen auf alle einprasseln. Die muss man erstmal schlucken. Dann soll alles ganz schnell gehen und man hat gar keine Möglichkeit, sich so richtig wirklich damit auseinander zusetzen. Für mich war z.B. immer völlig klar, dass sich mein Papa selbstverständlich einer Chemotherapie unterzieht. Das stand für mich selbst außer Frage. Heute weiß ich, dass er im Sommer schon überlegt hatte, ob er sie überhaupt antritt. Und eigentlich hatte er dieses auch viel auf den Druck von uns und der Ärzte getan. Allerdings stand bei uns von Anfang fest, dass es nur eine palliative Behandlung zur Erhaltung der Lebensqualität werden soll. Vielleicht ist das auch nochmal etwas anderes.
Was ich damit eigentlich nur sagen will … niemand weiß am Anfang, was richtig oder falsch ist. Das kann niemand wissen. Und ich glaube auch nicht, dass man am Anfang wirklich viel falsch machen kann. Die Zeit wird die Gedanken ordnen und auch aufzeigen, wie es weitergeht.
Zweifel nicht an dir, ich wünsche euch alles Glück dieser Welt.
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  #5  
Alt 30.01.2015, 19:29
Bernsteinketterl Bernsteinketterl ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

...hm...bei uns ist es auch so, dass Papa ein ganz verschlossener Mensch ist...sich eigentlich nie und niemandem öffnet...keine Angst zeigt...und dann fällt es glaub ich noch schwerer selber zu merken, dass man nicht mehr kann und sich auch nicht mehr wehren kann dagegen, dass der Körper seine Emotionen zeigt...bei uns sind das oft kleine unkontrollierte Momente...weinen, schreien...das einzige Ventil was hin und wieder einfach aufgeht...Gott sei dank...

Ich glaube auch, dass man intuitiv handelt als Angehöriger und nicht viel falsch machen kann...dennoch fragt man es sich oft, wenn der Mensch, dem man doch unbedingt helfen möchte, selber nicht sagen kann (sich vielleicht selber gar nicht eingestehen kann...?) was er möchte...braucht...

Unsere Op heute ist überstanden....war aber sehr kompliziert und er ist fast nicht ansprechbar... Jetzt ohne Morphium werden wir wohl erst sehen, ob der Gehirntumor für seine Verwirrung verantwortlich ist oder ob es die Schmerzmittel waren...
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  #6  
Alt 31.01.2015, 02:47
AHoo AHoo ist offline
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Beiträge: 59
Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Hallo liebe/r Wind,

ja, es geht alles irgendwie wahnsinnig schnell... und auch wenn es ja zum Teil wichtig ist, schnelle Entscheidungen zu treffen... der jenige, den es betrifft, hat das Gefühl keine Wahl zu haben, nicht genügend Zeit sich zu entscheiden (das hatten "wir" damals schon, nach der Dermato Fibrosarkom Geschichte, meine Mutter hat damals mit allen und auch mit sich selbst gehadert).

Ich habe mich bemüht, ihr sachlich zu erklären, ich weiß, dass gerade die Chemo und die bekannten Nebenwirkungen ihr eine Heidenangst machen. Habe versucht ihr deutlich zu machen, dass es ihre freie Entscheidung ist sie zu beginnen... und genauso, sie abzubrechen, wenn sie meint, dass sie das nicht ertragen will oder kann. Wie auch immer sie sich entscheidet... ich werde sie unterstützen so gut es geht... und ich kann nur hoffen, dass es auch so bei ihr angekommen ist.

Dann wiederum erwartet sie eine "Garantie"... á la "Wenn ich das jetzt mache, dann lebe ich unbehelligt noch x Jahre, als wäre nie was gewesen"... ich kanns irgendwo verstehen... aber niemand kann ihr irgendeine und schon garnicht diese Garantie geben *seufz*

Und ja.. ich habe auch Angst... schaffe ich das alles, was da in den nächsten Wochen und Monaten auch auf mich zu kommt?... Bin ich stark genug?... Glücklicherweise habe ich da bei unserem Hausarzt vollste Unterstützung... auch moralisch. Ich kenne ihn schon seit ner halben Ewigkeit, habe ihn als Studenten erlebt... habe mit ihm im Krankenhaus während seiner Ausbildung zusammengearbeitet... und ich brauche nur "piep" zu sagen... und schon bekomme ich, was ich brauche... sei es für meine Mutter, sei es für mich selbst - das ist schonmal etwas beruhigend.

Das flaue Gefühl in der Magengegend kommt aber immer wieder auf.... auch wenn ich mich immer wieder versuche zu distanzieren... und es "professionell" zu sehen.

Nun ja... Tag für Tag... und sich nicht jetzt schon "um ungelegte Eier" sorgen... ich versuche es!

lg Astrid

Geändert von AHoo (31.01.2015 um 03:00 Uhr)
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  #7  
Alt 31.01.2015, 02:58
AHoo AHoo ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Liebes Bernsteinketterl,

ja... ich glaube das "merken", dass man nicht mehr kann, ist es nicht.... das "sich selber eingestehen" ist es wohl eher, dass der ehemals nach außen hin immer starke Mensch plötzlich nicht mehr stark sein kann... und ja... irgendwann bröckelt die Fassade... und ganz kurz, für einen Moment blitzt das auf, was dahinter steckt...

Und zu deinem Schwiegervater... gut, dass die OP jetzt erstmal überstanden ist... bis man allerdings beurteilen kann, ob die Verwirrtheit vom Morphium kan, oder eine andere Ursache hatte... das kann noch etwas dauern, da bei älteren Menschen auch durch eine Narkose eine mehr oder weniger lang andauernde und mehr oder weniger ausgeprägte Verwirrtheit auftreten kann... erwartet nicht zuviel, jetzt so kurz nach der OP... aber ich drücke ganz fest die Däumchen, dass es wirklich nur am Morphin lag... und es besser wird, so wie auch die OP erfolgreich seine Dauerschmerzen beseitigt hat.

Ich wünsche euch viel Kraft...

lg Astrid
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Stichworte
depressionen, eierstockkrebs, mutter


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