Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

 
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 31.03.2006, 11:43
Navina Navina ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 31.03.2006
Beiträge: 3
Standard Trauer ohne Ende

Hallo,
möchte heute von meiner besten Freundin erzählen.
Sie bekam im September 2004 mit 35 Jahren die Diagnose Morbus Hodgkin..
Aber keine Panik, zu 90% heilbar.....
Ihre Familie (Eltern und Geschwister) und sie hatten sich schon vorher nicht besonders gut verstanden (die anderen untereinander auch nicht), aber anstatt man bei so einer Diagnose wieder zueinander findet, kamen nur dumme Sprüche (..stell dich nicht so an, Papa ist auch wieder gesund geworden..,...meine Frau kommt damit nicht klar, also halte dich von uns fern..usw.).
Also habe ich mich um sie gekümmert, da sie auch keinen Partner an ihrer Seite hatte. Bin mit ihr zu den Ärzten gegangen, habe sie in die Kliniken gefahren, habe den ganzen Behördenkram für sie erledigt etc. Nach der ersten Erkrankung waren wir beide voller Hoffnung. Alles lief gut und die Nebenwirkungen von Chemos und Strahlentherapie hielten sich in Grenzen, waren auszuhalten. Dann 3 Monate nach dem Abschluss der ersten Therapie die Nachuntersuchung und die niederschmetternde Diagnose, dass immer noch Krebszellen in ihrem Körper sind. Erst ein grosses Loch und dann hat sie sich erkundigt, welche medizinischen Möglichkeiten es gab. Also zweiter Versuch, diesmal sollte es eine Stammzellentherapie mit eigenen Stammzellen sein.
Das war Anfang 2005. Das ganze letzte Jahr war dann von längeren Klinikaufenthalten und diversen schlimmen Nebenwirkungen geprägt. Im Oktober dann die Diagnose, es hat wieder nichts genützt. Und diesmal hatten die Ärzte klar gesagt, dass man nichts mehr machen könnte und dass sie sterben würde. Sie fiel in ein tiefes Loch, verständlicher Weise. Sie suchte nach einem Weg, wie sie die Zeit, die ihr noch blieb, möglichst lebenswert verbringen könnte. Sie machte eine Liste von Unternehmungen, die sie noch machen wollte und machte auch ihr Testament. Bei all diesen Dingen habe ich sie begleitet. Aber im Dezember verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand dann plötzlich rapide, und ich habe sie dann überredet, bei uns im Krankenhaus auf die Palliativstation zu gehen.
Erst ging es ihr wieder besser und sie sollte nach zwei Wochen wieder nach Hause. Doch plötzlich verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand wieder deutlicher und am 09.Januar diesen Jahres ist sie nach 4 Tagen Todeskampf gestorben. Ihre Tante, die sich dann in den letzten 2 Monaten mit mir zusammen um sie gekümmert hatte, da es für mich alleine nicht mehr zu bewältigen war und ich haben die ganze Zeit (teilweise abwechselnd, da wir ja mal eine Stunde Schlaf brauchten), an ihrem Bett gewacht.
Ich musste mich dann (ich hatte es ihr versprochen) um die Trauerfeier und die Wohnungsauflösung kümmern und den ganzen Schriftkram erledigen, der dann so anfiel. Das war nochmal sehr schlimm. Hatte kaum Zeit meine Trauer zu verarbeiten. Bin jetzt zum dritten mal krank weil mein Immunsystem wohl den Geist aufgegeben hat.
Jetzt wo aber langsam alles erledigt ist, was erledigt werden musste, wird mir erst bewusst, wie sehr ich sie vermisse.
Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht in Tränen ausbreche.
Ich bin nur froh, dass mein Freund die ganze Zeit Verständniss für mich hatte und wie meine Familie auch für mich da ist.
Trotzdem ist es etwas anderes. Ich kannte meine Freundin 20 Jahre und wir haben so viel miteinander erlebt. Sie war wie meine kleine Schwester.
Langsam wird mir bewusst, dass nicht nur die Zeit der Krankheit zuende ist, sondern auch die vielen Jahre davor. Es wird nie mehr so sein wie früher.
Ihrem Wunsch entsprechend wurde sie eingeäschert und die Urne in der Nordsee beigesetzt. Ihre Familie sollte keinen Ort für Krokodilstränen bekommen. (Sie durften bei der Trauerfeier und der Seebestattung nicht dabei sein). Aber auch ich habe jetzt keinen Ort, wo ich trauern kann. Das einzige, was mich tröstet, ist die Gewissheit, dass sie jetzt nicht mehr leiden muss.

"..Wenn du dich getröstet hast, wirst du froh sein mich gekannt zu haben. Du wirst immer mein Freund sein. Du wirst dich daran erinnern, wie wir miteinander gelacht haben.."

Navina
Mit Zitat antworten
 

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 11:24 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55