"Ich hätte so gern noch länger gelebt."

[julesmum]

Liebe Mama,

dieser Satz von dir klingt für immer in meinen Ohren. Und der einzige verzweifelte leise Aufschrei, den du so sehr versucht hast zu unterdrücken, am Tag der Diagnose.

Dann im Krankenhaus, das erste Mal nach dem Wissen, dass es vorbei sein wird. Ich ging mit Papa Arm in Arm hinter dir und unserer kleinen Jule her, den Gang entlang, zum Ausgang. An der Tür haben wir uns verabschiedet und du bist alleine zurück ins Krankenhaus und wir sind auf den Parkplatz gegangen...ich habe mich nochmal umgedreht...du hattest die Arme hinter dem Rücken verschränkt und gingst langsam durch das Krankenhaus....ich wußte, in deine Zimmer würdest du zusammenbrechen.....

Weitere Krankenhausaufenthalte........sieben Monate nach der Diagnose hast du die Chemo abgesetzt...sinnlos.....
Ich weiß noch, wann wir das letzt Mal im Garten sassen, Jule hat für dich Blumen gesammelt.....

Als die Diagnose kam, war der Baum vor deinem Fenster kahl, ich wollte, dass du ihn blühen siehst.....einmal hast du ihn gesehen, jetzt ist er wieder kahl....

Du hast mir vor vielen Jahren ein klingendes HErz geschenkt....du sagtest: "Dann kannst du später sagen, das hat mir meine Mama mal geschenkt, als wir einen wunderschönen Tag hatten." Jetzt sitze ich hier mit dem Herz in der Hand und erinnere mich, dass ich das nie hören wollte.....

Mama, du wolltest noch so Vieles erleben....du hast immer gesagt: "Ich werde 120." Du durftest nicht mal die Hälte der Zeit leben.

Du wolltest unbedingt erlben, wie ich endlich mal eine dösige Diät durchhalte..: "Beeil dich ich will das noch erleben." Ich habe es nicht geschafft.

Dein schöner rosa Cordanzug...:"Hoffentlich kann ich den auch noch anziehen." In diesem Anzug hast du im Sarg gelegen.

Mama, ich möchte dich wiederhaben. Ich denke immer an unsere Träume, wie wir leben wollte, was wir alles erleben wollten, all unsere Pläne....seit dem 18.02.2005 hat unsere Familie die Worte "in ein paar Jahren" , "irgendwann", "nächstes Jahr", "demnächst"......gestrichen, ganz ohne Vereinbarung kamen sie einfach nicht mehr vor....es gibt für dich kein einziges demnächst mehr........am 18.09.2005, nach nur 7 Monaten...

Die irritieretn Fragen und Blicke der Leute und Bekannten in der Stadt, nachdem die Anzeige in der Zeitung stand...."Ihre Mutter war doch noch so jung."...."Ich habe ihre Mutter doch noch vor 2 Wochen gesehen."..Ja, du warst jung. Du warst wunderbar, Danke für alles, danke für mein ganzes Leben. Danke für alles, was du für mich warst.

Ich möchte dich ständig anrufen...ach nein, geht ja nciht....ja gut, dann später - da ist es wieder...SPÄTER...es gibt kein später mehr, du kommst niemals zurück...bitte bitte gib mir doch ein Zeichen.....es KANN doch nicht so einfach ganz und gar vorbei sein, wo bist du hingegegangen? Werden wir uns jemals wiedersehen?

Alle diese wirren Zeilen schwirren mir im Kopf und im Herzen herum....bei allem was ich tue, selbst wenn ich schlafe. Vielleicht hilft es, sie einfach aufzuschreiben.

Jetzt habe ich alles aufgeschrieben. Meine Mama ist gestorben. Sie war der Mittelpunkt unserer Familie.

Meine Mama ist gestorben. Meine Tochter hat keine Oma mehr. Mein Papa ist alleine. Die Wohnung ist ein Museum. Es ist keine Phase, keine Pause...es ist das Leben, was weitergeht.

Du hättest alles für deine kleine Enkelin getan. Sie wird, wenn sie erwachsen ist dich nur noch schemenhaft durch Bilder und Erzählungen erinnern, sie ist erst 6. Ich kann es nicht fassen.

Mama, werden wir uns je wiedersehen? Bist du da?

In Liebe
Kerstin

[Heike30]

Liebe Kerstin,

ich sitze hier,lese deine zeilen und die tränen laufen.
das könnte ich geschrieben haben.
ich habe meine mama am 10.04.05 verloren.
ich bin 31 und habe eine kleine tochter von 1,5
auch sie wird sich nicht an ihre oma erinnern,
meine mama starb 4 tage vor ihrem 1 geburtstag.

es dauert lange bis man es begreift,ich lasse immer nur bruchstücke zu.

ich sende dir ein dickes kraftpaket

heike

[Siri1981]

hallo kerstin

auch ich sitze hier und die tränen laufen mir über die wangen... es tut so weh deine worte zu lesen...

meine mama ist im moment noch hier, aber sie wird täglich schwächer und ich spüre, dass es langsam dem ende zugeht...

die diagnose kam vor 3 wochen und 3 tagen, und seither habe ich das gefühl, als wäre mein leben stehengeblieben... ich stehe auf, gehe zur arbeit, erledige meine pflichten, esse, atme, gehe jeden abend ins KH zu mama, ich erledige den haushalt, sehe fern, kuschle mit meinem mann - und dennoch habe ich das gefühl, als würde ich noch immer vor der ärztin stehen, die uns die diagnose überbracht hat... es ist, als hätte ich all die dinge in den letzten 3 wochen gar nicht erlebt...

ich funktioniere, ich bin da und doch fühle ich nichts... nichts als unfassbare traurigkeit, nichts als ungläubigkeit darüber, dass du bald nicht mehr hier sein wirst... es klingt blöd, aber manchmal denke ich, dass du uns bereits am tag der diagnose irgendwie verlassen hast... jeden tag wenn ich zu dir komme und wenn ich sehe wie du wieder ein bisschen schwächer geworden ist möchte ich einfach die zeit anhalten und zurückdrehen... zurückdrehen in eine zeit, als noch alles in ordnung war... als wir noch glücklich waren, als wir uns samstags jeweils zum gemeinsamen einkauf verabredet haben... als wir gemeinsam gekocht haben und als wir gemeinsam shoppen waren...

all diese dinge werden wir wohl nie mehr zusammen tun können, und das macht mich so unendlich traurig, dass ich manchmal das gefühl habe an dieser traurigkeit zu zerbrechen... ich darf aber nicht zerbrechen, denn es gibt so viel was es noch zu erledigen gibt... ich muss da sein für meinen kleinen bruder und ich muss auch da sein für dich liebe mama... ich habe mir geschworen dich auf diesem letzten schweren weg zu begleiten - so schwer es auch sein mag, aber du sollst diesen weg nicht alleine gehen müssen...

mein grösster wunsch ist, dass an dem tag, an dem du gehst, die sonne vom strahlend blauen himmel scheinen wird... wie gesagt, im moment bist du noch da, und ich bin schon jetzt so unendlich traurig - wie wird es dann erst sein, wenn du endgültig nicht mehr da sein wirst???

Siri

[julesmum]

Hallo Siri, hallo Heike,

danke für eure lieben Zeilen.

Es tut gut, sich mit Menschen auszutauschen, die dieselben Gefühle und Schmerzen empfinden, wie man selbst gerade hat.

Rückblickend sehe ich die Phasen der Krankheit ablaufen...gerade wollte ich schreiben "wie im Zeitraffer"..aber genau das war die Geschwindigkeit, in der sie tatsächlich auch passiert sind.

Erst wurde der geplante Urlaub meiner Eltern mit meiner kleinen Tochter auf dem Bauernhof an der Ostsee abgesagt...wie hat sich meine liebe Mama gefreut, als sie das gebucht haben! Ein Traum wäre wahr geworden. "Mama, wir werden im Sommer ans Meer fahern, nicht in Frühjahr........."

Wir werden nie mehr ans Meer fahern......."Mama, klar wirst du mit mir shoppen gehen, wenn ich abgenommen habe"

wir werden nie mehr shoppen gehen. "Wir werden spazieren gehen"....nie mehr.

Im Sommer war ich mit meiner Tochter alleine am Meer. Meine Eltern haben uns vom Zag abgeholt. Meine starke tapfere Mama hat sich zusammengenommen und war da! Ich sah sie dort am Gleis stehen und wußte, dass es das letzte Mal sein wird.

Dann immer so weiter.....wir werden nie mehr zusammen bummeln, nie mehr zusammen Wein trinken, nie mehr zusammen auf dem Balkon sitzen...du wirst es nicht mal mehr in dein eigenes Wohnzimmer schaffen..


Es ist alles nicht zu fassen,

ich wünsche euch allen ganz viel Kraft!

Siri: als meine Mama starb war so ein sonniger Sonntag. Auch als ich zur Beerdigun oder zur Trauerfeier fuhr, verließ ich das Haus und mir schien die Sonne hell ins Gesicht. Ich ließ mich blenden und hab voll rein geschaut! Im Glauben, dass sei jezuz meine Mama..ich kann deine Gedanken gut verstehen und wünsche dir, dass es für dich noch weit weg ist!

Liebe Grüße
Kerstin

[chrigi]

Liebe Kerstin,

Es geht mir wie Siri und Heike, ich les hier Deinen Text und mir laufen die Tränen. Es ist für mich alles wie gestern. Nur ist es bei mir am 29.11 in diesem Jahr bereits das 10te Mal, seit sich der Todestag meiner Mutter jährt.

Aber ich kann Deine Gedanken und Gefühle so gut verstehen, denn es geht mir auch heute noch viel so. Seit meine Tochter am 29.11.01 am Todestag meiner Mutter das Licht der Welt erblickte wird mir dieser Tag immer wieder aufs neue Bewusst. Meine Kleine hat so viel von Ihrer Oma, die Sie wie Ihr mittlerer Bruder nie kennenlernen durfte. Wir erfuhren am 02.06.1995 die Diagnose, das meine Mutter Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadion hat. Unser ältester Sohn, damals grad mal 5 Monate alt hatte seine erste OP (er kam mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zur Welt) hinter sich und ich wollte meinem Mami mitteilen, das die OP gut verlief. Ich rief Sie aus einer Telefonzelle im Kispi an, im gleichen Atemzug wie ich Ihr die gute Mitteilung machte warf Sie mir Ihre Diagnose Krebs an den Kopf. Ich fing in der Telefonzelle an zu toben und zu schreien, das ich mich erst beruhigte, als mich die Aerzte schon fast in die Psychiatrische einliefern wollten.

Es tut mir leid, das ich abgeschweift bin, aber glaub mir, ich bin fest davon überzeugt, das unsere Mütter bei uns sind und uns durch unseren Alltag begleiten. Ich bin mir auch sicher, das Sie Dir öfter mal ein Zeichen geben wird, das Sie hier ist, sei es in einem Lächeln Deiner Tochter, das Blühen einer kleinen Blüte am Wegesrand oder der erste warme Sonnenstrahl der am Morgen an Dein Fenster klopft. Sei Traurig und weine solange Du willst, aber hör ganz fest in Dein Herz hinein und Du wirst das Zeichen Deiner Mutter hören und verstehen.

Liebe Kerstin, Heike und Siri

Ich wünsch Euch allen ganz viel Kraft und viel Sonne im Herzen für Euren Weg. Denkt daran Ihr seid nicht allein und es werden immer Eure Begleiter sein. Ich schick Euch eine ganz dicke Umarmung und stille Grüsse auf Euren Weg.

Liebe Grüsse

Chrigi

[Dinah]

Ihr Lieben,

im Himmel ist Mama wieder gesund ....

hat mein kleiner sechsjähriger Neffe am Dienstag gesagt, als seine Mama, meine kleine Schwester, gestorben ist.

ich bin so unsagbar traurig.

fühlt euch ganz fest umarmt.

Gaby

[Heike30]

Hallo.
ich kann es gar nicht in worte fassen,
bin tief berührt von der aussage: im himmel ist mama wieder gesund"

und er hat recht.
sag ihm mal liebe grüsse

und dir viel kraft!!!

heike

[Dinah]

Danke Heike,

er ist so tapfer, der kleine Kerl... und er ist mir damit auch ein Vorbild, genauso, wie seine Mama es für mich war und ist... sie hat niemals aufgegeben.

Und sie allein gibt mir Kraft, denn ich spüre, sie ist da. Meine kleine Tochter hat es zuerst gespürt und gesagt. Ich konnte es nicht glauben und brauchte ein deutlicheres Zeichen und sie gab es mir gestern abend.....

Ich weiss, dass mich viele für verrückt halten. Ich habe nie an sowas geglaubt. .... aber nun glaube ich.

Gaby

[Heike30]

Guten Morgen Dinah,

doch an sowas kann man glauben,es gibt es wirklich.
ich musste meine mama am 10.4.05 gehen lassen,
und sie gab mir auch viele zeichen.
deswegen weiss ich wovon du sprichst.

ist das nicht schön??

liebe grüsse
heike

[Dinah]

... es ist wunderschön !!!

[Robert808]

...............
Als ich mich in diesen forum vorige woche angemeldet habe, läutete das telefon ich soll schnell kommen. zuvor waren wir den ganzen tag beschäftigt das krankenbett und alle medikamente für meine mama zu besorgen. als ich ins krankenhaus kahm hatten wir nur noch wenigen minuten in denen uns meine mama nichts mehr sagen konnte. das bild von ihr werde ich nie vergessen. wir waren alle in ihren letzten minuten dabei.

4 monate nach der ersten diagnose, 5 tage nach ihren 49 geburtstag. ich hätte ihr noch soviel zu sagen gehabt. ihre eltern und ihre tochter sowie ihr mann und ich ihr sohn trauern um sie. ihr größter wunsch war es nachhause zu kommen. warum ging sich das blos nicht aus. ich wünschte ich wäre ein besserer sohn gewesen.

doch jetzt ist alles zu spät jetzt wird nichts mehr so wie es früher war.........

[melienchen]

.. meine mutter ist leider auch gestorben, an lungenkrebs. innerhalb von 2 monaten, da hatte man nicht mal mehr zeit zum denken.. mein buder, meine freundin und ich haben sie auf ihrem letzten weg begleitet - bin sehr froh, das ich dabei sein durfte.
meine familie und ich waren wie gelähmt. ich vermisse meine mutter sehr, es ist einfach viel zu früh gewesen. nächsten februar hätte sie ihren 60. geb. gefeiert.
ich bin mir sicher das meine mom immer bei uns ist. habe in der letzten zeit viel bücher über das leben nach dem tot und über engel gelesen.
das leben hier auf der erde ist nur ein kleiner teil unserer gesamtexistenz...
wir werden uns bestimmt wieder sehen - daran glaube ich ganz fest ..
mom du bist in meinem herzen..