ich fasse jetzt Mut ...

[Jelly]

Liebe Eva,

laß Dich zu nichts zwingen oder moralisch unter Druck setzen, egal wie lieb Du den André hast, er hat nicht das Recht, das von Dir zu verlangen, mir ist es kalt den Rücken runter gelaufen, wie ich Deinen Beitrag gelesen habe. Ich würde meinem GELIEBTEN Mann um SEINET Willen nie in eine solche Bedrängnis bringen, er müßte mit dieser Last und Schuld weiterleben, wie soll er denn in seinem Leben je wieder glücklich werden, wenn ich das von ihm verlangen würde und ihm böse wäre, wenn er mir den Dienst nicht erweisen würde, also sorry, aber das ist SUPER EGOISTISCH von Deinem André, schau nach Dir, irgendwo gibt es auch im Namen der Liebe Grenzen, die Du spürst und bitte nicht überschreitest.

Natürlich haben wir dieses Thema auch diskutiert und wir wissen wie wir dazu stehen, aber nie würde ich von meinem Mann etwas derartiges verlangen, bitte bitte schau nach Dir, lade Dir keine Schuld auf, die Dir jede Möglichkeit auf ein neues Leben verbaut.

Wenn André sterben möchte, dann wird sein Organismus wissen, wann es an der Zeit ist, auch gäbe es andere Möglichkeiten der Sterbebegleitung, wenn er das wünscht, aber halte Du Dich da raus, bitte.

Ich umarme Dich und wünsch Dir viel Kraft !!!

Liebe Grüße
Jelly

[sunnypunkie]

Liebe Jelly,

ja, mir wurde ganz kalt und ich war so was von schockiert! Du kannst versichert sein, dass ich solche Schuld niemals, niemals auf mich laden würde. Mittlerweile habe ich mir sogar überlegt, dass es wohl besser ist, kein Morphium zu Hause zu haben oder zumindest jeweils nur eine Dosis.

Und ja, ich hege, ehrlich gesagt, im Moment sehr schlechte Gefühle für André, weil er so etwas von mir verlangt oder auch nur, dass er mit diesem Gedanken spielt, ich könnte so etwas tun. Ich war heute nicht im KH, weil ich einfach nicht KONNTE. Vielleicht wird er sich etwas antun und seinem Leben aus eigener Hand ein Ende setzen, aber bitte ohne mich, ich will damit nichts zu tun haben. Ich habe ihm das heute morgen am Telefon auch nochmal klar und unmissverständlich gesagt.

Irgendwo hat jeder Mensch seine Eigenverantwortung sich selbst gegenüber wahrzunehmen. Es ist einfach nicht fair, diese an andere abgeben zu wollen.

Danke Jelly, für Deine offenen Worte.

Herzliche Grüsse
Eva

[Jelly]

Liebe Eva,

Dein Beitrag hat mich sehr beruhigt, hatte große Angst um Dich, da ich ja weiß, daß Du André sehr liebst. Was André selbst tut, ist alleine seine Verantwortung, das kannst Du auch nicht ändern. Aber ich bin froh, daß Du Dich unmissverständlich abgegrenzt hast, sehr mutig und bewundernswert, ich ziehe den Hut vor Dir !!!

Sorge für Dich. Du bist eine tolle Frau !!!!!

Ganz liebe Grüße
Jelly

[sunnypunkie]

Liebe Jelly,

ja, bin froh, dass ich das konnte, eher würde ich ihn sogar verlassen, als so eine Schuld auf mich zu laden, mit der ich sicherlich mein ganzes Leben leben müsste und das will ich auf gar keinen Fall.

Er hat sich aufgegeben. Aus medizinischer Sicht könnte man noch einiges tun, wenn auch keine Heilung mehr erzielt werden kann, aber wohl doch ein Stück Lebensqualität. Ich habe ihm gesagt, dass ich das Gefühl habe, er WILL nicht mehr. Er wurde wiederum ungehalten und unterbrach das Telefongespräch aprupt. Ich bin sehr in Sorge und rief die Stationsleitung an. Die sagten mir, sie hätten dasselbe Gefühl, dass er sich aufgegeben hat. Er hätte heute nur geschlafen und das Essen wurde so wie es kam wieder geholt.

Es sei nicht sicher, dass er wirklich nach Hause entlassen wird, da er so schwach ist und kaum ein paar Schritte gehen kann. Er liegt einfach nur da.

Ich habe so grosse Angst, wenn er zu Hause ist.

Herzliche Grüsse
Eva

[Birgit4]

Meine liebe Eva,
erstmal möchte ich dich in meine Arme nehmen.
Dein Andre' muß so sehr leiden...um so etwas von dir zu erwarten.
Andre' hat vergessen,dass du weiterleben mußt,mit dem Gedanken dir beim Sterben geholfen zu haben.
Aber ich bin froh ,genau wie Jelly,dass du nie die Überlegung hattest ,Andre' beim Sterben zu helfen.
Ich könnte es nicht,und ich würde es auch von meinem Mann nie erwarten.
Aber wie ich schon sagte....wie sehr muß Andre' leiden.
Es tut mir im Herzen weh,ganz erlich.

Ich würde auch nicht wollen das mein Mann die Verantwortung übernimmt mich mit Schmerzmitteln zu versorgen.

Entweder gehe ich ins Hospitz....oder ich Sterbe zu Hause,mit einem Begleiter.
Ein Begleiter der mir die Schmerzmittel gibt.Und auch meine Familie betreut.
Ich werde entscheiden,wenn der Tag X kommt.

Suche dir bitte einen Hospitz -Begleiter.Damit du keine Angst hast deinen Andre' nach Hause zu holen.Und du nicht allein bist.

So wie du schreibst wie es Andre' geht,hoffe ich er muß nicht mehr lange so leiden.
Sei bitte nicht entsetzt über meine offenen Worte.
Ich bin Betroffene,mir geht es zur Zeit auch nicht gut.
Meine Freundin wird nur noch Palliativ behandelt.
Kämpfen ja...aber wenn die Zeit des losslassen's kommt,möchte ich auch losslassen....ohne Furcht.
Das sind meine persöhnliche Gedanken........ich respecktiere jeden Weg.

Aller erdenglich "LIEBE" für euch liebe Eva
liebe grüße deine Birgit

[Jelly]

Liebe Eva,

ja, Deine Angst kann ich sehr gut verstehen, wird Dir doch eine riesige Verantwortung auf die Schultern gelegt. Birgits Idee, des Hospiz-Begleiters für zuhause finde ich sehr gut, vielleicht gibt es so etwas in Eurer Nähe, weiß auch garnicht, ob es so was bei uns gibt, muß mich glatt mal erkundigen. Finde ich eine gute Idee, eine Begleitung, die nicht nur den Kranken sieht sondern auch die Familie . Super Idee, Birgit.

Wenn die Ärzte ihn nicht nach Hause entlassen, so würde ich im Moment auch nicht widersprechen, es ist zwar auch ein großer Aufwand, die Fahrt und die Zeit im KH, aber dort wird er von professioneller Seite gut unterstützt, er bekommt die Medis, die er braucht, dafür sind dann andere da und stehen in der Verantwortung nicht Du.

Liebe Eva,

denk einbischen auch an Dich, es ist noch nicht lange her, da lagst Du auch krank danieder, lass es nicht wieder soweit kommen.

Ich nehm Dich in meine Arme !
Liebe Grüße
Jelly

[sunnypunkie]

Liebe Birgit, liebe Jelly,

Ich habe in der Zwischenzeit wiederum Kontakt mit dem Hauspflegedienst aufgenommen. Sie bieten eine umfassende Betreuung an, sowohl im medizinischen Bereich auch auch als (Sterbe)begleitung. Sie haben dort Personal, welches auf diesem Gebiet geschult ist.

Im weiteren gibt es neu hier eine Palliative Care Betreuung, die auch neben spitalexternen Therapien (inkl. Chemo) Begleitung des Kranken und Angehörigen bis zuletzt anbieten.

So kann ich sicher sein, nicht alleine zu sein und André auch nicht. Ich war heute wiederum den ganzen Tag im KH. André ist sehr schwach und schon ein paar Schritte erschöpfen ihn sosehr, dass er sich gleich hinlegen muss und er schläft dann gleich ein.

Morgen ist das Aerzte-Konzilium. Ich habe gar keine Vorstellungen, was noch für weitere Therapien möglich bzw. sinnvoll sind und für seinen sehr geschwächten Körper noch zumutbar sind.

Am Mittwoch wird er nach Hause entlassen. Am Nachmittag wird dann gleich der Hauspflegedienst kommen und abends der Hausarzt um ihm die Morphiumspritze für die Nacht zu verabreichen. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie froh ich über diese Unterstützung bin. Denn, wie gesagt, ich habe grosse Angst. Sollte er eine Schmerzattacke bekommen, die auch mit diesen Spritzen nicht behandelt werden kann, wird er sofort wieder ins Krankenhaus eingeliefert und bekommt dann die Schmerzmittel intravenös.

Ich hoffe nun, dass es gut geht und ich genügend Geduld, Liebe und Aufmerksamkeit habe, um André auf seinem letzten Weg zu begleiten. Und - ja, vielleicht erholt er sich ein Stück, wenn er hier zu Hause in seiner gewohnten Umgebung ist? Wer weiss.

Liebe Grüsse
Eva

[Jelly]

Liebe Eva,

ich denke viel an Dich. Kommt André nun morgen nach Hause ? Was meinen die Ärzte ?

Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit !

Liebe Grüße
Jelly

[Birgit4]

Liebe Eva,
ich schicke dir eine stille liebevolle Umarmung

Trost

Es gibt
Augenblicke
im Leben eines Menschen,
da ein Blume
mehr sagt
als alle Worte
dieser Welt

Es gibt
Momente
im Leben eines Menschen,
da ein liebes Wort
mehr sagt
als alle Blumen
dieser Welt

Es gibt
Zeiten
im Leben eines Menschen,
da eine stille Umarmung
mehr sagt
als alle lieben Worte
und alle Blumen
dieser Welt zusammen


Meine Gedanken sind bei euch...
deine Birgit

[sunnypunkie]

Meine Lieben,

André ist seit Mittwoch morgen zu Hause. Er wird von Stunde zu Stunde schwächer, kann fast nichts mehr essen und trinken. Schmerzen hat er momentan keine, er ist gut eingestellt mit Medikamenten. Die meiste Zeit sitze ich an seinem Bett, schaue ihn an oder lese in einem Buch. Er mag keine Berührungen mehr, ich darf seine Hand nicht halten, er zieht sie sogleich zurück. Oft ist er aber auch wütend und schreit mich an, ich kann ihm fast nichts recht machen. Ich glaube, es ist seine Verzweiflung, seine Angst vor dem unausweichlichen, er ist auch irgendwie eifersüchtig auf alle, die gesund sind und ihr Leben leben dürfen. Gestern riss er das Fenster auf und schrie "ihr seid alles A..., es ist alles Lug und Trug und ihr seid nicht besser". Ich schreibe hier seine Worte, genau so hat ers gesagt.

Der Krebs explodiert förmlich in seinem Körper. Der grösste Tumor ist 5 cm gross und liegt am Kreuzbein. Die übrigen Metastasen, die zum Teil noch mikroskopisch klein sind, sind im Bauchraum verteilt. Eine OP würde er nicht mehr überstehen, sein Organismus ist viel zu schwach. Man hat ihm am letzten Dienstag am Konsilium reinen Wein eingeschenkt. Die Antikörpertherapie mit Avastin soll wieder aufgenommen werden, ändert aber nicht den Verlauf der Krankheit, es soll damit eine "geringfügige" Verlängerung des Lebens und damit des Leidens erzielt werden. Der Prof. meinte, er könne verstehen, wenn André diese Therapie nicht mehr haben wolle, dann würde man dafür sorgen, dass er keine Schmerzen haben muss und die Verdauung einigermassen funktioniere. André muss sich nun entscheiden. Ich möchte ihn da so wenig wie möglich beeinflussen. Da er die Tendenz hat, Entscheidungen, auch welche, die ihn selber betreffen, andern zu überlassen, habe ich mich zurückgezogen und ihm gesagt, dass er selber für sich in seiner Eigenverantwortung entscheiden muss, da könne ihm niemand helfen.

So sieht es aus im Moment hier. Manchmal weiss ich nicht, woher ich Kraft nehmen soll, aber wundersamerweise kommt immer wieder ein Schub, sodass ich hoffe, stark zu bleiben. Er ist ein schwieriger, anspruchsvoller und fordender Patient, was alles nicht einfacher macht. Oft bin ich kurz davor, die Kontrolle zu verlieren, wenn er mich anschreit und ganz einfach ungerecht behandelt, sodass mein Herz wie wild pocht und ich heftige Magenkrämpfe bekomme. Ich liebe ihn trotz allem, hoffe aber, dass es zu Ende geht, bevor ich am Ende bin.

Liebe Grüsse
Eva

[sunnypunkie]

Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die in meinem Thema schreiben, die mir Mut zusprechen und meine Gedanken teilen und darauf eingehen. Vielen herzlichen Dank.

Ich kann im Moment nicht allen persönlich antworten, lese aber alle Beiträge und sie schenken mir Kraft und ich spüre Eure Anteilnahme, sei es mit Worten oder Gedichten (liebe Birgit).

Eure
Eva

[meliur]

Liebe Eva,

ich bewundere ganz ehrlich, wie Du mit dieser unsäglich schwierigen Situation umgehst. Ohne natürlich wirklich Bescheid zu wissen (weil ich mir eine solche Situation nur ganz ungefähr vorstellen kann, weil ich Deinen André nicht kenne, weil ich Dich nur ein bisschen kenne), habe ich, wenn ich Deine Zeilen lese, sofort das Gefühl, dass Du die Situation genau richtig einschätzt, dass, was Du entscheidest und tust, immer das Richtige ist. Ich glaube, Du hast einfach ein sehr gesundes Gespür für die Dinge. Möge es Dich weiter so gut leiten und nicht im Stich lassen! Was Dich und André verbindet, ist von besonderer Art, das merkt man, weil Du so unverbrüchlich an seiner Seite bleibst.
Ich weiß gar nicht recht, was ich wünschen oder sagen soll, ohne blöd zu klingen, also wünsche ich Dir und André einfach - alles Gute. Von Herzen!

meliur

[hoppit]

Liebe Eva,
es tut mir so sehr leid was du und auch André durchmachen müßt. Es ist so schlimm zu zuschauen. Jeder hier als Angehöriger oder Erkrankter wünscht sich genau das Gegenteil von dem was ihr gerade erlebt. Leider kann ich dir keine Kraftpackete zu euch schicken. Nur eineskann ich: dich virtuell drücken und dir wünschen das du nicht unter die Räder kommst.
Alles Liebe für dich und ich denke sooft an euch !

Andrea(hoppit)

[nobbidobbi]

hi eva!
ich kann nur sagen, dass Euer schicksal mich tief bewegt. ich bewundere Dich für Deine stärke + würde mir wünschen, an meiner seite auch einen menschen zu wissen, de so unverbrüchlich an meiner seite steht. für Euch wünsche ich mir, das die zeit des schmerzvollen abschiedes nicht mehr unerträglich weit hinaus geschoben wird durch immer neuerliche therapieansätze. ich weiß zwar, dass avatin in medizinerkreisen einen hohen ruf genießt, aber wie der arzt selbst schon sagt muss man sich ab einem gewissen punkt fragen, was das menschliche wesen zu ertragen imstande sein kann.

Euch alles gute,
Yours truly
norbert

[teddy.65]

Hallo Eva,

immer wenn ich in diesem Thread lese, bewundere ich deine Haltung zu diesen ganzen Dingen und Erlebnissen.

Dein André ist bstimmt unheimlich stolz auf dich, auch wenn es im Augenblick viele andere Dinge gibt, welche es ihm nicht erlauben es dir zu zeigen.

Du bist eine ganz tolle Frau