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  #1  
Alt 02.04.2006, 14:36
Beate2 Beate2 ist offline
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Registriert seit: 16.06.2005
Beiträge: 3
Standard 6 Jahre!! Jeder Tag bringt den Kampf, der letzte bringt den Frieden!

Hallo,
Mein Vater ist leider am Montag verstorben. Er hat aber den Kampf nicht verloren, nur hat er leider nicht gesiegt.
Er hatte vor 6 Jahren einen primären HCC Lebertumor bekommen. Dieser wurde operativ entfernt. Nach knapp einem Jahr war er wieder da. Dann hat er lange Zeit die Chemoembolisierung bekommen. Irgendwann waren die Aterien zu, man konnte nicht mehr an den Tumor rankommen. Das war im Juni 2004. Dann im Sep./Okt. 2004 hat er in Bochum an einer Studie teilgenommen, wobei 50% der Probanten ein Medikament bekommen und die andern 50% Placebos. Nach 6 Wochen wurde die Studie abgebrochen, da die Tumore wuchsen. Seitdem wurde er nicht mehr behandelt. Er hat lediglich ein Pulver gegen den extrem starken Juckreiz bekommen, Wassertabletten und Magnesium. Es wurde alle 2 Wochen das Blut untersucht und alle 4 Wochen Ultraschall. In München wurde er abgelehnt, da die Tumore zu groß waren. Genauso haben es auch die anderen Kliniken gehalten. Es ging ihm aber trotzdem gut, bis auf das Jucken und Müdigkeit. Er ist immer in Urlaub gefahren, hat im November zuletzt noch an der Ostsee seine Familie besucht und sich auch verabschiedet.
Vor 2 Wochen ging es ihm noch relativ gut, hatte Pläne, wollte sich einen neuen Computer noch anschaffen. Er hatte wohl das Problem, dass er durch das Amoniak, welches die Leber freisetzt, (er hatte so gut wie kein Lebergewebe mehr, die Blutwerte jedoch waren im grünen Bereich) öfters umgekippt ist. So auch vor 2 Wochen. Nur ist der diesmal auf ein Schränkchen gefallen und hat sich 3 Rippen gebrochen. Er ist dann aber nach 5 Tagen wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Er war dadurch natürlich geschwächt. Dann, 2 Tage später, wollte er gar nicht aufstehen. Er schlief fast den ganzen Tag, hatte keinen Appetit. Nachts fing er an sich zu übergeben. 1/2 Eimer voll Blut. Er ist sofort mit Verdacht auf eine geplatzte Ader ins Krankenhaus eingewiesen worden. Bei der Untersuchung wurde jedoch festgestellt, dass der Tumor (einer 16cm und einer 19cm primär) in den Dünndarm gewachsen ist. Dabei wurde die Darmwand verletzt. Da bei der nicht mehr vorhandenen Leberfunktion keine Blutgerinnung stattfindet, ist er fast ausgeblutet. Er hat 2/3 seines Blutes verloren. Es war ein grausamer Anblick, als er das Blut intervallartig erbrochen hat. Es hat mir so weh getan ihn so zu sehen. Danach hat er viele Blutkonserven bekommen und die Gerinnung setzte wieder ein. Aber die Ärzte haben auch festgestellt, dass er sehr viele Krampfadern in den Schleimhäuten hat. Der Arzt erklärte es mir so: Alle Adern laufen zur Leber, wenn diese nicht mehr richtig arbeitet, staut sich das Blut zurück und es bilden sich große Krampfadern. Diese standen bei ihm extrem unter Druck und drohten bald zu "explodieren", lt. Arzt. Es hätte sein können, das er ein Stück Brot ist, welches schräg durch die Speiseröhre rutscht. Die daran liegende Krampfader wäre dadurch dann geplatzt und er wäre innerlich verblutet. Damit hätten wir jetzt jeden Tag rechnen können. Aber es war der Darm. Durch seinen hohen Blutverlust haben die Nieren einen Schock bekommen und die Funktion eingestellt.
Wir haben seinen Wunsch erfüllt, ihn an keine lebenserhaltenden Geräte anschließen zu lassen. Er hatte lediglich am Sonntag das erste Mal Schmerzen, aufgrund das die Beine voller Wasser waren. Deswegen bekam er Morphium. Er war aber bis ca. 3 Stunden vor seinem Tod voll dabei. Er hat uns noch gesagt, was er im Sarg anhaben möchte, ect... Er konnte noch etliche Dinge, die ihm auf dem Herzen lagen mit uns klären. Er sagte zu mir, ich soll nicht weinen. Er hat keine Angst vor dem Tod. Er liebt uns und wir sind seine Familie. Er wollte auch nicht alleine sterben. Wir haben am Sonntag ein Einzelzimmer bekommen, mit einem Bett und einer Schlafcouch für uns. Er ist dann im Schlaf gestorben. Er ist nicht alleine gestorben. Ich kann es noch gar nicht fassen. Ich habe mich eigentlich 6 Jahre darauf vorbereitet, dachte ich! Es war wie ein Schlag.
Auf der einen Seite denke ich mit 66 Jahren ist es viel zu früh, aber auf der anderen Seite hat er noch 6 schöne Jahre damit gelebt. Er hat den Krebs aber nicht zu seinem Lebensinhalt gemacht. Er hat ihn akzeptiert und hat sich davon nicht runterziehen lassen. Der Arzt meinte, er würde in die medizinische Geschichte eingehen. Normalerweise ist bei diesem Krebs die Lebenserwartung unter 1 Jahr.
Der Arzt meinte auch, dass diese Sachen, mit dem Darm oder den Krampfadern eigentlich nicht auftreten, da es nie soweit kommt.
Ich bin aber sehr froh, dass er keinen langen Leidensweg hatte. Aber er fehlt mir jetzt schon so sehr..

Ich wünsche Euch auch so viel Kraft und Energie wie mein Vater sie hatte. Und vielleicht bringt es ja was, wenn Ihr die Krankheit nicht in den Vordergrund stellt. Das Leben jeden Tag aufs neue genießen und sich der vielen kleinen Dinge erfreuen, die der Tag bringt.

Liebe Grüße
Beate
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  #2  
Alt 03.04.2006, 11:49
Michaele Hendrichs Michaele Hendrichs ist offline
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Registriert seit: 19.10.2005
Beiträge: 243
Standard AW: 6 Jahre!! Jeder Tag bringt den Kampf, der letzte bringt den Frieden!

Liebe Beate mit großer Bestürztheit und einer richtigen Gänsehaut habe ich soeben deinen Bericht gelesen. Dein Vater muss ein sehr starker mensch gewesen sein, denn sonst hätte er nicht s0o lange mit dieser Krankheit leben können. Es ist manchmal unfassbar, was ein Mensch aushalten kann und muss. Es ist wirklich ein kleiner wenn nicht ein großer Trost zu wisen, das dein Vater die letzten 6 Jahre trotz der Schwere seiner Erkrankung noch intensiv gelebt hat. Er muss einen starken Lebenswillen gehabt haben. Ich wüßte nicht, on ich über so viele Jahre damit umgehen könnte. Bin da leider genau das Gegenteil von meiner Mutter. Auch sie ´lebt jetzt im April genau schon 3 Jahre mit der Krankheit und sie kann sehr gut damit umgehen. Sie sagt immer zu mir: Was kommt, das kommt, und ich kann es nicht aufhalten." Auch Sie stellt die Krankheit nicht in den Vordergrund sondern lebt jeden Tag bewußt. Sie freut sich auf ihre beiden Enkelkinder im Juni und am Wochenende fahren wir alle gemeinsam mit Kind un Kegel nach Rügen.

Dir aber liebe Beate wünsche ich nun nochmals alle Kraft für die nächsten Tage, Wochen und Monate. Denn irgendwie ist der Kampf immer noch nicht vorbei. Sicher kommt immer noch der Jammer und die Traurigkeit wenn du an deinen Papa denkst. Ich glaube er wird immer bei euch sein, so wie er es euch gesagt hat. Ich wünsche Dir und deiner Familie alles erdenklich Gute.
Gruß Michaele
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  #3  
Alt 08.04.2006, 12:01
carina1978 carina1978 ist offline
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Registriert seit: 18.09.2005
Beiträge: 3
Standard AW: 6 Jahre!! Jeder Tag bringt den Kampf, der letzte bringt den Frieden!

hallo liebe Beate,

als ich deine Zeilen las musste ich weinen, denn auch mein Vater hat nach fast 10jährigem Kampf gegen den Leberkrebs aufgeben müssen. Er ist im September 2005 gestorben. Es ist schon erstaunlich wie viel die Einstellung zu dieser Scheiss Krankheit ausmacht und was man alles mit Kämpfen bewirken kann. Ich bin mir sicher das dein Papa auch gekämpft hat, sonst wäre er nicht noch so lange bei euch geblieben. Das Ende der Krankheit ist echt schlimm und wir hätten auch nie damit gerechnet das es dann doch so schnell gehen würde. Das wichtigste für uns alle war aber, dass wir uns verabschieden konnten. Wir können stolz auf unsere Papas sein. Fünf Wochen nach dem Tod meines Papas habe ich seine erste Enkeltochter zur Welt gebracht, gern hätte er sie gesehen. Ich bin mir aber ganz sicher dass er von oben runter schaut und auf unseren Spatz aufpasst. ich wünsche dir für diese schwere Zeit viel Kraft und Zuversicht.
Liebe Grüße Carina
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  #4  
Alt 09.04.2006, 09:30
Beate2 Beate2 ist offline
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Registriert seit: 16.06.2005
Beiträge: 3
Standard AW: 6 Jahre!! Jeder Tag bringt den Kampf, der letzte bringt den Frieden!

Liebe Michaele, Liebe Carina,

danke für Eure lieben Worte. Mein Vater wurde am Dienstag beerdigt. Ich fahre gleich wieder zum Friedhof. Für mich ist es noch so unwirklich. Irgendwie möchte ich in diesem Trauermoment stecken bleiben um es zu verstehen. Aber auf der anderen Seite geht das Leben ganz normal weiter, der Job fordert einen und man muss dabei seine Gedanken wegschieben. Es ist nicht einfach.

Liebe Michaele,
durch Dich habe ich damals von der SIRT-Methode erfahren. Wir hatten uns auch mit München in Verbindung gesetzt, bei meinem Vater war der Tumor zu groß, sie hatten ihn abgelehnt. Bei Deiner Mutter war er damals zu klein. Jetzt habe ich gelesen, dass Deine Mutter doch dort in Behandlung ist. Für Euch ist die Anspannung jetzt wohl auch sehr groß. Ich wünsche Dir, Deiner Mutter und Deiner Familie viel Kraft und eine Portion Glück. Genießt jeden Tag, den Ihr zusammen habt!

Liebe Carina,
mit Dir habe ich mich damals wegen dem Juckreiz ausgetauscht. Dein Vater hatte ja noch ein Röhrchen eingesetzt bekommen. Ich bin erschüttert, wie schnell es dann doch noch ging. Man denkt immer, man kann die Krankheit durch die eigene Kraft, Informationen und die richtigen Behandlungen noch in eine andere Richtung leiten. Aber letztendlich merkt man, wie klein und machtlos man gegen diesen Krebs ist. Es ist sehr schade, dass Dein Vater sein Enkelkind nicht mehr gesehen hat. Ich denke, Du wirst Deinem Kind später viele schöne Dinge von seinem Opa erzählen können und auch wie stark er war.

Auch mein Vater wollte unbedingt noch erleben, was aus seiner Enkeltochter wird. Meine Tochter ist jetzt mitten im Magister. Er hätte so gerne gesehen, was nach dem Studium ist. Die beiden hatten eine ganz enge Beziehung.
Jeder Gedanke daran tut sehr weh. Aber ich glaube auch, dass er irgendwie noch bei uns ist. Das gibt ein wenig Trost.

Liebe Grüße
Beate
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