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  #211  
Alt 24.11.2005, 18:57
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo, Ihr Lieben,

bis jetzt hatte ich gehofft die Bazillen abwehren zu können, aber nun krieg ich auch was. Hoffentlich kommts nicht so dicke wie beim Werner. Der Arme hat eine eitrige Mittelohrentzündung, eine eitrige Bindehautentzündung und eine Bronchitis.

Also - bis hoffentlich bald - und demnächst.
Eure Briele
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  #212  
Alt 24.11.2005, 20:07
doris stephan doris stephan ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo an Euch alle Lieben,

Liebes Sternchen,

danke für Deine lieben Worte.
Und wieder ist ein Tag geschafft, den ich im Kalender abhaken kann, uns so lebe??? ich Tag für Tag, bin froh wenn jeder zu Ende ist, aber dann kommt ja noch die Nacht, die kaum Schlaf bringt, habe die letzte Zeit wieder zu meinen Notfallpillen gegriffen um überhaupt etwas Schlaf zu bekommen, denn ich will ja meine Arbeit auch einigermaßen schaffen, was mir im Moment auch nicht leicht fällt.
Heute haben wir auf Arbeit die Weihnachtsdeko gemacht, da hatte ich auch zu kämpfen, aber dann ging es doch ganz gut, da habe ich mir dann immer im stillen gesagt, ist eben für die Patienten und die können ja nicht dafür, was mir passiert ist, sie sollen sich ja bei uns wohlfühlen. Was ich bei mir zu Hause mache weiß ich noch nicht, ob ich deko hinstelle und anbringe. Vieleicht mache ich es für Jürgen, er hat das auch immer gemocht und ich bin ganz fest davon überzeugt, das er von oben zusieht. Aber ich weiß nich, ob ich das schaffe.
Ich schreibe für Jürgen auch ein Tagebuch, diesen Tip habe ich von Andrea hier bekommen.
Ich spüre Jürgen auch um mich herum. Er fehlt mir so sehr, ich kann das einfach nicht akzeptieren. Manchmal möchte ich auch gehen...zu ihm...um mit ihm wieder zusammen zu sein...
Aber dann denke ich an meinen Sohn, er ist mein ganzer Halt, ich will für ihn da sein.

Liebe Lilo,

na das ist ja ein Zufall. Dann können wir das gerne mal machen.
Würde mich freuen. Ich habe Dir eine Privatnachricht geschickt!

Liebe Liz und Willy,

Ich wünsche Dir liebe Liz für die morgige Op alles, alles gute und drücke Dir die Daumen.


Liebe Briele,

ich wünsche Dir gute Besserung, hoffentlich geht es Dir bald wieder besser.


Liebe Andrea,

wie geht es Dir? Ich vermisse Dich!


Liebe AndreaM,

Seit der Krankheit meines Jürgens bin ich auch sehr empfindlich geworden, ich achte auf jedes Wort, jede Geste der anderen, rede mir vielleicht auch manchmal Dinge ein die garnicht so sind. Und seit dem Tod von Jürgen ist es nun noch schlimmer. Ach ich komme mit diesem Leben nicht zurecht. Manchmal glaube ich es geht, und kurze Zeit später wars das auch schon wieder...

Seid nun alle ganz lieb gegrüß

Doris

Geändert von doris stephan (24.11.2005 um 23:39 Uhr)
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  #213  
Alt 27.11.2005, 18:48
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo alle zusammen!

Ich habe gerade mehrmals den langen Beitrag von Susanne gelesen, weiß nicht ob und was ich darauf sagen soll. Es sind einige wenige Sätze, die mir das Geschriebene „quer“ im Magen liegen lassen, aber ich weiß es kann an meinem Magen liegen…! Und doch hatte ich am Ende des Gelesenen das Gefühl, „tja, so wird’s gemacht!“. Z.B. steht da „Ich habe es bewusst entschieden…“ – kommt bei mir an: „Du musst dich halt NUR bewusst entscheiden!“ . Von wem ist gleich der Spruch „Jeder Mensch ist so glücklich wie er es sich vornimmt zu sein!“? In depressiven Phasen hasse ich diese schlauen Sprüche, es fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht „…du bist unfähig!!!“ An dieser Stelle sehe ich wieder, wie schwierig es ist mit Trauernden umzugehen, sogar unter Gleichgesinnten. Warum muss ich wissen, warum andere schneller, besser (geht es also doch darum?) wieder klar kommen – bei mir ist es so wie es ist und ich dachte das darf es hier auch sein?!

Ich will nicht den ganzen Beitrag auseinander nehmen, zumal er sicher nicht so gemeint war wie er bei mir angekommen ist. Ich habe meinen Mann nicht „sanft in gedrängt zu reden, Dinge zu bereinigen“ – weil ich nicht davon ausgehen konnte, dass das was ich für richtig und wünschenswert halte, auch für ihn das Beste war. Auch habe ich uns nirgendwohin geführt, ich bin wohl eher den Ereignissen hinterher gestolpert, in der Hoffnung alles „richtig“ zu machen. Ich habe ihm versprochen ich bleibe in seiner Angst bei ihm, das habe ich gehalten und das war auch mein sehnsüchtigster Wunsch, dass er nicht einsam sein muss in seinem Leid.

Ich finde es toll, wenn jemand so seinen Weg gefunden hat – jedoch versagt bei mir die Umsetzung von Theorie in die Praxis. Ich kann, und das ist vielleicht auch der springende Punkt, ich will nicht glauben, dass hinter all dem Leid (welches mein Liebster und eure Liebsten aushalten mussten) ein „geplanter Sinn“ steckt. Sicher hat uns das alles zu den Menschen gemacht, die wir heute sind – aber um welchen Preis??? Wer denkt sich so was aus? Und das sind dann wohl auch die „Löcher“, weil nicht alles was im Kopf klar ist auch so von meinem Gefühl umgesetzt werden kann. Ob da anschubsen hilft?

Wahrscheinlich bin ich zu empfindlich und fühle mich gedrängt „besser, richtiger zu trauern“ – das kann auch daran liegen, dass ich zur Zeit den Auszug aus unserem „zu Hause“ plane, sein geliebtes Schlagzeug verkaufen muss und alle Erinnerungen hier in diesen Räumen und im Garten leben. Mein Kopf sagt es ist richtig und nun beginne ich die ersten Schritte in „meinem Leben“ und ich weiß auch er hat mir bestimmt geholfen die richtigen Wohnungen zu finden. Aber ich habe dann NIE in dieser Wohnung MIT IHM gelebt, es wird mein zu Hause sein, „unser zu Hause“ war hier!

So, nun muss ich noch mal ganz laut nach Andrea, Dani und Doris rufen – ich vermisse euch ! Wie geht es euch? Wie bewältigt ihr den gefühlsgeladenen Weihnachtsrummel?

Liebe Grüße an euch alle! Ich hoffe Susanne, du bist nicht sauer – ich habe einige Tage überlegt, aber du wolltest Rückmeldungen haben…und theoretisch verstehe ich was du sagen wolltest!

Einen guten Start in die Woche - Petra
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  #214  
Alt 27.11.2005, 20:12
Christa CK Christa CK ist offline
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Standard AW: Und nun?

hallo liebe doris,

hat geklappt.....
vielen DANK !!!
melde mich morgen bei dir.
einen angenehmen abend u. liebe grüsse
christa CK
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  #215  
Alt 27.11.2005, 22:54
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Standard AW: Und nun?

Liebe Beate,

ich habe heute irgendwo hier gelesen das bei dir "alles mögliche" los ist.
Es tut mir leid und ich hoffe bald wird´s wieder ruhiger.
Ich habe die Krankengeschichte von deinem Mann nicht ganz verfolgt, vielleicht könnt ihr damit nichts anfangen, aber mein Männe hatte mit Movicol (gegen chronische Verstopfung und Kotstau) eine gute Unterstützung.

Alles Gute sendet dir und deinem Mann
Susanne


Liebe Wolke,

nein, du kannst dich nicht darin wiederfinden, das ist klar.
Aber sicher wirst du mit der Zeit deinen Weg ausgelotet haben und beschreiten.

Die besten Wünsche dafür!
Susanne


Liebes Sternchen,

dein Posting macht Mut. Den Mut weiter zu gehen, zuzulassen und loszulassen. Ich danke dir dafür das wir es lesen dürfen, denn es stimmt, die Zeit heilt nicht, aber doch wird sich eines Tages eine Änderung ergeben.
Vielleicht ganz langsam und winzig klein, aber es wird wohl passieren.

Lieben Gruss,
Susanne


Liebe Doris und liebe Lilo,

ich hoffe es hat schon geklappt mit eurem Kaffee trinken?
Im persönlichem Gespräch kann vieles einfacher sein und doch
manchmal sooooooo schwer.
Vielleicht habt ihr mal Lust und berichtet uns

An euch beide liebe Grüße sende
Susanne


Liebe Briele,

wir hatten hier nur Erkältungen, der eine mehr, der andere weniger und haben uns gemeinschaftlich gewundert, wie so eine banale Erkrankung uns doch umhauen kann. Gerade mit dem Gedanken an die vielen Menschen die ernsthaft erkrankt sind. Der Gedanke hat nichts geholfen, im Vergleich einfach blöde, aber wir fühlten uns "bäh" ohne Ende.
Ich hoffe dir gehts schon wieder besser und Werner auch.

Alles Gute,
Susanne


Liebe Liz und lieber Willy mit Anhang und Anhang vom Anhang

Ehrlich gesagt fehlen mir Worte. Was kann man schreiben damit ihr auch spürt wie wir mit euch hin und her gerissen werden?

Ich habe einen Gedanken und der führt mich in den Frühling, auf den Berg.
Ich glaube fest daran das wir dort wieder zusammen stehen werden und das zwischendrin bis dahin, ich weiss nicht, wegschieben? Geht nicht, leider.

Dickes Kraftpaket an euch, es tut weh das ich nicht mehr tun kann.
Susanne


Liebe Petra,

nein, ich bin nicht sauer, etwas traurig, ja.
Ich danke dir für dein ehrliches Posting und habe daraus einiges für mich entnehmen können.
Du hast nun weiteres, schweres vor dir. Viel Arbeit, viele Gedanken, viele Erinnerungen werden dich wohl begleiten in der nächsten Zeit.
Ich wünsche dir das du diese Zeit gut überstehen wirst.

Alles Liebe,
Susanne


Liebe Dani,

deine Sorge um deinen Sohn erinnert mich daran das ich laufend das Gefühl habe eins ist geschafft und liegt hinter uns und schon taucht das nächste auf.
Über das Torett-Syndrom selber weiss ich nur sehr wenig, es gibt wohl unterschiedliche Ausprägungen und auch Formen.
Du schreibst das dein Sohn den Tod des Vaters noch nicht verkraftet hat und das wäre auch mein erster Blick, denn dadurch können sich ja verschiedene (körperliche+emotionale) Reaktionen zeigen.
Schwer zu unterscheiden, wohl auch für Fachleute. Eine zweite Meinung ist bestimmt nicht verkehrt.

Dir einen lieben Gruss und auch an Christa, die schnell "durchgeflitzt" ist.
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  #216  
Alt 28.11.2005, 00:05
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Standard AW: Und nun?

Lieber Ewald,

heute ist der 1. Advent. Im Gedanken habe ich mehrmals einen Brief an dich geschrieben und nun schreibe ich ihn hier nieder, er geht mir sonst nicht aus den Kopf und ich wende jeden Satz hin und her.

Unsere Wohnung ist nun fast fertig und ich frage mich was ich damit soll, denn ich wollte mich ja mit dir daran freuen. Weisst du noch, im Frühling, als du gemeckert hast über den Herd den ich ausgesucht habe? Ich wollte mich auf das Kochen und Backen stürzen und nun werde ich nicht einmal Weihnachtsplätzchen backen, es geht einfach nicht.
Die Jungs und Miriam sind mit ihren Zimmern glücklich, obwohl ich bei Nico immer noch nicht fertig bin mit dem streichen.
Ich habe es wieder einmal geschafft eine dicke Wange zu bekommen, seit drei Jahren war Ruhe. Bei den Schmerzen musste ich an dich denken, an deine Schmerzen. Waren sie so? Wahrscheinlich schlimmer und du warst der Indianer, der keinen Schmerz kennt.
Das Auto ist auf mich umgemeldet, ein komisches Gefühl. Zum TÜV hat es mir niemand gebracht, es sollte doch schon im Sommer.
Fast überall ist es so. Ich lade ein ich rufe an, mehr kann ich nicht tun und will ich auch nicht mehr. Jemanden um einen Gefallen bitten mag ich schon lange nicht mehr, sogar die nächsten in der Familie nicht. Mir war nie bewusst wieviel du mitträgst, obwohl du den ganzen Tag gearbeitet hast und deine Radtouren fuhrst. Nun zieht und zerrt alles an mir und liegt auf meinen Schultern.
Aber auch die schönen Dinge, ich kann sie nicht mit dir teilen. In der vergangenen Woche habe ich mit der Weihnachtsdeko angefangen. Du weisst wie ich bin. Natürlich musste ich auch wieder was neues dazu kaufen und du hast mir sehr gefehlt. Dein Blick (Frauchen dreht wieder mal durch ), deine Mithilfe (dein ruhiges Wesen war dabei ein Geschenk), unser gemeinsames Geläster über die anderen, die zu früh die Lichter anmachen, die unschöne Sachen haben, aber auch das fluchen über unsere Lichterketten, die nicht dort bleiben wo sie hin sollen. Als ich die Lichter im Wohnzimmer angebracht habe, hast du bestimmt deine Hand mit im Spiel gehabt. Du weisst wie sehr ich Schnee liebe und es war so schön weihnachtlich zu schmücken und draussen ist es weiss und dicke Flocken fallen weiter vom Himmel.
Ich hätte mich gerne mit dir zusammen gefreut und mit dir geredet, es tat weh, deshalb glaube ich das du mir den Schnee mit Überredungskünsten an der richtigen Stelle geschickt hast.
Unsere Freitagstreffen klappen auch ganz gut. In meinem letzten Traum warst du ausgezogen und ich war damit nicht einverstanden, habe es aber toleriert.
An unser Gespräch kann ich mich nicht mehr erinnern, du wirst mir erklärt haben warum. Der Auszug steht symbolisch für deinen Tod, ja, ich weiss, nur bitte, Freitag ist weiterhin unser Tag, ganz alleine schaffe ich es noch nicht.
Es tut immer noch zu weh das du nicht deine Träume weiter (er)leben durftest. Das wir nicht zusammen alt werden.
Ich gewöhne mich zwar an ein Leben ohne dich, aber mit dir wäre mir viel lieber. Da ist sie wieder, die Frage nach dem "Warum" und wie es weiter gehen soll. Ich darf nicht zuviel darüber nachdenken.
Heute waren wir an deinem Grab (auch darüber darf ich nicht zu sehr nachdenken, das Grab macht mir nichts aus, nur wenn ich mir bewusst mache das dein Körper dort begraben ist? Nein, das kann nicht sein!) und jeder hat etwas weihnachtliches mitgebracht. Weisst du, in der Wohnung Schnee zu beobachten ist ganz nett, aber auf dem Friedhof schlagartig eingeschneit zu werden, war ja lieb gemeint, aber bitterkalt. Der Friedhof war wunderbar mit der Flockenpracht, ich gebe es ja zu, er wirkte anders als sonst.
Du weisst das ich die meisten Dinge von dir möglichst in deinem Sinne weggegeben habe, aber in deinen Geldbeutel starre ich regelmässig das Geld an und streiche über die vielen Zettel darin oder lese sie. Manche sagen mir nichts, andere tun weh, es ist noch ein Termin zu einer Untersuchung darin, anderes bringt mich zum lächeln. Du trugst den Geldbeutel so nah bei dir und deshalb wird er wohl für immer so liegen bleiben. Auch das Halstuch, das furchtbare Ding, inzwischen liebe ich es. Es riecht noch etwas nach dir und ich fühle mich dir ganz Nahe dann. Aber bei anderen Sachen, die die in der "brauchen wir nicht, aber bringen es nicht über uns Ecke" liegen, ich glaube, diese Dinge schaue ich noch einmal durch und werde sie zu der Spendenaktion geben und mit versteigern. Uns bleiben viele andere Erinnerungen, auch Erinnerungsstücke und ich weiss das du für diesen Zweck damit einverstanden wärst. Als Alternative, wenn wir ehrlich sind, bleibt nur, das alles liegen bleibt und wenn ich nicht mehr bin grösstenteils entsorgt wird.
Ich weiss nicht, ob das geht, aber pass auf uns auf, wir brauchen es und bitte auch auf die Menschen die mir lieb geworden sind.
Von Herzen hoffe ich das es dir gut geht und du nicht mehr hadern musst mit deinem Schicksal, ich muss daran glauben das es so ist und auch ich eines Tages verstehen werde. Ein bischen bin ich neugierig darauf und freue mich.
Mein Körper wird dir zumindest wieder Nahe sein, er soll in das gleiche Grab und meine Hoffnung liegt darin das wir zusammen wiederkehren werden und es besser machen werden. Richtig daran glauben kann ich nicht, du weisst es inzwischen, aber hier hättest du meinen Strohhalm wohl belächelt.

Ich liebe dich!
Susanne

P.S. Die neue PS kommt wohl doch Weihnachten herum, dir wäre es die helle Freude gewesen, mir ist es nun ein Grauen, erinnert sie mich so sehr an dich und an dein spielen mit den Jungs.
Und, Einkommensteuer kann man online machen, interessiert dich nicht mehr, ja, ich weiss, für mich war es ein kleiner Lichtblick. Ohne deine starke Schulter ist alles so schwer...
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  #217  
Alt 28.11.2005, 11:42
Blue Blue ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo zusammen,

auch ich hab mich die letzten Tage mit dem Advent beschäftigt. Zuerst wollte ich diese Zeit einfach nur übergehen, einfach nicht wahrnehmen. Aber ich müsste blind, taub und geruchlos sein um diese Zeit zu übergehen. Die Wohnung ist geschmückt, auch die Dinge die meine Jürgen nicht mochte habe ich wieder herausgekramt. Ich saß davor und sagte mir, ich habe es jedes Jahr rausgestellt, warum also dieses Jahr nicht. Weil Jürgen es nicht mochte soll ich es jetzt, dieses Jahr nicht aufstellen. Nein, raus damit und bei jedem Stück habe ich geschmunzelt, zu jedem Stück viel mir etwas ein. Für mich sind das kleine Kostbarkeiten, diese Erinnerungen.

Im letzten Jahr musste ich versprechen, daß ich nichts Neues dazukaufe. Zähneknirschend habe ich mich daran gehalten. Aber dieses Jahr ist doch ein bißchen Neues dazugekommen.
Eine „Geschmacksverirrung“ ist hoffentlich nicht dabei.

Nach der Wohnungsaktion führt dann der Weg fast schon automatisch zu Friedhof, man muß ja alles erzählen, als ob ich Jürgen hier in der Wohnung nicht erreichen würde.

Ja, nochmal auch. Auch ich habe jetzt etwas in Gang gesetzt wovor mir graust. Ich fühle mich in unserem Bett nicht mehr wohl. Nach vielem Sträuben, nach vielen Anläufen habe ich mich jetzt für ein neues Bett entschieden. Gut soweit. Nur, jetzt muß unser Bett weg. Und da stehe ich jetzt nicht so richtig dahinter. Manchmal kommt es mir wie Verrat vor, einfach unser schönes Bett wegzugeben. Wiederum muß ich in diesem leeren Leben sein. Ich weiß wo das Problem liegt, ich weiß wie es zu ändern ist. Aber will ich das? Das Rad dreht sich, ich bin schon aufgesprungen, da muß ich jetzt durch.

Nach Jürgens Tod musste ich so viel ändern, musste Konto auflösen, Auto ummelden. Und jedes Mal tat mir alles so weh. Mir war, als ob ich Jürgen aus dem Leben auslösche. Ich hab das alles nur unter Druck gemacht, es war keine Entscheidung von mir. Und jedes Mal war ich am zucken, wenn ich las oder hörte, das war jetzt die letzte Aktion. Jedes Mal hat es in mir gebrüllt, nein, die letzte Aktion war das noch lange nicht.

Und eben, eben habe ich mal wieder gehört ich bin doch noch jung. Und wenn ich das so höre frage ich mich immer wieder: Tut es weniger weh, weil ich noch jung bin? Schmerz hängt nicht vom Alter ab. Mein Weg scheint noch so endlos lang. Ist es da ein Trost „jung“ zu sein?

Letzte Woche war ich mal wieder auf der Bank. Die Frau hinter dem Schalter teilte mir mit erhobenem Zeigefinger mit, daß mein Mann da mitunterschreiben müsste. Zuerst war ich platt, dann sagte ich ihr, daß das nicht mehr geht. Und auf einmal fiel es ihr wieder ein. Zum Glück war auch noch jemand aus meinen Kindheitstagen auf der Bank und er hat mich wieder erkannt. Zum Glück konnte er richtig mit mir umgehen, zitternd wie ich dastand.

Es gibt Tage, da ist nur Wut und Zorn, es gibt Tage da ist nur Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit. Und dann gibt es noch die wenigen Tage, da ist das Gleichgewicht da. So eine richtige innere Zufriedenheit kenne ich nicht mehr. Ja, und dann gibt es noch so Tage wie heute. Fassungsloses Daneben stehen und dem Rad zuschauen, einfach nur funktionieren und kein Gefühl haben. Neben sich stehen.

Gleich kommt das Rote Kreuz und holt unser Bett ab. Ob ich will oder nicht, habe es selbst in Gang gesetzt.

Blue
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  #218  
Alt 28.11.2005, 12:29
Benutzerbild von Petra_S
Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Und nun?

Liebe Blue,
wie gut kann ich dich verstehen - mich hat vorhin mein "Noch-Vermieter" an, dass jemand kommen will sich das Haus ansehen! Am Liebsten hätte ich gesagt "was will denn jemnad Fremdes in unserer Wohnung, in unserem Leben - WER WILL denn ausziehen???" Am Liebsten würde ich alles rückgängig machen, aber es ist auch eine finanzielle Entscheidung und der Kopf weiß, es wird auch in einem Jahr nicht leichter sein. Tja, ich habe es beschlossen, weil vieles dafür spricht - Trauerschizophrenie - einerseits fühle ich mich ohne ihn hier auch nicht mehr zu Hause (er war mein zu Hause), denn auch alle Kinder sind seit diesem Sommer raus (viel zu viele leere Zimmer-zu teuer) und andererseits empfinde ich es auch wie ein "Rausschmiss" aus meinem Leben. So einfache Dinge wie die Telefonnummer aus dem Speicher löschen..., schon damit fängt es an!
Blue, ich wünsche dir sehr, dass du dich in deinem neuen Bett wohl fühlen wirst nach einiger "Eingewöhnungszeit".

Liebe Grüße - Petra
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  #219  
Alt 28.11.2005, 16:17
Wolke Wolke ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo Blue,

ich musste schmunzeln, als du von dem rauskramen der Weihnachtsdeko erzählt hast. Du hast gedacht, es wird schrecklich, aber eigentlich waren die Erinnerungen doch ganz schön.

Darum hoffe ich, dass es dir mit deinem Bett genauso geht.

Ich kann verstehen, dass du das alte Bett loswerden möchtest, aber eben doch nicht. Manchmal muss man eben über seinen Schatten springen und du hast es getan, ich bin mir sicher, es wird dir gut tun. Freu dich über dein neues Bett und erzähl ihm einfach davon. In deinem Herzen ist er sowieso und somit auch in deinem neuen Bett

Oh Petra, ich bin so froh, dass ich die Wohnung nicht auflösen musste, weil mein Papa ja noch da ist. Es hat schon gereicht, dass wir Stapelweise die Klamotten von meiner Ma weggegeben haben.Dabei bin ich mir sicher, dass sie das versteht.

Ich schicke euch einen kleinen Sonnenstrahl in dieser trüben Zeit

Wolke
Gruß Wolke
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  #220  
Alt 28.11.2005, 16:29
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Und nun?

Liebe Blue, liebe Petra
- und alle, die hier lesen,

wie gut kann ich das verstehen - diese Schwierigkeiten die materiellen Dinge zu ändern, anzupacken. Ich werde in die Wohnung meiner geliebten Mama einziehen - und natürlich werden wir sie umgestalten, so wie auch meine Mama sie nach dem Tod meiner Oma umgestaltet hat. Aber ich weiss teilweise nicht, ob mir Dinge wirklich so gut gefallen - oder ob ich sie nur behalten möchte, weil sie meiner Mama gefallen haben. Ich versuche immer wieder mir zu sagen, dass diese Dinge nichts bedeuten - denn die Erinnerung ist im Herzen - und in den kleinen Dingen, die man aufbewahrt. Nicht in einem Schrank, in einem Pullover oder einem Paar Socken. Allerdings gebe ich zu: der Gedanke, dass irgendwann jemand all mein Hab und Gut wegwerfen wird - weil es für ihn keinen Wert hat, der macht es nicht leichter. Ich habe schon mal irgendwo geschrieben, ich werde eine "Mama-Kiste" haben, in der all die Dinge einen Platz finden, von denen ich mich heute nicht trennen kann. Ich fürchte, es wird eine sehr große Mama-Truhe werden.

Weihnachtsdekoration? Ich hatte bisher einfach keine Lust dazu. Lediglich Mamas Grab habe ich dekoriert, unter anderem mit Stoff-Weihnachtssternen (die Pflanzen, meine ich). Die hatte sie jedes Jahr, zuhause und im Büro. Sie hat die kräftige rote Farbe geliebt. Und jetzt, im frisch gefallenen Schnee machen sie sich sehr schön - sie sehen auch wirklich echt aus.

Ich beneide alle, die das Gefühl haben, am Grab einen Kontakt aufnehmen zu können - ich stehe dort immer und komme mir vor wie ein Idiot. Ich weiss nicht so recht was ich eigentlich erwarte, aber es ist einfach nicht dort. Es will sich keine Andacht einstellen, keine Ruhe. Ich denke, für mich ist hier der Weg (zum Friedhof - noch kann ich zu Fuß hingehen) das Ziel.

Liebe Doris,

ich habe von einer Kollegin den Rat bekommen: wenn die Maske bei der Arbeit droht ins Rutschen zu kommen, dann geh auf die Toilette, stell Dich vor den Spiegel und zieh die Mundwinkel hoch bis es weh tut. Ich weiss nicht warum, aber normalerweise singalisiert das Gehirn den Mundwinkeln, wenn es was zum Lächeln gibt. Anscheinend funktioniert das auch ein bisschen umgekehrt. Und ich habs versucht - es hilft, einen Ausbruch zu unterdrücken. Und man fühlt sich dermassen albern dabei, dass manchmal sogar ein kleines Lächeln zurückbleiben kann. Natürlich ändert es nichts an der Situation - aber es erspart einem Erklärungen, die man gerade nicht abgeben möchte. Ich weiss nicht, ob das was für Dich ist - bei mir hilft es nicht gegen die Traurigkeit, aber es hilft ein bisschen gegen die Wut.

Ich möchte Euch gern alle einzeln drücken und jedem sagen "auch Du schaffst es - auf Deine ganz eigene Art und Weise". Und noch "wenn die Weihnachtstage schlimm werden - dann gibt es hier in diesem Forum für jeden Trost und Zuspruch".

Ganz herzliche Grüße an alle,
Andrea
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  #221  
Alt 28.11.2005, 16:37
Wolke Wolke ist offline
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Standard AW: Und nun?

Die Idee mit der Mama-Truhe finde ich total klasse

Ich könnte auch ausrasten, wenn man nicht mal gefragt wird oder nur rethorisch, wie geht es dir? Ja, naja geht so.

Also mir geht ja meine Chefin auf den Kekse bla bla bla

Manchmal würde ich mein Gegenüber gerne schütteln und fragen in welcher Welt es lebt. Aber manchmal rege ich mich auch über Autofahrer auf, die zu blöd zum fahren sind Ich glaub es ist auch nicht einfach es uns immer Recht zu machen. Manchmal möchte ich gefragt werden, wie es mir geht und an anderen Tage, denke ich fragt mich bloß nicht.
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  #222  
Alt 28.11.2005, 16:42
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Und nun?

Meine Lieben,

ich bin verschüttet, liege im Loch wie ganz am Anfang. Bitte seid nicht böse. Ich habe mir im Augenblick eine kleine "Auszeit" gönnen müssen, denn es ging gar nichts mehr. Nur Tränen, Kloß im Hals und Verzweiflung. Ich glaube Claus hat es gespürt, denn irgendwie hat mich heute ein Anruf erreicht, der mich so von Herzen gefreut hat wie schon lange nichts mehr. Könnte zu meinem Mann passen, dass er die Finger im Spiel hat. Niemand anders hätte mich ein wenig rausholen können, aus dem Loch, in dem ich mich nun seit Wochen voll Selbstmitleid fast selbst zerstöre als eben dieser Anrufer.

Ich habe Claus gestern ein Gedicht geschrieben. Als junges Mädchen habe ich öfters geschrieben, dann Jahrzehnte nicht mehr, aber gestern war es wie Seelenbalsam. Vielleicht gefällt es euch ja auch.

Wenn ich doch nur sicher wüsste,
dass es Dir gut geht, dort, wo Du jetzt bist.
So viel leichter könnte ich akzeptieren,
dass Du nicht mehr da bist.

Wenn ich doch nur sicher wüsste,
dass Du mich beobachtest, dort, wo Du jetzt bist,
soviel leichter könnte ich in Deinem Sinne handeln.

Wenn ich doch nur sicher wüsste,
dass Du auf mich wartest, dort, wo Du jetzt bist,
So viel leichter wäre die Zeit der Trennung zu ertragen.

Wenn ich doch nur sicher wüsste,
dass Du mein „ich liebe Dich“ hörst, dort, wo Du jetzt bist
So viel leichter wäre mein Herz,
das erfüllt ist von meiner Liebe zu Dir.

Doch ich weiß es nicht sicher
Und zwischen Hoffnung und Angst schreit meine Seele nach Dir:
Geh nicht weg!
Lass mich nicht alleine!
Ich habe Angst!
Ich brauche Dich!
Ich liebe Dich!

Wenn ich doch nur sicher wüsste,
dass es Dir gut geht, dort, wo Du jetzt bist.

©AndreaS

Eigentlich ist damit alles gesagt, was in mir rumort in der letzten Zeit...
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #223  
Alt 28.11.2005, 16:46
Wolke Wolke ist offline
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Standard AW: Und nun?

Ein sehr schönes Gedicht Andrea.

Ich hoffe, dass du hier wieder schreibst und der Anruf sind der erste Schritt auf dem Weg aus dem Loch.
Aus deinen Zeilen lese ich, dass du schonmal in diesem Loch warst. Also hast du schon mal den Weg herausgeschafft. So wird es auch diesemal sein. Ich wünsche dir dafür viel Kraft.

Wolke
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  #224  
Alt 28.11.2005, 17:17
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Petra_S Petra_S ist offline
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Standard AW: Und nun?

Hallo liebe Andrea,
ich hatte befürchtet, dass es dich erwischt hat, hast du uns doch onst immer so eifrig Mut gemacht und nun Stille....

Danke für dein Gedicht, genau diese schlimmen Zweifel sind es - es braucht wirklich keiner Worte mehr! Aber wir müssen zugeben unsere Lieben haben es schon schwer mit uns, wie sollen sie uns nur EINDEUTIG Zeichen geben, sind wir doch immer in der Angst es falsch zu deuten, uns zu beschummeln, weil wir es so gern hätten...!

Vielen Dank, dass du dich gemeldet hast, für uns ein klein wenig heraus geschaut hast aus dem Loch!!! Ich habe schon oft festgestellt, dass du mir aus der Seele schreibst - ich drücke dich und hoffe du fühlst dich bald wieder etwas besser!

Liebe grüße an alle - Petra
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  #225  
Alt 29.11.2005, 08:36
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Und nun?

Meine liebe Petra,

danke für deine lieben Worte. Angesprungen hat es mich mal wieder ohne Vorwarnung das wilde Trauertier. Aber es ist ok. ich will es hin und wieder fühlen, obwohl es diesmal mehr als an die Substanz ging.
Gärtner war so lieb und hat mir angeboten "aufzuspringen", ich hab es versucht, aber ich glaube ich war eine Weile zu schwer für den Armen, für uns beide hat die Hoffnung nicht gereicht. Aber inzwischen geht es wieder ein wenig besser, ich fange wieder an zu "atmen".
Ich habe das Gefühl, dass es eigentlich in Wirklichkeit mein erstes Weihnachtsfest, mein erster Jahreswechsel sein wird. Ich glaub im letzten Jahr stand ich irgendwie unter körpereigenen Drogen (Tabletten hab ich immer in der Tasche gelassen, wusste von Anfang an, dass ich es "aushalten" muss, damit ich geheilt werde.) In diesem Jahr ist mir alles viel bewusster, die Wartezeit ist zu lang, er kommt nicht mehr. NIE mehr, jedenfalls nicht in diesem Leben.

Tja und Susanne hat mich auch zum Nachdenken gebracht. Die einzelnen Punkte, die Vergleiche, es ist in meinem Kopf vorbeigezogen und ich habe mich gefragt: Wie ist es bei dir? Nun, genau weiß ich es nicht. Bin ich stark? Vielleicht! Aber nicht wirklich. Meine Maske sitzt meistens. Aber wehe, mir wird bewusst, dass die starken Arme und die warmen Hände fehlen, die mich aufladen. Tja, dann passiert eben das, das "Tier" hat leichte Angriffsfläche.

Wir sind hier eine Gemeinschaft. Jeder geht mit der Trauer anders um. Susanne hat es geschrieben. Hier muss Platz sein für alles. Und dennoch erwische ich mich dabei, dass ich "werte" - vielleicht ist es Neid. Ich kann mich nur einbringen dort, wo ich verstehe. Dort wo ich den Schmerz fühle, den tiefen grausamen Schmerz. Dabei ist es egal, wer der Mensch ist, der verloren ist. Kind, Mutter, Vater, Bruder oder Ehemann. Dort wo ebenfalls Zeit gebraucht wird, loszulassen, wo es nicht so schnell geht. Ich habe Probleme damit, wenn Ruck Zuck zur Tagesordnung übergegangen wird. Nach dem Motto: Mein Mann ist tot, es lebe der Neue! Und das ist der Punkt, an dem ich mit mir selbst ins Gericht gehe: Wer bin ich, dass ich es bewerte? Ist meine Liebe wirklich tiefer? Wieso spiele ich den Moralapostel, ausgerechnet ich, wo ich doch weiß, dass Trauer so viele Gesichter hat, dass jeder anders damit umgeht. Mir steht es nicht zu, zu "verurteilen"

Und dann lese ich Susannes Zeilen. Kübler Ross ist mir natürlich auch ein Begriff, auch ich habe gelesen, auch die Zeilen, dass man vor allem sich selbst verzeihen muss. Und das ist der Punkt! Liegt es wohlmöglich daran? Kann ich mir verzeihen? Ich habe einige Fehler gemacht und ich quäle mich sehr damit, obwohl eigentlich (und das sollte doch ein Trost sein) über alles gesprochen wurde. Wir waren miteinander im Reinen. Und dennoch. Meine Schuld drückt mich, ich hätte "perfekt" sein können und habe es vergeigt. Ist es das, weshalb ich Probleme mit den Frauen habe, die so schnell einen neuen Partner finden? Möchte ich wenigstens die "perfekte Witwe" sein? Ist es eine selbst auferlegte Strafe?

Und gleichzeitig kommen neue Vorwürfe: Willst du so dein Leben weiterleben? Willst du es weiterhin "wegwerfen" Tag für Tag? Wofür gebrauchst du deine Energie?

Auch während der Krankheit. Ich habe nichts getan, als ihn unsagbar zu lieben. Ich habe verdrängt. Ich wollte nicht sehen. Ich wollte nicht akzeptieren. Warum habe ich ihn nie gefragt, ob er Angst hat? Ich konnte ihn nicht sanft "schubsen" Ich habe immer nur gesagt: Wenn du wieder gesund bist". Nein, ich habe ihn nicht wirklich begleitet. Und ich frage mich, ob er nicht als gedacht hat: Was hab ich nur für eine dumme Frau! Ich habe den Ärzten vertraut - ich habe gespürt, dass der Onkologe ein - das darf ich jetzt wohl nicht öffentlich posten. Aber wenn ich ihn jemals nochmals sehen werde, möchte ich ihm sagen, was ich von ihm denke! Ich hatte nicht die Power, mich nach einem anderen umzusehen. Ich habe vertraut. Ich dachte, er soll medizinisch kompetent sein, ob er dir sympathisch ist, ist zweitrangig. Stimmt das? Hat er meinem Mann nicht doch den Todesstoß versetzt, als er ihm sagte: Sie sollten an den Flughafen fahren und noch einmal in Urlaub fliegen. Vielleicht kommen sie ja dann zu Kräften. Ich könnte heute noch schrein, wenn ich an diesen Satz denke. Klar, ein Mann, der sich kaum auf den Beinen halten kann, kauft ein Ticket und fliegt in den Süden. Aber ich hatte nicht die Energie, nach Alternativen zu suchen. Ich habe versagt. Oder habe ich doch in seinem Sinn gehandelt? Wäre es nur aufgeschoben gewesen? Stünden wir heute nicht doch dort, wo wir stehen? Ich weiß es nicht! Ich weiß es einfach nicht.

Und manchmal brülle ich ganz laut mit, wenn Juni (glaub ich) singt: Warum, warum ist doch egal!

Und jetzt, wo ich so weit unten war, konnte mein Mann es wohl nicht mehr ertragen. Ich weiß, dass er mir verziehen hat, ich weiß, dass es für ihn ok. war. Ich weiß, dass er - wenn es ihm möglich war - diesen Anrufer veranlasst hat, den Hörer in die Hand zu nehmen. Mir stellvertretend die Hand zu reichen und zu sagen: Ich bin da, wenn du mich brauchst. Und wenn es auch nur ein Telefonat war, vielleicht eine viertel Stunde lang. Der Druck hat endlich aufgehört, es war als hätte ich den "Segen" von Claus. Dieses erleben dürfen, dass auf unserem Weg durch die Trauer wirklich alles möglich ist. Die "Freunde", die sprachlos sind, die die Seitenstraße wechseln und ihre Geburtstagsfeiern im Geheimen abhalten. Aber auch die, die plötzlich nach Monaten anrufen, einfach so und die es wirklich interessiert, wie es mir geht. Ohne etwas zu wollen, ohne einen Vorteil - vielleicht sogar im Gegenteil - die mir sagen: Bitte ruf doch an, wenn du Hilfe brauchst. Du solltest doch wissen, dass ich für dich da bin. Nun, demnächst werde ich Geglegenheit haben zu erklären, wieso ich es NICHT wissen konnte. Wieso ich NICHT damit rechnen konnte, dass jemand wirklich hören möchte, was ich zu sagen habe...

Wie war das mit dem Tapferkeitsorden? Hiermit verleihe ich ihn an alle, die meinen Seelenmüll ertragen haben.

Euch allen ein wenig Sonnenschein für den heutigen Tag, der ein weiterer auf unserem steinigen Weg ist.

Ich brauche euch und bin froh, dass es euch gibt!

LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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