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  #1  
Alt 21.04.2013, 21:36
Grisu62 Grisu62 ist offline
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Standard Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Vorgestellt habe ich mich ja schon, deshalb hier nur kurz das Wichtigste nochmal: mein Mann hat Lungenkrebs, Stadium IIIb bis IV. Der Tumor ist inoperabel. Die medizinische Versorgung und Betreuung funktioniert aber super gut. Wir fühlen uns gut aufgehoben.

Mir geht es hier aber auch um etwas ganz anderes - um einen höchst egoistischen (oder besser vielleicht egozentrischen) Blickwinkel: ich habe in den letzten sechs Monaten keinen Weg für mich gefunden, mit dieser schwebenden Ungewissheit umzugehen, die mit der Diagnose in unser Leben gekommen ist.

Mir ist klar, dass eigentlich nichts berechenbar ist in unserem Leben, dass jede Sekunde alles durch einen Unfall oder andere Katastrophen auf den Kopf gestellt werden kann. Aber im Normalfall blenden wir das doch alle aus und machen Pläne: für das nächste Wochenende, für den Sommerurlaub, für den anstehenden runden Geburtstag, die Schulentlassung des Kindes ... all das haben wir auch gemacht. Und jetzt gilt nichts mehr davon. Die Ärzte äußern sich (aus verständlichen Gründen) nicht dazu, wie lang der gemeinsame Weg noch dauert. Es geht meinen Mann trotz Chemo und Bestrahlung gut, wir sind aktuell in dem, was wir unternehmen wollten, nicht eingeschränkt. Trotzdem leben wir wie "zwischen den Welten", weil selbst kurzfristige Planungen nicht möglich sind bzw. wir uns nicht trauen ?! Mein Mann lässt sich gedanklich auf nichts ein, das auch nur den Hauch zukunftsorientiert ist. Das geht soweit, dass er, der immer gern gehandwerkelt hat, nicht mal mehr kleine Arbeiten am Haus oder im Keller erledigen oder in Angriff nehmen will.

Für mich wird es aber zunehmend schwerer, es auszuhalten, dass ich nicht weiß, wie lange dieser Schwebezustand dauert.

ich bin eher der Typ Mensch, der Schwierigkeiten, wenn er sie denn kommen sieht, handfest anpackt und nach Lösungen sucht. Jetzt sehe ich die (bisher unvorstellbare) Situation vor mir, dass mein Mann nicht mehr an meiner Seite ist, und möchte, um der Verzweiflung Herr zu werden, am liebsten in hektischen Aktionismus verfallen, um es für mich erträglicher zu gestalten oder wenigstens überhaupt irgendwie erfassen zu können. Das ist aber völlig unmöglich, denn ich kann meinem Mann doch nicht unter die Nase reiben, dass ich mein Leben ohne ihn plane. Also lasse ich es, versuche mit ihm im Hier und Jetzt zu bleiben, und merke, wie mich diese fehlende Zukunftsperspektive abwechselnd traurig, verzweifelt und zornig macht.

Vielleicht ändert sich das, wenn es ihm irgendwann schlechter geht. Vielleicht fokussiert sich das Leben dann auf die Augenblicke, die wir beieinander sind. Aber im Moment frisst mich das schlechte Gewissen über diese Gedanken an die Zeit nach ihm und die gleichzeitig verspürte Hilflosigkeit im Heute gerade zu auf.

Wie löst ihr als Angehörige dieses Dilemma ?
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  #2  
Alt 22.04.2013, 09:32
Bremensie Bremensie ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Hallo Grisu,
deine Gedanken sind durchaus normal. So eine Krebserkrankung wirft nicht nur den Patienten sondern auch den Angehörigen aus der Bahn.
Vieleicht hilft es wenn ihr/du nur für einen kleinen Zeitraum Pläne macht. Das heißt vielleicht kannst du mit deinem einen Plan machen was ihr am nächsten Tag unternehmen könnt. Also erstmal von Tag zu Tag planen.
Lasss dich einmal ganz doll drücken und ich wünsche dir und deinem Mann ganz viel Kraft für die kommende Zeit.
__________________
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens.
Jedes Leben der Anfang der Ewigkeit.
(Rainer Maria Rilke)
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  #3  
Alt 22.04.2013, 12:00
Benutzerbild von carlchen
carlchen carlchen ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Liebe grisu,
was soll ich dir schreiben, was dich aufbaut?
Ich weiß es nicht. Wir haben einiges gemeinsam. Ich kenne meinen Mann auch seit über 30 Jahren und glaubte wie so jeder mit ihm alt zu werden.
Es gab auch Jahre da hätte ich sonst wo hin gewünscht.
Seit gut einem Jahr ist mein Leben nicht mehr planbar und wo ich doch Pläne so liebe. Hinzu kommt mein Leben ist etwas chaotisch, jede Woche ein neues Problem, aber irgendwie hat sich alles irgendwie gegeben und auch habe ich mittlerweile erkannt ich bin nicht allein, irgendwie gibt es Menschen die einem helfen.
Wie heißt es so schön carpe diem - nutze den Tag?
Nicht drüber grübeln was kommen mag, es bringt wenig, außer schlaflose Nächte, Bluthochdruck, Augenringe von zu vielen Heulen.
Ich wünsche dir viel, viel Kraft.
carlchen
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  #4  
Alt 23.04.2013, 17:24
Kaffeemaschine Kaffeemaschine ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Liebe Grisu,

dieses „zwischen den Welten”-Gefühl kenne ich gut. Ich komme mir zynisch vor, wenn ich über Pläne für die Zeit ohne meinen Vater mache.. denke aber trotzdem darüber nach. Es ist menschlich. Dieses „was mache ich, wenn” hilft mir, mich innerlich vorbereitet zu fühlen. Ein bißchen hilft mir, doppelt zu planen: wenn es ihm die nächsten Tage stabil geht, mache ich A. Sollte es ihm schlechter gehen oder er diese Zeit nicht überleben, werde ich mich um B kümmern. Fühlt sich ein wenig schizophren an, gibt mir aber etwas Rückhalt in dieser unplanbaren Situation.

Daß Dein Mann nun so gar nichts mehr planen oder anfangen möchte, macht es sicher besonders schwer. Kannst Du ihn darauf ansprechen? Nicht einfach, so ein Gespräch.. ich könnte mir aber vorstellen, daß es für ihn auch eine Erleichterung bedeutet, z. B. laut zu sagen „ich sehe gar keinen Sinn darin, Dinge anzufangen, ich habe Angst, sie nicht mehr beenden zu können.”

Vielleicht ändert sich seine Haltung auch nach einer Zeit und es entspricht ihm gerade jetzt, sich auf sich zurückzuziehen und sich nicht mit Plänen (Verpflichtungen?) zu belasten?

Ich finde es gut, wie Du versuchst, mit Deinem Mann im Hier und Jetzt zu leben und ihm mit Pläneschmieden nicht weh zu tun!
So hart das ist, Du bist als Angehörige in einer anderen Situation als Dein Mann und denkst über andere Dinge nach als er, und ich finde, das ist Dein gutes Recht. Du wirst sicher manchmal über Therapien und Hilfestellung für ihn nachdenken, wenn er dazu gerade psychisch oder körperlich nicht in der Lage ist. Und manchmal wirst Du eben über ein Leben ohne ihn nachdenken. Das heißt ja nicht, daß Du Dir ein Leben ohne ihn wünschst. Gedanken sind auch ein Experimentierfeld.. Dein Handeln ist das Entscheidende für Euer gemeinsames Leben! Ich bin sicher, da vermittelst Du Deinem Mann all die Zuversicht und Unterstützung, die ihm guttut!
Ich weiß nicht, ob ich richtig verstanden habe, was Du meinst, und ob Du mit meinen Gedankengängen was anfangen kannst..
Liebe Grisu, Du bist nicht allein, ich wünsche Dir ganz viel Gelassenheit und Stärke!

Euch beiden von Herzen alles Gute
Kaffee
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  #5  
Alt 23.04.2013, 22:26
sanna53 sanna53 ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

hallo! ich versteh schon, was du meinst. ich habe immer versucht, meinem mann eine art von "zukunft" zu bieten. heute, nachdem er verstorben ist, denke ich, ich hab halt in ihm reingeredet. er wusste genau was kommt und hat sich seine eigenen gedanken gemacht. natürlich hab ich ihm nie die hoffnung auf ganz gesund werden genommen, das wäre grausam. jeder mensch denkt und plant für sich, der eine malt sich sein leben so aus, der andere so. meiner hatte zig pläne nach der therapie im kopf..... lass ihn sein leben leben, man weiss eh nicht nicht wie es endet......liebe Grüsse-sanna
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  #6  
Alt 25.04.2013, 10:54
Grisu62 Grisu62 ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Danke für eure lieben Worte...

Kaffee hat es auf den Punkt gebracht mit einem Satz: ich habe das völlig irrationale Gefühl (und deshalb ein unglaublich schlechtes Gewissen), dass wenn ich über ein Leben ohne meinen Mann nachdenke, irgendwie beschleunige, dass dieser Zeitpunkt kommt - als würde ich es mir herbeiwünschen...es geht mir eher darum, das tiefe schwarze Loch, das ich da vor mir sehe, ein ganz kleines bisschen erträglicher zu denken, indem ich den schlimmsten Gespenstern, die da auf mich warten, den Schrecken nehme...das geht nur, wenn ich sie mir heute gelegentlich schon mal anschaue...

In den Tag hineinleben, ohne an morgen zu denken, fällt mir schon in guten Zeiten schwer - jetzt ist es eine immense Herausforderung.
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  #7  
Alt 25.04.2013, 21:05
sanna53 sanna53 ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

hallo! wahrscheinlich liegts daran, dass man auch Angst davor hat, dass zum einen der partner noch viel leid durchmachen muss- das will man ihm und sich selbst ersparen, zum anderen sind diese gedanken doch normal. ich hatte sie auch, als ich die prognose meines mannes wusste, hatte auch ein schlechtes gewissen dabei, so in die richtung mein leben geht weiter, seins wahrscheinlich nicht. dass man sich drüber gedanken macht, was danach kommt ist doch legitim. so, mein kleiner beitrag zu deiner situation. sanna
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  #8  
Alt 25.04.2013, 22:01
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Morgana Morgana ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Liebe Grisu,
mein Mann ist im August 2008 gestorben.
Jaa...dieses irrationale Gefühl, von dem Du schreibst, dieses schlechte Gewissen...das kenne ich auch - als ich in "dieser Zeit" ehrlich in mich hineingehorcht habe.
Jaa... ich finde es ist ein guter Gedanke, "dieses tiefe schwarze Loch" was Du vor Dir siehst - zu Recht - erträglicher zu machen.
Nein...wie "es sein wird"...das wirst Du erleben...doch: Einmal "durchspielen" habe ich als sehr hilfreich empfunden!
Gut, den "schlimmsten Gespenstern" einfach mal Paroli zu bieten!

Ich habe damals gelernt, jeden Tag "einzeln" zu leben...und irgendwo ein Fitzelchen Schönes hervorzuholen...Mache ich auch heute so.
Ich...habe den Partnerverlust leider schon zum 2. Mal erleben dürfen...
Nein...ich war nicht "besser vorbereitet" beim 2. Mal...

Alles Gute
von Morgana
__________________
Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten.
[Indianische Weisheit]
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  #9  
Alt 12.05.2014, 14:07
Marmot Marmot ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Hallo Ihr Lieben,

heute war mein Schatz dann endlich beim Ultraschall; die Ärztin meinte, es ist nur Wasser im Bauch, von Metastasen hat sie nicht gesprochen! Ich nehme das jetzt einfach als gutes Zeichen und nicht als "Illusion lassen" hin!!!

Sie hat ihm Wassertabletten gegeben und angeboten, dass er jederzeit zum Punktieren in die Praxis kommen kann. Dies möchte er aber noch nicht, sondern versucht es jetzt mit den Tabletten und Geduld.

Die Ärztin meinte auch, dass der Bauch vom Proteinmangel kommen kann, da er ja so abgemagert ist, wie bei unterernährten Kindern zum Beispiel. Ich soll nun diese Sportler-Eiweiß-Drinks o.ä. besorgen, womit ich dann wieder vor dem Problem stehe, dass er das ja alles nicht essen und trinken mag... Aber ich probiere es noch einmal.

Seit meiner "Hausaufgabe" vom Psychologen bin ich nur am Weinen bei jeder kleinen Erinnerung und ALLES erinnert ja an ihn und unsere wunderschöne gemeinsame Zeit. Ich habe keine Ahnung, wie man Trauer überleben soll, aber irgendwie muss es ja gehen.

Auf jeden Fall nehme ich seit heute dann auch die Cita`s, weil ich aus dem Weinen gar nicht mehr richtig rauskomme... Hilft ja nichts.

Allen einen hoffnungsvollen Tag ohne schlechte Nachrichten!!!

Liebe Grüße
Marmot
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  #10  
Alt 13.05.2014, 07:14
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RudiHH RudiHH ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Hallo Marmot
Man echt das tut mir so Leid für euch.
Wir haben hier noch eine Dose Protein 88 stehen meine Liebe braucht die ja auch ab und an mal, ich mische das ins Essen dann merkt sie es nicht.

Ich hoffe so für euch und sende euch viel Kraft, Hoffnung und Liebe Gedanken.

Allen hier Trost und Glück, Hoffnung und Kraft für euren Tag.
__________________
.
Rüdiger
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Gott gebe uns Gelassenheit, hinzunehmen was nicht zu ändern ist, Mut zu ändern was man ändern kann und Weisheit zwischen beiden zu unterscheiden.

Wir werden Kämpfen!
Denn wer nicht mal versucht zu Kämpfen, hat schon verloren. Herr gebe uns Kraft und lasse uns verstehen.
http://krebs-infozentrum.de/index.ph...sch-Nein-BSDK/
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  #11  
Alt 13.05.2014, 09:43
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buffy197111 buffy197111 ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Guten Morgen,

@Marmot: dann bleibe bei der Theorie, dass da keine Metas im Bauchraum sind. Ich war ja nur zweimal beim Onkopsychologen, aber so tiefgreifende Gespräche habe ich da nicht geführt, deswegen hatte ich das Gefühl, zum Psychologen zu gehen bringt mir nichts.

@Rudi: die Idee Proteine unters Essen zu mischen, ist gut. Werde ich dann wohl auch mal machen.

Ich fliege ja am Freitag, diesmal mit sehr gemischten Gefühlen, obwohl es meinem Mann ja eigentlich recht gut geht. Aber irgendwie lasse ich ihn diesmal nicht gern allein, aber mitkommen wollte er ja leider nicht, er ist ja nicht so urlaubsfanatisch wie ich.
__________________
Tobias Müller 27.12.1982 - 29.09.2014
Engel leben ewig, Helden sterben jung!

Geändert von gitti2002 (19.08.2014 um 14:59 Uhr) Grund: angesprochener User hat Text aus seinem Beitrag gelöscht
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  #12  
Alt 14.05.2014, 11:02
Grisu62 Grisu62 ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Guten Morgen Ihr Lieben,

dieses Mal waren es keine neuen schlechten Nachrichten von meinem Mann, die mich in den vergangenen Tagen "ausgeknockt" haben, sondern das Bangen mit einer lieben Freundin, die ein paar Tage mit dem Damoklesschwert "Brustkrebs" ausharren musste, bevor gestern endlich das befreiende Ergebnis der Biopsie kam... außerdem hat mein Zahnarzt am Montag beschlossen, dass mein Oberkiefer nochmal aufgeschnitten werden muss - nein, die Details erspare ich euch, aber eine dicke Backe und Fäden von vier Stichen machen das Essen noch etwas mühselig.

Beim meinem Mann ist das Thema "Essen" ist zum Glück kein Problem ... er hatte zwar in den Monaten vor der Diagnose rapide abgenommen bis 66 kg (bei 1,78 m), aber seither wieder zugenommen auf zuletzt 74 kg. Daran ist dann wohl in erster Linie das Cortison "schuld", das er ja immer wieder und auch derzeit nehmen muss, und das sehr appetitanregend wirkt. Aber ich bin heilfroh, dass er nach wie vor gut isst, ohne dass ich hinterher sein muss. Das wäre nämlich schwierig, da ich ja tagsüber nicht zuhause bin...

Das Cortison hat noch einen weiteren Nebeneffekt, der mir weniger gut gefällt: durch die aufputschende/anregende Wirkung neigt mein Mann dazu, sich schnell zu übernehmen. Er hat kein echtes Gefühl dafür, was er sich zumuten kann oder darf und ist dann schnell über seine Belastungsgrenze hinaus, was immer wieder zu Situationen führt, die mitunter nur schwer erträglich sind. Er wird dann sehr kurzatmig und muss sich sofort hinlegen. Oder er kommt die Treppe aus dem Keller fast nicht mehr hoch, weil die Kraft und die Luft fehlen. Oder er muss mitten im Kochen aufhören, weil er nicht mehr stehen kann... Wenn ich dann schimpfe und sage, er soll sich seine Kraft doch für schöne Dinge schonen oder zumindest besser einteilen und die Laufwege mir überlassen, kriege ich zur Antwort "es kann doch nicht sein, dass..."

Deine Beschreibung des dauernden Abschiednehmens trifft es genau ... und ich muss leider sagen, dass ich - anders als mancher es mir sagt - nichts "dazu bekommen" habe. Wir sind uns nicht näher gekommen oder offener im Umgang geworden ... wir leben seit 30 Jahren miteinander und es hätte dieser Mist-Krankheit nicht bedurft, damit wir uns einander zuwenden... Es ist wie es ist, aber ich kann der Situation wirklich gar nichts Gutes abgewinnen. Ich kann bzw. wir können nur das Beste aus dem Schlechten machen...

@ Mel, ich wünsche dir wunderbare Urlaubstage, lass dein "Bauchgrimmen" nicht überhand nehmen.

@ Marmot, eine Freundin von mir (und Ärztin) hat mal sehr weise vom "Recht auf Nichtwissen" gesprochen. Das habe ich am Anfang nicht verstanden - inzwischen gebe ich ihr recht. Manchmal ist die Situation leichter zu ertragen, wenn man nicht alle Details kennt - es reicht, wenn man um das große Ganze weiß...

@ Rudi, lieben Dank für deine guten Wünsche, die du uns hier immer hinterlässt... dein Alltag ist ja nun auch alles andere als leicht...

@ Klesi, wie sieht es bei euch aus ?? Kann es dabei bleiben, dass dein Mann am Donnerstag oder Freitag nach Hause kommt ?

Da wir hier gerade einen blauen Himmel mit strahlender Sonne haben, packe ich davon mal eine dicke Portion rein - sie soll euch wärmen und uns alle daran erinnern, dass auf Regentage ...

Liebe Grüße
Grisu
__________________
"Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewißheit, dass etwas einen Sinn hat, egal wie es ausgeht." (Vaclav Havel)

Geändert von gitti2002 (19.08.2014 um 15:00 Uhr) Grund: angesprochener User hat alle eigenen Beiträge gelöscht
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  #13  
Alt 14.05.2014, 11:49
Benutzerbild von phoenix02
phoenix02 phoenix02 ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Hallo Grisu,
ich muss Dir da voll und ganz recht geben. Auch ich bin mit meinem GÖGA seit mehr als 30 Jahren zusammen und zwar Glücklich ohne Streitereien oder Unstimmigkeiten. Erst seit der Krankheit gibt es manchmal, ich kann es nicht Streit oder böse Worte nenne, aber die Stimmung ist angespannt. Ich habe die Krankheit auch nicht zum Wahrnehmen von glücklichen Momenten gebraucht oder damit wir uns wieder näher kommen. Wir waren und sind uns einander Nahe. Damit wir uns umeinander kümmern hätte ein Schnupfen gereicht und nicht dieser Mist erst bei mir und nun bei meinem Mann.

Zu mir hat auch mal eine Psychologin in der Reha gesagt, das das "Nicht wissen wollen" von Details beim Überleben dieser ganzen Situation helfen kann.
Komisch, bei mir wollte ich immer Alles und in Aller Klarheit wissen, nur damit konnte ich umgehen.
Bei meinem Mann habe ich immer Angst vor den Arztgesprächen. Ich will gar nicht wissen was noch auf uns zukommen kann oder wie lange noch.
Das ist die Vogelstraußtaktik, aber sonst drehe ich noch durch.

Das in dieser Runde immer mal wieder von Zahnproblemen oder Rückenschmerzen erzählt wird, ist auch kein Wunder.
Bei dem ganzen "Die Zähne zusammen beissen" und "Kopf hoch" sind Schmerzen in diesen Bereichen nix ungewöhnliches und zwar "Echte, also mit Hintergrund bei den Zähnen oder dem Rücken" wie auch Psychosomatischen die Ihren hintergrund in der demolierten Psyche haben (Wobei letztere nicht weniger schmerzen)

Ach so, die Sonnenstrahlen sind hier in BW angekommen, nur die Temperatur liegt zurzeit bei schlappen 7°. Eben richtige Eisheilige eben.

Liebe Grüße, eine große Schippe Sand und viele

phoenix
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  #14  
Alt 24.07.2014, 13:44
Koki Lieblich Koki Lieblich ist offline
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Hallo,

ich kann eure Situtaion so verstehen und fühle mit euch. Meine Mama ist an Blasenkrebs erkrankt und eine Heilung ist nicht mehr möglich. Nur unser Glaube kann uns noch helfen. Gestern haben wir ein Grab aufgesucht in Leutkirch von einem Heiligen Pfarrer. Dieser Pfarrer musste schon einigen kranken Menschen früher wie heute nach seinem Tod geholfen haben. August Hieber ist sein Name.Uns hat dieser Besuch etwas kraft gegeben. Ich weiß nicht ob das für euch der richtige Weg ist. Eins weiß ich sicher als ich dort war, wurde ich auf einmal ruhiger und ging mit einem besseren Gefühl nach Hause.

herzliche Grüße Koki Lieblich
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  #15  
Alt 24.07.2014, 14:35
Naira Naira ist offline
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Standard AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf

Liebe Klesi,

mein herzliches und aufrichtiges Beileid. Ich hoffe, Du kannst Deine Stärke behalten. Ich wünsche Dir das so sehr.

Liebe Marmot, wie geht es Euch heute? Deine Geschichte mit dem Motorrad hat mich umgehauen. Sie hat mich so gerührt. Sie hätte von meinem Mann kommen können.
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