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  #16  
Alt 26.07.2009, 13:55
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

hallo, ich glaube, das es unterschiede bei selbstmörderInnen gibt: die einen, die psychisch krank sind, und deshalb suizidgefährdet sind (weil sie das LEBEN nicht "aushalten"), und andere, die in notlagen suizidal handeln (weil sie die SITUATION/ verzweiflung nicht aushalten).

wie auch immer: es ist kaum möglich, gefährdete davor zu bewahren, manchmal gibt es keine "vorzeichen".
ich persönlich hatte zwei solche menschen in meinem umfeld und habe sie einerseits verstanden und andererseits auch nicht. mir tun auch immer die menschen leid, die diese menschen leblos auffinden oder wenn andere menschen mit reingezogen werden (lokführerInnen, autofahrerInnen, erweiterter suizid etc.). aber das ist wieder ein ganz anderes thema.

ich denke, dies hier ist in erster linie ein persönlicher trauer-thread und für grundsatzdiskussionen wäre ein anderer angebrachter. deshalb ende ich hier mit meinen meinungsäusserungen.

mit mitfühlenden grüssen an die hinterbliebenen!

vg, vintage
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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  #17  
Alt 26.07.2009, 15:29
Mae-Geri Mae-Geri ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Twinkle,

erstmal möchte ich Dir mein Mitgefühl zum Tod Deines Vaters aussprechen.

Ich schreibe schon etwas länger nicht mehr hier, aber zu diesem Thema würde ich mich doch gerne äußern. Leider ist Suizid kein gesellschaftliches Thema. Du wirst immer wieder merken, dass Du für andere Gesprächsstoff bist bzw. Dein Vater. Das tut weh, wird nach der Zeit aber weniger.

Als ich 14 war nahm mein Onkel sich das Leben. Er war damals 28 Jahre alt und hatte einen 3jährigen Sohn. Die Mutter des Kindes war 6 Wochen nach der Geburt gestorben (natürlicher Tod). Mein Onkel hat alles für seinen Sohn getan sich liebevoll um ihn gekümmert, aber da gab es scheinbar auch Sorgen und Nöte mit denen er nicht klar kam. Er trat aus dem Leben und hinterließ sein Kind. Die Gründe die er in seinem Abschiedsbrief angegeben hat befriedigten uns Angehörige nicht. Es war nichts was man nicht hätte lösen können.
Mein Vater hat seinem Bruder diesen Schritt glaube ich nie verziehen. Aber ob verstehen, verzeihen oder was auch immer. Du wirst nicht darum kommen, den Suizid Deines Vaters zu akzeptieren. Trauer um ihn. Du hast einen schweren Verlust erlitten. Übrigens gehören Fragen wie Warum?, oder auch Wut, weil Du Dich allein gelassen fühlst zum Trauerprozess. Sie sind natürlich.

Wie auch hier, wirst Du eventuell in Deiner Umgebung unterschiedliche Meinungen hören aber reduzier Deinen Vater und Deine Gefühle zu ihm nicht auf den Suizid. Das hat er wohl nicht verdient.

Ich habe irgendwann akzeptiert, dass mein Onkel den Freitod gewählt hat. Verstehen tu ich es bis heute nicht wirklich. Aber er hat ihn mir einen berechtigten Platz und ich tabusiere es heute auch nicht mehr.

Vor fast einem Jahr hat sich unsere lieben Nachbarin das Leben genommen. Aufgrund Ihrer Vorgeschichte, die erst jetzt nach und nach rauskam muss sie wohl als psychich krank und suizidgefährdet eingestuft werden. Wir haben es nicht gemerkt. Letztendlich war es aber auch ihr Weg den sie gegangen ist.

Suizid ist immer eine Entscheidung, manchmal auch eine kurzfristig Getroffene. Aber egal unter welchem Hintergrund sie getroffen wurde, so ist es ein Stückchen schwerer für die Angehörigen. Uns fehlt einfach die Akzeptanz. Wir können nicht mit dem Schicksal hadern wie wir es mit einer Erkrankung oder einem Unfall tun könnten. Und manchmal fühlen wir uns schuldig. Manchmal haben wir das Gefühl wir dürften gar nicht trauern... Und doch dürfen und müssen wir das.



Liebe(r) Blaues Meer,

auch Dir möchte ich Beileid zu Deinem Verlust den Du offensichtlich erlitten aussprechen. Ich denke, es ist noch nicht zu lange her und ich fürchte, Du wirst einige Erfahrungen in der Akzeptanz Deines Umfeldes - gepaart mit Deinem eigenen Gefühlschaos gemacht haben. Das tut mir sehr leid.

Ich hoffe sehr, dass Ihr Beide einen für Euch gehbaren Weg mit eben dieser Situation findet (und auch wenn es wie eine Floskel klingt ist es genauso gemeint).

Lieben Gruß
Sandra
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Danke!!!
PeLo 13.04.1948 - 09.10.2007
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  #18  
Alt 26.07.2009, 17:06
Mapa Mapa ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Twinkle,
zunächst mein aufrichtiges Mitgefühl zum Tode Deines Vaters. Ich kann sehr gut verstehen, dass es Dich sehr belastet, dass er nicht wenigstens ein paar Zeilen hinterlassen hat. Vielleicht ging er davon aus, dass Ihr es nachempfinden könnt, dass er es vorgezogen hat, diesen Weg zu wählen, anstelle irgendwann an der Krankheit oder den Therapie-Nebenwirkungen zu sterben. Ich denke nicht, dass er überhaupt bedacht hat, was er bei Euch mit seiner Wahl bei Euch auslöst und ich denke vor allem nicht, dass er Euch irgendwie wehtun wollte.
Ein paar Worte noch an Blaues Meer: Mit welcher Berechtigung gibt es eigentlich immer wieder Menschen, die sich anmaßen, angeblich zu wissen, was für andere gut oder schlecht ist, was richtig ist oder falsch? Es mag Ausnahmen geben, bei tatsächlicher Krankheit, z. B. schweren Depressionen, die erste Zeit nach einem schweren privaten Vorfall, usw. Aber allgemein gesehen hat jeder das uneingeschränkte Recht, über sein Leben selber zu bestimmen. Und wenn ich schon wieder lese von irgendwelchen "so wunderbaren" Psychiatriemaßnahmen, dann platz mir die Hutschnur. Der größte Teil dieser ach so herrlichen Psychiatrie-Mannschaft ist selber nicht ganz "Herr der Sinne" und meint mit seinem angelernten "Fachbuch-Wissen" die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben. Ich bekomme das hier immer wieder hautnah mit: Bei jedem Problem zublockern mit Antidepressiva oder Transqualizern, ganz egal ob Vogelphobie oder schwere Depression, Waschzwang oder Trauerproblemen. Vielen Dank, darauf kann ich verzichten. Ich frage mich, wo die allwissenden Leute denn sind, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Wo sind sie denn bei den Problemen, die man, wie Mae Geri schrieb, hätte lösen können? Ist es heute nicht eher so, dass jeder sich nur noch um sich selber kümmert und den Blick für das Leid der Menschen um sich verloren hat? Wie sonst erklärt man es sich, dass, eben gerade auch bei Krebskranken, plötzlich der Freundeskreis immer kleiner wird und sich viele total zurückziehen. Oder dass z. B. Hinterbliebenen so wenig Verständnis entgegen gebracht wird? Wer (Ausnahmen bestätigen die Regel!) will denn schon vom Leid der anderen hören? Nein, da fixieren wir doch lieber jemanden ans Bett, weil er nicht gemerkt hat, wie dankbar er sein muss, dass er leben darf! Seine Probleme sind ja alle so leicht zu lösen! Ich denke auch nicht, dass es richtig ist, wenn man immer davon spricht, dass jemand zum Leben zu feige ist, wenn er den Freitod wählt. Ganz im Gegenteil. Wie verzweifelt muss jemand sein, der das tut? Und ganz bestimmt ist er vorher in Gedanken alle anderen Möglichkeiten durchgegangen. Liebe Twinkle, Du musst Dich auch auf keinen Fall schämen, die Tochter eines Selbstmörders zu sein. Warum auch? Schämen sollen die sich, die der Meinung sind, dass Du Dich dafür schämen müsstest.
Liebe Grüße,
Mapa
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  #19  
Alt 26.07.2009, 17:12
lyra lyra ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Mapa, damit sprichst Du mir aus der Seele- ich glaube, die Explosion war überfällig- wenn nicht von Dir, dann von mir oder Geske oder auch Dir, liebe Twinkle- ich möchte nicht, daß bei Dir der Eindruck entsteht, wir diskutieren hier über Deinen Kopf hinweg.
Danke.
Liebe Grüße
Lyra
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  #20  
Alt 26.07.2009, 21:52
twinkle80 twinkle80 ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

@Blaues Meer: auch wenn Du das selbe mitgemacht hast. Für mich bist Du eine Außenstehende, so wie jeder andere hier auch.
Erst löscht Du alle Deine Beiträge in meinem Thread und dann wird sich wieder eingemischt.

Sicherlich mag es richtig sein, dass psychisch labile und kranke Menschen medikamentös behandelt und vielleicht auch zeitweise vor sich selbst geschützt werden müssen.
Aber mein Vater war weder labil noch psychisch krank.
Er konnte lediglich nicht mehr diese unsagbaren Schmerzen, die einfach nicht in den Griff zu kriegen waren, ertragen.
Er war so intelligent und realistisch,dass er wusste, dass es nicht mehr besser wird.

Soll künftig jeder Krebspatient(und alle die an anderen schweren Krankheiten erkranken) bereits bei Beginn der Behandlung ohne irgendwelche Anzeichen psychologisch untersucht werden?
Doch sehr realitätsfern!!!

@all: nie hätte ich mit so einer Resonanz gerechnet. Vielen vielen Dank für Eure netten Worte.
Es hilft mir sehr, eure Meinungen zu lesen
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  #21  
Alt 26.07.2009, 23:06
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stellina stellina ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

liebe twinkle,
ich wünsche dir von ganzem herzen, daß dich diese "schlacht" hier in DEINEM thread nicht völlig verunsichert. im allgemeinen geht es hier rücksichtsvoll zu, immer mit dem augenmerkt auf beistand, unterstützung, trost (soweit möglich). ich wünsche dir den nötigen abstand zu bestimmten äußerungen, wenn sie dich belasten. im moment bist nur du wichtig, was du denkst und fühlst. ich wünsche dir einen erträglichen weg und daß du wieder ruhe findest. alles liebe, tina.
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Du kannst nie tiefer fallen, als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.

Mein geliebter Hase: 14.10.1923 - 28.04.2009
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  #22  
Alt 26.07.2009, 23:13
Mapa Mapa ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hier noch ein Nachtrag, bevor wieder alles missverstanden wird. Wenn ich davon spreche, dass jeder seine freie Entscheidung über sein Leben hat, meine ich damit natürlich nicht bestimmte Personengruppen, wie z. B. Kinder, Teenager, Menschen in Ausnahmesituationen, schwer Depressive, usw. Ich rede von ganz normalen Menschen, die sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben, aber sich eben dafür entschieden haben. Ich denke, dass man sogar viele Menschen vom Suizid abhalten könnte, wenn man sich wirklich mit ihnen und ihren Problemen beschäftigt und liebevoll mit ihnen nach einer Lösung sucht. Die Betonung liegt auf liebevoll, was ich mit Gittern an Fenstern oder Fixierungen am Bett nicht gegeben sehe. Und was den Pflegenotstand betrifft: genau, warum setzt man denn dort nicht an?
Mapa
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  #23  
Alt 27.07.2009, 14:46
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Twinkle,

zuerst möchte ich dir mein tiefstes Mitgefühl aussprechen.

Ich denke, du kannst ruhig auch ein bisschen stolz auf deinen Vater sein. Er ist ein mutiger Mann, der genau das getan hat, was andere nur aus Angst nicht getan haben. Viele, die in ähnlicher Sitaution sind, hatten die gleichen Gedanken (davon gibt es hier in diesem Forum sicherlich ne ganze Menge). Der/die Eine entscheidet sich so, der/die Andere eben anders. Beide Entscheidungen müssen wir als Angehörige akzeptieren!! Wenn auch nicht unbedingt verstehen. Wir, als Angehörige sind in einer vollkommen anderen Situation. Auch wenn wir mitleiden, helfen wollen: WIR sind NICHT an Krebs erkrankt. WIR stehen NICHT vor dem Aus. Unsere Gedanken decken sich in den seltensten Fälle mit denen unserer an aussichtslosem Krebs erkrankten Angehörigen. WIR können uns NICHT vorstellen, was in ihren Köpfen vorgeht, was und vor allem wie sie denken. Geschweige denn auch noch darüber urteilen.

In diesem Zusammenhang (die Psyche) von gesund zu reden und den Krebskranken als krank hinzustellen, ist absolut behämmert. Dein Vater war psychisch mindestens genau so gesund wie all die sogenannten Gesunden, die sich zuerst den Mund zerreissen und dann ihre Beiträge löschen. Die sind feige, NICHT DEIN VATER.

Vielleicht ist es tröstlich für dich: dein Vater hat euch sicherlich vieles erspart. Tagelang, nächtelang einen Sterbenden zu begleiten. Immer wieder Mut machen müssen. Ja, sogar anlügen. Sich um ihn kümmern, ihm helfen. Zuerst noch wenig und dann selbst bei den selbstverständlichsten Dingen. Zuschauen, wie das Leid immer grösser wird, wie er euch langsam und sicher aus den Händen gleitet. Um am Ende dann trotzdem mit leeren Händen da zu stehen . . . . . . . . . . . . . genauso traurig, genauso verzweifelt, genauso allein . . . . . . . . . . . . Ich weiss, wovon ich rede.



Traure um deinen Vater, weine um deinen Vater, so wie er war und immer noch ist. Genauso, wie jeder andere um einen geliebten Menschen trauert. Er hat es verdient.


Ich drück dich in Gedanken

Helmut
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  #24  
Alt 27.07.2009, 17:07
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steffi0461 steffi0461 ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hallo
Bisher habe ich nur still mit gelesen,aber das hier macht mich sehr traurig.Ich finde man sollte sich eine andere Plattform suchen als diese hier um über so etwas zu diskutieren oder viel mehr zu streiten.Es geht hier zu weit und eindeutig unter die Gürtellinie.Hier hat jemand seinen geliebten Vater verloren und das auf tragische Art und Weise.Ein wenig mehr Rücksicht und Feinspitzengefühl ist hier wohl angebracht.Dann streitet per Pn aber macht es nicht hier.Es geht hier nicht nur um Suizid sondern in erster Linie auch um die Trauer und der Verzweifelung von Twinkle.
LG Steffi und Dich Twinkle nehme ich in den Arm.
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  #25  
Alt 27.07.2009, 18:41
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Lalesus Lalesus ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Liebe Twinkle,

erst hatte ich eigentlich vor hier nicht zu schreiben. Aber ich finde die Tat von Deinem Papa verständlich und nachvollziehbar. Er hat sich entschieden nicht zu leiden und vielleicht hat er auch entschieden durch seinen Tod andere besonders Dich nicht mit leiden zu lassen. Ich finde hier keinerlei Anstiftung zum Suizid. Und nebenbei bemerkt bin ich die Mama eines Kindes das schon zweimal von dieser Sch... Krankheit betroffen war. Oft habe ich gedacht was mute ich meinem Kind da zu und will es das überhaupt ? Sie war beim erstnmal erst ein halbes Jahr alt (Blasentumor mit 1,5 Jahren Chemo OP´s etc) und beim zweitenmal drei Jahre alt (Augentumor das Auge musste entfernt werden, aber keine Chemo)

Ich habe soviel Leid und Elend gesehen bei den KIndern das ich mich oft gefragt habe was ich als Betroffener wohl tuen würde.

Bei meinem Kind habe ich mich entschieden mit Ihr zu kämpfen, da die Chancen gut standen. (mittlerweile ist sie eine gesunde fünf Jahre alte junge Dame und hoffentlich bleibt sie das auch)

Ich werde mir keine Wertung über die Gefühlslage eines Betroffenen anmassen, kann aber verstehen wenn jemand diesen Weg geht.

Dir wünsche ICh, das Du lernst mit der Trauer umzugehen. Sei stolz auf Deinen Papa und denke an Eure schönen Zeiten. Fühl Dich gedrückt (Das ist wirlich so gemeint) und lass Dich nicht unterkriegen.

Liebe Grüsse Susanne
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  #26  
Alt 03.08.2009, 14:43
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hallo Twinkle,

diesen thread habe ich erst jetzt gelesen, daher so spät...

> Hatte er so eine Angst vor dem natürlichen Tod,
> dass man sich aus dem Fenster stürzt?

Ich weiss nicht, ob man Krebs als einen "natürlichen Tod" bezeichnen kann. Zumindest ist das Sterben mitunter lang und qualvoll. Meine Frau ist Anfang 2009 an BK gestorben. Und in der Rückschau würde ich das nicht "gestorben" nennen, sondern langsam und elendig krepiert. Trotz aller Palliativmedizin und immer höheren Morphium-Dosen. Es war nicht schön, es war nicht friedlich, und "natürlich" war es auch nicht. Es war schlimm, richtig schlimm :-(

Zum Glück konnten meine Frau und ich immer über alles sprechen. Auch über Suizid bzw. aktive Sterbehilfe. Ich habe ihr versprochen, dass ich sie töten werde, falls sie das verlangt und es selbst nicht mehr tun kann. Die nötigen Hilfsmittel dazu lagen schon lange bereit. Zum Glück war das nicht notwendig; sie ist von sich aus gegangen.

Egal, jedenfalls: aus der Erfahrung des langen und qualvollen Sterbens meiner Frau habe ich für mich beschlossen, dass ich nicht so enden werde. Ich werde im Notfall rechtzeitig den Zeitpunkt bestimmen, an dem ich gehe - und mich dann vom Acker machen. Das ist das letzte und wichtigste Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Nicht nur über sein Leben, sondern auch über seinen Tod zu entscheiden. Was Christen und Moralphilosophen dazu sagen, ist mir völlig schnurz. Mit denen kann ich darüber im Jenseits diskutieren, falls es eins gibt.

Insofern ist mir das Handeln deines Vaters sehr nachvollziehbar. Und ich finde es sehr mutig. Denn über Suizid zu reden, ist eines. Ihn zu begehen, ist zigtausendmal schwieriger. Da muss der Leidensdruck schon extrem hoch sein.

Für dich gibt es keinen Grund zur Scham. Dein Vater hat sich entschieden, und du hättest daran so oder so nichts ändern können. Wut und Enttäuschung sind verständlich, aber: deinem Vater ging es mit seiner Krankheit sicher nicht besser als dir als Überlebende. Er ist seinen Weg gegangen, wie wir alle unseren Weg gehen müssen.

Viele Grüße,
Stefan
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  #27  
Alt 04.08.2009, 10:08
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Guten Morgen Stefan,

du hast Mut, das muss man dir lassen. Ich selbst habe noch nie so richtig darüber nachgedacht. Da muss ich mal draufrum denken. Nachvollziehen kann ich es, genau wie bei dem Vater von Twinkle.

Twinkle,

schaust du noch hier rein?


Liebe Grüsse

Helmut
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  #28  
Alt 10.08.2009, 13:08
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 428
Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hallo Helmut,

Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
du hast Mut, das muss man dir lassen.
Nein. Oder allenfalls in der Theorie, weil ich ihn zum Glück nicht in der Praxis beweisen musste.

Meine Frau hatte fürchterliche Angst davor, im Krankenhaus (oder gar Pflegeheim) zu sterben oder als chronischer Pflegefall zu enden. Und sie wusste genau, warum sie davor Angst hatte: sie war im Erstberuf Krankenschwester und hat das allzu oft miterleben müssen.

Von daher war völlig klar, als meine Frau im Spätherbst in der Klinik lag und nur immer wieder sagte "Hol mich endlich hier raus!", dass ich das tun werde, wenn ich kann. Und es hat ja zum Glück noch geklappt, aller bürokratischen Widrigkeiten zum Trotz. Sie konnte Weihnachten Zuhause sein, mit Hund, Katze, Papagei und Ehemann, ihre Familie und Freunde noch mal sehen, und - nachdem sie das alles erledigt hatte - auch hier in Frieden sterben.

Ich habe meiner Frau nur versprochen, dass niemals das passieren wird, wovor sie so große Angst hatte. Nämlich "kurz vor 12" noch ins Krankenhaus gebracht zu werden. Zum Glück hatten wir hier eine verständige Hausärztin, mit der ich (bevor sie meine Frau erstmals gesehen hat) sofort Klartext geredet habe. Also der gesagt, das meine Frau zum Sterben nach Hause gekommen ist, und dass sie hier bleiben wird. Und dass ich, falls die Ärztin meint, den Notarzt rufen zu müssen, ohne vorher mit mir darüber zu sprechen, ich den am Hoftor wieder wegschicken werde; und die Konsequenzen auf mich nehmen.

Einige Menschen haben mich gefragt, ob meine Frau Angst vorm Sterben hatte. Nein, die hatte sie nicht. Sie hatte Angst davor, unwürdig zu sterben. Ich weiss noch, 3 Tage vor ihrem Tod, als sie nachts plötzlich Alpträume hatte, dass die "Leute" kommen und sie "wegholen". Das war so bitter. Weil ich an ihrem Bett sass und sie sich an meiner Hand festgekrallt hat und mir xx mal das Versprechen abgenommen hat, dass ich es nicht zulassen dürfe, dass man sie "wegholt". Und dass ich immer bei ihr sein muss und sie niemals allein lassen darf, weil sonst diese "Leute" kommen...

In der Nacht, als meine Frau Samstag früh um 4 gestorben ist, waren der beste Hund der Welt und ich bei ihr. Und Freunde fragen mich, ob ich daran denke und mich diese Erinnerung verfolgt. Ich denke an diese letzten Stunden mit meiner Frau jeden Tag, aber verfolgen tut mich diese Erinnerung nicht - auch, wenn das Sterben schon rein physisch unangenehm und schockierend war. Was mich verfolgt, ist die Nacht ein paar Tage vorher, als ich es nicht geschafft habe, meiner Frau die größte Angst zu nehmen, die sie hatte. Und ich ihr sagen musste, dass ich nicht rund um die Uhr bei ihr sein kann, weil ich doch auch mal schlafen, essen und aufs Klo gehen muss. Das nicht versprechen und leisten zu können, hat mir das Herz zerrissen. Und mit dem Versagen weiter zu leben, ist nach wie vor nicht so einfach.

Viele Grüße,
Stefan
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  #29  
Alt 10.08.2009, 14:50
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Hallo Stefan,

leider muss ich dir in einem wiedersprechen: du hast Mut.

Was verstehst du unter Mut? Du hast dich gegen die Bürogartie gestemmt für deine Frau. Du hast alles menschenmögliche getan, um ihr diesen einen letzten Wunsch zu erfüllen. Du hast zielstrebig alle Unwägbarkeiten auf dich genommen. Du hast nicht blind sondern überlegt gehandelt. Auch auf die Gefahr hin, dass du persönlich in Schwierigkeiten gerätst. Du hast aus Liebe zu deiner Frau gehandelt und nicht, weil du ihr mal vor X Jahren was versprochen hast. Du hast dein Bestes gegeben.

Was verstehst du unter Mut? Sich blind in gewagte Abenteuer zu stürzen? Sich treiben lassen vom eigenen Schicksal und dem der anderen? Sich ohne Hirn in Gefahr zu begeben? Die Geschehnisse einfach so laufen lassen?

Was verstehst du unter Mut? Du hast ganz sicherlich für dich abgewägt, ob du ihren Wunsch auch erfüllen kannst. Du hast ganz sicher auch mal daran gezweifelt. Du hast ganz sicher auch mal neben deiner Frau gestanden und glaubtest dich kurz vor dem Ende deiner Kraft. Du hast dich trotz aller Widrigkeiten von aussen UND von innen durchgebissen, hast durchgehalten bis zum Schluss. Du hast deiner Frau diesen Wunsch erfüllt.

Der ist mutig, der zweifelt, Angst hat, die Gefahr sieht, sie einschätzen kann, seine eigenen Stärken und Schwächen nicht nur kennt sondern auch akzeptiert. Der mit offenen Augen und hellwachem Verstand an eine Aufgabe herangeht. Der Risiken abschätzen und bewerten kann. Der das eigene Wohl auch auch mal hinter das Wohl anderer stellt.

Dass du deine Frau auch mal kurzfristig alleine lassen musstest, ist doch kein Versagen deinerseits. Essen, trinken, schlafen sind elementare Dinge, die du für dich gerade deshalb tun musstest, um ihr ihren Wunsch überhaupt erst erfüllen zu können. Du könntest dir einen Vorwurf machen, wenn du nicht geschlafen, gegessen usw. hättest, wiel du dann in dem Moment, wo sie dich am dringensten gebraucht hat, vielleicht garnicht fähig gewesen wärst ihr bei zu stehen.

Hast du geglaubt, du könntest ihre Angst mit einem einzigen "Ich bleibe bei dir" überwinden? Du hast ihr bewiesen, das ihre Angst unbegründet ist: indem du zum Essen nach draussen gingst und wieder zurückgekommen bist und du im entscheidenden Augenblick bei ihr warst.


Alles Liebe

Helmut
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  #30  
Alt 10.08.2009, 16:29
Geske Geske ist offline
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Standard AW: Suizid nach 1. Chemo-Block

Hallo an alle,
und wer diese Thematik nicht ausführlicher mitlesen mag, bitte jetzt wegklicken.


Zitat:
Zitat von HelmutL Beitrag anzeigen
Was verstehst du unter Mut? Sich blind in gewagte Abenteuer zu stürzen? Sich treiben lassen vom eigenen Schicksal und dem der anderen? Sich ohne Hirn in Gefahr zu begeben? Die Geschehnisse einfach so laufen lassen?

Diese Textpassage ist aus dem Zusammenhang heraus gerissen, aber es sind gerade diese Bedenken, die Angst bei uns begleitenden Angehörigen schüren. Was kommt auf mich zu, handle ich vielleicht fahrlässig?
Genau das glaube ich nicht, das jemand fahrlässig handelt, auch wenn das gern als Gegenargument zum selbstbestimmenden Ende benutzt wird. Kein Angehöriger wird „irgendwie drauflos handeln“, das hält die Psyche gar nicht durch, viel eher kippt man um, d.h. in der Endphase bekommt der Begleitende Angst vor der eigenen Courage (StefanS nannte es „umfallen“), denn man steht auf einmal allein da, es gilt zu erfüllen, was der Betroffene entschieden hat als er sich noch nicht in der Endphase befand. Auch ich habe dem Wunsch meines Mannes entsprochen und ihn zu Hause begleitet, aber der Hausarzt und eine weitere Ärztin waren involviert und sie haben die Entscheidung meines Mannes mit akzeptiert.

Wovor sich mein Mann sicher gefürchtet hätte, ist dieser in der Endphase bei Angehörigen immer wieder aufkommende Gedanke „wir schaffen es noch“ wider besseres Wissen, das belastet den Sterbenden mehr als es ihm nutzt, denn ich glaube die direkt betroffenen fühlen sehr klar ihre Situation – und sie wollen nicht mit Durchhalteparolen befeuert werden. Es ist für uns Laien auch schwer zu erkennen, wo der Punkt ist, an dem wir mit gutem Willen nichts mehr ausrichten können, die Kranken scheinen diesen Punkt klarer zu sehen.

Zitat StefanS: „Was mich verfolgt, ist die Nacht ein paar Tage vorher, als ich es nicht geschafft habe, meiner Frau die größte Angst zu nehmen, die sie hatte. Und ich ihr sagen musste, dass ich nicht rund um die Uhr bei ihr sein kann, weil ich doch auch mal schlafen, essen und aufs Klo gehen muss. Das nicht versprechen und leisten zu können, hat mir das Herz zerrissen. Und mit dem Versagen weiter zu leben, ist nach wie vor nicht so einfach.“

Ich bin zwischendurch auch eingeschlafen, aber ich würde das nicht als Versagen werten, wenn man 24 Stunden oder gar noch länger in einem Stück für den Sterbenden da sein muss. Wenn wir uns so hohe Maßstäbe setzen, könnten wir den Wunsch unserer Angehörigen auf Nähe überhaupt nicht erfüllen.
Zu wissen, die Freiheit zu haben, sein Ende selbst zu gestalten, würde manchem Betroffenen vielleicht das Grauen vor dem Sterben zumindest mildern.

Beste Grüße
Geske
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