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  #1  
Alt 07.03.2010, 21:20
kleinesding kleinesding ist offline
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Registriert seit: 07.03.2010
Beiträge: 2
Standard freund hatte hodenkrebs

hallo,

ich bin durch zufall auf dieses forum gestoßen und bin auch nicht sicher, ob mein thema hier eigentlich reinpasst.
mein freund, d.h. jetzt eigentlich ex-freund, ist vor etwa 5 jahren an hodenkrebs erkrankt. wir haben uns erst vor einem halben jahr kennengelernt und bevor wir zum erstenmal intim wurden, hat er mir davon erzählt. ich habe mich vorher noch nie mit diesem thema befasst und hatte auch wenig ahnung davon; habe dann natürlich ein wenig im internet gesucht und mich informiert, das thema dann aber auch zur seite gelegt, da mein freund meinte, die krankheit sei für ihn völlig überstanden. es wurde ihm eben ein hoden entfernt und er hatte metastasen in der lunge...dann eben chemotherapie. ich hatte mich gefreut, dass er mir alles erzählt hat und wollte ihn später auch nicht mehr darauf ansprechen, da er meinte, alles sei in ordnung und abgeschlossen.
mir ist nur aufgefallen, dass es im bett anfangs nie so richtig geklappt hat, da er, glaube ich, angst hatte zu versagen oder vielleicht nur noch ein halber mann zu sein. das hat mich überhaupt nicht gestört und nach einiger zeit lief es dann auch etwas besser.
ja und dann vor kurzem hatten wir eine kleine streitigkeit bei der ich anfing zu weinen. da ist er aufeinmal fast in panik ausgebrochen und er meinte, er könne keine menschen ertragen die weinen. als er krank war hätten alle um ihn geweint und das erinnert ihn jetzt daran und es gehe ihm jetzt ganz schlecht. und das ihn doch auch verstehen muss, da er so schwer krank gewesen ist und seitdem nie mehr derselbe gewesen wäre und keine beziehung mehr führen könnte. das platzte alles so plötzlich aus ihm raus und ich wusste überhaupt nicht was eigentlich passiert ist. dann ist er panisch abgehauen und seitdem habe ich nie mehr was von ihm gehört, ihn auch nicht mehr erreichen können. ich mache mir so schreckliche vorwürfe und denke, dass ich alles falsch gemacht habe. ich habe ihn eben nie darauf angesprochen, weil ich ihn nicht erinnern oder verletzten wollte. und da er mir immer so zufrieden und stark vorkam, habe ich auch fast vergessen das er mal so krank war.
kann es sein, dass er dieses völlig verdrängt hat und er vor mir als der starke mann stehen wollte....und dann komm ich und löse so eine panik in ihm aus? seit er weg ist,habe ich mehr über dieses thema gelesen und es ärgert mich das ich es nicht schon vorher getan habe. jetzt habe ich ihn wohl für immer verloren. kann es sein dass man auch 5 jahre später noch darunter leidet, psychisch und körperlich?
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  #2  
Alt 07.03.2010, 23:55
Jaymz Jaymz ist offline
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Registriert seit: 10.11.2009
Beiträge: 287
Standard AW: freund hatte hodenkrebs

Hallo kleinesDing,

ich sehe mich zwar nicht als Beziehungsratgeber, aber ich versuche als Betroffener meine Sicht darzulegen. Jedoch muss ich vorab schon mal darauf hinweisen, dass jeder Mann unterschiedlich mit seiner Hodenkrebserfahrung umgeht.
Generell ist es so, dass häufig junge Männer (zwischen 20 - 40 Jahre) von Hodenkrebs betroffen sind. Aus psychischer Sicht ist es sicherlich für die jungen Männer ein tiefgreifendes Erlebnis. Hatte man(n) bislang ein mehr oder weniger sorgloses Leben geführt, wird man nun plötzlich mit dem Tod konfrontiert. Ich habe bspw. zum ersten Mal so richtig realisiert, dass das Leben endlich ist und es sehr schnell vorbei sein kann. Als Hodenkrebsler erfährt man ab der Schock-Diagnose Krebs bis zur eigentlichen Therapie (i.d.R. Chemotherapie) eine Grenzerfahrung. In dieser Zeit dreht sich i.d.R. alles um das Thema Krebs. Die Chemotherapie hat als Begleiterscheinung auch bestimmte Nebenwirkungen (z. B. Übelkeit, Haarausfall, Schlappheit etc.), mit denen man (individuell unterschiedlich) konfrontiert werden kann. Es ist ja nicht nur so, dass man selber mit dem Krebs zu kämpfen hat, sondern dass auch nahestehende Personen mit einem mitleiden (auf psychischer Ebene). Manchmal ist es auch so, dass Freunde (die man bspw. schon seit Kindesbeinen kennt) oder die Partnerin sich von einem abwenden, weil sie wahrscheinlich nicht wissen, wie sie mit dem Betroffenen oder mit dem Thema Krebs umgehen sollen/können.
Somit hat ein Betroffener neben der großen psychischen Belastung durch das Thema Krebs (Werde ich überleben? Werde ich wieder gesund? Warum ausgerechnet ich? Womit habe ich das verdient? Wie sieht meine Zukunft aus? Kann ich meine Wünsche/Träume noch verwirklichen? etc.) und den körperlichen Eingriffen (Operation, Chemotherapie, Bestrahlung) auch manchmal mit anderen neu entstandenen Problemen zu kämpfen, die aus dem sozialen Umfeld herrühren. Das Umfeld kann häufig nicht ganz nachvollziehen, was man alles durchmacht. Man kann sich als Betroffener von seiner Umwelt sehr mißverstanden fühlen.
Ich will nur sagen, dass dein Freund seit der Diagnose Hodenkrebs viel mitgemacht und erfahren musste, womit sich ein normal gesunder junger Mann normalerweise nicht herumschlagen musste. (Hoden)krebs ist eine sehr persönliche Grenzerfahrung.
Jeder Betroffene geht aber unterschiedlich mit diesen Erlebnissen rund um Hodenkrebs um.
Es gibt einige, die das ganze Thema Hodenkrebs nicht so einfach verarbeiten können und noch lange danach daran zu knabbern haben. Es gibt auch einige andere, die aus dieser Erfahrung positive Energie gezogen haben (berühmtestes (und vllt. extremstes) Beispiel: Lance Armstrong, der anschließend 7x die Tour de France gewann und 4facher Vater wurde).

Zitat:
Zitat von kleinesding Beitrag anzeigen
mir ist nur aufgefallen, dass es im bett anfangs nie so richtig geklappt hat, da er, glaube ich, angst hatte zu versagen oder vielleicht nur noch ein halber mann zu sein. das hat mich überhaupt nicht gestört und nach einiger zeit lief es dann auch etwas besser.
Was meinst du mit "nicht richtig geklappt hat"?

Zitat:
Zitat von kleinesding Beitrag anzeigen
kann es sein, dass er dieses völlig verdrängt hat und er vor mir als der starke mann stehen wollte....und dann komm ich und löse so eine panik in ihm aus? seit er weg ist,habe ich mehr über dieses thema gelesen und es ärgert mich das ich es nicht schon vorher getan habe. jetzt habe ich ihn wohl für immer verloren. kann es sein dass man auch 5 jahre später noch darunter leidet, psychisch und körperlich?
5 Jahre nach der Hodenkrebserfahrung ist er nahezu geheilt.
Die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall wird von Jahr zu Jahr geringer. Körperliche Folgen können natürlich vorhanden sein (z. B. ein zu geringer Hormonaushalt), können aber normalerweise behandelt werden.
Bezüglich der Psyche ist es von Person zu Person unterschiedlich wie man den Hodenkrebs verarbeitet. Oben habe ich ja kurz darüber geschrieben. Häufig berichten Betroffene, dass sie umso weniger an den Hodenkrebs denken, umso länger er zurückliegt. Viele führen ein normales Leben (haben eine Familie gegründet, eine neue Freundin gefunden etc.). Einer schrieb mal, dass ihm der Hodenkrebs nun wie eine Grippe vorkommt. Es war mal da, man musste das Bett hüten und nun ist alles wieder gut.
Sicherlich kann man im Alltag schnell mal wieder an den Hodenkrebs erinnert werden, wenn jemand (Unwissender) sagt: "Du musst Eier zeigen!", "Das geht mir ganz schön auf den Sack!" oder "Ich habe schon richtig dicke Eier" etc.

Aus der Ferne ist es natürlich schwierig das Verhalten deines Freundes zu beurteilen. Er war wohl sehr emotionalisiert als ihr euch gestritten hattet. Er wurde durch das Weinen an seine harte Zeit erinnert. All die ganzen miesen Gefühle kamen dann wohl plötzlich hoch. Es kann sein, dass er sich jetzt schämt, weil er sich als starken Mann präsentiert und während des Streits seine schwache verletzliche Seite gezeigt hatte. Ich würde an deiner Stelle weiter versuchen, das Gespräch mit ihm zu suchen.
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  #3  
Alt 08.03.2010, 08:45
drowning drowning ist offline
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Registriert seit: 19.10.2007
Beiträge: 262
Standard AW: freund hatte hodenkrebs

hallo kleines ding !

ich melde mich hier auch mal wieder zu wort.

anscheinend hat dein freund eine heftigere variante gehabt, da metastasen in lunge.
ich kann jetzt nur von mir sprechen. ich lage auch mit hochdosischemo und insgesamt 9 chemos, und ner bestrahlung über ein jahr im krankenhaus.
meine beziehung ist auch beendet. was an verschiedenen zukunftsperspektiven lag.

ich habe mich durch die krebserkrankung durchgekämpft. wie rambo, nur eben in gedanklicher hinsicht. ich war total auf die heilung fokusiert, und fühlte mich wie im krieg. schmerzen sah ich an als wunden im kampf, zur chemo sagte ich meine soldaten, die mich im kampf gegen die chemo unterstützen.
als ich langsam wieder auf die füße kam, freute ich mich wie ein kleines kind übers arbeiten. ich war total froh, morgens in die firma gehen zu können.

der große schock kam nach dem krieg. irgendwie fühlte ich mich wie ein vietnam-veteran. die spannung war weg. die angst war wieder da.
und ich bin seither auch ein emotional anderer mensch. leider.

wenn er aber nicht mehr mit dir redet, dann ist das schon sehr komisch.
ich bin direkter, stelle mich mehr meinen gefühlen, und vertrete die auch
__________________
bunteeffekte.wordpress.com das ist mein blog, meine geschichte, mein seelenmüll
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  #4  
Alt 08.03.2010, 22:40
kleinesding kleinesding ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 07.03.2010
Beiträge: 2
Standard AW: freund hatte hodenkrebs

vielen dank für eure schnellen und ausführlichen antworten, die mir auch schon wieder ein wenig mehr die augen geöffnet haben.

mit "nicht richtig gelappt" meine ich, dass seine erektion irgendwie nicht viel, manchmal gar nicht vorhanden war. d. h. er wurde nicht richtig hart. dann wusste ich eben nicht, ob das eine psychische oder körperliche sache ist, wollte ihn aber auch nicht so direkt ansprechen.
hab mir natürlich auch überlegt, ob er evtl zeugungsunfähig sein könnte, aber habe dann gelesen, dass auch mit einem hoden alles normal funktionieren kann.

das eine so schwere erkrankung eine grenzerfahrung ist, vorallem im jungen alter, kann ich sehr gut verstehen und bestimmt geht jeder anders damit um. danach lebt man bestimmt bewusster und "normale probleme" rücken in den hintergrund. naja, vielleicht will er ja doch noch irgendwann mal wieder mit mir reden
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