Stammtisch

[AndreaM]

Liebe Andrea,

ja, der Tisch hier ist oft leer. Man kommt vorbei, hinterlässt eine Nachricht für die anderen, liest die Nachrichten der anderen - aber, ja, so ist es wohl: Die Welt hat sich weitergedreht und die Zeit, als immer jemand am Stammtisch saß scheint vorbei zu sein.

Bevor nun aber alle aufstehen und gehen möchte ich sagen, wie wichtig mir das hier war - und eigentlich immernoch ist. Nein, ich war kein häufiger Gast, und, nein, ich habe auch nicht wirklich hierher gehört (Ich glaube, Wolke weiß was ich meine ). Aber, und das hat mir immer so gut getan, ich wusste, hier kann ich herkommen. Vielleicht auch nur um ganz still in der Ecke zu sitzen und einfach nicht allein zu sein. Ich brauchte oft keinen "eigenen Rat", keinen "eigenen Austausch", nach dem Verlust meines Mami-Ratgebers war es einfach so gut zu wissen, hier sind Menschen, die geben sich gegenseitig Ratschläge. Die hören zu, die sind einfach füreinander da. Und ich wusste immer, wenn ich einen Rat brauche, dann bekomme ich hier auch einen. Vielleicht habe ich das als Ersatz-Mamis gesehen - denn ein Mensch allein kann sie niemals ersetzen.

Ich hätte mich selbst gern viel öfter revanchiert, aber das ergab sich oft nicht. Auf jeden Fall habe sicher auch ich dazu beigetragen, dass immer jemand da war.

So, das wollte ich schon lange loswerden.

Ihr Lieben, ich wünsche Euch ein schönes Wochenende und lasst Euch nicht von irgendwelchem "Herbst" runterziehen, ja?

Liebe Grüße
AndreaM

[AndreaS]

Hallo Andrea,

tut gut, deine Worte zu lesen. Nun, du weißt, dass ich da anderer Meinung bin als du und Wolke. Natürlich gehört ihr hierher. Wieso sollte es nicht so sein. Ist der Stammtisch nicht (doch ja, eigentlich auch heute noch) ein Ort, an dem sich die Seelen zusammenfinden, die den gleichen Verlust erleiden müssen? Und dabei steht der Verlust für geliebte Menschen. Und ich habe euch auch schon öfter gesagt, dass mir gerade eure Meinung wichtig ist, die Gefühle meiner Kinder besser zu verstehen. Es ist nicht immer einfach, die Gefühle seiner Kinder wirklich zu erfassen, wie hilfreich ist es, den hinterbliebenen Töchtern zuzuhören, die hier mitschreiben.

Ich bin jedenfalls noch immer glücklich, wenn unser Stammtisch wieder nach oben rutscht, habe dadurch das Gefühl: ER IST NOCH DA, mein Zufluchtsort. Ich wäre schon traurig, wenn er ganz und gar verschwinden würde.

Auch ich wünsche euch allen einen erträgliches Wochenende und wer weiß, vielleicht gesellt sich ja doch auch noch die oder der ein oder andere "NEUE" zu uns an den Stammtisch, liest nach, was wir "erarbeitet" haben, erkennt seine eigenen Gefühle und sagt einfach einmal "hallo" in die Runde. Klar, jederzeit willkommen hier am Stammtisch, nach wie vor, oder sehe ich das falsch?

Lasst es euch gut gehen, schickt das TT in die Ecke und geht weiter, einen Schritt nach dem anderen, gerade so, wie es geht.

@Anemone: Alles klar?

LG
Andrea

[Anemone]

Hallo alle zusammen,
ja, AndreaS, wenn Du schon so lieb nach mir fragst - alles klar? Im Prinzip schon. Allerdings ist meine seelische Achterbahnfahrt momentan ziemlich heftig. Manchmal denke ich: Krebs-Kompass, Forum für Hinterbliebene, Stammtisch. Gehöre ich wirklich noch dorthin??
Ich würde so gerne wieder in meine "alte Welt" gehören. Mit Familie, Freunden, Bekannten einfach weiterleben wie zuvor. Freude empfinden, offen sein für die Alltagsprobleme und -problemchen von anderen, nicht mit dem Gedanken aufwachen und einschlafen: Ich bin allein, du fehlst mir so.
Aber ich bin dort, in dieser "alten" Welt, noch nicht wieder angekommen, so sehr ich es mir auch wünsche, werde vielleicht nie mehr dort ankommen. Kann und will ja auch nicht einfach so tun, als hätte es die Hölle von Krebserkrankung und Tod meines liebsten Menschen nicht gegeben. Das alles gehört zu meinem Leben. Aber die Erinnerungen, egal ob schön oder traurig, tun immer noch so weh, und ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass diese Schmerzen irgendwann schwächer werden.
Ich habe in diesem Jahr nicht so viele Reisen unternommen wie im letzten, weil das auch nicht wirklich hilft. Eher so wie eine kurze Narkose bei einem kleinen chirurgischen Eingriff.
Das Trauertier hat sich auch noch nicht zum braven Hund entwickelt. Es ist immer noch unberechenbar, manchmal nicht zu sehen, dann wieder heftig attackierend.
Und weil das alles so ist, sitze ich noch fast jeden Tag hier am Stammtisch, meistens stumm, aber anwesend. Bin froh, etwas von den alten Bekannten zu hören, würde mich freuen, wenn Neue hinzukämen. Freue mich ganz arg, wenn jemand speziell an mich denkt und bin in Gedanken bei Euch allen, egal wo Ihr auch seid und wie es Euch geht.
Kommt gut durchs Wochenende,
viele liebe Grüße an alle,
Anemone

[AndreaS]

Hallo @ alle!

Weißt du Anemone, genau das meinte ich gestern. Gehören wir noch dorthin. Ich denke, es wird sich nichts ändern, nicht wirklich. Das, was wir erleben mussten, überleben mussten hat uns verändert. Gehören wir noch im "alten" Leben dazu? Ich glaube, DAS ist die eigentliche Frage. Ja, im Laufe der Zeit wird es besser, stimmt das Trauertier bleibt unberechenbar, vielleicht lernen wir, mit ihm umzugehen, es anzunehmen, nicht mehr wegzuschicken, es als das zu akztptieren, für was es steht: Für unsere Lieben, die nicht mehr bei uns leben dürfen, die wir verloren haben hier auf unserer Erde, die wir schrecklich vermissen, egal wie oft wir selbst wieder Anlass haben, zu lachen. Aber in das "alte" Leben gehören wir nicht mehr. Nicht mehr so, wie vorher.

Nächste Woche ist bei uns Straßenfest. Früher, im alten Leben, war es für uns ein MUSS dorthin zu gehen. Wir waren gerne dort. In diesem Jahr organisieren es u.a. meine "Freunde", die in jener schrecklichen Nacht an meiner Seite standen und nach etwa drei Monaten nicht mehr ertragen haben, dass sich nichts ändert, die sich ausgeklinkt haben, weggesehen, es nicht ausgehalten. Die, die heute, da ein neuer Partner an meiner Seite ist, die Kurve nicht mehr bekommen, sich nicht interessieren, welcher Mensch mein und die Herzen meiner Kinder erobern konnten. Stattdessen die Aufforderung im Briefkasten, doch bitte Bilder mitzubringen, von den Bewohnern unseres Hauses. Hallo? Was soll das denn? Wir leben seit 26 Jahren in diesem Haus. Welche Bilder wollen sie sehen? Nun, konfus, egal, ich kann es nicht verstehen. Haben sie Fragen? Haben sie Interesse? Ich stehe im Telefonbuch, nach wie vor unveränderter Eintrag. Nein, zum alten Leben gehöre ich nicht mehr, will es auch nicht mehr.

Achterbahnfahrt, liebe Anemone, ich fahre zur Zeit recht heftig mit dir. Gestern große Überraschung. Abends um 10 klingelt es, ich sehe in die Augen einer Freundin Saskis neben ihr ein Freund. Und sie sehen meinen Blick. Was wollt ihr denn hier? Ja, die Verschwörer, einschließlich Gaertner, die Große stand hinter ihnen. Einen Monat früher als geplant, hat die Sache beendet, um wieder Seelenfrieden zu haben. Und sie landet in Stuttgart und wird heimlich abgeholt, die einzige, die nicht eingeweiht war, war wohl ich. Klar gab es Hinweise. Wirklich lügen können sie alle zum Glück nicht. Aber gewusst habe ich es bis zum Schluss nicht. Und nun ist sie wieder da, verbreitet mit altbekannter Leichtigkeit Chaos im Haus und hat vor allem ganz viel Papa wieder zurückgebracht. Und die Hand greift um mein Herz und ich höre seine Kommentare, wenn Saski leicht überdreht von ihren fünf Monaten Kanaren erzählt. Und er fehlt. Ja Anemone, er fehlt und wird es immer tun. Manchmal kann ich lächeln, wenn ich an ihn denke, manchmal "reicht" die Erinnerung, aber häufiger tut es nach wie vor entsetzlich weh.

Und diesen Monat habe ich Hochzeitstag und nächsten Monat jährt sich der Todestag zum drittenmal und sein Geburtstag wird wieder ohne ihn "gefeiert" werden. Nein, es hört nicht auf, weh zu tun. Und das Ventil hier am Stammtisch ist noch immer unglaublich wichtig.

Unser neues Leben: Ja, wir gehören ins Hinterbliebenenforum, an den Stammtisch. Denn wir sind Hinterbliebene, das hört nicht einfach auf, wird immer so sein. Wenn wir auch allmählich wieder Tritt fassen in der neuen Zeitrechnung, wenn wir auch das Beste aus der ungewollten Situation machen, wir bleiben Hinterbliebene.

Kommt gut durch den Tag und denkt dran, das TT mag keine Schokolade !

LG
Andrea

[Blue]

Hallo Zusammen,

Es ist Zeit vergangen, die Welt verändert sich, ich verändere mich. Jeden Tag aufs Neue. Es ist in Ordnung so, es ist ok, so wie ich mich verändert habe. Ich darf das jetzt. Sehr früh ging mir dieser Gedanke durch den Kopf. Es fühlt sich nicht immer alles leicht und einfach an, manchmal muß ich mich anschubsen, manchmal werde ich geschubst. Aber noch immer gilt: Ich darf das jetzt, jetzt erst recht. Und so mache ich mein Päckchen auf, schau es mir an, mache es sorgsam wieder zu. Es war das alte Leben, es wird nicht zurückkommen, nein, es kommt nie wieder.

Schaue für kurze Zeit vom Rand aus dem Leben zu, keine Lust reinzurennen. Bleibe in unserem Nest und will nichts mehr hören. Das körperliche Unwohlsein kommt wieder, hatte ganz vergessen wie es sich anfühlt. Bilder kommen angehuscht, von der Krankheit, ein klein wenig vom Leben davor, von unserer letzten Zeit. Heimweh.

Eine Freundin ist von der Reha zurück, möchte in ihrem Leben einiges ändern und wie passend genau gestern ihr Blick für die Kleinigkeiten des Lebens. Ein Haus wird gestrichen, knallerot, wir steht da, schauen das Haus an, oh, sieht das freundich aus. Wir stürzen uns ins Getümmel, lassen uns treiben, reden, weinen, lachen, machen die Nacht zum Tag – LEBEN. Es hat sich angefühlt wie Atem holen, hat sich angefühlt wie … es ist in Ordnung so.

Von ihr bekam ich unbeabsichtigt den Schups die Augen wieder aufzumachen und wirklich zu sehen. Nach einem schnellen Kaffee heute früh haben wir uns verabschiedet und sind unserer Samstagsbeschäftigung nachgegangen. So ein Abend wie gestern versuchen wir wieder, läßt sich nicht wiederholen, nein. Aber einen ähnlichen Wohlfühlabend mit anschließendem Frühstück im Schlafanzug und stubbeligen Haar – und Erstaunen – sie hat nicht mal die Augen ganz offen und redet schon!!!! Und ich frag noch….

Heute Abend kann ich es wieder in die Sterne schicken. Es ist ok, ja. Unser Lebensplan war ein anderer, das Lebensbuch war anders geschrieben. Aber im nächsten Leben ist alles möglich, was in diesem Leben leider nicht möglich war und das haben wir uns versprochen – für das nächste Leben. Doch, es ist ok.

Die alten Freunde? Ich möchte sie nicht wieder haben. Zu tief sitzt der Schreck, wie alleine ich doch war. Ansteckend zu sein hat viel zusehr sein wehgetan. Haken dran. Klar hätte ich gerne das „weißt du noch“. Dennoch denke ich, daß sie jetzt erst recht nicht mehr mit mir umgehen können.

Weggefährten für eine kurze Zeit? Habe oder hatte ich wohl – nicht wirklich verdaut, nicht wirklich Frieden damit geschlossen. Und auch hier wieder. Es ist wie es ist und man muß wissen, wann es auch mal gut ist.

Das andere Leben fühlt sich nicht immer gut an, es wird immer wieder dunkle Stunden geben, es sind noch lange nicht alle Tränen geweint. Aber genauso wie ich traurig sein kann, genauso kann ich auf dem Küchenboden unter dem Kühlschrank sitzen und anscheinend grundlos losprusten und mich pudelwohl fühlen. Das ist jetzt mein Leben.

Ja Anemone, Du warst viel auf Reisen, ich habe das richtig bewundert und über Deinen Mut gestaunt. Und da war eine tüchtige Portion Mut dabei. Wenn nur nicht das heimkommen wäre…. Nicht immer fühlt es sich gut an.

Na Andrea, da stand aber etwas ganz Liebes vor Deiner Tür. Gibt es etwas Wichtigeres als Seelenfrieden? Ich glaube nicht. Du bist hier, ich sehe Dich und ich schicke Dir etwas durch die Leitung, aber ja doch!

Der Stammtisch ist für mich noch immer wichtig, oft bedauere ich, daß es so still geworden ist. Vielleicht wird es hier in der dunklen Jahreszeit wieder ein bißchen munterer.

Einen schönen Abend Euch allen
Bruni

[gaertner]

Hallöchen an alle,

es ist seltsam. eigentlich wollen wir alle nach vorn. eigentlich wollen wir alle das alte behalten. leider ist ein teil davon unwiederbringlich verloren. dann kam die zeit, wo hier im internet , im forum, in der virtuellen welt eine kleine neue zuflucht, ein neues leben , ein miteinander entstanden ist. ich habe gearbeitet und auf den abend gewartet, ihn herbeigefiebert, weil hier die menschen mit mir gedanken ausgetauscht haben, die ich brauchte, um nicht "vor die hunde" zu gehen. ja , ich weiß nicht , wer und was mich getröstet hätte, wenn nicht DIES hier.

jetzt sitze ich hier, sonntag früh, einer der schlimmsten stunden ,die mir VOR dem neuen leben passieren konnten. ja , unabänderlich kam das nächste wochenende, einsamkeit, leere. im umfeld wenig, die wirklich helfen konnten, manche hilfe konnte auch ich nicht immer ertragen , so gut war sie gemeint.

also ran an die virtuelle welt, eingeklinkt, vielleicht sogar eine flucht vor der so großen einsamkeit in den eigenen vier wänden. und zugehört, kommuniziert in beide seiten , selber viel von sich preisgegeben an "wildfremde" , die einen näher waren und noch immer näher sind wie manche menschen aus dem alten leben.

ja und jetzt sitze ich hier, möchte mich mitteilen, einen kleinen beitrag schreiben und kann mich kaum konzentrieren...

....................... DAS LEBEN GEHT WEITER !.........................

Meine Frau schafft in der Küche, die große Tochter verbreitet die von ihr erwartete Hektik, hin her , hoch ins zimmer, telefon , ja , ist wieder da , Telefon für dich , ja, brüllt es von oben zurück , kann grad nicht......., der große sohn kommt grad , ist noch kaffee da...., telefon , nein der kleine sohn ist nicht da , schläft bei einem freund, andrea singt laut rosenstolz..................., ja , das leben hat uns wieder.

es gibt neue probleme, ja, sie werden nie aufhören. das leben macht die unsinnigsten wendungen. hatte geplant, mir anfang winter neue winterreifen zu kaufen, die alten hatte ich einfach den sommer über weitergefahren , da sie für einen weiteren winter dann zu wenig profil gehabt hätten.

ja , soweit der plan. dann gestern rückwärts gefahren, einen roller touchiert und dann , pffffffffft......, ein reifen platt. der roller ganz. mein reifen platt. ersatzrad raus, drauf, ja , werd ich wohl die geschichte mit den neuen reifen komplett überdenken müssen. WIESO ist das mir passiert ? WAS für eine schuld habe ich schon wieder zu büßen , daß ausgerechnet MIR das jetzt passiert ?

und diese gedanken , die vor nicht ganz so ferner zeit mich wochen zum grübeln gebracht hätten , die waren gar nicht da. SO IST ES HALT. ES IST PASSIERT.

auch nur entfernt der gedanke, es gab schlimmeres und wird auch immer schlimmeres geben. entfernt deswegen, weil es nicht wirklich wichtig ist. genauso wenig, wie der film , den ich durch zufall in der vorschau gesehen habe und dann doch keine zeit für selbigen hatte. genauso wenig, wie der brief vom anwalt, der sich jetzt um bestimmte teile meines alten lebens kümmert.

Wirklich WICHTIG ist, das unser leben weiter geht , wieder für uns, für mich persönlich einen sinn hat. dazu gehört an erster stelle, ich will glücklich sein,
ich darf das jetzt !!!!! und ich will dann als zweites, das es denen gut geht und das die glücklich sind, die jetzt mein leben mit mir teilen , dir mir ein neues, ein fantastisches ZU HAUSE gegeben haben.

Ja, es ist immer noch schön und wichtig hier zu lesen , auch mal zu schreiben.

doch die wertigkeit hat sich wirklich verschoben. nicht die wichtigkeit. es steht nur nicht mehr an erster stelle und ich persönlich finde DAS sehr gut.

es wird ein hinterbliebenen-thread bleiben. ich werde und will nicht vergessen, wo ich herkomme, welchen weg ich gehen mußte, um jetzt hier anzukommen. mir tut es nach wie vor gut, hier mitzulesen und ich merke , wie mich immer mehr freude packt, wenn ich lese, daß es einigen ähnlich geht wie mir. die freundschaften , bekanntschaften hier weiter pflegen , auch mal zu schreiben , wenn einem das Altstadtfest gefallen hat und man sich gefreut hat , gelacht , neue bekanntschaften geschlossen hat. der hinweis, daß dies das alte leben nicht ersetzt muß gar nicht kommen , da es doch uns allen klar ist.

stammtisch. klönen. reden. lachen. erinnern. weinen. pläne machen. vielleicht sogar mal rat bei dem einen oder anderen suchen. nicht nur beteuern, daß schokolade bei vielen dingen hilft
....... halt leben.
auch daß oder genau daß darf ich jetzt.

euch allen einen wunderschönen sonntag.

[Anemone]

Hallo Andrea, Bruni, Gaertner und alle anderen,
ja, Ihr habt Recht - wir sind und bleiben Hinterbliebene, egal ob es nun einen Monat, ein Jahr oder wie lange auch immer her ist, dass wir uns verabschieden mussten.
Ihr habt auch Recht mit der Feststellung, dass es nie mehr dieses frühere Leben geben wird. Und Ihr macht mir mit Eurem Optimismus und der Zuversicht, die von Euch ausgeht, Hoffnung, dass auch ich in meinem neuen Leben irgendwann Wurzeln schlagen werde.
Vielleicht dauert es bei mir einfach länger, weil ich älter bin. Wenn man die Kinder noch im Haus hat, ist immer was los. Das ist einerseits anstrengend, andererseits aber auch schön. Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, als unsere Kinder öfter Übernachtungsgäste mitbrachten - besonders an den Wochenenden - und mein Mann meinte, er komme sich manchmal vor, als würde er in einer Jugendherberge leben. Aber schön wars und meistens auch ziemlich lustig.
Vielleicht kommen deshalb meine erwachsenen Kinder mit ihren Kindern immer noch gerne zu mir. Wenn das Haus voll ist, gehts mir am besten. Schlimm ist es, wenn sie gehen, und es wird wieder ganz still. An diese Stille habe ich mich immer noch nicht gewöhnt.
So - jetzt hab ich mal wieder den Stammtisch ein bißchen geschubst.
Kommt gut durch den Rest der Woche.
Liebe Grüße,
Anemone

[Wolke]

Hallo ihr Lieben,

ja Andrea hat es schon gesagt, als Töchter hatten wir oft das Gefühl nicht ganz hierher zu gehören und auch nicht wirklich helfen zu können. Dennoch gucke ich immer wieder rein und lese alles, was hier los ist, wenn ich auch wenig schreibe.

Nächste Woche ist es wieder so weit. Der 11.09. Für viele Menschen ein prägendes Datum, für mich quasi doppelt prägend. Ist es erst zwei Jahre her oder schon? Ich weiß es nicht. Ich glaube im Grunde kommt es mir schon sehr lange her vor. Das mag aber auch daran liegen, dass die Krankheit, damals noch unerkannt, meine Mutter schon vorher schleichend verändert hat. Ich hab im Nachhinein gesagt, dass war ein Abschied auf Raten, auch wenn man mit diesem Ende bis zur letzten Sekunde nicht gerechnet hat.

Die neue Partnerin meines Vaters verhält sich oft sehr zurückhaltend und mich stört es immer mehr. So musste ich neulich für eine Nacht ins Krankenhaus zur Beobachtung. Mir war es vorher schon klar...sie fuhren zusammen vor, doch sie blieb im Auto sitzen. Erst nachdem ich aus dem Fenster rief kam sie mit hoch. Am traditionellen gemeinsamen Sonntagsessen will sie nicht teilnehmen. Es ist Familientradition, da hat sie nichts zu suchen. Sagt sie. Für kommenden Sonntag hab ich sie und meinen Vater zu uns eingeladen, da mein Freund Geburtstag hatte. Sie musste überredet werden.

Hat sie Angst, dass ich meine sie drängt sich in eine Rolle, in die sie nicht soll?

Sie ist selbst Witwe und sollte doch eigentlich wissen, dass niemand jemanden ersetzen kann.

Für mich ist sie einfach die Frau an der Seite meines Vaters. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Diese Zurückhaltung verwirrt mich jedenfalls und ich weiß nicht so richtig damit umzugehen. Sehen wir uns, ist sie immer freundlich und bemüht. Ich bin etwas ratlos.

Jedenfalls freue ich mich immer, wenn sich im Stammtisch was tut, auch wenn ich hier nicht so oft sichtbar bin.

Liebe Grüße Wolke

[Schnucki]

*malkurzreinschnei*

[quote]Immer wenn das Radio eine Weile vor sich hindudelt und ich 3 Takte von einem Lied höre, lege ich einen Spurt ein, um wirklich jedes Radio aufzudrehen und mich in dieses Wochenende zurück zuversetzen.
[quote]

Liebe Blue,

ich hab gerade von Dir und den Liedern im Radio gelesen und muß Dir schnell was schreiben.

Meine Mutter ist vor 3 Wochen verstorben. Gegen Ende ihrer Krankheit hab ich mir einen Traum erfüllt und Gesangsunterricht angefangen. Ich sollte mir ein Lied aussuchen. Nachdem mein Mann Musiker ist, hab ich ihn um Hilfe gebeten, er blieb bei den Carpenters hängen.

Yesterday once more - da wird genau beschrieben, was "sie" fühlt, wenn sie die alten Lieder im Radio hört. Genau das Lied hab ich mir ausgesucht, weil auch ich immer wieder zum Radio laufe, um lauter zu machen.

Nun darf ich das Lied singen .... es wird noch dauern, bis es perfekt ist - aber es wird schön langsam.

LG

Astrid

[Blue]

Hallo zusammen,

es handelte sich dabei um ein Lied der neuen Zeitrechnung und seltsamerweise singt es mein Schwager, wann immer ich zur Tür reinkomme. Ich höre in dem Lied soviel „ich darf das jetzt“ und es wird mich immer an ein wunderschönes Konzert erinnern, das ich mit 2 lieben Menschen besucht habe. An einen Abend, eine Nacht in der alles so richtig war. Rosenstolz kam auf die Bühne und das erste Lied war mein Lied. Es war der Auftakt zu einem schönen Sommer, tatsächlich der 3. ohne Jürgen.

Leider kenne ich „Yesterday once more“ nicht, werde ich morgen nachholen, heute mag ich nicht mehr.

Unsere Lieder höre ich zufällig, wenn das Radio vor sich hinduddelt. Doch, auch da drehe ich lauter und rechne in Gedanken, wie lange ist das schon her? Ich höre seine CD’s nur, wenn ich mal wieder ein Lied suche, weil es in meinem Kopf summt – aber nie die ganze CD. Stimmt nicht ganz, die CD die Jürgen zuletzt in seinem Auto hörte, die habe ich im Moment im Auto. Eine CD ganz untypisch Jürgen. Und noch immer gilt, in jedem guten Liebesfilm darf van Morrison nicht fehlen, ja, das gilt noch immer.

Nach einem schönen Sommer bin ich jetzt ein wenig auf Talfahrt. Mich grusselt es vor der dunklen Jahreszeit, vor dem kalten Winter. Bin hilflos gegen die ständige Übelkeit, der bleiernen Müdigkeit. Ich bin einfach schlapp und habe Gedankengewirr in meinem Kopf, dreh mich nur im Kreis. Vielleicht zu schnell gelebt, vielleicht ist es die Zeit. Es geht vorbei, klar.

Grüßle
Bruni

[AndreaS]

Hör auf, dich zu wehren, hör auf so viel abzuwägen. Du darfst das jetzt und immer, du solltest es wissen, hab es so oft gesagt, sage es nicht, wenn ich es nicht so meine. Nach einem schönen Sommer kommt ein schöner Winter. Dunkelheit hat immer etwas Schwermütiges, klar, die Gedanken sind präsenter. Aber das Unwohlsein ist nicht der Preis für einen schönen Sommer, egal wie schnell er gelebt war. Nein, ich bin sicher, wie ich es dir gesagt habe, es ist der Preis für ein wunderschönes Leben, das wir nicht mehr leben dürfen, egal wie schön unsere Sommer auch in Zukunft sein werden. Das Unwohlsein der Preis für die Liebe und es würde uns fehlen. Kann man es uns nie recht machen? Zicken? Nein, und hier fällt mir ein wunderschöner Satz meines Seelchens ein: Aus der Liebe gerissene Frauen, DAS ist es, das wird niemals aufhören.

Ja, auch der Winter wird schön Brunilein, bei Kerzenlicht. Und auch wenn Eigenlob stinkt: Meine Weihnachtspasteten MUSST du einfach ausprobieren

Kommt alle gut durch die Nacht und lasst es zu, egal ob Lachen oder Weinen, es gehört zu uns, nein, nicht verbiegen, wir sind jetzt, wir sind hier und wunderbar, wenn wir in Flammen aufgehen können, wenigstens hin und wieder.

LG
Andrea

[Schnucki]

Hallo Blue,

wenn Du das Lied mal hören möchtest: http://www.youtube.com/watch?v=G5NZI8NmBLA


Hier der Text dazu. Den Text finde ich eben so passend:

Carpenters - Yesterday Once More

When I was young
I'd listened to the radio
Waitin' for my favorite songs
When they played I'd sing along
It made me smile

Those were such happy times
And not so long ago
How I wondered where they'd gone
But they're back again
Just like a long lost friend
All the songs I loved so well

(*) Every Sha-la-la-la
Every Wo-wo-wo
Still shines
Every shing-a-ling-a-ling
That they're starting to sing's
So fine

When they get to the part
Where he's breakin' her heart
It can really make me cry
Just like before
It's yesterday once more

Lookin' back on how it was
In years gone by
And the good times that I had
Makes today seem rather sad
So much has changed

It was songs of love that
I would sing to then
And I'd memorize each word
Those old melodies
Still sound so good to me
As they melt the years away

Repeat (*)

All my best memories
Come back clearly to me
Some can even make me cry
Just like before
It's yesterday once more

Repeat (*)

LG

Astrid

[AndreaS]

Musik, gibt es etwas, was Erinnerungen und Gefühle mehr hervorrufen kann?

Die Lieder aus dem alten Leben. Wieviel Schmerz können sie schlagartig hervorrufen, sie locken das Tier. Das "weißt du noch?" ja, es tut oftmals furchtbar weh. Die Texte, die man hundertmal zuvor gehört hat, plötzlich haben sie einen ganz anderen Stellenwert, man ist plötzlich wieder in der alten Zeit

It's yesterday once more

Und ebenso können Lieder einen anspornen, dich mitreißen, Mut machen. Klar nach fast drei Jahren gibt es ganz viele wichtige Lieder, die wir nie zusammen gehört haben. Hätte mein Mann sie gehört, ich denke die meisten eher weniger. Aber sie haben geholfen, haben mich angestoßen, weiterzugehen. Die Texte, jeder hört wahrscheinlich für sich etwas anderes heraus. "Auch im Regen..." niemals werde ich dieses Lied hören, ohne meine Gedanken südlich zu schicken. "Lachen, hast du mir gesagt" immer wenn ich es höre, bin ich mir sicher, dass dieses Lied eine Botschaft meines Mannes ist. Und im Augenblick läuft eine CD die gelaufen ist, als mein Leben nach dem Tag X eine entscheidende Wendung genommen hat. Immer werden die Melodien darauf mich an diesen Abend erinnern.

Lachen, Seelenreinigung, möge der Tag euch den ein oder anderen Grund schenken, zu lachen. Möge die Musik, die ihr heute hört, gute Erinnerungen, Hoffnung schenken.

Kommt gut durch diesen herbstlichen Samstag und DU pfleg deinen Muskelkater

LG
Andrea

[AndreaS]

@Bruni: ich wage mich nun auf dünnes Eis. Habe unendliche Wut in mir. Von einem Moment auf den anderen. Warum habe ich den Brief geschrieben? Warum reiche ich die Hand? Sie haben keine Ahnung, wie weh es immer noch tut, wie alleine ich war, wie schwer es ist, weiter zu machen. Mein Gott, ich hatte fast vergessen, wie sich diese Wut anfühlt. Meine Schwiemu geht mit. Kannst du dir vorstellen? Sie, meine Schwägerei und wir, einträchtig und die anderen können sich das Maul zerreißen. Dies vermeintlichen Freunde, diese Nichtswisser, diese Ignoranten. Und sie wird es auch noch treffen!

Boh, sorry!

Andrea, total aus dem Häuschen, mal wieder

[Blue]

Hallo zusammen,

klar kenne ich das Lied, klar. So war es schon im anderen Leben, höre den Titel und kann es irgendwie nicht zusammenbringen, höre ich das Lied – klar. Musik ist mir wieder sehr wichtig geworden, kann mich ein wenig rausreissen und klar, die alten Lieder machen oftmals traurig, wehmütig. Und gerade deshalb brauche ich Musik wie die Luft zum atmen. Da hab Ihr Euch ein schönes Lied ausgesucht.

Muskelkater kommt wohl. Ist vielleicht auch nicht die beste Idee mit Musik im Ohr das Obst von der Wiese einzusammeln und dabei noch schön im Takt bleiben. Doch, ich habe den Mitstreitern heute ein einmaliges Konzert gegeben, vollgepackt mit Nachdenklichkeit und Übermut. Vielleicht fürs zuhören ein bißchen fade – nur mit meiner Stimme und so ohne Musik – aber nach viel zu wenig Schlaf und Streß am frühen morgen mussten sie das einfach aushalten.

Gutgelaunt bin ich bei meiner Mutter eingetruddelt, geheimnisvoll erzählte sie mir von einer Frau die angerufen und mit der sie sich so nett unterhalten hat. Sie wollte mich erreichen und versucht es nun schon 3 Wochen. Der Zettel flatterte vor mir auf den Tisch und ich hatte sofort und umgehende sooooo einen Hals. Die Haken Andrea.

Tja. Auch so eine Freundin aus der Schulzeit. Vielleicht von 15 Jahren hatten wir zuletzt Kontakt. Ist eingeschlafen, ja, warum? Weil mein Leben anders war als ihres. Nein, ich hatte kein Kind, ja, ich bin noch mit Jürgen zusammen. 2 so verschiedene Leben und bei ihr nicht wirklich Interesse am im Kontakt bleiben, ok, bei mir auch nicht so sehr. Jetzt hat sie von Jürgen gehört und würde sich gerne unterhalten. Den Rest verkneife ich mir. Haken dran – aber mit Edding.

Doch Andrea, der Brief ist wichtig für Dich, vom ansteckend sein, von den Gefühlen wenn das Leben in Trümmern liegt, von der Fassungslosigkeit und wie sehr das alles noch immer weh tut. Doch Andrea, wichtig. Du hast die Hand gereicht? Ja, das hast Du wohl, aber ohne Dich zu verbiegen, bist Dir treu geblieben. Und jetzt begebe ich mich aufs Glatteis. Du hast noch keine Reaktion bekommen. Hast Du denn eine erwartet? Dreh es um, schau es Dir von der anderen Seite aus an, les es noch einmal, alles. Ich kann Dir nicht sagen, ob ich sofort reagieren würde, kann Dir nicht sagen, ob ich ein wenig später reagieren würde – aber als erstes müsste ich es ganz sicher …mal wieder sacken lassen.

Ihr geht zu diesem Straßenfest und Ihr 3, nein Ihr 4 drückt soviel ohne Worte aus. Die Verbindung zwischen den beiden Leben. Egal ob eine Reaktion kommt, es ist egal. Du hast es formuliert, hast es somit endlich mal ausgesprochen. Schlimmer kann es doch nicht werden.

Erinnerst Du Dich an den besonderen Zauber? Nein, nicht umdrehen.

Ich stecke meine alten Knochen jetzt in die Badewanne und werde ganz sicher so schnell nicht wieder rausgehen. Hab ich doch tatsächlich noch die Hoffnung, daß es nicht sooo schlimm wird mit dem Muskelkater vom auf und nieder und einmal im Kreis. Weil eben morgen werde ich diese wunderbaren Treppen rauf und runter rennen müssen und so ein Muskelkater im Hintern ist nicht wirklich angenehm beim Treppensteigen.

Na denn, einen schönen Abend zusammen

Grüßle
Bruni