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  #1  
Alt 29.03.2008, 20:42
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
wenn Du mich jetzt sehen könntest, würdest Du schimpfen. Du wolltest nie, dass ich weine und schon garnicht um Dich.
Heute vor 2 Wochen warst Du schon nichtmehr bei Bewusstsein, die Ärztin auf der palliativstation hatte Dir bereits morgens wieder einmal Morphium gespritzt, weil Du so Angst und Schmerzen hattest. Es war aber doch Dein 39.Geburtstag und ich wollte mittags kommen und wir wollten doch noch ein bisschen feiern. Aber unsere Mom hat Dich, weil sie wie immer keine Ruhe hatte, schon morgens besucht und es ging Dir schlecht. Wie bist Du nur in den Rollstuhl alleine gekommen?? War es ein letztes Aufbäumen? Hast da im Rollstuhl gesessen mit dem Kopf an der Wand und nach Luft geschnappt.Na, ich weiss, Du wolltest bestimmt wieder rauchen... War ja auch das letzte, was Dir geblieben war. Aber unsere Mom und die Pflegerin haben Dich sofort ins Bett verfrachtet.Dein letztes Wort war zu unserer Mom: Durst! Hast aber nur einen kleinen Schluck aus der Schnabeltasse getrunken. Und als ich mittags kam, warst Du schon weit weg... Ich hatte noch Deine Cornflakes mitgebracht und ein Blümchen... Hast Du ja nichtmehr gesehen.
Weisst Du noch unsere Gespräche in den Tagen vorher? Es war für mich und für Dich so wertvoll. Aber es tut mir wegen dieser Nähe, die wir auch schon vorher hatten, jetzt nochmal so weh. Warst immer so tapfer und wenn mal kurz nicht, hast Du vor unserer Mom geweint. Und ich bin so stolz auf Dich... Und Du hast mir Dein letztes Lebenszeichen gegeben, hast mir die Hand nochmal gedrückt, und dann hast Du Dich bis zum Schluss nicht mehr bewegt. Nein, stimmt nicht, als ich aufstehen wollte, um mich auf die Couch zu legen , war ja auch müde, habe ich Dir über den Kopf gestreichelt, und da hast Du ganz kurz Deinen vorher regungslosen Kopf ein wenig zu mir gedreht und hast aufgehört zu atmen. Mein Gott, war das schön und schrecklich. Und dann hast Du Dich innerhalb von Minuten so verfärbt...
Ich werde Dich immer lieben
Heute hat Tante Irene nach einigen von Deinen Sachen gefragt, vor allem war sie an Deinem Computer interessiert... für Ilona. Ich verspreche Dir, dass Dein geliebter Apple Computer nur in Hände kommt, die es auch zu schätzen wissen... Das bin ich Dir schuldig
Junge, hoffentlich bist Du jetzt in der Welt, an die Du immer geglaubt hast, die besser ist als diese...
Ich liebe Dich, Deine sister Ute
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  #2  
Alt 30.03.2008, 05:30
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
ich bin es wieder, kann nicht schlafen. Ich habe Angst, so langsam wird es mir richtig bewusst, dass Du nicht mehr wiederkommst. Richtig weinen konnte ich noch nicht, habe ja schon fast 3 Jahre von Dir Abschied genommen. Was es so schwer auch macht, wie kann eine solche Krankheit einen Menschen so zerstören? Für unsere Mom war das schlimmste, dass Du zuletzt noch ins Hospiz solltest. Da ist sie ja fast zusammengebrochen und Du hast dir Sorgen um Sie gemacht. Aber klar, Du musstest doch schon Dein geliebtes Irland verlassen, bist bei Ihr oder mir gewesen und hast dann eine kleine Wohnung bekommen, die Du jetzt auch wieder verlassen solltest. Aber am nächsten Tag war sie ja wieder besser drauf und Du warst froh.
Diese besch... Krankheit hat alles weggenommen, zuletzt warst Du wie ein kleines Kind.Hat Dich, als es Dir in Irland so gut ging, einfach ausgebremst und gesagt: Schluss und aus, jetzt ist genug! Hat Dich soweit gebracht, dass Du die letzten Wochen froh und glücklich warst, wenn ich Dich gestreichelt habe. Wer hätte das mal gedacht? Weisst Du noch, als Du damals operiert wurdest? Da hast Du Dir noch Gedanken um Deinen Bauch gemacht: hoffentlich kann ich wieder mit einer Badehose an den Strand... Wie lächerlich das heute wirkt. Dein schöner Körper, worauf Du immer so stolz warst, war ja so verändert. Abgemagert, dicker Bauch, Wasserbeine und Arme wie Streichhölzer. Aber damit hattest Du Dich abgefunden: Hauptsache, ich habe keine Schmerzen. War am Schluss ja nicht mehr so. Da konntest Du noch nichteinmal an Deinem heissgeliebten Computer sitzen, nur im Bett liegen...
Alexander, ich muss jetzt schlafen, bitte hilf mir, ich glaube, so langsam kriege ich den Keulenschlag....
Deine sister
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  #3  
Alt 30.03.2008, 16:06
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,

heute geht es uns ganz schlecht, wir waren auch mal wieder in Deiner Wohnung und anschliessend haben wir eine Grabstelle für Dich ausgesucht. Ich hab drauf geachtet, dass Du erst ab mittags Sonne hast, warst ja immer so ein Morgenmuffel.Die Urnenbeisetzung und Trauerfeier ist nächste Woche Dienstag, uns graut es so davor. Du würdest sagen, was soll das? Ist doch nur für die anderen. Stimmt, wir haben ja schon im Krankenhaus unseren Abschied gehabt.
Mom hat sich so über Tante I. aufgeregt, die hat doch schon tante Klara gesagt, der Norbert solle mal gucken, was wir für Dein heissgeliebtes Saxophon bekommen. Spinnt die? Als wäre das jetzt wichtig... Das hat Mom natürlich erstmal klargestellt. Morgen gehe ich wieder arbeiten, es muss natürlich weitergehen und Du wolltest doch immer, dass ich auf Dich keine Rücksicht nehme. Bitte hilf mir und gib mir Kraft.
Deine sista Ute
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  #4  
Alt 31.03.2008, 20:40
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
heute war ich arbeiten und es hat mir eigentlich gut getan. Aber als manche Kollegen mich dann in den Arm genommen haben, war es vorbei. Als erstes musste ich das Holzkästchen in den Schrank stellen. Das hast Du mir noch auf dem Weihnachtsmarkt besorgt, aber dann musstest Du sofort nach Hause... da kamst Du gerade aus der Schmerztherapie und konntest ein bisschen laufen. Irgendwann hole ich es wieder raus und halte es in Ehren.
Heute haben wir die Trauerkarten geschrieben, d.h. ich, denn Mom war so nervös, hat zwei Briefmarken kapputt gemacht und fast einen leeren Umschlag weggeschickt. Da war ich auch so gereizt, na ja, sind wir alle.Und morgen kommt der Trauerredner. Dem werde ich von Deinem geliebten Irland erzählen.
So, mache jetzt Schluss. Bitte sehe ein wenig auf unsere Mom, wenn da was passiert, lande ich in der Klapsmühle.
Junge, machs gut. Bist Du schon angekommen?
Deine sista
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  #5  
Alt 02.04.2008, 22:36
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
wir schaffen jeden Tag ein kleines Stück mehr, auch wenn es schwerfällt. Gestern war der Trauerredner da, sehr sympathisch, und die Worte kamen nur so aus uns raus. Leider mussten wir auch zugeben, dass Du immer sehr stur, eigensinnig und nachtragend warst. Weisst Du noch unseren grossen Streit vor 12 ! jahren... Na ja, wer hat keine Fehler? Ich habe ihm auch von unseren Gesprächen bzgl. Gott und Glauben erzählt, die wir anfangs Deiner Diagnose hatten, als Du in Cork im Krhs. lagst. Mein Gott, wie lange ist das schon her? Kann man nicht glauben.
Auf der Arbeit ist es schwer. Muss mich immer zusammenreissen, morgens geht es aber so ab mittag fällt es immer schwerer, weil es soviel Kraft kostet. Immer kommen bestimmte Augenblicke in mir hoch. Und nachmittags bin ich am Ende, ich fange an zu zittern und mir ist schlecht. Hilf mir da bitte. So, mache Schluss, aber muss Dir noch sagen, gestern und heute wärst Du auf Deine Mom stolz...
Ich vermisse Dich
Deine Sista
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  #6  
Alt 05.04.2008, 21:46
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
heute haben wir Deinen Grabschmuck ausgesucht, Lilien und Rosen. Von Tante I. bekommst Du ein riesen Herz und auch von Günter mussten wir was bestellen. Weisst Du was, eben kam eine Email von Andre. Er, Frank und Michael wollen am Dienstag auch kommen. Da musste ich erstmal weinen. Ihr vier wart früher immer soviel zusammen, es gab nur Party und Urlaub... Es ist so eine schwere Zeit. Am Nachmittag habe ich Deine Nachmieterin kennengelernt, eine nette ganz junge Studentin. Du würdest Dich freuen, dass bald endlich mal Leben in Deiner Wohnung ist. So wie Du nicht mehr konntest. Es tut mir so leid. Ich versuche, immer daran zu denken, dass es Dir nun besser geht und dass Du das Leben, dass Du zuletzt führen musstest, nicht wolltest. Aber ich vermisse Dich.
Es tut weh, in die Wohnung zu gehen und Dein Leben nach und nach aufzulösen. Die ganzen Erinnerungen... Heute hab ich Deinen Plattenspieler eingepackt. Erinnerst Du Dich, wie wir beide vor nicht langer Zeit noch von David Bowie: Wild is the wind gehört haben. Du lagst im Pflegebett und ich daneben auf der Couch. Das waren so intensive Momente, die werde ich nie vergessen.
Ach Junge, heute muss ich viel weinen. Bitte bitte hilf uns am Dienstag
Deine Sista
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  #7  
Alt 06.04.2008, 23:01
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
ich glaube, es wird immer schlimmer. Ich finde keine Ruhe und ständig habe ich irgendwelche Momente im Kopf. Bin froh, wenn wir nicht mehr in die Wohnung müssen. Was hast Du bloss alles gesammelt??? Hast Du mit nach Irland genommen und wieder mit hierhin. Heute hatte ich das Zeugnis von Ford und von Sinius in der Hand, man, da war ich aber stolz auf Dich. In einer Kiste waren noch Photos von Deinen letzten Urlauben in Mexiko und Kuba, Du manchmal mit langen Haaren, weisst ja, dass mir das nie so gefallen hat. Aber wir haben noch ein Passbild gefunden, kurz vor Deiner Erkrankung, da musste Mom weinen. Hat sie mitgenommen und eingerahmt. Steht bei ihr auf dem Couchtisch und werden wir noch am Dienstag mitnehmen. Warst ja immer der Schönste von uns allen in der Familie. Deine grossen blauen Augen, die blonden Haare und die römische gebogene Nase. Du fehlst so.
Morgen werde ich ja 45. Deine alte Schwester. Ob Du an mich denkst? Am liebsten will ich gar keine Glückwünsche, feiern ist ja im Moment eh nicht. Ist es ein Glück, 45 zu werden? Wahrscheinlich schon, denn Du und soviele andere konnten es nicht werden. Ist sehr traurig, wenn man die vielen Schicksale liest.
Bitte pass übermorgen auf uns auf. Ich umarme Dich
Ute
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  #8  
Alt 06.04.2008, 23:31
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
das Wichtigste hätte ich fast vergessen... hast Du mir vorgestern den Traum geschickt? Du weisst, als ich von der Trauerfeier geträumt hatte??? Ich stand ganz weit oben und habe auf ein schönes Flusstal hinuntergeschaut, so ähnlich wie am Rhein oder der Mosel. Alles war friedlich und vor allem, es war heller Sonnenschein und blauer Himmel. Und dann habe ich das gegenüberliegende Ufer nah angesehen, da gingen grosse Tiere, überdimensionale Kamele und Tiere, die zur Hälfte wie Kamele aussahen und zur anderen Hälfte wie? Dinosaurierer? Aber mit dichtem Fell. Die Tiere gingen so friedlich hintereinander her. Vor allem dieses helle Sonnenlicht hat mich so irritiert, wann habe ich das letzte mal von Sonne geträumt? Aber wahrscheinlich bin ich mittlerweile echt verrückt...
Ich schlafe jetzt besser
Ute

Geändert von Ute K. (06.04.2008 um 23:34 Uhr)
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  #9  
Alt 08.04.2008, 23:09
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
ich bin so müde aber möchte Dir danken, dass Du heute auf uns aufgepasst hast. Gestern war ich so nervös und heute erst...um 12 h waren Deine ganzen Tanten und Onkels u.s.w. da, um 13.30h war ja die Feier. Ich wollte weglaufen, einen Moment dachte ich, ich packs nicht und war am zittern. Aber dann waren Mom und ich so "cool" und haben alle am Friedhof begrüsst, es waren so viele da, sogar Th...s und Eric und Micha und Frank, mann, das hat einiges aufgewühlt. Und Elke, Hartmut ( musste danach sofort weg auf eine Konferenz..., war aber eine so nette Geste, dass er kam), und Karin und Brigitte und und und. In der Trauerhalle wurde alles so liebevoll geschmückt und ganz viele Kerzenlichter und vieles in Blau, Deiner Lieblingsfarbe. Und das schöne Bild von Dir,das andere hab ich noch dazugestellt. Der Redner hat so schön gesprochen, alle waren begeistert. Nur einmal hatte ich Mühe und hab richtig geheult, aber dann ging es. Danke, Junge, ich bin so traurig, hab noch nicht realisiert, dass Du wohl niemehr wiederkommst. Mom hat heute sogar mal Parfüm aufgelegt, extra für Dich. Hast Du gesehen, was Du uns bedeutest? ich gehe jetzt schlafen, muss Ruhe haben und ein bisschen weinen
Lass es Dir gutgehen, da, wo Du jetzt bist
Ich hab Dich lieb
Deine Sista

Geändert von Ute K. (08.04.2008 um 23:11 Uhr)
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  #10  
Alt 09.04.2008, 22:39
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
heute haben wir Dir ein Licht gebracht, damit Du unterwegs was siehst. Ich hab so das Gefühl, dass Du noch auf der Reise bist aber dass das Ende für Dich schön sein wird. Jedesmal, wenn ich mir wünsche, dass Du wieder hier bist, habe ich ein schlechtes Gewissen, denn das würde doch bedeuten, dass Du nicht glücklich bist und leiden musst.Und es behindert Deinen Weg. Gesund werden ging ja leider nicht mehr. Mom glaubt nicht an sowas, aber ich habe mit Vera z.B.auch über den Traum gesprochen. Andere können einen ja für verrückt halten. Ich bin mir ziemlich sicher, Du hast mir den Traum geschickt. Oder noch jemand anderes? Muss noch viel nachdenken über das Leben nach dem Tod und Gott u.s.w., hatte ja schon immer meine Vorstellungen. Aber bestimmt werde ich für mich eine Antwort finden.
Darf ich Dir sagen, dass Du mir fehlst? Aber nur, weil ich Dich lieb hatte und nicht, um Dich aufzuhalten.
Mach Dir keine Sorgen, ich werde nicht verrückt, sind halt nur die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, will nur, dass es Dir besser geht. Ich denke, wenigstens Du verstehst das.
Deine Sista
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  #11  
Alt 11.04.2008, 20:26
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
morgen werden die letzten Sachen aus Deiner Wohnung geholt. Einen Teil bekomme ich, Du weisst schon, welche... ich hoffe, dass wir nächste Woche nicht mehr dahin müssen, es ist nämlich verdammt schwer, dort zu sein und Du bist nicht mehr da. Hast Du die Tulpen gesehen, die ich Dir gebracht habe? Wird ja langsam Frühling. Obwohl mir so oft die Tränen kommen und ich sie runterschlucken kann, kann ich es immer noch nicht fassen, ich habe so Angst vor dem Schlag...
Heute habe ich mich ganz lange mit Frank unterhalten, sein Vater ist ja nun auch nicht mehr da. Ihr seid zusammen eingeäschert worden! Na, ist wohl nicht toll. Er hat jetzt keine Eltern und keine Geschwister mehr und der Hauptteil seiner restlichen Familie ist ja in Indien. Das Gespräch hat mir irgendwie gutgetan. Jemand, der versteht und auch trauert. Auch gestern das Gespräch mit Renate war so wertvoll und mit Karl. Karl kenne ich ja schon 24 Jahre, Du weisst... Komisch, immer die Menschen, die auch jemanden verloren haben... Alexander, ich will nicht jammern, ich bin doch nur so traurig und fühle einen so grossen Schmerz in mir. Es soll Dich nicht belasten, ich versuche nur, alles zu verarbeiten. Pass gut auf Dich auf
Deine Ute
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  #12  
Alt 15.04.2008, 22:36
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
jetzt ist Deine Wohnung fast leer, Du weisst, welche Sachen ich bei mir habe... Mom muss am Samstag nochmal dahin, aber ich nichtmehr, ein Glück! Habe mich umgedreht und bin einfach raus. Gestern und vorgestern war ich nicht bei Dir, aber morgen komme ich. Hast Du die dicke Hummel und die Biene an den Tulpen gesehen, als ich da war? Komisch, im Moment geht es mir relativ "gut", ich fühle mich wie in Watte gepackt. Ich bin froh, dass Du nicht mehr leiden musst. Wenn ich daran denke, wie Du im Januar nach einer wieder mal schlimmen Nacht auf Deinem Pflegebett gesessen hast und so geweint hast? Ein ganz seltener Moment vor mir. Du hast gesagt, wenn es einen Gott gibt, lässt er sowas nicht zu und holt mich. Und eine dicke Träne ist über Dein mageres gelbes Gesicht getropft, ich hab neben Dir gesessen und Dir über Deine Rippen gestreichelt. ich hätte schreien können. Oder als Du zuletzt bei mir gebadet hast und mich gerufen hast, weil Du den Schaum nicht vom Kopf bekamst? Wie ich vor Dir stand und dir geholfen habe. Schamgefühle gab es ja zum Schluss nicht mehr.Ich sehe noch jetzt jede Rippe auf deinem dürren Rücken und den dicken Bauch und die dicken Beine und den kleinen Kopf mit den mittlerweile so abstehenden Ohren. Ich hab nie verstanden, wenn man so blöde sagt, es hat mir fast das Herz gebrochen, aber das waren solche Momente, es hat so weh getan. Oder Weihnachten, wo wir Kaffee trinken waren? Du bist am Tisch fast eingeschlafen und hattest Mühe, wieder ins Auto zu kommen. Oder Karneval, wo Du in meinem Bett lagst, ich stand am Fenster und Du sagtest, oh, wie schön ist die Musik, früher hab ich ja auchmal gefeiert? Und unsere alte Mom war unten und hat Kamellen gesammelt. Und, und... NEIN, Junge, dass will ich nicht mehr für Dich. Dann lieber so. Nur wir müssen mit dem Schmerz leben... Wie kann eine Krankheit einen Menschen so zerstören? Sag mal.
Heute vor einem Monat, am 15., Deinem Geburtstag, warst Du schon nichtmehr bei Bewusstsein, hast Dich auf die Reise begeben. Bist Du jetzt da? ich hoffe es sehr. Pass gut auf... ich muss schlafen, morgen um 7.h ist wieder Dienstbesprechung
Deine grosse sista ute
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  #13  
Alt 22.04.2008, 22:02
Ute K. Ute K. ist offline
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Alexander,
seit gestern ist Deine Wohnung weg, zum Glück. War für Mom auch so schwer, da immer noch hinzugehen. ich wüsste so gerne, wo Du jetzt bist... Vermisse Dich. Ich wünschte, es wäre nochmal so, wie vor Deiner Krankheit. Da hatten wir zwar nicht so viel Kontakt, wie das halt unter Bruder und Schwester ist, aber immer, wenn einer den anderen mal dringend brauchte, war man zur Stelle. Und ich wusste, auf Dich war immer Verlass. Weisst Du noch meine Trennung von B.? da waren wir noch jung und ich bin für 2 Monate wieder zu Euch gezogen und Du hast nie gemeckert, dass ich wieder in unserem/ deinem Zimmer war? Oder als ich so fertig war nach Y? Und bei meinem Umzug hast Du Urlaub genommen, um mir zu helfen. Oder, als ich Dich früher vor meiner Schule in den Kinderhort gebracht habe? Du warst drei und ich neun. Mom musste ja früh am morgen arbeiten gehen. Und diese blöde Kindergärtnerin, vor der man beim Abschied immer einen Diener machen musste, und wenn nicht, durfte man wieder hinten in der Schlange anstehen? Mom hat da öfter gestanden und gewartet, weil Du mal wieder so stur warst...
Ich wusste immer, dass ich Dich sehr liebe,obwohl wir so unterschiedlich waren, aber richtig bewusst wurde es mir erst, als Du krank wurdest und wir mal wieder zusammenhalten mussten. Und das haben wir. Dir ging es doch genauso. ich habe heute einen irischen Reisesegen gelesen, der war unglaublich schön. Passt so gut auf Dich. Den werde ich Dir mal vorlesen.
Hab Dich lieb und viel Glück
Deine grosse Sista
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  #14  
Alt 27.04.2008, 02:31
Ute K. Ute K. ist offline
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Alexander,
heute vor 3 Jahren haben wir die Diagnose erhalten. Samstags bist Du mit dem Flieger angekommen, montags zum Hausarzt (Autoimmunhepatitis?), mittwochs ins Krhs. und freitags nach ERCP das Ergebnis. Nachdem Du ja in Cork seit März zweimal im Krhs. lagst und die blöden auch nach mehreren Untersuchungen nichts genaues feststellen konnten ( oder wollten?). Nachgerechnet hast Du 8 Wochen seit Beginn Deiner Beschwerden verloren. Verdammt viel Zeit. Als Du uns die Diagnose sagtest, ist Mom heulend auf den Flur gelaufen und hat nach einem Arzt geschrien und ich habe im Stuhl gesessen und mich Minuten lang nicht bewegt. Habe mir die Schmutzflecken am Fenster angeschaut.Die Erde hat sich nicht mehr gedreht. Und was hast Du aber alles durchmachen müssen? Welche Angst musst Du gehabt haben? Drei Tage hast Du kaum mit uns gesprochen.
Du weisst, dass ich heute abend mit C. unterwegs war und ich auch mal wieder lachen konnte, aber immer immer kommen Momente und Erinnerungen in mir hoch und ich vermisse Dich so sehr. Es tut so weh, ich möchte so gerne mit Dir reden und mit Dir zusammen die Stones hören oder das andere, was ich nicht so mochte, aber wäre mir jetzt egal.
Du fehlst so
Deine sista
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  #15  
Alt 03.05.2008, 23:22
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Alexander,
heute morgen bin ich aufgestanden und habe sofort gemerkt, dass es mir schlecht geht. Und das schon den ganzen Tag. Warum nur musste das alles so kommen? Warum? Ich weiss, es gibt darauf keine Antwort, aber heute bin ich einfach nur traurig und down. Was musstest Du alles mitmachen? Es tut mir so leid und ich konnte Dir aber doch nichts abnehmen, hätte ich so gerne getan. Viele Dinge gehen mir nicht aus dem Kopf, vor allem unsere Gespräche in Deinen letzten Tagen, wenn ich nur daran denke, wie Du im Rollstuhl gesessen hast... Wie sehr hattest Du Dich verändert. Hattest halt kein Glück. Darum hoffe ich so sehr, dass Du jetzt da bist, wo Du hinwolltest. Es tut so weh, verdammt noch mal. habe zu nichts mehr Lust. Heute habe ich Dir Rosen gebracht, jetzt kannst Du ja nicht mehr sagen, schenkt mir doch mal was nützliches, ich brauche z.B. Lampen... Ich werde Dich nie vergessen mein kleiner Bruder
Deine sista
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