Geht es euch auch so?

[vintage]

Zitat von Yogi 12

Andere Menschen, die selbst bei allem Mitfühlen nicht den Hauch einer Ahnung haben, was so ein brennendes Vermissen bedeutet, lasse ich draußen und versuche solche Kontakte schnell wieder zu vergessen.
Wahrscheinlich ist es gut so, dass sie ( noch ) nicht wissen, wie sich so eine Katastrophe anfühlt, sonst würde man in dieser Welt wohl schnell komplett verrückt werden.

liebe yogi,

ja, du hast es wieder erfasst mit deinen zeilen.
manche muss man sich vom leibe halten.

lg, vintage

[Yogi 12]

Hallo Zusammen,

erst einmal danke für deine Antwort vintage.

Obwohl im Grunde alle Menschen im Laufe des Lebens Leid erleben, fühlt man sich durch den Verlust mit den anderen nicht mehr eins.

Ich möchte meine Trauer nicht klein reden, aber manchmal, wenn ich mir entsprechende Dokumentationen früherer Epochen anschaue, wird mir bewusst, dass das Leben vieler Menschen sehr schwer war.
Die persönlichen Verluste durch Krankheit und Tod waren so zahlreich und alltäglich, dass Trost noch viel mehr nottat, als das heute bei den meisten Menschen in unserer westlichen Welt der Fall zu sein scheint. Dass es im Grunde alle traf, scheint dem Verlust etwas von seiner Schärfe genommen zu haben.

Es ist bestimmt kein Zufall, dass sich viele Trauernde nur noch unter ihresgleichen wohlfühlen können.
Nur wer versteht, was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren, kann einem wirklich nah sein.

Jutta

[Yogi 12]

Neulich in der Trauergruppe konnte ich Gedanken und Gefühle ansprechen, die ich sonst für mich behalte.

Hier werde ich in meinem Denken und Verhalten ernstgenommen, kann darüber reden, wofür zu leben es sich noch lohnt, oder auch nicht...
Niemand maßt sich an, zu wissen was der Verlust für den anderen bedeutet, denn jeder trauert anders.
Es gibt Momente der Nähe zu meinem Mann und ich habe dort genug Zeit, über ihn in all seiner Vielfalt zu sprechen.

Wiederholt träume ich von Ingo - und kürzlich auch von meinem Vater.-
Beide sind an Lungenkrebs gestorben.

Es sind keine schönen Träume.
Trotzdem hoffe ich, dass gerade mein Mann mir im Traum ein Zeichen oder eine Botschaft übermittelt, aus der ich Kraft schöpfen kann, die vielleicht sogar
Gutes bewirkt.





Mein Mann: 12.02.58 - 07.08.2014
Mein Vater: 12.06.35 - 16.08.2010
Meine Mutter: 09.08.32 - 21.02.2014

[Lunaselene]

Das ist schön das du eine Trauergruppe hast. Würd ich mir hier auch sehr wünschen, aber irgendwie findet sich nichts. Ich finds immer ganz spannend wenn mich Freunde fragen: Und wie gehts dir jetzt, ist schon besser? Ich sag dann immer das sich für mich noch nichts verändert hat. Der Alltag funktioniert, aber er funktioniert eben nur...

Träume, die wünsch ich mir immer wieder vorm Einschlafen, aber es kommt nichts. Mehr Erfolg hab ich wenn ich bewußt eine Meditationsmusik höre und versuche ihn zu erreichen.

Die Kraft glaub ich, bekommen wir alle irgendwie, sonst würden wir das gar nicht so bestehen. Woher...vielleicht von unseren Lieben und wir bekommens gar nicht so mit? Ich glaub, gerade wenn sie zur Energie (alles noch mit viel ????) werden, könnten sie das mit Leichtigkeit oder? Ich wünsch es mir auch

vlg und ein schönes Wochenende euch allen!

[Yogi 12]

Die Außenwelt möchte, dass wir endlich wieder Normalität zulassen, als sei im Grunde alles wie immer.

Fragen die ich häufiger höre:
"Kommst du zurecht damit, oder wie geht es dir jetzt"?

Dann denke ich manchmal - natürlich komme ich nicht damit zurecht, werde ich wohl nie, aber ich muss damit leben oder es beenden, aber dafür fehlt mir irgendwie der Mut.

Bei der Standardfrage ist es nicht anders,
es geht mir immer noch nicht gut, weil mein Mann immer noch tot ist.
Es sind einige Gedanken die mir kommen, ich spreche sie aber nie aus, verstelle mich dann und ich spüre einen leisen Ärger.

Was sollen sie schon sagen, sie wissen nicht wie sie sich verhalten sollen, es ist ja meistens nicht recht wenn sie nachfragen.

Ich werfe Ballast ab und will herausfinden, was ich mit meinem Leben anfangen werde....

[Yogi 12]

Heute vor 2 Jahren haben wir erfahren, dass du ab sofort Palliativpatient bist und keine Chance auf Heilung hast.

Die Trauerwellen kommen noch sehr intensiv, doch die Abstände werden größer.
Der Tod ist immer unter uns, er hat aber seinen Schrecken verloren, ist eher ein Übergang in eine andere Dimension.
Angst habe ich nur davor, Schmerz und Leid ausgeliefert zu sein - so wie ich es bei dir erleben musste - ohne es verhindern zu können.

Es ist oft eine Illusion, dass in fünf oder zehn Jahren alles besser ist. Dass Leben ist dann genau wie jetzt auch wieder nur Gegenwart.


Ich bekomme heute lieben Besuch, auf den ich mich sehr freue.


In Liebe

Jutta

[Lunacat_91]

Hallo liebe Jutta,

es tut mir sehr leid, das zu lesen... Ich sende dir ganz viel Kraft!

Kann verstehen, wie du dich fühlst, wenn die Leute dich fragen, ob du "zurecht kommst". Mein Christoph ist im März gestorben und ich werde auch immer wieder so mir nichts dir nichts gefragt, "wie es mir so geht". Eigentlich sollte man mal ehrlich antworten. Das würde die Leute wahrscheinlich verstören... In unserer Gesellschaft ist es ja fast schon Pflicht immer "happy" zu sein. Jedenfalls verstelle ich mich dann auch meistens bzw. antworte gar nicht so richtig auf die Fragen... Es ist so anstrengend, immer eine Maske aufsetzen und Theater spielen zu müssen, um durch den Tag zu kommen.

Ich hoffe, du hattest wenigstens ein paar schöne Stunden mit deinem Besuch.

Liebe Grüße
Lunacat

[Yogi 12]

Hallo Lunacat,

Es ist schwierig für dich, mit der Last fertigzuwerden, dass dein Freund nicht mehr gerettet werden konnte.

Manchmal hilft es hier zu schreiben oder Tagebuch zu führen, um ein wenig Ordnung in dass Chaos zu bringen.
Die Leute sagen Sätze wie "Du kommst schon darüber hinweg", oder "lenk dich ab." Doch das sind leere Sprüche und sie verbergen dahinter nur ihre eigene Angst vor dem Tod.

Heute war ich nicht zufrieden. Widrigkeiten und Enttäuschungen muss ich mit mir alleine ausmachen.
Vieles auf dass ich mich mit meinen Mann gefreut habe werde ich mit ihm nicht mehr erleben.
Ich bekomme keine Antworten auf meine Fragen.

[Yogi 12]

Gestern habe erfahren, dass sämtliche Blutuntersuchungen die gemacht wurden in Ordnung sind.
Dr. G., der ja auch dein Palliativarzt war und den ich sehr schätze, hat alle Ergebnisse auf Anrufbeantworter durchgegeben.
Für mich ist eine gute Gesundheit seit deiner unheilbaren Krankheit nicht mehr selbstverständlich.
Es bricht mir das Herz, wenn ich daran denke, wie sehr du leiden musstest. So gerne hätte ich deinem kranken Körper von meiner physischen Kraft etwas abgegeben.

Du fehlst, ich werde dich immer lieben!

[saverio56]

liebe jutta,

heute bin ich mal auf deiner seite angekommen.
ich schreibe dir ein bischen.

die traurigkeit die wir haben ist wahrscheinlich für immer. es ist etwas
in uns zerbrochen.
ich sage immer zu meinem schatz, wir sind jetzt ein herz das zusammen
schlagen muss. bis jetzt hat es mir ein bischen geholfen.

in der trauergruppe ist es immer gut wenn man über seine gefühle sprechen
kann. das ist bei mir in meiner gruppe genauso. ich bin sehr froh,
das ich den schritt damals gewagt habe und freue mich immer schon
darauf, meine gleichgesinnte zu sehen.

liebe jutta, ich wünsche dir viel kraft für die nächsten tage.
ich melde mich bald wieder.

liebe grüße aus winnenden
sendet dir conny

[Yogi 12]

Heute vor genau 16 Monaten bist du für immer gegangen.

Es war - seit der niederschmetternden Diagnose vor gut 2 Jahren und nach dem du für immer fort warst - oft eine schwierige und traurige Zeit für mich.

Wir haben viel schönes und wertvolles miteinander geteilt.

In den letzten Jahren mussten wir Abschied von meinen Eltern und deinem Vater nehmen , es gab viele leidvolle Momente dabei.
Das Schlimmste und unvorstellbare folgte schon bald, du wurdest von heute auf morgen schwer krank.
Zuletzt hat die Krebserkrankung dafür gesorgt, dass dein Lebenslicht nur noch spärlich brennen konnte und dein Tod eine Erlösung war.

Bis heute schmerzt es sehr, dass du nicht mehr bei mir bist.

Noch immer vermeide ich es Spagetti zu essen, deine Jacke hängt an der Garderobe und unzählige CD`s liegen in den Fächern und erinnern an dich.
Ich schau mir Bilder an, auf denen du schlank,braungebrannt und vor allem unbeschwert bist. Über dir der strahlend blaue Himmel.
Wehmütig denke ich an die guten Tage und bin doch froh, dass wir sie erleben konnten....

Ich trage deine Liebe, dein Wesen und alles was dich ausgemacht hat fest in meinem Herzen.

[vintage]

das hast du so schön geschrieben, liebe yogi!
das liest er und weiß er, das er von dir so geliebt und vermisst wird.

[Yogi 12]

Hallo vintage,

es freut mich sehr, deine lieben Zeilen zu lesen.

Falls wir vor Weihnachten und Neujahr nichts mehr von einander hören wünsche ich dir im neuen Jahr Trost, Hoffnung, schöne Stunden und jeden Tag ein bisschen Glück.

Yogi

[Yogi 12]

Heute war ich wieder bei den Maltesern.

Das Trauercafe ist eine offene Gruppe, in der immer wieder neue Menschen hinzukommen, oder andere der Gruppe fern bleiben.
Obwohl es zwischendurch ungewollte Schweigeminuten gegeben hat kamen wir noch ganz gut ins Gespräch. Der Tag war für mich ausgefüllt.

Es ist aber so, das dieses Angebot mit Anderen ins Gespräch zu kommen relativ wenig genutzt wird. Wir waren heute gerade einmal vier Frauen die zusammen kamen. Für eine größere Stadt wie Dortmund ist das ein bescheidenes Ergebnis, da es nur in wenigen Vororten solche Treffen gibt.

Manchmal sind die Gespräche sehr intensiv und es sind Menschen dabei, die detailliert und ausführlich über ihre bitteren oder auch guten Erfahrungen sprechen können.
Auf mich hinterlassen sie den Eindruck, als sei ihnen die Begegnung mit anderen Hinterbliebenen eine wertvolle Hilfe.

Gerade dann finde ich es schade, dass diese Frauen nicht mehr wieder kommen, obwohl sie es sich fest vorgenommen haben.
Männer finden sehr selten den Weg in die Gruppe.

Ich gehe jedenfalls wieder dorthin, auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass sich dadurch der Freundeskreis erweitert.

Es hat ein bisschen eine befreiende Wirkung, ähnlich wie das Schreiben.

[Yogi 12]

Neulich habe ich mir den riesigen Weihnachtsbaum in der City bei Nacht angeschaut und meine Gedanken waren bei dir.


Es war der 26.11 2013 , der zweite Tag nach der Diagnose.
Wir waren gemeinsam beim Lungenfacharzt, der uns das Röntgenbild mit dem Haupttumor und den unzähligen Metastasen in beiden Lungenflügeln zeigte.

Es war eindeutig, gab nicht mehr viel zu besprechen.
Mir war schlecht vor Schreck und ich konnte es doch nicht glauben.
Die Praxis liegt genau gegenüber des Baumes und du warfst noch schnell einen Blick auf den Riesen.
Dann hast du dir auf dem Weihnachtsmarkt eine Bratwurst gegönnt und es fühlte sich kurz an, als sei alles wie immer, die Krankheit hatte noch keine Macht über dich, noch war die Bodenlosigkeit nicht spürbar....

Dieses Jahr kommt mir der Weihnachtszauber noch unwirklicher vor als im vergangenen Jahr.

Das Zeitempfinden in Bezug auf die Trauer ist merkwürdig.
Meine Gefühle für dich sind immer wieder und immer noch sehr intensiv.
In meiner Erinnerung hast du das Menschliche und Lebendige bis heute bei mir nicht verlassen.