vor 4 Wochen ist meine Mama gestorben

[julesmum]

Hallo,

ich habe seit zwei Wochen mitgelesen und habe erst heute den Mut, selber aktiv zu werden.....
Meine Mama hat am 18.02.05 die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs bekommen und ist vor 4 Sonntagen, am 18 September zu Hause gestorben. Sie durfte nur 58 Jahre hier sein. Ich bin alleinerziehend, meine Tochter ist 6 Jahre alt. Meine Mama wollte nichts mehr, als ihr Enkelkind aufwachsen sehen.......ich habe diese Bilder vor mir, ihre Stimme im Ohr, und doch ist irgendwie die Verbindung nicht da, die ich mir so sehr wünsche. Viele sind sich so sicher, dass die Gestorbenen irgendwo sind, bei uns sind......das wäre so schön......aber ich fühle mich nur alleine.
Ich habe auch keine Kontakte, wo ich darüber gut sprechen könnte.....werde ziemlich hängengelassen und mein Papa zieht sich auch in sich zurück habe ich das Gefühl.
Gibt es hier vielleicht jemanden, der sich mit mir austauschen mag? Sei es in Phasen tiefer Trauer und Schmerz und Verzweifelung oder auch in Phasen, wo etwas Neues passiert, vielleicht belanglos Erscheinendes?
Ich brauche einfach das Gefühl, das ich nicht die Einzige bin, die dies gerade durchmacht.
Mit geht so vieles durch den Kopf, kann ich gar nicht alles aufschreiben. Ich kann auch meiner Tochter zuliebe nicht dauernd in Tränen aufgelöst sein, das macht ihr Angst. Ich funktioniere gut...aber viel mehr ist es auch nicht. Ich möchte leben und kann mir dies ohne den täglichen Anruf oder die vielen Pläne mit meiner Ma, ohne ihr Lachen einfach kaum vorstellen. Ich bin so traurig.
Ich bin übrigens 37 Jahre alt.

Liebe Grüße
Kerstin

[mario1]

Liebe Kerstin!

Zuerst möchte ich dir mein mitgefühl aussprechen, ich kann dich sehr gut verstehn, wie es dir zur Zeit geht! Meine Mama ist am 26.7.05 von uns gegangen und es kommt mir vor als ob es gestern gewessen wäre!
Ich würde dich gerne trösten, aber ich weis auch das es zur Zeit keine Worte des trostes gibt, dazu ist es einfach zu früh! Vielleicht hilft dir ja, dass du weist das deine Mama keine schmerzen mehr hat!
Spreche darüber und wenn du niemanden hast dann schreib es hier rein! Es tut sehr gut sich das alles von der Selle zu schreiben!
Hast du Geschwister, die dir ein wenig den nötigen halt geben können?

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und schreib einfach wenn es dir danach ist!
Liebe Grüsse Mario

[julesmum]

Hallo Mario,

vielen lieben Dank für deine nette Antwort! Es tut mir sehr leid für dich, dass auch deine Mama sterben mußte....viel viel zu früh!

Ich habe keine Geschwister, meine Familie besteht zur Zeit nur aus Papa, meiner Tochter und mir. Meine beste Freundin wohnt weit weg und hier zu Hause habe ich halt Arbeitskollegen, zwei Freundinnen und eine Hand voll Bekannte. Ich war schon immer mit meiner Kleinen alleine, da haben sich so manche "Freundschaften" verlaufen, gelöst oder erledigt. Die Kontakte sind halt alle recht oberflächlich, die Unterstützung mehr als mager.
Da ich schon immer auf meine Arbeit angewiesen war, hat meine tolle Mama mir sehr viel geholfen, sie war die zweitwichtigeste Bezugsperson für meine Süsse.

Diese Mail ist so sachlich, ich mcöhte über meine Situation etwas erzählen.......ich muss ab morgen nicht mehr 30 sondern 38 Stunden die Woche arbeiten. Ich arbeite in der Beratung an Schulen.....muss mich also wirklich tagsüber zusammennehmen. Nachmittags und abends dann meine Tochter. Dann geht sie schlafen und mir wird bewußt, dass ich wieder einen langen Tag funktioniert habe....das ist für mich sicherlich im Moment ganz gut so um mich abzulenken und einfach auch mal andere Sachen zu erleben als die Trauer. Ich habe aber auch Angst vor den nächsten Wochen, die sehr sehr arbeitsintensiv werden.

Meine Mama hat es nie gemocht, wenn man sich hängen läßt. Und weißt du, nachdem sie soooo stark war in den letzten 7 Monaten, da muss ich auch stark sein, bin ja auch eine Mama. Ich möchte das Beste für meine Tochter und mich aus diesem Leben machen! Auch für meine Mama, ich möchte das, was sie mich gelehrt hat, auch machen.

Ich wäre sehr froh, wenn ich hier die Möglichkeit hätte, mich mitzuteilen, auszutauschen, auszuheulen......man hat das Gefühl, nicht ganz alleine als Einzelkämpfer durch die Welt zu gehen.

Ich fühle mich meiner Mama irgendwie näher, wenn ich auch in ihrem Sinne weitermache.
Als sie tot im Bett lag, war ich ein paar Minuten mit ihr ganz alleine. Ich habe für sie gebetet, habe mich für alles bedankt, für mein Leben, habe ihr versprochen, hier weiterzumachen. Dann habe ich ihre Augen zugemacht.

Sie soll doch stolz auf mich sein!

Danke fürs Zulesen,
Kerstin

[Drops]

Hallo Kerstin,

ich knuddel Dich mal ganz lieb und wünsche Dir viel Kraft.

Mein Vati wurde nur 64 Jahre alt und ist vor 11 Tagen an Lymphzellenkrebs gestorben.
Etliche sind hier im Forum, die das gleiche wie wir gerade durchmachen.
Gestern war mein Tag mal verhältnisweise mal gut, auch wenn ich schlecht schlafen kann. Jetzt habe ich mal wieder eine Heulphase und muss mich noch in den Griff bekommen, da ich dann auf Nachtschicht muss.

Am meisten arbeitet in mir, dass ich meinem Pap´s zuletzt nicht mehr sagen konnt, das ich ihn lieb habe. Es ging alles zu schnell.

Liebe Grüsse
Simone

[Miezmauz]

Hallo Kerstin,

ich möchte Dir mein tiefstes Beileid aussprechen und drücke Dich mal ganz fest.
Ich kann nachvollziehen welche Leere in Dir steckt.
Mein Vater verstarb im vergangenden Jahr an LK. Für mich immer noch unvorstellbar das er einfach nicht da ist.Ausgelöscht aus diesem Leben.
Auch ich habe noch hunderte von Fragen und Gedanken die ich ihm hätte noch sagen wollen.
Es ist jetzt eine schwierige Zeit,wo man denkt wie solls weitergehen?
Du wirst es schaffen und ich wünsche Dir von Herzen nur das Beste.

Sei lieb gegrüßt
Miezmauz

[AndreaM]

Liebe Kerstin,

ich bin 35 und am 22. September hat meine Mama mit gerade 60 Jahren die Augen für immer geschlossen. Ich weiss sehr genau wie sehr man seine Mama auch in diesem Alter noch braucht - und auch, dass man es ihr viel zu selten sagt.

Wir hatten grade letzten Freitag die Beisetzung, seitdem ist alles was ich mir an "ich bin schon auf dem besten Weg über den Berg" eingeredet habe, wieder zusammengebrochen. Diese Berg- und Talfahrt ist schrecklich, mal bin ich froh, dass sie nicht mehr leiden muss, kurz drauf heule ich mir die Augen aus, weil sie so vieles nicht mehr miterleben kann oder ganz einfach und ganz egoistisch, weil sie mir so sehr fehlt.

Ich finde Ablenkung unglaublich wichtig, man kann das nicht alles "an einem Stück" verarbeiten. Das ist doch garncht zu schaffen. Ich versuche auch, zu lachen ohne ein schlechtes Gefühl dabei zu haben. Meine Mama hätte gewollt, dass ich sie nie vergesse - aber sie hätte nicht gewollt, dass ich den Rest meines Lebens traure.

Und - Kerstin - ich bin ganz sicher, Deine Mutter ist stolz auf Dich!

Ich grüße Dich ganz herzlich
Andrea