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  #1  
Alt 02.12.2008, 13:38
Lissi's kid Lissi's kid ist offline
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Registriert seit: 02.09.2008
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Standard Sie tut so, als wäre es schon vorbei

Hallo ihr lieben.

Ich schreibe hier mal wieder wegen meiner Mutter, erst 56 Jahre, seit August 2008 Diagnose Glioblastom IV. Nach vollständiger Entfernung des Tumors (linksfrontal) sind 30 Einheiten Temodal und Strahlentherapie geschafft, zur Zeit befindet sie sich in Reha in Bad Liebenstein. Wir (Papa, meine große Schwester, und ich) sind eigentlich positiv überrascht, wie gut sie körperlich bisher alles überstanden hat (wenig Gewichtsabnahme während Chemo, einigermassen gute Blutwerte,...) und für unsere Begriffe haben sich ihre Leistungen ein wenig verschlechtert - aber eigentlich nicht schlimm. Das Problem ist aber, dass sie es selber nicht gut verkraftet, dass sie halt etwas weniger kann und leider dreht sich alles bei ihr um Oberflächlichkeiten wie Verlust der Schönheit etc (Haarausfall,...). Sie ist einfach nicht mehr die gleiche, ist teilweise ruppig zu meinem Vater, ist antriebslos, will ihre Freundinnen nicht sehen, will eigentlich gar nichts tun ausser auf dem Sofa hocken und fernsehen. Nichts freut sie, nichts interessiert sie, nichts was sie kocht schmeckt ihr, sie findet alle ihre Klamotten hässlich (auch wenn wir in den letzten zwei Monaten 1000 € mit ihr im Klamottenladen gelassen haben hat sie steif und fest behauptet, sie hat ja nichts zum anziehen für die Reha), sich selbst hässlich, ihre Situation aussichtslos, nichts bewegt sie, sie hat noch nicht einmal geweint seit der Diagnose und reden tut sie auch nicht viel. Selbst in der Reha hat sie sich noch mit keinem Betroffenen unterhalten, wo wir so gehofft hatten, dass sie dort vielleicht Leute trifft, die zumindest das Beste aus den verbleibenden Lebensmonaten machen. Als mein Vater in der Reha wegen Verlängerung gefragt hat, bekam er als Antwort, das würde nur bei Krankheiten mit Heilungschance bewilligt. What the fuck?!? Dann kann man sich so ne Reha auch gleich sparen, mit der Einstellung. Ich weiss gar nicht mehr, was ich tun soll. Ich hab das Gefühl, die Zeit rinnt uns durch die Finger, und wir sind unfähig, sie irgendwie schön auszufüllen. Sofa liegen. Fernsehen. Schweigen. Auf den Tod warten. Mehr ist das doch nicht.
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  #2  
Alt 02.12.2008, 13:48
A.J. A.J. ist offline
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Standard AW: Sie tut so, als wäre es schon vorbei

Halli Hallo
Weißt Du, als ich meine Diagnose bekommen habe, sich für mich alles geändert hat, bin ich auch erstmal in ein sehr tiefes Loch gefallen. Ich hätte mich sehr gerne verkrochen (was ich auch getan habe) und wenn sich mir die Möglichkeit des Fernsehsofas so geboten hätte, hätte ich sie wahrscheinlich so auch angenommen. Mit einer solchen Diagnose verliert man sehr viel, mit der Behandlung noch viel mehr.

Depressionen sind keine Seltenheit und bedürfen einer Behandlung. Allerdings muss Deine Mutter nach meinem Empfinden erst erkennen, dass sie eben eine Depression hat (wonach es sich für mich anhört). Als bei mir noch alles bestens war hätte ich mir nie ausmalen können, wie tief so eine Leere sein kann, wie unendlich „neutral“. Egal was man versucht, egal wie sehr man eine Regung versucht zu provozieren, einfach ein völliges Nichts. Aber es gibt sehr gute Möglichkeiten zur Behandlung. Versprochen.
__________________
Viele Grüße
Stefan
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  #3  
Alt 02.12.2008, 14:23
Lissi's kid Lissi's kid ist offline
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Standard AW: Sie tut so, als wäre es schon vorbei

Hallo,

danke für deine Antwort. Problematisch ist, dass sie vor Diagnose Hirntumor seit 2 Jahren in psychotherapeutischer Behandlung wegen Depression war und auch Antidepressiva genommen hat (die sehr dämpfend gewirkt haben). Sie ist total ungern zur Gesprächstherapie gegangen und will jetzt halt auch nicht gerne wieder da hin. Angeleiert ist das schon, aber mit der Einstellung weiss ich nicht, obs ihr weiterhilft. Und es ist ja auch dadurch nicht besser geworden, im Gegenteil! Es ist ja auch fraglich, wieviel Zeit wir verloren haben, weil sie mit Antidepressiva gegen einen verdammten Hirntumor behandelt wurde!!! Oder vielleicht hat die Depression das Wachstum des Tumors ausgelöst, man steckt da ja nicht drin. Nach der OP hat sie jedenfalls sofort die Antidepressiva abgesetzt und war auch recht sauer auf die Psychiaterin, dass sie nicht selbst auf die Idee einer neurologischen Untersuchung gekommen ist. Ich hoffe ja auch, dass diesmal die Therapie greift. Aber Scheisse, meine Oma hatte Depressionen, meine Tante Depressionen mit Angststörung, der Cousin meiner Mom hat sich mal aufgehängt, ich hab selber auch Depressionen/Borderline und hab auch einen Suizidversuch hinter mir... Bei uns liegt der Scheiss einfach drin, und bisher hat es noch keiner dauerhaft überwunden... Meine Mutter schien früher nicht diese unglückliche Tendenz zu haben - bis zu meinem Suizidversuch halt. Dann wurds bei mir besser, bei ihr gleichzeitig schlechter - und dann hat sie nen Tumor bekommen. Frag mich lieber nicht, wie es um meine eigenen Schuldgefühle steht. Aber ich kanns halt auch nicht mehr ändern...
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  #4  
Alt 02.12.2008, 14:59
Auntie Auntie ist offline
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Standard AW: Sie tut so, als wäre es schon vorbei

Hallo Lissi's Kid,

Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Agression sind leider typische Begleiterscheinungen von Gehirntumoren und es ist unglaublich schwierig dagegen anzukämpfen. Geht mir als Betroffene auch nicht anders.

Drücke Euch die Daumen, dass Deine Ma ihr Problem erkennt und eine gute psychologische Unterstützung bekommt.

Liebe Grüße
Birgit
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  #5  
Alt 02.12.2008, 14:59
A.J. A.J. ist offline
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Ort: Ruhrgebiet
Beiträge: 36
Standard AW: Sie tut so, als wäre es schon vorbei

Weißt Du, man kann nicht sagen ob ihr wirklich Zeit durch die Antidepressiva verloren habt. „Nur“, weil sie dämpfend gewirkt haben unterdrücken sie in aller Regel nicht die üblichen Nebenwirkungen eines Tumors. Zumindest soviel ich weiß. Auch habe ich noch nie gehört, dass Antidepressiva einen Tumor fördern.

Was die Depressionen angeht: Jeder zweite Mensch hat in seinem leben eine schwerere Depression, durchschnittlich. Man befindet sich in bester Gesellschaft und ist dadurch nicht irgendwie „anders“. Eine Depression ist keine Seuche und nichts, was sooo unheilbar und soooo unsagbar schlimm ist. Wenn man sich in Behandlung begibt und an sich arbeitet.

Du musst keine Schuldgefühle haben. Warum auch? Nur, weil Du mal um Hilfe gerufen hast, mit mehr Nachdruck? Nein, Dich trifft keine Schuld, die Antidepressiva trifft keine Schuld. Das Leben ist halt manchmal einfach „so“. Sprich die Ärzte und den behandelnden Arzt Deiner Mutter an, der die Depression begleitet hat. Hier kannst Du ansetzen um Deiner Mutter zu helfen. Den Weg vorbereiten und sie dann diesen Weg beschreiten lassen.
__________________
Viele Grüße
Stefan
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  #6  
Alt 02.12.2008, 17:12
Andorra97 Andorra97 ist offline
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Beiträge: 1.688
Standard AW: Sie tut so, als wäre es schon vorbei

Hallo Lissi's Kid,
vieles von dem, was Du schreibst klingt nach einer Persönlichkeitsveränderung, die leider bei Gehirntumoren häufig ist. Die Kranken werden häufiger "ruppig" und aggressiver, gerade wenn die Tumoren frontal liegen.
Vielleicht ist ihre antriebslosigkeit und Müdigkeit aber auch eine Art Selbstschutz, der euch mehr belastet als sie selbst?
__________________
Einen schönen Tag wünsche ich euch!
Nicole

Mein Mann: NHL Diagnose 31.10.2007 / Glioblastom Diagnose 31.10.2008
Zur Zeit geht es uns gut.
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