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  #1  
Alt 20.06.2013, 14:01
anjin_san anjin_san ist offline
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Beiträge: 113
Standard AML : Psychische Probleme während / nach der Chemo

Bevor ich zur eigentlichen Frage komme, möchte ich etwas zur Geschichte schreiben. Ich bin 44 Jahre alt und AE-Vater einer 17jährigen Tochter. Am 4.12.2012 wurde bei mir AML diagnostiziert. Das schlechte Blutbild beobachtete man zu diesen Zeitpunkt schon ein Jahr. Nach der Diagnose ging alles recht schnell. Man gab mir einen Nachmittag Zeit um die persönlichen Sachen zu regeln. Danach folgten knapp 3 Monate Klinik mit 2 Induktionstherapien. Dem folgten weitere 2 Konsolidierungtherapien. Die 3 Konsolidierungtherapie wurde wegen der toxischen Wirkung nicht durchgeführt. Eine Transplantation ist aktuell nicht nötig. Ein Spender für den Rezitivfall ist gefunden. Die Rezitivwahrscheinlichkeit liegt bei 40%.

Während der Chemos hatte ich viele psychische Hoch und Tief - von Hoffnung bis "alles egal". Aber so stark wie aktuell, waren die Tiefs noch nie. Irgendwie fühle ich mich nach den Chemos ausgebrannt und innerlich tot. Dabei sollte ich mich eigentlich freuen, dass jetzt nur noch die Reha ansteht und ein Rezitiv hoffentlich in weiter Ferne liegt. Ich hoffe, die Reha hilft mir dies zu überwinden.

Gibt es hier jemand, dem es ebenso erging? Was habt ihr dagegen unternommen?

Ich sollte evtl. noch dazu schreiben, meine Familie ging vor 3 Jahren plötzlich und ohne Vorwarnung zu Bruch. Bis dahin kannte ich psychische Probleme nicht. Ich war beruflich erfolgreich und hatte meinen roten Faden der durchs Leben führte. Die Zeit danach war nicht einfach. 2 Monate vor der Diagnose lernte ich wieder jemand kennen. Für sie war die Diagnose ebenso schlimm wie für mich. Dennoch hielt sie trotz der Diagnose zu mir. Natürlich leidet auch sie unter meiner aktuellen Phase. Ich will ihr nicht weh tun, aber die ungewisse Zukunft lastet sehr auf mir. Ich würde die Phase gern überwinden. Ich weiß nur nicht wie.
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  #2  
Alt 20.06.2013, 20:10
nirtak nirtak ist offline
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Standard AW: AML : Psychische Probleme während / nach der Chemo

ich weiß ziemlich genau wie es dir geht
bei mir wurde 2010 mit 30 aml diagnostiziert, nach 1 induktion + 4 konsolisierungen, war vorerst auch keine transplantation nötig, spender aber für den notfall vorhanden
ich hatte auch totale panik vor dem rezidiv, hatte sehr gute phase wo ich positiv nach vorne schauen konnte und mich unbesiegbar fühlte aber auch tage an denen das rezidiv und sterben die einzige möglichkeit schien
es ist schon so dass mit der zeit die angst weniger wird bzw. man sich irgendwie daran gewöhnt

bei mir kam dann leider ca. 1 jahr nach diagnose das frührezidiv, ich hoffe das frustriert dich jetzt nicht total oder macht dir noch mehr angst
ich wurde dann transplantiert, das ist jetzt 1 1/2 jahre her und es geht mir gut mit sehr hoher lebensqualität

ich hab noch immer angst vor einem erneuten rezidiv, aber meistens kann ich echt gut damit leben, ich seh das so jeder hat eine 50:50 chance, man schafft es oder nicht und wer weiß was mir alles passiert wäre während ich im krankenhaus gelegen bin, das leben ist risiko

aktiv unternommen hab ich nix dagegen, aber reha und ein guter psychoonkologe sind sicher ein guter plan
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  #3  
Alt 22.06.2013, 16:18
Meiki Meiki ist offline
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Standard AW: AML : Psychische Probleme während / nach der Chemo

Hi anjin_san,

auch bei mir war es kurze Zeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus am schlimmsten. Warum weiß ich bis heute nicht genau. Vielleicht lag es an der Tatsache, dass man nun den Alltag wieder alleine und vor allem ohne tägliches Kontrollprogramm meistern muss. Keine Ahnung.

Jetzt kommen aber neue Fragen: Bin ich geheilt oder nur beschwerdefrei?, wie gehts weiter?, kommt ein Rezidiv oder schaff ich es ?, wie lange gehts gut?, was will ich jetzt in meinem Leben ändern? und und und

Dann kommen die (lieben) Schlaumeier und sagen: Jetzt musst Du jeden Tag genießen, lebe intensiver, lebe jeden Tag. Aha! und wenn die Tage einfach nur sch... sind, was dann ???

Ich habe mich irgendwann entschlossen, mir diese Fragen einfach nicht mehr zu stellen. Das gelingt mir nicht immer, aber immer öfter.

Mir persönlich hat Sport und Bewegung sehr geholfen aus dem Tal rauszukommen. Anfänglich natürlich mit sehr geringer Intensität aber halt regelmäßig. Ferner habe mit einem Leidensgenossen aus der Zeit im KH noch sehr guten Kontakt. Da wir sozusagen Bett an Bett gemeinsam gegen die Krankheit gekämpft haben, können wir über alles sprechen. Das ist sehr schön und sehr wichtig für mich.

Im KH habe ich immer einen großen Bogen um die Psychoonkologin gemacht. Warum weiß ich auch nicht mehr, jedoch denke ich im Nachhinein war das ein Fehler. Ich habe in Behandlung täglich dutzende Tabletten eingeworfen, ohne zu Fragen, ob sie wirklich wirken und welche Nebenwirkungen sie haben können. Ein einfaches Gespräch mit ihr habe ich abgelehnt...

Mein Rat an Dich: Warte nicht ab, dass es von alleine besser wird. Sprich mit Deinem Arzt darüber.

Alles Gute und lass die Sonne rein

Meiki
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  #4  
Alt 22.06.2013, 23:04
Benutzerbild von abifiz
abifiz abifiz ist offline
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Standard AW: AML : Psychische Probleme während / nach der Chemo

Hallo Sanjin san.


Nicht daß Benennungen wer weiß was für eine "magische" Wirkung hätten, aber vielleicht ein Quentchen hilfreich könnte es für Dich sein, daß es für Deinen "Zustand" in der Onkologie einen Namen gibt: Man nennt ihn "Fatigue" (aus dem Französischen).

Dazu folgender Link:
http://www.krebsgesellschaft.de/ip_p...ue,227551.html

Unter der Adresse sind weitere Links angeführt, einmal zu Literatur und Symposien, einmal auch zur Deutschen Fatigue-Gesellschaft. Und selbstverständlich stehe ich Dir weiter zur Verfügung.

Die Niederschlagenheit bei Krebs, gerade auch nach Chemotherapien, kann über längere Strecken enorm und enorm quälend ausfallen. Leider gehört zu ihren Kennzeichen, daß reines Ausruhen nicht dagegen hilft. Bedauerlicherweise bist Du nicht während Deines Krankenhausaufenthalts darauf vorbereitet worden. Das Lesen der entsprechenden Texten wird Dir nachträglich helfen. In der Reha gibt es mit Sicherheit auch die Möglichkeit, mit Psychologen Gespräche darüber zu führen. Würde ich sehr empfehlen. Beim Erstgespräch mit dem Arzt, der die Reha-Maßnahmen koordinieren wird, solltest Du die Fatigue nicht nur erwähnen, sondern sogar nachdrücklich betonen. Dagegen kann man nämlich in der Reha etliches unternehmen, bzw. sie von vornherein als Behandlungsschwerpunkt vorsehen. Und dort kannst Du Dir auch Möglichkeiten fürs Später zurechtlegen.

Im Moment ist es sicher sehr hart für Dich, vielleicht sogar im Erlebnis "brutal". Gib bitte nicht auf! Sag Dir, daß Du auf längere Sicht stärker als die Fatigue sein wirst. Rhythmisiere Deinen Alltag, sofern es Dir möglich ist, plane Körperliches mit ein, vielleicht auch regelmäßige relativ schnelle Spaziergänge zusammen mit Deiner Tochter? Erkläre ihr die Lage, damit sie sie verarbeiten kann. Höre zu regelmäßigen Zeiten relativ laut diejenige Musik an, die erfahrungsgemäß Dir guttut. Setze auf die Reha. Vertraue darauf, daß die Fatigue überwunden werden wird.

Ein Wort zu Deinem Nick: Der Navigator im fremden und befremdlichen Land überwindet seinen Schock und findet letztlich ein neues Zuhause. Psychisch gesehen, als ob es die Besprechung eines Traumbildes wäre, könnte man sagen, er findet für seine Seele ein neues "Sicheres Haus".

Ich drücke Dir alle verfügbare Daumen...


abifiz

Geändert von abifiz (23.06.2013 um 00:36 Uhr)
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  #5  
Alt 25.06.2013, 12:39
anjin_san anjin_san ist offline
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Standard AW: AML : Psychische Probleme während / nach der Chemo

Vielen Dank für eure Antworten. Zumindest weiß ich jetzt, dass es nicht nur mir so geht. Seit letztem Wochenende geht es mir auch wieder besser. Ich konnte das erste Mal wieder in meinen Roadster steigen und eine Runde drehen. Es war, als wenn man einen Schalter umlegen würde. Ich hoffe, dass der Schalter nicht wieder in die andere Richtung kippt. Und wenn, dann weiß ich ja jetzt dass es wieder besser wird.

Eine Psychoonkologin o.ä. gab es in der Klinik leider nicht. Angebote für die Psyche waren von der Behandlung völlig ausgeschlossen. Wenn ich mich und und die Gespräche mit anderen Patienten rückwirkend betrachte, wäre dies aber dringend notwendig gewesen.
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  #6  
Alt 25.06.2013, 15:12
nirtak nirtak ist offline
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Standard AW: AML : Psychische Probleme während / nach der Chemo

ich denke man kann sonst sicher auch über den hausarzt eine psychoonkologische betreuung vermittelt bekommen
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  #7  
Alt 25.06.2013, 16:49
PeterBoe PeterBoe ist offline
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Beiträge: 115
Standard AW: AML : Psychische Probleme während / nach der Chemo

Hallo, anjin_san

ich habe gerade meine Darmkrebsgeschichte soweit hinter mich gebracht und als ich hier las dass Du endlich wieder in deinen Roadster steigen und eine Runde drehen konntest, da dachte ich auch an meinen MX-5 in der Garage, der dieses Jahr noch keinen Sonnenstrahl (weil ja kaum welche da waren) aber nicht einmal Regentropfen (bessere Chance) gesehen hat.
Ich bin aus dem linksrheinischen NRW (Jülich bei Düren) und wenn ich mein Schätzchen in ein, zwei Wochen wieder fit habe (TÜV muss noch gemacht werden): was hältst Du von einer gemeinsamen Spritztour?

Einen Plan haben, etwas unternehmen, Spass haben, kann uns allen nicht schaden.

LG
Peter
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