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  #76  
Alt 24.07.2003, 00:21
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Ihr Lieben!

Als ich in einem der letzten Briefe von Deiner Kleideraktion las, liebe Kiki, mußte ich wirklich schmunzeln, vor allem, dass auch Deine Mutti noch einige Sachen hatte, an denen sogar noch die Etiketten baumelten. Das zu lesen ließ meine Mundwinkel nach oben wandern.

Wie ähnlich doch alles ist.
Auch ich hab mir schon ein paar schöne Sachen als Andenken ausgesucht.
Aber nur Sachen, die sie vor ihrer Krankheit trug.
In diesem einen Jahr, in dem Zeitraum von der OP bis zu ihrem Tod nahm sie sehr ab,
ihre alten „Kleider“ waren nach der OP, Chemo usw. durch die rapide Gewichtsabnahme, alle zu groß geworden.
Die Sachen, die sie in den letzten 8 Wochen getragen hat, wenn ich diese in den Händen
halte, dann sehe ich sie noch deutlich vor mir, das Gesicht soo vom Krebs gezeichnet,
so mager geworden, so traurige Augen ....
diese Pullis, Hosen haben wir zusammengelegt und sie liegen noch (nach fast einem Jahr)
im Schrank.
Keiner von uns mag sie tragen, mag sie an jemandem anderen sehen, sie weggeben
bringen wir aber auch nicht übers Herz, noch nicht.

Meiner lieben Oma, ihr haben wir auch ein paar Pullover, Blusen, Shirts von meiner Mami geschenkt. und wenn ich dann scherze, Omi, du siehst gleich 10 Jahre jünger aus, dann muß sie lachen und ich genieße es.

Liebe Katrin,
immer wenn ich etwas von Dir lese, muß ich zurückdenken.
An die Trauerfeier, als ich am Grab stand und nicht begreifen konnte, die da im Sarg liegt,
das soll meine Mutti sein ?
Ich denke bei Deinen Zeilen an meine erlebten „ersten Wochen danach“, im August letzten Jahres.
Damals war auch ich hier im Krebskompass, erst im Bereich „Bauchspeicheldrüsenkrebs“ um meiner Mutti zu helfen, im Forum „Angehörige“ und dann im Forum für „Hinterbliebene.“
In den ersten 4 Wochen danach war ich noch wie versteinert, was Tränen betraf, über
meine Gefühle konnte ich jedoch schreiben.
Doch dann blieb ich dem Krebskompass fern, am meisten aus dem Grund, zu nichts Lust zu haben, keine Lust zu schreiben, zu lesen, einfach zu nichts Lust.
Ich wollte nur noch meine Ruhe.
Wenn ich ganz ehrlich bin, konnte ich „ich wünsche dir viel kraft“ nicht mehr lesen.
Diese Wünsche kamen von Herzen, aber sie trösteten mich so wenig.

Eigentlich war ich immer tapfer, fühlte und fühle die Kraft, aus allem was passiert,
auch klein wenig zu lernen, für mein eigenes Leben.
Aber was unendlich schwer ist, ist die veränderte Situation in der Familie.

Wohnt jemand von euch auch weit weg von zu Hause (ca. 4 h Autofahrt) ?
Damaris? Du, oder ?
Ich würde so gerne abends nochmal schnell zu Papa „huschen“ und hallo sagen,
würde ihm jeder Zeit, wenn er jemanden braucht Gesellschaft leisten, jetzt wo er allein ist,
aber durch die Entfernung ist alles so schwierig.
Mir fällt es so schwer mein eigenes Leben hier zu führen, ohne nicht immer an meinen Papa
zu denken, wie einsam er ist.
Aus Angst es mache ihn traurig, erzähle ich nur ganz selten von den Dingen, die wir erleben,
was wir so machen.
Erzähle ich doch mal was, dann sagt er nur „hm“, fragt nicht nach, um näheres zu wissen,
so sind unsere Telefonate sehr eintönig geworden, ich bin die stille Zuhörerin, und jedes Mal
beim Auflegen muß ich tiel Luft holen, weil er wieder nicht einmal gefragt hat, wie’s mir so geht oder was es neues gibt.
Hab schon oft gesagt, ich möchte auch gern mal was erzählen, dann hört er zu, sagt auch diesmal nur kurz „hm“ und geht zum nächsten Thema über.
Naja ..........

nun hab ich mal wieder mehr geschrieben, als ich wollte,
aber was löschen vom Geschriebenen ?? Nee, ne ?

Beim nächsten Mal fass ich mich kürzer, versprochen.

Bis dahin,
liebe Grüße
Sandra(h)
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  #77  
Alt 24.07.2003, 00:26
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

hallo katrin

es ist garnicht konfus, was du schreibst. ich glaube, du kannst dir der "sache", wie man so schön sagt noch garnicht bewusst sein. als meine mama eingeschlafen ist, habe ich das bedürfnis gehabt, alles organisieren zu müssen. ich habe die anzeige für die zeitung am rechner erstellt, adresse rausgesucht, blumen bestellt, die musik... das passiert einfach - und vielleicht hat es auch so eine art schutzmechanismus. ich weiss es nicht. ich hatte einfach das bedürfnis "zu machen". selbst am tag der beerdigung als die verwandten aus nrw kamen, habe ich organisiert. aber nur nach aussen hin, war ich alleine, so begann die fassade zu bröckeln. erst nach der beerdigung, als keiner mehr da war, da wurde mir nach und nach bewusst, was genau passiert ist. das ist sehr schlimm.auch heute noch... wir haben alles so gelasssen wie es mama hatte - das küchenregal mit ihrer creme, ihren schminktisch, ihre kleidung im schrank, einfach alles. natürlich ist sie nicht mehr greifbar, trotzdem geben mir ihre sachen und das, was sie wo hingestellt hat einen gewissen halt. karin, es wird jetzt ein schlimme zeit auf dich zukommen, eine zeit in der du begreifst, was passiert ist. und je nach dem, welches verhältnis du zu deiner mutter hattest, wird es irgendwann leicht, oder es bleibt unendlich schlimm, wie bei mir. ich würde dir gerne gute ratschläge geben, wie es so viele menschen machen, doch das werde ich nicht. niemand kann dir wirklich helfen, weil niemand das verhältnis zwischen deiner mutter und dir wirklich kennt - nur du. es gibt sicherlich den ein oder anderen "trost", weil menschen sich dir zuwenden, aber letztendlich wirst du alleine sein. eben das ist so schlimm. ich finde es gut, das du die kraft gefunden hast heute in dieses forum zu gehen, ich hatte sie nicht. ich bin am selben abend sprichwörtlich zusammengebrochen. weil alles rauskam, die anspannung des ablenkens und organisierens wegfiel.
ich wünsch dir, dass du besser mit dem einschlafen deiner mutter zuercht kommst als ich.
ich habe ein ritual, obwohl ich nicht wirklich gläubig bin (meine mama war es), bete ich jeden abend vor dem schlafen ein vater unser, in der hoffnung, sie hört es vielleicht. vielleicht solltest du dir auch ein solches ritual suchen, ob einen spruch, ein lied oder so. es hilft ncht wirklich, aber ich persönlich finde es schön.
liebe grüsse
alessa




hallo sandrah,
habe nichts mehr von dir gehört. aber auch kein zeichen kann ein "gutes" sein. wenn du reinsiehst, ich wünsche dir kraft und gutes
alessa
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  #78  
Alt 24.07.2003, 00:36
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Huhu Alessa,
hab grad eben gemerkt, dass Du auch grad geschrieben hast.

Bist wohl auch ne kleine "Nachteule" ?! so wie ich ?

Danke für Deinen lieben Gruss,
hab am WE hier eure neuen Einträge gelesen, aber mir selber wollten nicht die richtige Worte einfallen.
Der Todestag meiner Mami rückt immer näher und damit die Erinnerungen an die letzten gemeinsamen Tage.

Hoffe, wieder von Dir zu hören !
Sandra
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  #79  
Alt 24.07.2003, 01:04
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Kiki und all Ihr anderen Mitleidenden,

ich kann Dir alles so gut nachempfinden, was Du erzählst.Als meine Mama am 10, August letzten Jahres starb, fing mein Vater noch neben Ihr an, Sachen wegzupacken. Meine Eltern hatten getrennte Schlafzimmer, weil sie sich sonst störten. Einen Tag nachdem sie starb, stand dort, wo gestern noch ihr Bett war, das Vorratsregal. Er musste das tun, es war einfach zu schlimm für ihn. Er hat sofort alles Sachen gepackt, und als ich hörte, er wolle sie zur Altkleidersammlung geben, hab ich mich dazwischengehackt und ihre Kleider an mich genommen. Eine ganze Woche lang standen die Kisten im Wohnzimmer, ihr Geruch an der Kleidung liess es mich nicht fertigbringen, die Sachen zu sortieren. Jetzt steh ich ab und zu da, eins Ihrer Kleidungstücke in den Händen, und dann tauche ich mein Gesicht rein, kann sie wenigstens nochmal riechen...Es ist so schlimm, sie nicht mehr zu hören. Heute vor einem Jahr haben wir uns das letzte Mal gesehen. Ich wohne 420 km weit weg von meinen Eltern und damals stand ich im Flur, drehte mich nocheinmal nach ihr um und wollte doch eigentlich lieber bleiben. aber meine zwei Kinder waren zu viel für sie, und ich hab auch noch vier Brüder, die sie sehen wollten. So musste ich mich damit abfinden, sie erst zweieinhalb Wochen später wieder besuchen zu dürfen...
Ich war spät dran an dem Tag, es waren Ferien und ich hab dummerweise den Weg Über die A1 genommen. Schon, als wir losfuhren regnete es, und es hat durchgeregnet, bis wir drei in Oldenburg ankamen. Dort kam langsam die Wolken durch die Sonne, als ich mein Auto parkte. Meine zwei Kinder,(5 und 2 zu dem Zeitpunkt)und ich haben sechs Stunden lang nur zähfliessenden Verkehr oder Stau gehabt. Innerlich hab ich mich über die vielen Menschen geärgert, die mir den Weg zu meiner todkranken Mutter versperrten nur weil sie Urlaub machen wollten. Um zwölf wollte ich da sein, um kurz nach vier nachmittags kamen wir endlich an, ich war so froh endlich bei ihr zu sein.
Und konnte es nicht fassen, als mir meine gesamte Familie entgegenkam, einer hinter dem anderen. Mein Papa sagte "Hallo mein Mädchen", drückte mich ganz fest an sich und sagte mir, dass Mama heute um neun Minuten nach zwölf heimgegangen sei. Helena, meine Tochter, und ich haben zusammen an ihrem Bett gesessen, mein kleiner Bruder, der auch zu spät kam, weil er eigentlich meine Kinder hüten wollte, kam dazu und ich war wie schockgefrostet seitdem. Wo sind meine Gefühle hin? Ich bin ein anderer Mensch seitdem, und mich - wie ihr auch, nur am ablenken. Meine Oma ist auch 87 geworden da fragt man sich, ob das gerecht ist die hatte 30 Jahre mehr. Und ich bin im Juli 29 geworden. Als meine Mama mich vor 29 Jahren bekam, war sie auch 29. Halbzeit könnte man denken. Ist echt nicht lang.

Ich muss aufhören, schreiben tut zu weh.


P.S.: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Ich kann sie fühlen, wenn sie bei mir ist...


Gute Nacht wünsch ich Euch allen, Damaris
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  #80  
Alt 24.07.2003, 07:28
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Guten Morgen Damaris,
wollte nur schnell mal HALLO sagen.
Ich freu mich, mal wieder von Dir zu lesen ! :-)

Hast Du denn oben vielleicht meinen Satz überlesen,
daß ich mich über eine Email von Dir sehr freuen würde?

Diese Gemeinsamkeiten mit Dir und auch den anderen ist immer wieder überraschend.
Als meine Mutti gestorben ist, fragte ich mich auch, warum meine Mutti vor meiner Oma gehen mußte :-(
Die typischen WARUM-Fragen ?
Meine Oma, wird im August 90 ! !
Ich bin froh, daß es sie gibt. Freu mich mit ihr über ihr hohes Lebensalter, was sie erreicht hat.
Der Gedankejedoch, daß meine Mutti auch noch 30 Jahre hätte leben können, daß 58 wirklich noch kein Alter ist um zu sterben, wird mir durch diesen runden Geburtstag bewußt und macht mich traurig.

Liebe Damaris, also mein Briefkasten freut sich auf Post, falls Du mal wieder Zeit zum Schreiben finden solltest :-)

Bis bald,
Sandra
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  #81  
Alt 24.07.2003, 11:50
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Mädels,
ich kam einige Tage nicht dazu, hier reinzuschauen, und auch jetzt habe ich nur wenig Zeit. Aber hier hat sich ja wieder so viel getan, da komm ich auf die Schnelle gar nicht durch.
Ich bin beruhigt darüber, daß der Tod der Mutter für Euch genau so ein Riesen- schier unüberwindliches - Thema ist wie für mich. Bei vielen Leuten, die so was nicht erleben mußten, merke ich, daß sie gar nicht verstehen, wie tief der Schmerz darüber bei mir sitzt. Und dann frag ich mich schon, ob ich denn "normal" bin. Aber seit ich hier mit Euch mailen kann, weiß ich, ich bin total normal.

Liebe Alessa,
Dir möchte ich noch antworten. Ich hatte auch ein enges Verhältnis mit meiner Mutter, auch sie hat noch im Krankenhaus bemerkt, daß ich eine neue Jeans anhab... Ja, wir alle waren dabei als sie starb, sie ist ganz friedlich eingeschalfen. So schlimm die Zeit danach bis heute auch für mich ist, eins hat dieses Erlebnis mir jedoch gebracht, nämlich, daß ich keine Angst mehr vor dem Tod habe. Ich glaube, sie ist gut "auf der anderen Seite" empfangen worden. Wenn ich jetzt arg traurig bin, weil sie nicht mehr hier ist, dann spreche ich laut mit ihr. Danach geht es mir meistens besser.
Ich weiß, daß es einfach gesagt ist, wenn ich Dir sage, Du sollst mal was nur für Dich tun. Ich kann das auch noch nicht richtig. Aber ich denke, irgendwie müssen wir alle wieder den Weg ins Leben zurück finden. Diesen Gedanken fand ich anfangs sehr egoistisch. Wie kann ich mein Leben genießen, wenn meine Mama viel zu früh sterben mußte? Wenn sie so leiden mußte... Aber inzwischen glaube ich, daß meine Mama darauf bestehen würde, daß ich wieder glücklich werde. Während sie krank war, hat sie oft zu mir gesagt, ich dürfe nicht so verbittert sein. Ungeschehen machen kann ich es nicht. Aber ich kann versuchen, so zu leben, daß meine Mama sich freuen würde, wenn sie mich sähe. Und nicht zuletzt habe ich so einen Haß auf den Krebs, dem ich schon meine Mutter überlassen mußte, daß ich nicht möchte, daß er weiterhin Macht über mein Leben behält.

So denk ich mir das, und es geht mir einigermaßen gut damit.

Viele Grüße, Mia
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  #82  
Alt 24.07.2003, 12:03
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Alessa,
ich bin es noch mal. Ich habe mir gerade nochmal meine antwort durchgelesen und möchte nicht, daß Du sie als guten Rat auffaßt, was vom Wortlaut her vielleicht möglich wäre. Dir einen Rat zu geben, steht mir nicht zu. Aber ich kenne diese Bitterkeit und merke, daß ich diesbezüglich eine Entwicklung durchgemacht habe. Das wollte ich Dir nur mitteilen.
Bitte sei mir nicht böse. Was Du schreibst, berührt mich sehr.
Alles Gute, Mia
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  #83  
Alt 24.07.2003, 21:00
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Hallo Ihr Lieben,

es ist wirklich super: Jeden Tag schaue ich jetzt hier herein und immer finde ich einen neuen Beitrag von mindestens einer von Euch, bei dem ich denke: Genau wie bei mir! Es ist wirklich schön, dass es Euch gibt - das wollte ich Euch mal sagen!

Liebe Damaris, liebe Sandrah,
ich habe die gleichen Gedanken bezüglich meiner Oma. Mein Opa, der Vater meiner Mutter, ist ein Jahr vor meiner Mutter gestorben, meine Oma ist seitdem ein Pflegefall. Sie hat Alzheimer. Meine Mama hat sich für beide schrecklich gesorgt und gestresst, ich denke, dass dieser Stress mitunter auch ein Grund war, weshalb sie so krank wurde oder so anfällig für den Krebs war. Meine Mama ist tot - meine Oma lebt. Das ist für mich schrecklich. Warum konnte meine Oma nicht vorher gehen - sie wäre doch eigentlich an der Reihe gewesen. So schlimm es auch ist, aber ich empfinde seitdem nichts mehr für meine Oma und irgendwie mache ich sie ein bißchen dafür schuldig, dass meine Mama nicht mehr da ist - das ist ungerecht, ich weiß, aber ist das Leben nicht auch ungerecht?! Es ist wie es ist, ich muss mich wohl damit abfinden, aber es fällt mir schwer, meine Oma überhaupt noch zu besuchen.

Liebe Damaris,
Dein Bericht hat mich sehr berührt. Dass Du zu spät gekommen bist und nicht dabei warst, als Deine Mama starb, ist ähnlich wie bei mir. Meine Mama ist im Krankenhaus gestorben. Ich war montags bei ihr, dienstags bin ich nicht hingefahren, obwohl ich wollte. Aber zwei Freundinnen hatten sich angesagt und mein Vater war sowieso da, und ich dachte, es sei zuviel für sie. Deshalb habe ich nur mit ihr telefoniert. Dienstag abend. Ich sagte, wir sehen uns morgen! Mittwochs wollte ich dann hinfahren. Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl, es hat mich magisch hingezogen, aber ich dachte, es sei besser für meine Mama, wenn ich nicht dort wäre. Mein Vater ist auch irgendwann nach Hause gefahren und in der Nacht ist sie gestorben. Ganz plötzlich. Keiner war bei ihr. Das ist für mich ein schrecklicher Gedanke. Ich hätte ihr so gern noch gesagt, dass ich sie lieb habe und überhaupt so viele Dinge, die unausgesprochen waren, weil ich mich nie getraute, sie anzusprechen. So viel hätte ich gern noch gewußt, gefragt, gesagt, sie einfach gern noch mal gedrückt und richtig Abschied genommen. Warum bin ich bloß nicht mehr hingefahren? Einmal mehr, dass ich sie gesehen hätte. Als wir dann nachts ins Krankenhaus gefahren sind, um sie zu sehen, das war so entsetzlich. Sie lag da mit ihrem Käppchen auf dem Kopf, der Mund offen und das Fenster war auf. Es war furchtbar kalt und sie war so schrecklich kalt. Als ich ihre Hand nahm, spürte ich es schon. Sie war weg. Ihre Seele war nicht mehr in diesem Körper. All das Lebendige, wohin bloß? Mein Vater fing sofort an zu weinen und als er sie anfasste, rief er, "Schatz, Dir ist ja ganz kalt" und fing an, ihre Ärmel runterzuziehen und das Nachthemd am Hals weiter zuzuknöpfen. Diese Worte werde ich wohl nie vergessen. Es brach mir das Herz, ihn so zu sehen. Und ich? Ich stand daneben und konnte nicht weinen. Ich hätte mich so gern verabschiedet, dass ich ihr all das nicht mehr sagen konnte, was ich fühlte für sie, macht mich sehr traurig.

Mia, Du schriebst, Du warst bei Deiner Mama, als sie einschlief. Wie sehr beneide ich Dich darum. Wie schön muss auch dieses Gefühl für Deine Mama gewesen sein, im Kreis der Familie zu gehen, und nicht in einem sterilen Krankenhaus, allein. Ich frage mich immer wieder, ob meine Mama in diesem Moment gewußt hat, dass sie sterben wird und ob sie uns gern noch gerufen hätte. Irgendwann werde ich es sicher wissen, wenn ich sie wiedersehe. Und das nimmt mir die Angst vor dem Tod, die ich immer hatte. Ich glaube fest daran, dass sie dort auf mich wartet und ich ihr endlich sagen kann, was ich so oft gedacht, aber nie ausgesprochen habe: ICH HAB DICH LIEB, MAMA!

Jetzt muss ich aufhören, ich muss schon wieder weinen.

Ich umarme Euch alle - es ist schön, dass ihr da seid!

Eure Kiki
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  #84  
Alt 24.07.2003, 21:22
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo zusammen!

Ach ihr Lieben, ich schick euch auch allen erst mal eine Umarmung.
Liebe Sandra (h),
ich wohne auch etwas weiter von meinen Eltern entfernt, mit dem Zug 2 1/ 2 Stunden. Mit Auto wäre ich etwas schneller, aber das kann ich mir als arme Studentin leider nicht leisten. 
Momentan habe ich noch die Möglichkeit, bei meinem Vater zu sein. Dieses Semester habe ich die Uni kaum von innen gesehen, und jetzt schreibe ich an zwei Hausarbeiten, damit das Semester nicht ganz verloren geht.
Aber ab Oktober werde ich wohl ein halbes Jahr lang Praktikum machen, und auch danach muss ich schließlich weiter studieren. Und der Gedanke, Papa dann hier alleine zu lassen gefällt mir überhaupt nicht. Meine Schwester braucht bis zu Papa nur eine halbe Stunde, aber sie hat wiederum auch einen Job und ist alleinerziehende Mutter. Da ist die Zeit auch etwas begrenzt.
Meine Schwester und ich werden Papa täglich anrufen, das brauchen wir auch zu unserer eigenen Beruhigung. Ich bin momentan doch sehr überängstlich, denn der Gedanke, dass auch meinem Papa etwas zustoßen könnte ist unerträglich, geistert aber eben immer wieder durch meinen Kopf.
Glücklicherweise ist mein Vater gesellig, vielseitig interessiert und aktiv. Und auch jetzt macht er weiterhin Pläne. Meine Eltern haben einen unglaublichen Freundeskreis, und die werden meinen Papa auch weiterhin in alle Unternehmungen einbeziehen. Es ist wirklich gut zu wissen, dass so viele liebe Menschen um ihn sind.
Aber dennoch fände ich es wesentlich schöner, wenn ich einfach mal kurz bei ihm vorbeikommen könnte, und sei es nur, um mit ihm gemeinsam Abendbrot zu essen. So werde ich dann aber wohl an den Wochenenden versuchen, ihn so oft es geht zu besuchen.

Liebe Mia,

weißt du, ich glaube, dass der Tod der Mutter oder des Vaters vielen Menschen nicht so extrem tragisch scheint, wenn sie nicht selbst von so etwas betroffen sind. Eltern sterben nun mal vor ihren Kindern, zumindest sollte das so sein. Und wenn dann jemand hört, dass eine Mutter mit 58, 60 oder noch älter gestorben ist, dann scheint das vielleicht einfach nicht so dramatisch. Ist immerhin schon ein Alter! – denken die Menschen.

So habe ich auch mal gedacht. Wenn ich auf dem Friedhof war, habe ich immer die Daten auf den Grabsteinen betrachtet und ausgerechnet, wie alt die oder der Verstorbene war. Hatte ich dann entdeckt, dass jemand mit 60, also im Alter meiner Mutter, verstorben ist, habe ich sicher nicht gedacht „oh wie traurig, das ist aber jung“.
Und nun ist meine Mutter mit 60 gestorben, und es kommt mir verdammt früh vor. Ich bin 23, und ich komme mir auch verdammt jung vor, um schon meine Mutter zu verlieren.
Wenn ich nun Geburts – und Sterbedaten auf Grabsteinen sehe, überlege ich, wie die Menschen, die etwa in Mamas Alter waren wohl verstorben sind.

Ich stehe noch ganz am Anfang meiner Trauer, aber ich weiß schon jetzt mit Sicherheit, das es eine lange Zeit brauchen wird, bis ich alles verarbeitet habe.
Auf Mamas Trauerfeier sprach ein evangelischer Pfarrer. Zwei Tage vorher hatten meine Familie und ich uns mit ihm zusammen gesetzt, um die Feier zu besprechen und ihm von Mama zu erzählen. Er sagte, dass die Trauer Zeit braucht, und dass wohl ein Jahre vergehen wird, bis man sich in seinem Leben neu organisiert hat. Nach einem Jahr hat man alle wichtigen Ereignisse einmal mitgemacht: den Geburtstag des Verstorbenen, den Todestag, Weihnachten. Erst dann kann man sich neu orientieren.
Und ich glaube, dass er damit recht hat. Das soll nicht heißen, nach einem Jahr muss die Trauer weg sein, aber dieses eine Jahr ist sicher wirklich wichtig.
Ich hoffe einfach, ich wisst, wie ich das meine.

Ich habe während Mamas Krankheit mal den Satz gehört „jeder muss mal sterben“. Ich habe mich gefragt, ob diese Person ernsthaft meinte, das würde mich trösten. Nur weil jeder von uns sterben muss, tut es doch nicht weniger weh, einen Menschen zu verlieren.
Hinzu kommt: ja, jeder von uns muss sterben. Aber nicht jeder muss zuvor solche Qualen und Ängste durchstehen wie meine Mutter, und wie viele andere Krebskranke auch, die diese Krankheit nicht besiegen konnten.
Meine Schwester sagte gestern, Mamas Qualen zu Lebzeiten waren für sie schwerer zu ertragen als ihr Tod.
Und auch mich hat das Mitleid manchmal fast zerrissen!
Und dann glaubt tatsächlich noch jemand, der Satz „jeder muss mal sterben“ würde mir irgendwie helfen?


Liebe Damaris,

dir wollte ich gerne auch noch etwas schreiben. Es tut mir so unendlich leid für dich, dass du nicht rechtzeitig zu hause warst, um deine Mutter beim Sterben begleiten zu können. Mir und meiner Familie war das auch nicht vergönnt. Ich habe während Mamas letzter Wochen immer gedacht „wenn sie schon sterben muss, dann wenigstens zu Hause“. Doch sie starb nachts im Krankenhaus, und keiner aus der Familie war da, denn niemand hatte damit gerechnet. Es passierte durch eine Lungenembolie, und die kann man nicht vorhersehen.

Ich hatte die ersten Tage unheimlich daran zu knabbern, WIE Mama gestorben ist. Und ich war so wütend, dass uns nicht einmal gegönnt war, bei ihr zu sein. Doch ich weiß jetzt, dass sie liebe Schwester um sich hatte, die sie noch gestreichelt haben, als ihr Herz schon nicht mehr schlug. Und ich glaube, dass Mama vielleicht gar nicht wollte, dass wir dabei sind. Sie wollte uns nicht belasten, und Zeit ihres Lebens versuchte sie stets, alles unter Kontrolle zu haben. Vielleicht war ihr Tod etwas, dass sie uns sowieso nicht hatte zumuten wollen.
Ich weiß es nicht, und es bringt nichts, darüber nachzudenken. Ich bin einfach froh, dass sie dennoch liebe Menschen um sich hatte.

Und liebe Damaris, vielleicht kann es dir auch ein Trost sein, dass deine Mutter ihre Liebe um sich hatte. Sie musste nicht alleine sterben. DU warst zwar nicht da, aber andere liebe Menschen. Und bei einer letzten Verabschiedung von ihr hättest du ihr doch sicher nichts sagen können, was sie nicht eh schon wusste, oder? Dass du sie lieb hast vielleicht. Ich weiß ja nicht, was du ihr gesagt hättest, aber das wichtigste ist, dass deine Mutter sicher wusste, wie lieb du sie hast.

Du bist hoffentlich nicht böse, dass ich dir das schreibe. Ich hoffe, du verstehst es richtig, per Computer sind manche Dinge schwer zu beschreiben.

Liebe Kiki,
ich habe meine Mutter am Tag vor ihrem Tod im KH besucht. Ich und mein Vater waren vier Stunden da. Um 8 Uhr abend wurde ich dann hungrig, und ich fing an mich zu langweilen. Ich wollte nach Hause.
Im Nachhinein habe ich nur gedacht: wenn ich gewußt hätte, dass ich sie das letzte Mal gesehen habe, wäre ich geblieben. Hunger und Müdigkeit wären egal gewesen.
Ich habe mich geschämt, dass ich so egoistisch gewesen war und nur an meine Bedürfnisse gedacht habe.
Bei der Verabschiedung habe ich auch gesagt "bis morgen". Ich wollte sie gleich vormittags besuche, und im Laufe des Tages wollten abwechselnd alle anderen (ihre Schwester, Papa, meine Schwester) zu ihr fahren, damit sie nie allein sein muss.
Wir hatten alles genau geplant und wussten doch nicht, dass das gar nicht mehr nötig sein würde.

Kiki, die Fragen, die du dir stellst sind dieselben, über die ich nachgedacht habe: ob Mama spürte, dass sie jetzt sterben würde, ob sie Angst hatte usw. Aber ich will darüber nicht mehr nachdenken und lasse es auch, denn es führt zu nichts, es macht nur noch trauriger und verzweifelter.
Und ich glaube ganz sicher, dass auch deine Mutter um all die Dinge wusste, die du ihr gerne noch sagen wolltest.
Ich habe auch nie geasgt" ich hab dich lieb". so waren wir einfach nicht. Aber meine Schwester hat mich davon überzeugt, dass Mama es wußte.
Und sie hat ihr diesen einen Brief geschrieben, in dem sie all die Dinge beschrieb, die ich in der Zeit der Krankheit gesagt und getan habe, die mama nicht mitbekommen hat und die ihr meine Liebe indirekt zeigen. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Nun, jedenfalls glaube ich, dass auch bei dir, wie bei so vielen anderen alle Taten mehr gesagt haben als Worte.

Lieber Himmel, jetzt muss ich aber dringend aufhören, sonst schmeißt ihr mich hier noch raus! :-)Diese Forum ist wie ein Magnet, man kann einfach nicht aufhören zu schreiben.

Habt vielen Dank für´s "zulesen", und hoffentlich hat es euch nicht den letzten nerv gekostet!

alles Liebe für euch!

Katrin
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  #85  
Alt 24.07.2003, 22:10
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Liebe Katrin,

jetzt habe ich doch noch mal reingeschaut, obwohl ich eigentlich nicht mehr wollte, weil ich heute irgendwie besonders traurig bin und das ganze Thema mal für heute wegschieben wollte. Es ist wirklich unglaublich, wieviel gemeinsames uns verbindet. Meine Mama starb auch nachts an einer Lungenembolie im Krankenhaus. Die Ärztin sagte zu uns, das sei ein Sekundentod. Denkst Du auch oft darüber nach, ob Deine Mama wußte, dass sie sterben würde? Die Schwestern im Krankenhaus erzählte mir, sie hätte noch einmal bei meiner Mama ins Zimmer geschaut, meine Mama wäre wach gewesen. Die Schwester hat sie gefragt, was los sei und sie sagte, es ginge ihr nicht gut! Die Schwester fragte nach den Beschwerden: "Wie nicht gut?" Meine Mama konnte es wohl nicht erklären und sagte nur "einfach nicht gut!" - dann ist sie ohnmächtig geworden und die Schwester hat sogleich den Arzt gerufen, aber da war sie schon tot. Ich frage mich oft, ist es gut, so schnell zu sterben? Merkt man was davon? Die Ärztin sagte, es sei besser für sie gewesen, bevor der Krebs alle anderen Organe befallen und sie nach und nach ausgesetzt hätten. Und so ist sie gestorben, ganz schnell und vielleicht noch mit dem Gedanken, Weihnachten mit uns allen zuhause feiern zu können, das hatten ihr die Ärzte schon versprochen. Ich hoffe, es war so! Möchte auch jetzt gar nicht mehr drüber nachdenken, einfach die Gedanken wegschieben, was bringt das Grübeln?!

Ich wünsche Euch eine Gute Nacht!
Kiki
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  #86  
Alt 24.07.2003, 22:54
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hallo ihr lieben!

liebe mia, schön wieder von dir zu lesen ! auch ich hab nur wenig zeit, aber ich mußte einfach wieder reinschauen, ich hab so viel auf dem herzen, bin so neugierig, was ihr alle schreibt.

liebe kiki, liebe katrin,
als ich eure briefe las kamen wieder die tränen :-(
meine mami starb an einem Mittwoch, dem 31. juli letzten jahres, nachmittags.
am tag davor, am dienstag noch war ich bei ihr im krankenhaus, hatte wieder 2 tage urlaub ans we ranhängen können.
ich war noch immer am hin-und-her-wichteln ob ich völlig der arbeit fern bleibe.
ich hatte keine ahnung, nicht das gefühl, daß die zeit schon gekommen ist.
am dienstagnachmittag hab ich meine liebe mutti zum letzten mal ganz lieb umarmt, ihre
hand gedrückt und tschüss bis freitag gesagt, als ich zur tür rausgegangen bin hat sie mich angelächelt und gewunken.
mir fiel auch diesmal der abschied schwer, aber dieses gefühl, zu hause auch wieder kraft zu tanken, durch die arbeit etwas abzuschalten, ließ mich den ganzen „stress“ ertragen, 4 h autofahrt überstehen, morgens pünktlich im büro sein.
ich dachte jede minute an sie, vor allem, weil ihre lungen wieder punktiert werden sollten.
wasser in der lunge sagt man dazu, meiner mami fiel dadurch das atmen sehr schwer,
d.h. das punktieren mußte sein.
am vormittag riefen wir alle drei, mein papa, meine schwester, ich, bei ihr an.
alles schien unverändert zu sein. doch mittags rief der arzt bei meinem vati an, wir sollen kommen. wir ! ich 400 km weit weg, ich flehte zu gott, meine schwester und mein papa
mögen nicht zu spät kommen, sie hatten es ja nicht weit 30 min autofahrt.
doch sie kamen zu spät, 10 min. meine schwester rief mich an und sagte „ich weiß garnicht, was ich sagen soll, mutti ist eingeschlafen“. ich legte auf und ........... es tat soooo weh.
es tat so weh, nicht ihre hand beim einschlafen gehalten zu haben. dieses gefühl, nicht bei ihr gewesen zu sein, nicht zu wissen, wie sie „eingeschlafen“ ist, haben die ärzte vielleicht nur zugeschaut ?
noch vor nicht mal 24 h war ich bei ihr und nun ? ich machte mir schreckliche vorwürfe.....
sie war erlöst, aber ich wollte doch bei ihr sein, in ihrer letzten wachen minute ! ! !

in ihrem tagebuch, sie schrieb ein jahr lang, von op bis zu ihrem todestag, in ein kleines buch, wie es ihr jeden tag ging, weniger über gefühle. in diesem buch stand zuletzt PUNKTIERT !
nicht wie sie sich danach gefühlt hat, ob es diesmal besonders geschmerzt hat, nichts ! ?
war das pieksen der nadeln diesmal zu schmerzhaft ? ich weiß es bis heute nicht.

dieses forum hier ist wirklich wie ein magnet, kiki für mich eine art tagebuch, wie ich letztens schon mal geschrieben habe. werde ich in einem jahr vielleicht genau diese, meine zeilen nochmal lesen ?

gute nacht,
liebe grüße
sandra(h)

ps: liebe kiki, hast du denn vielleicht noch so ein schönes gedicht für uns ?
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  #87  
Alt 24.07.2003, 23:08
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Liebe Kiki,

ich konnte es auch nicht lassen und musste nochmal reingucken.

Ja, ich habe schon oft darüber nachgedacht, ob Mama irgend etwas geahnt hat. Bei ihr war es so: mein Vater und ich fuhren ja so um acht aus dem Krankenhaus weg. Die Schwester meiner Mutter war noch etwa eine Stunde nach uns da.
Um 10 rief meine Mutter uns dann zu hause an. Sie sagt zu meinem Vater am Telefon, dass irgendetwas mit ihrem Sauerstoff nicht stimmen würde, und er kommen müsse. Papa meinte, sie solle die Schwester rufen, aber Mama sagte, das hätte sie schon, und die würde mit dem Sauerstoffgerät auch nicht klarkommen.

Da dachten wir, sie ist wieder durcheinander von dem vielen Morphium. Papa fuhr dann aber hin und blieb auch eine Weile. Er rief auch eine Schwester dazu, und die erklärte Mama dann, wofür die ganzen Kabel und Schläuche waren und sagte, dass alles in Ordnung sei. Mama erwiderte, dann könne sie ja jetzt noch ein bißchen lesen.
Mein Vater sagte dann irgendwann, er würde jetzt nach Hause fahren und am anderen Tag wiederkommen. Mama sagte, das sei okay, er solle ruhig fahren und verabschiedete sich bis zum anderen Tag. Papa hat sie wohl so um 23 Uhr verlassen, und 4 ½ Stunden später bekamen wir den Anruf, dass sie verstorben war.

Mama stand vor allem in den letzten drei Tagen unter sehr viel Morphium. Se hatte Durchblutungsstörungen im Bein vom vielen liegen, die ihr höllische Schmerzen bereiteten. Das Morphium machte sie zeitweise sehr verwirrt. Meine Mutter hatte Lungenkrebs, und zwar einen ziemlich seltenen, der Unmengen klaren Schleims produziert. Normalerweise spuckte sie alle 5 Minuten den Schleim aus, aber sie hatte so viel Morphium bekommen, dass es nicht mehr so spürte, wie viel Schleim sich angesammelt hatte. Erst wenn es richtig viel war und furchtbar brodelte spuckte sie aus.

Im nachhinein überlege ich aber eben doch, ob Mama wirklich nur aus Verwirrung anrief, oder ob tief im Unterbewußtsein so eine Ahnung lag, und sie Papa deswegen nochmal zu sich rief.
Er hat zumindest jetzt ein Bild des Friedens als letztes im Kopf, wie sie im Bett sitzt, mit ihrem Klatschblatt und sich beruhigt verabschiedet.

Ich bin heute auch nicht gut beisammen. Ich habe mir die Lieder von ihrer Trauerfeier angehört und im Schlafzimmer meiner Eltern auf der Bettkante gesessen, wo ich unzählige Male in durchwachten Nächten neben ihr gesessen habe. Dann kommt immer noch der Wunsch auf, ich hätte doch wenigstens ihr Leiden lindern können.

Die Ärztin, die bei dem Notfall zu meiner Mutter gerufen wurde sagte uns auch, dass bei einer Embolie der Tod sehr schnell eintritt. Und so hoffe ich, dass meine Mutter nicht allzu viel Angst haben musste. Es ist so furchtbar, sich diese Szene im Geiste immer wieder vorzustellen, weil man eben einfach nicht genau weiß, was nun genau geschehen ist. Aber ich denke nicht mehr so oft daran. Ich stelle mir lieber vor, dass sie es da, wo sie jetzt ist guthat, auch wenn sie so wahnsinnig gerne noch bei uns geblieben wäre.

Eines möchte ich noch sagen, falls ich das nicht schonmal geschrieben habe: eine Frau, die Sterbende zu Hause begleitet erzähle mal davon, wie die Menschen die letzten Minuten ihres Lebens erleben und wie sie sterben, Und sie sagte, das ALLE kurz bevor sie sterben ihr Schicksal annehmen können, loslassen und glücklich sterben. Vielleicht kann man deshalb bei so vielen Verstorbenen ein kleines Lächeln ausmachen.

Die Erzählungen dieser Frau haben mir jedenfalls ein Stück meiner eigenen Angst genommen, und sind auch jetzt ein Trost für mich.

Wir hören bald wieder voneinander!

Alles alles Liebe,

Katrin
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  #88  
Alt 24.07.2003, 23:20
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Sandra(h),

dir möchte ich jetzt wenigstens noch ein dicke Umarmung schicken. Wie ich gerade lese, steht dir bald der erste Todestag deine Mutter bevor. Ich kann mir gar nicht ausmalen, was das für dich bedeutet.

Mir steht als nächstes in etwas über einem Monat mein Geburtstag bevor, und mir wird das Herz so schwer, wenn ich daran denke. Ohne Mama, die morgens als erste in mein Zimmer kommt und mir gratuliert...

Meine Schwester hat drei Tage nach Mamas Tod mit dem KH telefoniert, weil sie die Umstände genau wissen wollte. Die Ungewissheit war zu schlimm. Auch ich hatte den Gedanken und hätte es wenige Tage später gemacht.
Glaube daran, dass auch bei deiner Mutter liebe Menschen waren! Ich schätze, dass die Ärzte, aber vor allem die Schwestern sowas wie eigene Rituale entwickeln, wenn Patienten sterben. So wie sie bei Mama geblieben und sie gestreichelt haben, als sie schon verstorben war.
In den Gesprächen mit meiner Tante kam heraus, dass auch sie fürchterlich damit kämpfte, nicht bei Mama gewesen zu sein. Doch darüber nachzudenken, zerreißt einem wirklich nur das Herz.

Jetzt mach ich aber wirklich Schluss für heute! :-)
Liebe Sandra(h) und alle anderen, schlaft schön und träumt süß!

Katrin
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  #89  
Alt 25.07.2003, 00:01
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Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

zuerst einmal hallo mia
nein keine vorwürfe, du könntest etwas falsch geschrieben oder falsch beschrieben haben. das habe ich so nicht verstanden. im gegenteil, ich finde es gut, wen andere ihre meinung kunt tun - ohne floskeln und herumreden. ich habe /hatte ein enorm enges verhältnis zu meiner mama. eben so, wie es bei einer besten freundin ist.
laut reden kann ich mit ihr nicht, aber ich denke, meine gedanken kommen ebenso "an".

danke, dass du reagiert hast
alessa

ich hoffe, sie ist bei ihren eltern...
das würde mir helfen...
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  #90  
Alt 25.07.2003, 00:34
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

liebe katrin, liebe kiki,
bei uns wa res anders. meine mama hatte eine panik davor, ins krankenhaus zu müssen. diese panik hatte meine oma schon - sie sagte immer: bist du einmal dort, kommst du nicht mehr raus. etwa 3 wochen bevor sie eingschlafen ist, ich war nicht zuhause (meine schwester und mein vater waren da) hatt meine mutter einen epileptischen anfall. damals wussten wir nicht, das es einer war. unser onkologe, ein schatz von mensch, kam mitten in der nacht, und wollte, dass mama ins krankenhaus kommt. doch sie hat sich gewehrt und immer nein , nein , nein, gerufen. innerhalb von ein paar sekunden/minuten war sie wieder sie slebst, bestand aber weiter darauf, zuhause zu bleiben. der arzt akzeptierte das. ich möchte und kann ihren ganzen leidenswg jetzt nicht wiedergeben. aber sie durfte zuhause einsclafen. meine schwester, mein vater, mein freund und ich waren da. mehrere tage sassen wir an ihrem bett. ich habe ein red bull nach dem anderen getrunken, aus angst einzuschlafen. ich habe mit ihr geredet, entweder ich oder meineschester haen hre and gehalten. zwischendurch ist se aufgewacht. machmal war sie bei bewustsein. und dann hatte ich eimal gesagt, dass ich so unendlich lie habe - und sie antwortete: sag das nicht, das macht es mir nur noch schwerer. das hat mir das herz zerrissen. das wollte ich doch nicht. heute glabe ich, dass sie es gwusst hat. ich bin mir sicher, warum hätte sie sonst so reagiert. mama hat immer versucht, allen schaden und alles böses gut zu schlichten. aber da ging es wohl nicht mehr. am abend darauf war es sehr komsch, mama, lag wie auch die tage vorher in einem krankenbett im wohnzimmer. eine pflegerin, die die infusionen legte etc. kam und sagte, dss es wohl nicht mehr lange dauern werde. sie sagte auch, dass es wichtig sei, dem menschen zu sagen, dass er gehen dürfe. das ist sehr schwer, denn es ist immer eine lüge... komischer wesie wollte ich dann plötzlich, dass ein pfarrer kommt. mein freund hat dann einen sehr netten menschn geholt - innerhalb einer stunde. er gab ihr das den segen. es war alles wie ein film. ich weiss noch, dass ich ihn fragte, was das für ein gott sein soll, der so etwas zulasse. er konnte keine antwort geben. dann habe ich geredet. ich habe von unserem thailanduralub erzählt, und was uns dort alles passiert ist. und ich habe ich gesagt, dass sie gehen dürfe. das sie sich nicht sorgen solle... und irgendwie, keine ahnung woher, erzählte ich aus dem kleinen prinzen, die geschichte von den lachenden sternen. genau weiss ich garnicht mehr was ich gesat habe, es passierte einfach. gegen 23.30 kam dann nochmal die pflegerin, und gegen 23.50 dann nachmal unser onkologe.
und ab diesem zeitpunkt gaube ich, dass mama bewusst gegangen ist. ich bin mir sicher, sie wollte nicht, dass wir alleine sind in diesem moment. der arzt und die pflegerin sind kurz raus gegangen - in den flu - und haben geredet. punkt genau um 00 uhr ist sie dann eingeschlafen. sie hat noch ihr linkes auge geöffnet... ich war besorgt und schloss es wieder. ich bin mir sicher, dass mama wolte, dass wir nicht alleine sind, dass sie den moment abgewartete hat.
meine schwester und ich lagen die ganze nach neben ihr.

ich kann nicht sagen oder beurteilen, welches einschlafen die "bessere"art für unsere mütter ist. was ich nur zum ausdruck bringen wollte ist, dass es aus der sicht des einzelnen wohl immer die schlimmste situation ist. egal wo sie einschläft.
aus euren schilderungen glaube ich zu lesen, dass ihre eure mütter alle liebt und ihr alle ein tolles verhältnis zu ihnen hattet.
ob ihr dabei wart oder nicht, ich denke, niemand kann wirklich sagen, alles genau richtig gemacht und gesagt zu haben.
irgendwie habe ich jetzt den faden verloren.
bin wohl jetzt zu konfus

liebe grüsse auch an sandrah

alessa
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