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Alt 10.02.2006, 22:16
Hanna81 Hanna81 ist offline
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Registriert seit: 10.02.2006
Beiträge: 1
Standard Angst

Hallo,

ich weiß eigentlich gar nicht, wo ich anfangen soll, da schon so viel passiert ist. Es geht um meinen Vater. Er ist 52 Jahre alt und im Sommer 2004 wurde bei ihm Kehlkopfkrebs festgestellt. Es war schon sehr weit fortgeschritten (T4N2bM0), da er die Anzeichen immer ignoriert hat. Er wollte keine OP und man hat ihn im Herbst 2004 bestrahlt (2 mal pro Tag). Er hat furchtbar abgenommen, aber es sonst ganz gut verkraftet. Chemo sollte er auch bekommen, aber die hatte er nicht verkraftet. Der Tumor ist dann auch sichtbar zurück gegangen (es war eine riesige Beule am Hals zu sehen). Dann ist er zur Reha gekommen. er hat da auch wieder gelernt, etwas besser zu sprechen. Er konnte ja nur noch flüstern. Aber dann hat er wieder angefangen, Alkohol zu trinken und von da an ging es nur noch bergab. Ich habe das auch nicht gleich mitbekommen, da ich in einer anderen Stadt lebe und er niemanden hat. Mein Bruder ist auch nicht da. Als er von der Reha zurück kam, ist er wieder nach Hause. Ich konnte aus beruflichen Gründen lange nicht zu ihm kommen. Als ich dann März 2005 bei ihm war, war er so stark abgemagert, dass er sich nicht mehr alleine auf den Beinen halten konnte. Er lag nur noch auf der Couch und röchelte nach Luft. Durch den Tumor war die Luftröhre stark verengt. Ich habe ihn dann sofort ins Krankenhaus gebracht, wo sie ihn wieder ein wenig aufgepäppelt haben. MAn legte ihm eine Magensonde an, da er nicht mehr schlucken konnte. Diese wurde einen Monat später wieder entfernt. Dann war wieder ein wenig Ruhe. Im Sommer bildete sich aussen am Hals ein komischer Pickel. Ich bin dann mit ihm zum Arzt (alleine traute er sich nicht). Man stellte fest, dass der Tumor wieder wuchs und er jetzt Metastasen in der Haut hatte. Zunächst entfernte man diesen immer größer werdenen Pickel und wollte eine Probe vom Kehlkopf nehmen. MAn stellte hierbei fest, dass der Krebs den ganzen Kehlkopf zerfressen hat und dass er nicht mehr lange zu leben hat, wenn er sich nicht operieren lässt. Er entschied sich ein Glück zur OP. Man wollte ihm kurz vorher noch eine neue Magensonde legen. Dabei verengte sich dann seine Luftröhre so stark, dass er keine Luft bekam und er reanimiert werden musste. Er kam auf die Intensivstation. Ich wurde durch einen Bekannten informiert und fuhr sofort hin. Es war schreklich ihn so zu sehen. Überall Schläuche und es piepte die ganze Zeit. er war nicht voll bei Bewusstsein und hat es auch nicht mitbekommen, dass ich da war. Jedenfalls hat er mir das später "gesagt".
Ach ja, da hatten sie ihm auch einen Luftröhrenschnitt gemacht und es war für mich ein totaler Schock, da ich nicht vorbereitet wurde.
Kurze Zeit später wurde er operiert. Man musste sehr viel entfernen (kompletten Kehlkopf, großer Teil der Luftröhre und die Schilddrüse). Mein Vater erholte sich wieder erwarten ziemlich gut und wurde im Dezember 2005 in die Reha geschickt. Dort fing erst alles richtig an: Er bekam vier Fisteln (drei aussen, eine innen), die wohl mit einem Röhrensystem verbunden waren. Die Wunden wollten einfach nicht heilen. Er wurde wieder ins Krankenhaus verlegt. Da entschied man sich zur OP, um neue Haut dorthin zu transplantieren. Da der Termin erst nach dem Wochenende sein sollte, durfte er noch mal nach HAuse, wo er seit 4 Monaten nicht mehr gewesen ist. Am letzten Tag ist ihm die Vene im Hals geplatzt. Er hat richtig Glück gehabt, dass er auf der Straße war, da er sich selbst ja keine Hilfe mehr holen konnte. Er wurde dann notoperiert und man hat Haut von der Brust über die Fisteln gelegt. Sie wollten trotzdem nicht heilen. 1,5 Wochen später platzte im Krankenhaus eine Arterienverästelung. Wieder Not-OP! Danach Intensivstation. Dort hat man beim Röntgen Schatten in der Lunge festgestellt: 3 Metastasen!!!
Die waren drei Monate zuvor noch nicht da und sollen nach Angaben der Ärzte explosionsartig gewachsen sein. Die eine ist 4x5x8 cm groß und drückte die Hohlvene ab, die die Versorgung mit dem Kopf regelt: deswegen die Blutungen. Der Arzt meinte zu mir, dass diese operativ entfernt werden soll. Die OP soll aber sehr riskant sein und ich solle doch vorher noch mal nach Berlin kommen und ihn sehen. Ich bin natürlich sofort gefahren. MEinem Vater ging es nicht gut. Es war schrecklich und ich fühlte mich hilflos. Mir haben die Ärzte auch gesagt, dass sie ihm jetzt nicht mehr helfen können. Sie geben ihm noch ein paar Monate.
Die OP hat er jetzt erst mal gut überstanden. Es wurde ihm ein Lungenflügel entfernt. Er hat starke Schmerzen und ist total mutlos.

ICh habe die ganze Geschichte erst mal ohne Emotionen aufschreiben müssen. Es geht einem so viel durch den Kopf und man muss es erst mal für sich sortieren. Ich zeige nicht gerne, wie es in mir aussieht und was ich fühle und neige dadurch, alles zu verdrängen. ICh merke jetzt aber, dass das der falsche Weg ist, aber ich kann es nicht ändern. Ich möchte auch gerne mal mich fallen lassen und traurig sein. Aber ich habe immer das Gefühl für alle da sein zu müssen.
Mein Vater ist sehr alleine. Durch seine Alkoholkrankheit hat er viel kaputt gemacht. Ich hatte bis zur Diagnose Krebs kein gutes Verhältnis zu ihm und es ist dadurch nicht leichter mit ihm zu reden. Ich versuche für ihn da zu sein, aber ich kann nicht alles vergessen, was er mir angetan hat.
Meine Eltern sind getrennt. Meine Mutter geht ihn ein bis zwei mal die Woche besuchen. Das macht sie aber nur uns (meinem Bruder und mir) zuliebe. Ich merke, wie sie daran zugrunde geht. Sie ist total fertig. Mein Bruder ist mitten im Studium. Er kann auch nicht oft nach Berlin.
Ich habe einfach Angst, wie es weiter geht. Man hat uns gesagt, dass wir uns Gedanken um ein Hospiz machen sollen. Das hört sich für mich so endgültig an. Klar weiß ich, dass es nicht mehr so lange dauert. Aber Hospiz klingt wie kurz davor. Ich weiß nicht, wie ich mit ihm umgehen soll. Es ist ja auch so schwer, da wir nicht telefonieren können, sondern nur per SMS kommunizieren.
Es ist ein auf und ab der Gefühle und ich bin kaputt, völlig fertig mit den NErven und könnte ständig heulen. Mein Partner ist zwar für mich da,nimmt mich in den Arm und hört mir zu. Aber er kann nicht nachvollziehen, wie es in mir drin aussieht. Und für mich ist es schwer es zu erklären.

Ich weiß, dass ich ziemlich wirr und viel geschrieben habe, aber es kam alles so in meine Gedanken. Ich bin froh ein solches Forum gefunden zu haben.

Hanna
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  #2  
Alt 12.02.2006, 23:26
Petra3 Petra3 ist offline
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Registriert seit: 21.01.2005
Ort: Niederösterreich
Beiträge: 43
Standard AW: Angst

Hallo Hanna!
Deine Geschichte kommt mir ja sooo bekannt vor....leider!
Ich kann dir und deinem Vater nur den Tip geben euch an einen Hospizdienst zu wenden.
Das ist nicht unbedingt "das es ist AUS" Zeichen, im Gegenteil, die Leute dort versuchen einem zu vermitteln aus jedem Tag das Beste zu machen und ihn soweit es geht zu geniessen. Es hilft den Angehörigen und vor allem den Patienten!!!
Schlimm in eurem Fall ist natürlich auch die örtliche Distanz, aber du versuchst ja sooft es geht bei deinem Vater zu sein!

Versuche nicht deine Angst, Wut, Hilflosigkeit zu unterdrücken, sprich mit einer Freundin, Mann, jemanden dem du Vertraust, oder natürlich hier.
Was du im Moment durchlebst solltes du nicht hineinfressen, sonst wirst du irgendwannmal Irre! Mit Ansehen zu müssen wie ein Mensch den man liebt so sehr leidet, zu sehen wie der Krebs ihn zerfrisst, das kann man nicht alleine verarbeiten!
Lass den Kopf nicht hängen, schau nach vorne!
Alles Liebe
Petra
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  #3  
Alt 09.03.2006, 23:48
Christina II Christina II ist offline
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Registriert seit: 20.08.2005
Beiträge: 8
Standard AW: Angst

Hallo Hanna,
ich kann mich Petra nur anschließen, ein Hospiz, bzw. eine Palliativbetreuung ist wirklich sehr hilfreich. Man selbst steht einfach überfordert und hilflos vor der Situation, aber die Leute dort haben Erfahrung, können Trost und Stütze geben und sorgen für Schmerzfreiheit. Ich weiß nicht was wir ohne die Palliativärztin meines Vaters gemacht hätten...
Alles liebe
Christina
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