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  #76  
Alt 05.09.2003, 19:20
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Liebe Yvonne, liebe Janine,

es tut so gut, von euch zu hören. Ich glaube dieser Austausch wird helfen, Dinge zu akzeptieren, die wir nicht ändern können, vor allem wenn die Traurigkeit und die Angst - und manchmal sicher auch die Hoffnungslosigkeit übermächtig werden wollen vor der Erkenntnis, dass (fast?) nichts auf dieser Welt Bestand hat.
Dennoch: Ich glaube daran, dass ein Mensch so lange für uns nicht verloren ist, wie es andere Menschen gibt, die sich seiner in Liebe erinnern.
Liebe Grüße an euch alle und danke für eure Worte,
versucht, nicht zu verzweifeln, sondern stets das Licht am Ende des Tunnels zu sehen oder wenigstens daran zu glauben, auch in der ausweglosesten Lage. Vielleicht kann man das, was mal zu Licht werden will, manchmal noch gar nicht erkennen.
Engelke
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  #77  
Alt 08.09.2003, 11:52
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Vielen lieben Dank an Euch für die vielen tröstlichen Worte und die liebe Unterstützung... Es tut wirklich gut, zu hören, dass andere ein ganz ähnliches Schicksal durchmachen wie man selber. Und es ist schön, so frei reden zu können. Ich habe immer das Gefühl, wenn ich das nicht kann platze ich...

Danke!
Yvonne
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  #78  
Alt 09.09.2003, 08:57
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Hallo,

als ich Eure Berichte gelesen habe, mußte ich weinen.
Ich habe vorher noch nie in einem Vorum geschrieben, doch Ihr macht mir Mut!
Mein Opa ist auch an Darmkrebs unheilbar erkrankt. Die Ärzte haben die Hoffnung aufgegeben. Sie sagten noch eine Operation würde er nicht überstehen.
Nun ist er die letzten paar Tage oder Monate daheim. Keiner kann genau sagen wie lange er noch hat.
Es geht ihm von Tag zu Tag schlechter. Er hat große Angst vor dem Tod.
Es ist für mich unerträglich, die Gewißheit, dass man dem ganzen völlig machtlos gegenübersteht.
Ich weiß einfach nicht wie ich mich verhalten soll.
Es ist so viel Trauer und Hoffnungslosigkeit in mir!
Mein Vater ist schon sehr früh gegangen.
Wir selber sind, mit mir 4 Kinder.
Ich bin fast mein ganzes Leben bei meinen Großeltern aufgewachsen.
Sie sind wie Eltern für mich, sind immer für mich da wenn ich sie brauche.
Ich wäre ja damit klar gekommen wenn er "normal" von uns geht, aber so!
Ich habe furchtbare Angst vor dem Tag X!
Und wenn ich dann noch Eure Berichte lese, was da noch auf mich zukommen kann wird mir ganz anders.
Ich fühle mich so leer und unendlich traurig.

Vielleicht könnt Ihr mir ja helfen mit meinen Gefühlen umzugehen, wie ich mich verhalten soll meinem Opa "Vater" gegenüber.
Jedesmal wenn wir uns sehen schauen wir uns in die Augen und müssen weinen.

Wir wollen jetzt auch noch ein paar Tage an die See fahren. Er hat es sich so sehr gewünscht, noch einmal an die See. Das rauschen der Wellen den Sonnenuntergang.
Einfach nochmal auf andere Gedanken kommen.

Wir haben einfach die Hoffnung aufgegeben!
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  #79  
Alt 09.09.2003, 09:27
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Hallo Anonym,

ich kann Dich sehr gut verstehen, da auch ich größtenteils bei meinen Großeltern aufgewachsen bin. Meine Beziehung zu meiner Oma ging weit über eine normale Oma-Enkel-Beziehung hinaus. Und dann kommt diese schwere Erkrankung, seit fast einem Jahr jeden Tag die Angst, sie könnte sterben. Die Wut, warum meine liebe Oma so eine Krankheit bekommen muss. Die Trauer, dass sie, die ihr ganzes Leben lang nur lieb, gut und für andere da war, nur gearbeitet hat, jetzt im Alter noch gegen so eine Krankheit ankämpfen muss. Das Gefühl, das hat sie doch nicht verdient. Und jedesmal, wenn ein Hoffnungsschimmer auf uns zukam, wieder neuen Mut gefaßt, und jedesmal kam nach kürzester Zeit der nächste Rückschlag, und jedesmal war es schlimmer. Bis zum Hirntumor, an dem sie schlußendlich gestorben ist. Die Ohnmacht, nicht helfen zu können. Kein Arzt hatte uns gesagt, dass sie nach der Gehirn-OP zuerst zum Pflegefall wird, und dann innnerhalb kürzester Zeit sterben wird. Wir hatten bis zuletzt Hoffnung, dass wird schon wieder. Nur sie hat wohl gewußt, was mit ihr los ist. Wollte wohl aber nichts sagen, wegen uns. Und dann ist sie gegangen. Sie ist einfach weg, und ich kann es nicht fassen. Nicht mehr mit ihr reden, sie nicht mehr umarmen, einfach nicht mehr da.

Ich kann Dir nur einen Rat geben. Nutze die Zeit, die Euch bleibt. Das haben wir auch getan. Sei da, wann immer er Dich braucht. Zum Reden, oder zum Schweigen. Sei für ihn da, wenn er Hilfe braucht. Wenn er über seine Ängste reden will, sprich mit ihm, auch wenn es Dir das Herz zerreißt. Es wird ihm helfen. Fahr mit ihm an die See, wenn er sich das so sehr wünscht. Das hat er sich verdient. Und, was ganz wichtig ist wie ich finde: Lass ihn los. Klammer Dich nicht fest, denn dann wird er sich quälen, weil er nicht gehen will und an dieser Welt festhält. Lass ihn los, damit er, wenn die Zeit gekommen ist, in Frieden gehen kann. Zeig ihm, dass Du traurig bist, dass er gehen muss, aber das Du es akzeptieren kannst, weil es nun sein muss. Das wird ihn erleichtern.

Ich weiß nicht, ob Du an Gott glaubst, eine andere Religion, oder ob Du nicht gläubig bist. Ich bin es nicht. Aber ich fühle es, dass meine Oma immer noch da ist, dass sie auf mich achtgibt und zu mir "runterschaut". Irgendwo gibt es einen Platz, wo unsere Lieben hin gehen (der Himmel oder wie auch immer), und von dort schauen sie zu uns. Sie sind immer noch da, nur nicht körperlich. Die Seele geht nicht verloren. Du wirst es spüren, wenn es soweit ist, was ich meine. Und ich weiß, dass wenn ich hinüber gehe, dass meine Oma mich abholen wird. Sie ist auch abgeholt worden, dass hat man in ihren letzten Minuten gemerkt. Dein Opa wird immer bei Dir sein.

Ich wünsche Euch viel Kraft, diese schwere Zeit durchzustehen, zu akzeptieren, was man nicht ändern kann, und die Kraft, loszulassen.

Alles Liebe,
Yvonne
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  #80  
Alt 11.09.2003, 20:40
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Lieber / Liebe Anonym,

Ich verstehe Dich gut.

Mein Vater war mein bester Freund, mein Herzblut, mein Seelenverwandter. Es war anfangs unerträglich traurig mitanzusehen und zu ertragen, dass er sterben wird, sterben auf eine unerträgliche Art und Weise.

Aber jetzt verstehe ich besser und mein Instinkt hat mir in den letzten Monaten geholfen, das Richtige zu tun.

Natürlich bist Du / seid Ihr traurig. Natürlich hat Dein Opa Angst. Wir haben alle Angst vor dem Tod. Tut alles, was Ihr zusammen tun wollt und sagt Euch alles, was zu sagen ist. Für Euch beide ist das ungeheuer wichtig, Euch gegenseitig auf diesem Weg verstehen und begleiten zu können. Mehr Nähe und Liebe kann man nicht geben, als einen solchen Weg zusammen zu gehen. Für beide ist er schwer. Es wäre so leicht, egoistisch zu sein, wegzusehen, um es nicht ertragen zu müssen. Wenn Du bei ihm bist bis zum Ende, seine Schmerzen erträgst, ihn auch ohne Worte verstehst, hast Du alles getan und gegeben, was er sich wünschen kann.

Jeder Mensch stirbt, wie er gelebt hat. Mein Vater war ein Kämpfer. Deshalb mußte er sich so lange quälen. Er hat gekämpft bis zum Ende. Und ich bin sicher, er war glücklich, dass ich / wir bei ihm waren, als er seinen letzten Atemzug getan hat. Das anzusehen, ist schwer zu verkraften. Aber das auf sich zu nehmen, ist Liebe.

Sei bei ihm. Bis zum Ende.

Sprecht über den Tod. Darüber, das er immer bei Dir sein wird. Wünsch Dir etwas von ihm, dass Dich an ihn erinnert. Frag ihn, was er sich von Dir wünscht.

Mein Vater hatte sich gewünscht, dass ich die Trauerrede halte. Das habe ich getan.

Ich habe ihn begleitet.
Ich habe ihn gehen lassen.
Er ist immer bei mir.


Versuche ein inneres Lächeln zu finden auf diesem Weg. Ein Lächeln, das Dir sagt, dass es unabänderlich ist, dass er Dich verlassen wird. Ein Lächeln, dass Dir hilft, das zu ertagen, was er durchmachen muss. Ein Lächeln, dass Dir sagt, dass er ein Teil von Dir ist, bist Deine Zeit kommt. Ein Lächeln, dass Dir sagt, dass er auf Dich warten wird, wenn Du diese Welt verläßt. Auch, wenn Du nicht an Gott glaubst.

Dann glaub an Dich.

Ich wünsche Euch viel Kraft.

Wenn Du in den letzten Tagen - und Du wirst wissen, wann es soweit ist - Hilfe brauchst, Dich ausheulen willst, kannst Du mir gern schreiben. Es hilft.

Janine
jreiche@andersstatement.de
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  #81  
Alt 20.09.2003, 00:15
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Ende November vergangenen Jahres erfuhren wir von der Darmkrebserkrankung unserer damals 65jährigen Mutter, die immer gesund, lebensfroh, fleißig und für uns alle der Mittelpunkt der Familie war. Anfang Dezember wurde der Tumor entfernt, darauf folgte Chemo gegen die Metastasen in der Leber und in den Lymphen. Die Chemo schlug sehr gut an und im April hieß es bei der Kontrollunersuchung, es sei auf den CT-Bildern nichts mehr zu sehen, alles wäre in Ordnung. Noch während des darauf folgenden Kuraufenthaltees bekam meine Mutter Rückenschmerzen, zunächst dachten wir, es sie die Bandscheibe, denn der Krebs war ja weg! Die Schmerzen wurden immer schlimmer und im Juni wurden neue Metastasen entdeckt, schlimmer als vorher! Sie musste ungeheure Mengen an Medikamenten einnehmen, aß zuerst kaum noch, später gar nichts mehr, war apatisch und schlief sehr viel. Es war nicht mehr unsere Mutter, wie wir sie kannten. Es folgten Krankenhausaufenthalte, so richtig getan wurde aber nichts mehr. Weitere Chemo konnte sie wegen der starken Schmerzen und ihrem schlechten Allgemeinzustand nicht mehr bekommen. Am 8. August ist sie gestorben, der Krebs hatte sich im gesamten Bauchraum ausgebreitet und mehrere Darmverschlüsse verursacht. Es wir schlimm, dieses Leiden mitanzusehen und nichts tun zu können. Ich frage mich die ganze Zeit, wie der Krebs so schnell und so mächtig wiederkommen konnte,im April war doch noch alles gut. Die Ärzte haben einem immer wieder Hoffnung gemacht. Selbst an dem Freitag, als sie starb wurden wir nicht richtig darüber aufgeklärt, wie es um unsere Mutter steht. Plötzlich hieß es "sie können heute Nacht hier bleiben". Wir waren wie vor den Kopf gestoßen, es war alles so unwirklich - und das ist es heute noch. Nichts tröstet wirklich!
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  #82  
Alt 20.09.2003, 20:54
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Liebe Christiane.

Es tut mir unglaublich leid. Ich weiß, es ist schlimm. Es ist so irrsinnig schwer, diese Bilder der Qual zu ertragen. Es ist so schwer zu verstehen, warum eine geliebter Mensch so etwas durchmachen muss. Es ist so schwer, sich so hilflos zu fühlen. Es ist schwer nicht auf die Ärzte wütend zu sein, die einem selten sagen, wie schlimm es ist.

Sie tun nur ihre Arbeit, manche besser, manche schlechter. Sie wollen niemanden demotivieren, die Therapie durchzustehen. Sie sind auch nur Menschen, in einem schweren Job. Verzeih ihnen.

Es hätte nichts geändert.

Es war ihre Zeit, warum auch immer.

Du warst bei ihr.

Das ist das einzige, was zählt.

Sprich darüber. Lass Dir Zeit, diese Sache zu verarbeiten. Ich weiß, wie schwer das ist. Nimm Abschied, schreib ihr einen Brief. Ich tue das so und lege ihn auf das GRab meines Vaters. Es hilft mir. Mein Schmerz wird weniger. Ich kann meine Hilflosigkeit teilen.

Ich habe Pfingsten meinen Vater so verloren.

Sie wird immer bei Dir sein, egal wo das ist.

Mach Deinen Frieden mit dem Abschied.

Mein Herz fühlt mit Dir, vielleicht hilft das ein ganz klein wenig.

Fühl Dich gedrückt,
Janine
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  #83  
Alt 21.09.2003, 14:26
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Liebe Janine,

Dank für Deine lieben Zeilen und trösenden Worte. Ich versuche ja, zu verstehen, ich versuche es, doch es gelingt mir noch nicht. Gestern kamen meine Schwester und mein Vater zu Besuch, kurz bevor sie kamen, dachte ich wie schön es doch wäre, wenn ich die Haustüre aufmache und Mutti wäre auch dabei und ich könnte sie anfassen, sie hören, mit ihr reden....

Nichts wird mehr so sein wie es war.

Man fühlt sich so sicher, wenn es einem gut geht. Es trifft immer die anderen, doch nicht einem selbst. Jetzt hat es uns getroffen. Diese Krankheit hat uns nicht nur unsere Mutter (Ehefrau, Oma) genommen, sie hat auch uns amputiert.

Ich weiß, dass viele das gleiche Schicksal haben. Doch jeder muss da wohl letztendlich alleine durch.
Dass du deinen Vater verloren hast, tut mir sehr leid.

In dieser schweren Zeit begleitet mich ein Spruch,
den ich einmal gelesen habe.

"Ich bin nicht tot,
ich tausche nur die Räume,
und leb' in euch,
und geh' durch eure Träume.





name@domain.de
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  #84  
Alt 21.09.2003, 23:12
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Liebe Christiane,

Das ist ein sehr schöner Spruch. Sehr schön.

Und ich glaube auch daran. Genau daran glaube ich wirklich.

Was mich nur fertig macht ist, dass ich mir so sehr wünsche, meinen Vater in meinen Träumen sehen zu können, zu wissen, dass es ihm gut geht, wo er jetzt ist.

Aber ich sehe nichts.

Heute ist ein schlechter Abend. Ich sehe nichts. Fühle mich verloren. In all dem Schmerz. Ich vermisse ihn. Meinen Seelenverwandten.

Es ist wirklich schwer.

Aber so ist wohl das Leben.

Unsere Aufgabe ist, etwas Gutes daraus zu machen. Dadaurch, dass wir uns gegenseitig Mut zusprechen.

Und wir sollten auch an die denken, die selbst erkrankt sind. Sie habe das schwerere Los.

Liebe Grüße, Janine
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  #85  
Alt 20.10.2003, 21:12
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Sitze vorm Computer und weine nachdem ich die letzten Einträge gelesen habe. Mein Mann (50) ist vor 5 Jahren an Darmkrebs erkrankt und bis vor 4 Wochen die Chemos gut
vertragen und es ging ihm relativ gut. Doch jetzt hat er 15 Kg Gewicht verloren und Wasser in den Beinen und kann kaum mehr Treppensteigen.Außerdem sind seine Augen gelb verfärbt, was sich wieder etwas gebessert hat.Die Therapie im Krankenhaus ist
"abgeschlossen".Die Metastasen in der Leber vermehren sich und ich kann es einfach nicht glauben, daß nichts mehr zu machen ist. Nachdem ich Eure Berichte gelesen habe, ist der Tod wieder so nah. Ich weiß noch gar nicht wie ich es unserer Tochter (6 Jahre) sagen soll.
Jeder sagt genieß die Zeit mit deinem Mann, aber wie soll das gehen, wenn mann dauernd an den Tod denken muß.... Siebe Grüße PetraS.
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  #86  
Alt 29.10.2003, 14:16
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Ich habe durch Zufall dieses Forum im Internet entdeckt und vermutlich geht es mit wie vielen von Euch; ich habe vorher noch nie in einem solchen Forum eine Zeile geschrieben.
Mein über alles geliebter Vater ist jetzt schon 3 1/2 Jahre tot und doch ist es, wo ich all diese Beiträge lese so, als sei es erst gestern gewesen und ich bin ziemlich aufgewühlt. Der Schmerz bleibt, wenn man einen geliebten Menschen auf eine solche Art und Weise verliert. Doch auch die Liebe mit der man an ihm gehangen hat. Und irgendwann kommt die Zeit, da kann man an den geliebten Menschen mit einem Lächeln auf dem Gesicht denken, statt mit einer Träne im Auge. Was immer bleibt ist die Sehnsucht noch einmal mit ihm sprechen zu können, sein Gesicht sehen zu können,.....
Der Leidensweg meines Vaters dauerte 2 1/2 Jahre. Es kam ganz plötzlich und unerwartet über ihn und die ganze Familie. Es wurde ein Darmverschluss diagnostiziert und bei einer ersten Operation entdeckte man einen Tumor im Endstadium im Dickdarm. Er hatte schon in die Leber ausgestreut. Ein künstlicher Ausgang wurde gelegt. Etwas, was mein armer lieber Vater nie richtig verwunden hat und in der darauffolgenden Zeit schwer auf ihm lastete. Es folgte eine Zeit der Ungewissheit und der Wahrheitsfindung. Man stand Ärzten mit ausweichenden Antworten gegenüber die einfach nicht in der Lage waren einem die Wahrheit zu sagen. Noch schlimmer, keiner war in der Lage meinem Vater die Wahrheit zu sagen. Heute kann ich auch die Situation der Ärzte verstehen. Selbst als schwerkranker 55 Jahre junger Mann war mein Vater auch als Patient immer ein liebenswürdiger und geduldiger Patient. Viele der behandelnden Ärzte waren im gleichen ALter und auch Familienväter. Ich glaube es war Hilflosikeit auf deren Seite.
Irgendwie will man das am Anfang der Diagnose vielleicht auch gar nicht hören. Denn man klammert sich immer noch an Hoffnung, so klein der Funke auch sein kann.
Es folgte eine zweite schwere Operation. Es traten Komplikationen auf: Blutvergiftung. Mein Vater war immer nur für seine Familie da und noch hatte er Kraft und kämpfte in dieser Zeit auf der Intensivstation um sein Leben. Er gewann, doch was gewann er damit? Zeit, ja aber auch die Aussicht auf einen langsamen, qualvollen Tod.
Es folgte eine Zeit der Genesung, der Chemo-Therapien und der Hoffnung. Wir verbrachten alle früher schon sehr viel Zeit mit meinem Vater, doch jetzt wurde es immer mehr. Es gab schon immer viel Liebe und Zusammenhalt in unserer Familie, doch es wurde noch mehr. In der darauffolgenden Zeit traf es meinen Vater sehr, das er verentet wurde. Von da an war auch mir nach einer Phase der Entspannung wieder einmal klar, wie schlimme es um ihn stand. Das Ende begann im Herbst 1999, als man ihm sagte, dass eine weitere Chemotherapie abgebrochen werden müsse, weil er so schwach sei. Von da an starb seine Hoffnung und jeden Tag auch Stückchen mehr von ihm. Wir redeten auch in der Folgezeit über den Tod. Zuerst gab es immer ein Ausweichen. Doch es war ihm wichtig und so nahm ich ihn auch ernst. Es war schwer darüber zu sprechen, aber ich glaube es gab ihm auch eine gewisse Erleichterung. Zum Schluss verstanden wir uns auch ohne Worte. Blicke genügten. Uns stand das traurigste Weihnachten aller Zeiten bevor. Er gab sich noch soviel Mühe uns ein schönes Fest zu bereiten, doch sehe ich heute noch seine traurigen Augen vor mir. Er wurde immer weniger, die Schmerzen immer mehr. Jeder nahm sich Urlaub und wir haben ihn zu Hause gepflegt. Niemals wäre uns auch nur der Gedanke gekommen, den geliebten Vater ins Krankenhaus zu geben. Es war eine schwerde Zeit. Ich will es nicht näher beschreiben, denn jeder stirbt anders und für sich. Das Sterben dauerte an sich zwei Wochen. Er bekam wegen der unerträglichen Schmerzen starke Morphiumdosen und dämmerte vor sich hin. Und es schmerzte zu sehen, wie er immer noch kämpfte und einfach nicht sterben konnte. Der Tod war letzlich Erlösung und ich habe sogar in der letzten Woche dafür gebetet. Ich habe vorher schon langenicht mehr gebetet.
Ich kann heute noch nicht darüber reden ohne in Tränen auszubrechen. Ich denke noch so oft an ihn und ich weiß irgendwie ist er immer bei mir. Was es mir so schwer macht ist, dass ein Mensch, der immer nur lieb und gut war und nur für seine Familie gelebt hat, sooo sterben musste.

Ich weiß gar nicht, ob ich hiermit irgendjemanden helfe und jetzt hört sich alles verwirrt und kompliziert an. Aber ich hatte das Gefühl ich musste das jetzt einmal schreiben. All die schrecklichen, aber auch all die schönen Momente, die Liebe und Zusammenhalt wiederspiegelten lassen sich eigentlich gar nicht in Worte fassen.

Noch heute bin ich für jede Minute dankbar, die ich mit ihm verbracht habe. Sich für jemanden Zeit nehmen ist gerade in der heutigen Welt besonders wichtig. Als er starn, starb aber auch ein Stück von mir und als er krank wurde, wure auch ein Teil von jedem in der Familie krank. Krebs ist nie etwas was eine Person betrifft. Die ganze Familie, das ganze Umfeld wird getroffen. Ich mache jetzt Schluss, denn irgendwie kann ich jetzt nicht mehr.
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  #87  
Alt 29.10.2003, 19:23
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Hallo Nicole,
irgendwie macht es mich traurig als ich deine Zeilen las, aber irgendwie tröstet es mich auch, daß danach eine Zeit kommt in dem man an den anderen ohne Tränen in den Augen denkt. Wir haben das noch vor uns. Mein Mann
ist seit ein paar Wochen von den Ärzten als austherapiert
aus dem Krankenhaus entlassen. Darmkrebs und Metastasen in der Leber. Chemobehandlungen seit 5 Jahren.
Ich versuche so gut es geht meinem Mann zu helfen und ihm
Kraft und Hoffnung zu geben, denn man soll die Hoffnung
ja nie aufgeben, obwohl ich momentan selbst ziemlich am Ende bin. Auch unsere 6 jährige Tochter stellt schon Fragen und es ist gar nicht einfach diese richtig zu beantworten. Ich hoffe meinem Mann weiterhin so gut es
get beizusthehen, denn er würde das Gleiche für mich tun.
Liebe Grüße an alle Betroffenen.PetraS.
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  #88  
Alt 30.10.2003, 10:15
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Hallo Petra,

ich weiß, dass es oft an die Grenzen der eigenen Belastbarkeit geht, jemanden zu pflegen und zu sehen, dass es trotzdem zu Ende geht. Doch es geht, bis zum Schluss. Gerade dass, nämlich all unsere Liebe und unsere Gegenwart ist das Einzige, was wir noch in den letzten Wochen und Monaten geben können. Dann kommt auch die Zeit in der man die Dinge beim Nahmen nennt und die Wörter Tod uns Sterben in den Mund nimmt. Man sollte ab diesem Zeitpunkt offen und ehrlich damit umgehen, auch wenn es einiges an Überwinung kostet. Auch Kindern gegenüber, denn oft verstehen sie viel mehr als wir glauben.
Ich wünsche Dir trotzdem alles Gute bei Deinem Weg der vor Dir steht.
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  #89  
Alt 30.10.2003, 12:58
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Ich schaue ab und an hier hinein.

Immer, wenn ich sehe, dass jemand im Forum Endstadium etwas geschrieben hat, habe ich fast Angst es zu lesen. Weil ich weiß, dass es kein Wort der Welt schaffen kann, Menschen zu trösten, die dem ins Auge sehen müssen, einen lieben Menschen zu verlieren oder selbst dem Tod ins Gesicht sehen müssen.

Nicht einmal das Wissen darum, dass es viele Menschen gibt, die solche Wege beschreiten müssen, tröstet wirklich.

Liebe Petra.
Ich kann nicht mehr tun, als Dir einen lieben Gedanken aus tiefster Seele zu schicken und Dir viel Kraft zu wünschen. Es geht. Weil es gehen muss. Und auch dann, wenn man meint, es nicht mehr ertragen zu können, voll Wut auf Gott oder das Leben, - gerade dann - geht es doch.

Du wirst das schaffen, Du wirst all Deine Liebe aufbringen für Deinen Mann, Dein Kind, Euch. Nutze die Zeit. Es wird Dir helfen. Irgendwann. Das Wissen, "es richtig gemacht zu haben". Auch Dein Kind wird es verstehen. Das alles ist ein Teil unseres Lebens.

Meine Gedanken sind bei Euch.

Janine
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  #90  
Alt 31.10.2003, 14:47
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Hallo Nicole, hallo Janine,
danke für Euere Worte, es tut gut sie zu lesen. Die Momente am Computer sind die einzigen Minuten, die ich für mich habe und die nimm ich mir auch. Danke nochmals
alles Liebe und Gute an alle,PetraS.
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