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  #1  
Alt 28.07.2019, 16:36
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard Sechs Jahre

Am 23. Juli 2013 wurde meine Frau in Düsseldorf operiert. Bis zum 28. Juli besuchte ich sie täglich. Dann fuhr ich zurück nach Hause, besuchte sie aber am nächsten Wochenende. Am 12. August ist sie dann in einem Hospiz gestorben. Einiges ist inzwischen passiert. Ihre älteste Enkelin studiert Medizin im fünften Studienjahr, die jünger Enkelin hat die Schule in Belarus mit einer goldenen Medaille abgeschlossen. Ich bin 2014 in eine kleinere Wohnung gezogen, 2016 habe ich noch ein Buch geschrieben, das ich ihr gewidmet habe. Dann wurde ich Rentner. Ich habe eine Weiterbildung in einem Hospiz-Verein gemacht und war Sterbebegleiter. Auch engagiere ich mich für eine Städtepartnerschaft. Geheiratet habe ich nicht mehr und werde auch in Zukunft alleine leben. Erfahren habe ich, dass es keine Sicherheit gibt. Man kann gesund leben und trotzdem früh sterben.

Geändert von hermannJohann (29.07.2019 um 10:04 Uhr)
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  #2  
Alt 29.07.2019, 16:52
schribsel schribsel ist offline
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Registriert seit: 28.07.2019
Ort: im Südwest-Zipfel
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Standard AW: Sechs Jahre

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
(...) Geheiratet habe ich nicht mehr und werde auch in Zukunft alleine leben. Erfahren habe ich, dass es keine Sicherheit gibt. Man kann gesund leben und trotzdem früh sterben.
Lieber hermannJohann,

meine Lebensgefährtin Verena ist nach wiederholter Diagnose und Behandlung von Leukämie im März gestorben (näheres im Thread "Meine große Liebe - mein Herzmensch hat es geschafft"). Zu Deinen o.a. Zitaten: Ich bin da eigentlich völlig ratlos!

Auf der einen Seite kann ich mir eine neue Beziehung gar nicht vorstellen. Diese Verbundenheit, die wir beide miteinander haben durften, schätze ich als einmalig ein. Es ist mir unvorstellbar, mich noch einmal so öffnen zu können, noch einmal eine solche Intimität zulassen zu können - zumal ich nicht weiß, wie viele Jahre ich überhaupt noch habe. Alles noch einmal von vorne anzufangen und aufzubauen . . . ich weiß nicht. Zumal es ohnehin ein Glücksfall ist, wenn sich Zwei treffen, die zueinander passen. Außerdem fürchte ich, dass ich ständig Vergleiche anstellen würde, und ob irgendjemand anderes meiner Verena auch nur annähernd "das Wasser reichen" könnte. Das wäre nur unfair.

Auf der anderen Seite habe ich große Angst, den Rest meines Lebens nicht nur alleine sondern auch einsam verbringen zu müssen. Da bekommt die Frage nach dem Rest des Lebens eine ganz andere Dimension. Die Vorstellung, möglicherweise noch zehn Jahre dermaßen unausgefüllt irgendwie über die Zeit bringen zu müssen, ist genauso unvorstellbar für mich. Rin in die Kartoffeln oder raus aus die Kartoffeln? Ich weiß es absolut nicht.

Dass es keine Sicherheiten im Leben gibt, ist mir schon sehr lange klar. Aber das Schicksal meiner Verena (und mein eigenes) haben mir schmerzhaft bewusst gemacht hat, dass das Leben verdammt nochmal nicht fair ist. Damit hadere ich ganz fürchterlich, denn ich hatte immer geglaubt, dass es im Leben in irgendeiner Weise eine gewisse Fairness gibt. Und dieser Glaube ist mir nun endgültig abhanden gekommen.

Das sind die Gedanken, zu denen mich Dein Post angeregt hat, und die ich mir hier von der Seele schreiben wollte. Für diese Anregung hab' vielen Dank.

Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute - herzliche Grüße
Martin
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  #3  
Alt 31.07.2019, 15:04
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Sechs Jahre

Lieber Martin,
danke für Deine Antwort. Meine Frau starb an Bauchfellkrebs im Alter von 61 Jahren. 14 Monate war sie sehr krank. Zwei Monate vorher schrieb sie mir eine Karte zum Geburtstag „Die schönsten Dinge im Leben erlebt man immer gemeinsam.“ Darauf hatten wir noch gehofft. Aber diese Hoffnung bestand einen Monat später nicht mehr. Ich habe nach ihrem Tod mehr als ein Jahr gebraucht, um mein Leben halbwegs wieder auf die Reihe zu kriegen. Das Schicksal ist nicht gerecht und Gott greift nur sehr selten in das Weltgeschehen ein. Eine neue Partnerin wäre für mich nicht möglich gewesen. Wieder sind Jahre vergangen. Einen gewissen Sinn habe ich in meinem Leben gefunden. Vieles was ich tat, hatte auch mit ihr zu tun. Aber eine andere Frau werde ich nicht suchen. Ich bin jetzt schon 68 Jahre
Mit besten Grüßen
Hermann
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  #4  
Alt 31.07.2019, 20:49
schribsel schribsel ist offline
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Standard AW: Sechs Jahre

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Ich habe nach ihrem Tod mehr als ein Jahr gebraucht, um mein Leben halbwegs wieder auf die Reihe zu kriegen. Das Schicksal ist nicht gerecht und Gott greift nur sehr selten in das Weltgeschehen ein. Eine neue Partnerin wäre für mich nicht möglich gewesen. Wieder sind Jahre vergangen. Einen gewissen Sinn habe ich in meinem Leben gefunden. Vieles was ich tat, hatte auch mit ihr zu tun. Aber eine andere Frau werde ich nicht suchen. Ich bin jetzt schon 68 Jahre
Lieber Hermann,

ich bewundere Dich aufrichtig - ich bewundere auch Deine Kraft und Dein Durchhaltevermögen!

Im Moment habe ich gerade wieder eine besonders schlechte Phase, wo kein Tag vergeht, ohne dass ich in ein Verzweiflungsloch falle und Schwierigkeiten habe, meine Tränen wieder zu stoppen. Wenn die mich wenigstens in irgendeiner Art erleichtern würden, aber das ist nicht der Fall - im Gegenteil. Ich weiß auch nicht, wie lange meine Kraft bzw. das, was noch von ihr übrig geblieben ist, noch reicht. Da sind schon Ängste da, zu kapitulieren oder durchzudrehen.

Die 4 Monate seit dem Tod meiner Verena erscheinen mir schon längst wie eine Ewigkeit, und immer wieder kommt der Gedanke " Ich schaff' es nicht mehr, ich will so nicht länger weiter dahin vegetieren, ich kann und will das alles nicht mehr!". Und gleichzeitig denke ich, dass mir kaum etwas anderes übrig bleibt. Es wäre sicher nicht in Verenas Sinne, aufzugeben. (Sie war eigentlich immer die Stärkere von uns beiden.)

Meine Mutter, die vor 2 Jahren gestorben ist, sagte immer, der Herrgott mute einem nur soviel Last zu, wie man auch tragen kann. Ich glaube, da irrte sie sich. Der Tod schreckt mich nicht mehr, aber das Sterben umso mehr. Wenn ich nur meinen Platz im Leben und eine entsprechende Zuversicht wieder finden könnte . . . und zwar möglichst, bevor mir die Puste ausgeht!

Jedenfalls danke ich Dir für den Ansporn, den mir Dein Beispiel gibt - ich hoffe, Dir nacheifern zu können.

Herzliche Grüße
Martin
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  #5  
Alt 01.08.2019, 12:42
hermannJohann hermannJohann ist offline
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Standard AW: Sechs Jahre

Lieber Martin,
ich wünsche Dir viel Kraft und Geduld. Vier Monate sind keine lange Zeit, wenn es um den Tod der Partnerin und Ehefrau geht. Meine Tanja ist nun fast 6 Jahre tot und manchmal bin ich deswegen immer noch traurig, aber es ist doch anders als Ende 2013. Meine Frau sagte, dass ich es schwer haben würde. Aber sie wollte nicht das ich aufgebe und hat in einem Abschiedsbrief einige Bitten an mich geäußert. Da gibt es zum Beispiel die Familie meiner Frau mit den Enkelinnen. Sterbende sorgen sich manchmal mehr um Angehörige als um sich selbst. Noch bin ich relativ gesund und kann einiges tun, was sinnvoll ist. Das kann sich später ändern. Darum will ich diese Zeit noch nutzen.
Herzliche Grüße
Hermann
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