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  #1  
Alt 31.07.2003, 11:54
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Ihr alle betroffenen Menschen,

seit ca. vier Wochen kennen wir die Diagnose meiner Mutter: Lungenkrebs. Da ich schon viel im Forum gelesen habe weiß ich, das ich hier niemandem erzählen brauche, wie es in mir aussieht.

Die Ärzte sagen uns nichts wirklcih Konkretes. Seit diesem Montag hat sie das erste mal eine Chemotherapie.

Seit dieser Zeit sitze ich ständig am PC und suche alle erdenklichen Infos zu dem Thema und versuche auf diese Weise, mir selbst ein bißchen die Angst zu nehmen. Je mehr ich jedoch lese, um so unsicherer werde ich, ob meine Mutter auch wirklich gut versorgt ist. Tausend Gedanken, die einem durch den Kopf gehen.

Mein Unglück ist, daß meine Ma 400 km weit entfernt von mir im Krankenhaus liegt. Mein Vater und mein Bruder halten im Moment "die Stellung". Meine Schwester, die ebenfalls 300 km entfernt wohnt und ich, sind soooo weit weg.

Was will ich denn eigentlich sagen ? Kennt ihr das auch, daß Ihr euch dabei ertappt zu fragen, soll ich dieses Wochenende hinfahren ? Was kann ich wirklich tun ? Sie wird voraussichtlich an diesem Wochenende wieder nach Hause kommen. Würde es ihr guttun ? Wie wird sie sich nach der ersten Chemo fühlen ? Werde ich nicht nur stören ? Was kann ich tun ?

Vielleicht klingt das in manchen Augen jetzt banal und herzlos, aber dem ist ganz und gar nicht so. Ich denke an nichts anderes mehr.

Gestern abend lief ein Beitrag im Fernsehen zum Them: würdevolles Sterben.

Mein Mann sagte: Schau es Dir lieber nicht an. Du hast Dich in letzter Zeit eh schon so verändert. Denkst an nichts anderes mehr.

Aber ist das ein Wunder ? Alle Gedanken kreisen nur noch darum.

Es gäbe noch 1000 Gedanken, die im Kopf sind, aber es ist schon so vieles von Euch gesagt....

Jutta
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  #2  
Alt 31.07.2003, 12:13
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Standard Ich trau mich mal...

Jutta,

ich kann dir ungefähr nachempfinden... Als zuerst Lungenkrebs bei meiner Mutter diagnostiziert wurde, habe ich mich auch schlauer gemacht und habe danach nur noch Hoffnungslosigkeit empfunden.

Auch wenn diese Diagnose mittlerweile "korrigiert" wurde, muss ich dafür kämpfen, nach vorne schauen zu können, Kraft zu sammeln für meine Mutter.

Wenn du das Bedürfnis hast, zu deiner Mutter zu fahren, dann fahre... Und ich bin mir sicher, dass du keineswegs stören wirst.

Fränzi
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  #3  
Alt 31.07.2003, 13:26
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Standard Ich trau mich mal...

Ja und ich trau' mich auch mal Dir zu sagen - und wenn DU mal keine Lust oder das Bedürfnis hast zu fahren, dann gib diesem Gefühl auch nach. Es ist auch ganz, ganz wichtig ein bißchen bei sich zu bleiben.

Alles Liebe für Dich und Deine Ma...
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  #4  
Alt 31.07.2003, 13:50
Tanja H. Tanja H. ist offline
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Jutta,
schön, dass du dich "traust". Diese Gedanken kenne ich, habe auch stundenlang vor dem PC gesessen, Info's aufgenommen, bis mir Abends die Augen brannten...
Du fragst:was kann ich denn wirklich tun? DA SEIN, das ist das einzige und wichtigste was du tun kannst. Tun im Sinne von Tun kann man nicht viel, du kannst ihr aber als Tochter, Freundin, Vertraute beistehen und einfach nur da sein. Gemeinsam lachen und weinen, reden, fühlen....da sein...
Meine ganz persönliche Meinung und vor allem Erfahrung.
Alles Gute wünsche ich euch
Grüße Tanja
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  #5  
Alt 31.07.2003, 13:57
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Fränzi, hallo Bettina,

wenn ich so ganz ehrlich zu mir bin, dann entdecke ich eine Stimme die sagt: Nein fahr nicht hin, es kommen noch schlimmere Zeiten, in denen Du sicher rund um die Uhr da sein wirst....

Wisst Ihr, meine Eltern sind so absolute Katzenfans. Im letzten Jahr ist unsere Miete mit fast 15 Jahren gestorben. Eigentlich wollten sie sich nie wieder eine Mieze anschaffen. Wie das Schicksal es so will, sind im Bekanntenkreis zwei Katzenbabys abzugeben.

Alleine die Fotos im Krankenzimmer hat sie schon so sehr aufgemuntert.

Nun ist die Entscheidung gefallen, daß die zwei Tapsis in ein paar Wochen ein neues Zuhause bei meinen Eltern bekommen werden.

Meinen Vater zu sagen hören, "es ist so schrecklich einsam in der Wohnung" war schon schlimm. Ich glaube und hoffe es von ganzem Herzen, daß es ihnen beiden gut tun wird.

Na ja. Dementsprechend ist noch einiges in der Wohnung meiner Eltern "auszumisten" und herrzurichten.

Könnt Ihr verstehen, wenn ich sage, ich werden in der nächsten Zeit noch "oft genug" fahren ?

Vielleicht ist es in Wahrheit aber auch meine eigene Angst vor der Situation.
Ich weiß es nicht und fühle mich ziemlich furchtbar.

Danke für´s Zuhören.
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  #6  
Alt 31.07.2003, 14:33
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo liebe Namensschwester,

Verzwingen solltest Du nichts, aber was ich als wichtig empfinde, mit Deiner Mutter zu sprechen, was sie sich wünscht. Du wirst schnell feststellen, ob sie Deine Nähe sucht, oder sie erst etwas Abstand benötigt.

Könntest Du so lieb sein und eine 1 oder so hinter deinen Namen setzen, ansonsten werden wir 2 verwechselt, da ich ziemlich viel in diesem Thread schreibe.

liebe Grüße,
Jutta
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  #7  
Alt 31.07.2003, 14:49
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Jutta "die Erste",

Du hast wahrscehinlich recht.

Weißt Du, es ist auf einmal so schwierig über Gefühle zu reden, zumal es noch eine "Vorgeschichte" gibt. Nur soviel, im Krankenhaus haben ich meine Eltern seit einem Jahr das erste mal wiedergesehen.

So schlimm die Situation im Moment auch sein mag, wenigstens das hat es bewirkt. Die Familie hat wieder Frieden geschlossen.

Jutta
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  #8  
Alt 31.07.2003, 16:47
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Standard Ich trau mich mal...

Jutta,

da hast du recht. Mir ergeht es momentan ähnlich. Bis Sonntag war ich bei meiner Mutter, gestern erfuhr sie von der kommenden Chemotherapie. Noch habe ich Urlaub, noch hätte ich zu ihr fahren können... Und doch habe ich für mich beschlossen, mir jetzt erst einmal Zeit für MICH zu nehmen.

Es wird für uns, Jutta, noch Zeiten geben, an denen wir uns nach ein bißchen Zeit für uns sehnen werden :-(

Ich drück dich mal

Fränzi
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  #9  
Alt 31.07.2003, 17:28
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Jutta2,

Es ist schwierig in so einer Lage über Gefühle zu reden, besonders, wenn im Herz und Hals noch ein dicker Kloss sitzt.
Die Betroffenen spüren auch, wenn es an Ehrlichkeit fehlt, und sie nur ihren Teil des Plichtgefühles abbekommen.
Frieden schließen ist doch ein guter Anfang, egal was der Ausgangspunkt war. Das bedeutet ja nicht, daß Du Dich sofort als Person aufgeben solltest.

Doch, trotz allem ist die kommende Zeit, über alles nachzudenken, eventuell zu überdenken, für Euch Alle wichtig. Leider gibt es diese Zeit danach nicht mehr. Versuche es auch von diesem Standpunkt zu bedenken.

Falls Du darüber schreiben möchtest, nur zu, wir haben Alle mit diesen und jenen Gedanken und Gefühlen gekämpft.

liebe Grüße,
Jutta
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  #10  
Alt 31.07.2003, 17:35
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Jutta,

Dir und Deinem Mann wünsche ich viel Kraft und Stärke. Dein Mann hat recht, Ablenkung ist notwendig, man dreht sich sonst nur im Kreis und schafft nur unnötige Aufregung, die Deine Eltern jetzt auf keinen Fall brauchen können.
Einfach nur da sein, wie Tanja H. schreibt, aber auch für Deinen Vater, ist ganz wichtig.
Ich schreibe Dir einfach mal aus unserer Sicht, da ich glaube, in etwa im Alter Deiner Eltern zu sein.

Wir sind fast 38 Jahre verheiratet. Meine Frau kämpft gegen den Krebs seit 3 1/2 Jahren, seit einem halben Jahr sind beidseitig Lungenmetastasen festgestellt worden, von denen mittlerweile einige tischtennisballgroß sind.
Vor einer Woche hatte sie den 3. Zyklus Chemo und wird gleichzeitig mit Tamoxifen behandelt. Nach langem Suchen haben wir einen couragierten und ehrlichen Onkologen gefunden, der auch bei Bedarf außerhalb der Praxiszeiten Hilfe gibt. Als vor 2 Wochen nachts hohes Fieber auftrat, hat er sich sofort mit dem hiesigen Krankenhaus in Verbindung gesetzt und mit dem Internisten alles Wesentliche geregelt. ( Er hat seine Praxis in einer 20km entfernten Stadt).Gleichzeitig wid meine Frau durch einen sehr guten Alternativmediziner 2x die Woche behandelt, ua mit Mistel und Thymus. Leider ist die Praxis 60 km entfernt und wir fahren 2x die Woche dorthin. Der Onkologe und der Mediziner arbeiten zum Wohle meiner Frau Hand in Hand und stimmen sich des öfteren telefonisch ab. Besser geht es wirklich nicht und wir haben auch etliche Onkologen "verschlissen", die einfach aufgrund des Befundes sich nicht mehr einsetzen wollten. Im März wurde meiner Frau in einer Klinik von der entlassenden Ärztin gesagt, es wäre nichts mehr zu machen und sie solle sich "noch einige schöne Tage machen".
Mittlerweile hat meine Frau 5 Operationen, 29 Bestrahlungen und etliche Chemos hinter sich gebracht. Wir sind immer noch hoffnungsvoll!
Wir haben 2 Söhne. Einer wohnt am Ort mit seiner Freundin, der andere mit seiner Familie und unseren 2 Enkelkindern 20 km entfernt. Beide sind beruflich sehr stark engagiert, etwa alle 8-10 Tage kommen sie mal für 1 oder 2 Std. vorbei. Diese Besuche, aber auch die häufigen Telefonate, sind uns eine Riesenfreude und es macht mich glücklich, dann die leuchtenden Augen meiner Frau zu sehen und wir haben dann auch wieder Gesprächsstoff. Bei diesen Besuchen oder Telefonaten wird die Krankheit nur am Rande gestreift, man spricht über alles, was einen so bewegt. Besondere Erlebnisse sind immer die Anrufe unserer Enkelkinder, die sich nach ihrer Omi sehnen. Gestern kamen sie von einem 1wöchigen Urlaub mit ihren anderen Großeltern von Juist zurück und bei ihrem Anruf war die erste Frage:Wann können wir wieder bei euch übernachten?
Wenn wir sie dann bei uns haben herrscht nur noch Freude im Haus. Wir fühlen uns dann wie durch ein Wunder in die Kindheit versetzt. Nicht nur einmal bemerkte mein Sohn, ich wäre beim Toben der Lauteste und er würde jetzt wissen, woher seine Kinder das haben. Noch tagelang danach lachen wir über so manchen Spaß. Leider klappt es derzeitig nicht mit Ausflügen, aber wird auch wieder werden!
Liebe Jutta, einfach nur für Deine Eltern da sein, es gibt ihnen sicher viel, viel Kraft. Übertriebene Fürsorge weckt nur Ängste.
Gib Deinen Eltern das Gefühl, daß Du für Sie da bist, wenn es notwendig ist. Du kannst ihnen nicht alles abnehmen.
Aber auch Dein Vater braucht Zuspruch. Dieser Hilferuf, daß es so einsam in der Wohnung ist, ist mir sattsam bekannt. Schwer war es für mich, mitanzusehen, wie meine Frau am Tag vor der Operation die Mengen an Salzwasser zur Darmreinigung trinken mußte. Und dann der Abschied, die lange Nacht vor der Operation und das Warten auf Nachricht. Was geht einem alles im Kopf rum! Dann die Beklemmung, wenn man auf die Intensivstation kommt.
Wegen Darmverschluß mußte bei meiner Frau eine Notoperation vorgenommen werden. Sonnabend abend 22 Uhr: Der Chirurg sprach sehr offen mit mir, gab eine 50%ige Erfolgsprognose und sagte mir, ich solle nach Hause fahren, die Operation dauere 3 Stunden etwa und er würde mich anrufen. Über meinen Zustand in dieser Zeit möchte ich nicht sprechen, wäre jedoch vorher ein Anruf gekommen, ich glaube, ich hätte einen Herzinfarkt bekommen.
5 Minuten vor 1 Uhr kam der erlösende Anruf des Chirurgen, daß alles gut gegangen sei und wir uns am anderen morgen um 9,30 auf der Intensivstation treffen können. Mein Sohn begleitete mich dann.
Es ist einfach nur wichtig, für die Eltern da zu sein, ohne sein eigenes Leben zu vernachlässigen.
Schön ist es, daß Eure Familie wieder Frieden geschlossen hat.
Ich wünsche Deiner Familie und Deinen Eltern alles erdenklich Gute.
Viele herzliche Grüße
wolf.
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  #11  
Alt 31.07.2003, 18:32
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Standard Ich trau mich mal...

Ihr Lieben,
jetzt trau ich mich, euch( außer wolf) zu fragen, um wen es jetzt geht?? Um euch oder um die Mütter??
Müssen die Eltern erst nach euch schreien, bis ihr Zeit für sie habt? Müssen erst schlimmere Zeiten kommen um dass ihr fähig seid euch dem Ganzen zu stellen?
Wow, jetzt hab ich arg auf den Putz gehauen...aber ich finde das traurig. Es geht doch nicht um Pflichtbesuche sondern um nackte Gefühle. Das heißt für mich auch Liebe: bei solchen Erlebnissen gemeinsam weinen können...wie heißt es so schön: in Guten wie in schlechten Zeiten..
Ich möchte euch wirlich nicht angreifen aber ich finde es schade, wenn eine Tochter sagt, dass sie jetzt erst mal Zeit für sich braucht.
Jetzt krieg ich wohl was auf die Mütze von euch....
Grüße Tanja
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  #12  
Alt 31.07.2003, 19:45
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Tanja, das ging wohl auch an meine Adresse... Aber ich habe es anders gemeint - nicht "ich brauche jetzt erst einmal Zeit für mich, sondern ich brauche AUCH Zeit für mich", sich das einzugestehen, das finde ich wichtig. Ich habe sehr viel Zeit mit und bei meinem Vater verbracht - aber ich habe eben auch diese Zeit für mich gebraucht, um neue Kraft zu tanken, für ihn und für mich. Es ist wichtig, dass man selbst in so einer schwierigen Situation nicht auf der Strecke bleibt. Letztlich und das ist mir auch erst im Nachhinein klar geworden, ist es auch weniger eine Frage der Häufigkeit und der Dauer, sondern der Intensität, wie so oft. Den Maßstab den man dabei anlegt, den muss jeder für sich selbst finden.
Und es stimmt, es kommt wahrscheinlich eine Zeit, in der man rund um die Uhr präsent sein muss und auch will - ich war sehr froh, dass ich das auch sein konnte. Es ist schon irgendwie richtig, mit den Kräften zu haushalten und sie sich ein wenig einzuteilen - zumal jeder, wirklich jeder ein anderes Potenzial an Belastbarkeit mitbringt.
Liebe Grüße!
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  #13  
Alt 31.07.2003, 20:41
Tanja H. Tanja H. ist offline
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Standard Ich trau mich mal...

Hallo Bettina,
bin doch froh, dass du nicht all zu böse bist.
Natürlich braucht man auch Zeit für sich. Man muss Kraft tanken um diese dann weiter zu geben. Mein Posting kam eben sehr, sehr spontan...kam da grade vom Friedhof und las das...und dachte nur: wäre froh, ich hätte noch die Möglichkeit: fahr ich zu ihr oder nicht. Will meine Sätze nicht damit entschuldigen da ich eigentlich vom Grundsatz her so denke, hab es vielleicht nicht sehr nett rüber gebracht.
Du hast recht, wenn du sagst, es kommt mehr auf die Intensität an...was bringen täglich 20min., die nicht echt sind oder aus ner Schuld kommen? Dann lieber weniger aber dafür echt und von Herzen.
Ja und jeder hat seine eigene Belastbarkeit: eine Bekannte flippte mal völlig aus, als ihr Staubsauger nicht funktionierte...ist ne Tatsache, sie war fast hysterisch...ja, jeder hat so sein Päckchen zu tragen....grins!
Liebe Grüße Tanja
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  #14  
Alt 31.07.2003, 21:18
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Liebe Tanja,
Das ist ja alles ganz schön heftig, was du da geschrieben hast und in manchem empfinde ich genauso.Aber: man darf deswegen nicht alle über einen Kamm scheren.
Denn es kommt immer auf die jeweiligen Personen selbst an und an die persönliche Situation. Es geht doch schon allein mit der Entfernung los. Wohne ich 30 oder 300 Km entfernt auseinander.Wie war der Kontakt vorher usw, usw.
Das ist dann alles nicht so einfach zu regeln, zbsp. mit dem Arbeitgeber wegen Urlaub und Familie mit schulpflichtigen Kindern. Aber ich weiß auch ganz genau: Wo ein Wille ist auch ein Weg.
Meine Ma wohnt 15Km von mir weg und ich bin fast täglich dort. Ich habe eine eigene Familie, mein Sohn ist 13 und ich gehe arbeiten.
Der Kontakt mit Ma war eigentlich immer da zwischen uns. Wenn auch öfters nur übers Telefon, aber er war da. Wie das eben mal so ist, wenn man eine eigene Familie hat.
Aber seit dem Tag der total Überraschenden Einweisung ins KH war ich immer präsent. Auch für meinen Vater zuhause.Jetzt (nach dem2.Zyklus)kann sie schon wieder sehr viel alleine machen und ich müßte nun nicht mehr täglich hin. Habe deswegen auch schon 2,3mal nen Tag pausiert, aber dann haben wir immer miteinander telefoniert.Aber trotzdem bin ich immer für sie da und sie weiß das. Das alleine zählt für mich. Ich bin für sie da, so wie sie früher für mich da war. Ohne Wenn und Aber...
Ich habe auch 2 Geschwister und es tut mir in der Seele ,wie die sich verhalten. Sie wohnen nicht weiter weg als ich und trotzdem kommt von ihrer Seite nichts. Als Ma noch im KH lag, da waren sie da und haben sich bemüht, sich zu kümmern.Doch von dem Moment an, wo sie zuhause war, wars vorbei. Man ruft vielleicht 1mal die Woche an aber das ist auch alles.Da kommen dann 1000 Ausreden, warum man nicht kommen kann und man ja selbst so im Streß mit der Familie ist.Ich habe es mit allen mitteln versucht, sie einzubinden aber wenn man nicht will dann will man nicht.Und das kann ich nicht verstehen. Liegt ihnen den gar nichts an Ma oder können sie damit vielleicht auch einfach nicht umgehen? Haben sie Angst, wenn ja, wovor? Warum sprechen sie nicht darüber, was sie bedrückt? Ma und ich sprechen viel über die Krankheit und wie es uns dabei geht, und es hilft uns dabei sehr.
Klar,auch ich brauche Zeit für mich um das alles zu verarbeiten.Aber ich benutze dies nicht als Ausrede. Auch ich habe schlechte Tage, an denen ich meine, nicht damit fertig zu werden.Das ist doch selbstverständlich. Dann mach ich eben mal nen Tag Pause und telefoniere nur mit ihr.Aber dann gehts mir auch am nächsten Tag besser und ich bin wieder voll für sie da.
Ich haße es auch,wenn Ma mich wiedermal irgendwo lobt,weil ich mich kümmere.Klar,tut es gut das zu hören, aber ich will es nicht. Es ist doch selbstverständlich, schließlich habe ich nur eine Ma, für mich die beste der Welt.
Jeder muß für sich seinen eigenen Weg finden und damit klar kommen. Ich habe meinen Weg von Anfang an gefunden, dazu mußte ich in Familie und Beruf auch einiges ändern aber es hat geklappt.
Ich wünsche jedem, das er den seinigen,richtigen Weg findet, auch wenn es schwer ist
Viel Kraft und auch Mut dabei
mit lieben grüßen
Gole
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  #15  
Alt 01.08.2003, 04:01
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Hallo,

Gibt es einen richtigen Weg? Den muß Jeder mit seinem Gewissen vereinbaren können.

Ich habe beide Eltern begleitet, stellte meine Wünsche, mein Leben zurück, denn es lag ja noch vor mir. Mir erging es wie gole, Geschwister kamen im KH vorbei (dort ist ja Publikum).
Doch als die Eltern nach hause kamen, sah es ganz anders aus. Schnell mal am Sonntag zu einem Tässchen Kaffee und bedeutungslosem Geplänkel. Kein Angebot einmal ein paar Stunden zu übernehmen, meinen Mann, Sohn oder mich zu entlasten. Beide Eltern mußten die letzten Wochen rund um die Uhr umsorgt/versorgt werden. Wir haben für uns auch einen Weg gefunden, da zu sein. Wenn der Wunsch da ist, läßt sich vieles regeln.

Muß man in dieser Zeit denn beginnen alte Kamellen aufzuwiegen, den Eltern vorzuwerfen, was sie getan oder nicht getan haben? (Außer es waren sehr gravierende Einschnitte). Sind wir so ergriffen von dem eigenen Anspruch auf Vollkommenheit?

Ja, man kommt an den Rand der absoluten physischen und psychischen Grenze. Aber ist diese Zeit nicht nur eine begrenzte Zeit in unserem Leben? Davon kann man sich erholen, aber man kann die Zeit davor nie wieder zurückholen!!

Es kann nicht Jeder begleiten und die Kraft und den Mut dafür finden. Aber dann muß man auch ehrlich gegenüber dem Betroffenen sein, daß man Angst hat, nicht mit der Situation klar zu kommen, dennoch sagen, ich bin für dich da. Und kein Pflichtprogramm durchziehen, denn die Sensibilität des Betroffenen ist so stark, er/sie spürt es ganz genau, wer es ehrlich meint.

Meine Geschwister kommen bis zum heutigen Tag mit ihrer Trauer nicht klar, auch nicht mit meinem Mut, die Begleitung zu machen, meine Eltern mit viel Liebe und Geborgenheit ihren letzten Weg gehen zu lassen. Doch für mich war es richtig und wichtig.

Ich wünsche Jedem den Weg zu finden, der für sie richtig ist.

liebe Grüße,
Jutta
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