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Alt 27.11.2008, 23:40
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Blume68 Blume68 ist offline
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Registriert seit: 27.03.2008
Beiträge: 1.752
Standard AW: Wie Abschied nehmen ?

Lieber Stefan,

auch ich habe meine Mutter im Hospiz bis zu ihrem letzten Atemzug begleitet - und ich empfand es als absolut würdevoll und menschlich beeindruckend, was dort geleistet wurde.

Meine Mutter starb im Juli - es war sehr warm zu dieser Zeit. Darum konnte sie leider nicht lange in dem Zimmer bleiben, in dem sie bis zuletzt wohnte. Das war das einzige, was mich etwas traurig machte. Meine Mutter war mittags gestorben, wir waren bei ihr. Im Gespräch mit den Hospizbegleitern wurden wir gebeten, uns am gleichen Tag noch um einen Bestatter zu kümmern - obwohl wir ja wussten, warum meiner Mutter im Hospiz war, war das so weit weg gewesen - emotional... Das lag daran, daß es meiner Mutter zum Schluß so gut gegangen war - wir hätten ihr einfach ein bischen mehr gute Zeit dort gewünscht. - Wir haben uns dann an dem Tag direkt darum kümmern müssen, aber es ging.

Wir hätten sie selbst waschen und ankleiden dürfen - aber das wollten wir beide nicht, einfach weil wir wussten, das hätte meine Mutter nicht gern gewollt. Wir haben die Kleidung für sie ausgesucht, und bereit gelegt, und hatten alle Zeit der Welt, noch bei ihr zu sitzen, ihre Hand zu halten, mit ihr allein zu sprechen...

Für den gleichen Abend wurde eine kleine Aussegnungsfeier organisiert. Es war wunderschön. Die Familie, enge Freunde, Hospizbegleiter und Ehrenamtliche waren dabei, ein Meer von Kerzen, Musik (die wir selbst mit aussuchen durften), andächtige und liebe Worte...danach hatten wir, meine Schwester und ich, nochmal Zeit, allein bei ihr zu sein. Der Raum war leicht abgedunkelt, aber nicht dunkel - und meine Mutter ganz natürlich, nicht geschminkt.

Im Hospiz wurde uns angeboten, dabei zu sein, wenn meine liebe Mutter ihre letzte Reise mit Hilfe des Bestatters antreten würde. Meine Schwester war zunächst unsicher, aber ich wollte das unbedingt - also stimmte sie zu, und wir waren beide dabei. Am nächsten Morgen.
Nirgends, so glaube ich, hätte ich soviel Würde und Werschätzung mit erfahren dürfen. Eine Dame des Hospizes war dabei, und alles, was sie tat (Bett hochfahren, etc.) hat sie meiner Mutter vorher angekündigt! Es war, als wäre meine Mutter noch wach, und hielte nur die Augen geschlossen.

Was die Bestatter "gewohnt" waren, spielte überhaupt keine Rolle - hier galt nur die Würde des/der Verstorbenen, und die war gefälligst zu respektieren!

Mich hat das so nachhaltig beeindruckt, daß ich diese Art der Begleitung Sterbender weiter selbst unterstützen möchte und werde.

Und auch jetzt, an diesem Morgen, konnten wir noch einmal jede allein von ihr Abschied nehmen - niemand hat "gedrängelt", jeder liess uns Zeit.

Was für uns (aufgrund der leider in der Familie gemachten Erfahrungen) leichter war, war das Procedere der Besprechung mit dem Bestatter. Es war einfach entlastend, genau zu wissen, was meine Mutter sich gewünscht, oder was sie abgelehnt hätte. Oder was WIR ablehnen würden! Wir haben im Gespräch gemerkt, wie ungewohnt das für die Bestatterin war. Wir haben wohl etwas "nüchterner" gewirkt, als wir es waren...

Lieber Stefan, ich lese erst seit kurzem hier mit. Ich wünsche dir, und deiner Frau, viel Kraft, um diesen Weg zu gehen. Es ist kein leichter. Aber zu wissen, was der liebste Mensch an der eigenen Seite sich wünscht, ist auf jeden Fall eine Hilfe, für einen selbst.

Alles Liebe für euch beide
Blume
__________________
In uns allen findet sich die Quelle höchster Weisheit -
die Quelle der Liebe.
(Thich Nhat Hanh)

Geändert von Blume68 (27.11.2008 um 23:43 Uhr)
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