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  #1  
Alt 01.01.2011, 17:19
fuzzi fuzzi ist offline
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Standard Vater Knochenkrebs

Hallo an alle!

Ich bin neu hier und sehr froh, dass ich auf dieses Forum gestoßen bin. Mein Vater hat Knochenkrebs (wir wissen davon seit Sept. 2010). Er liegt seit 24.12.2010 auf der Intensivstation und bekommt dauernd eine Dialyse nach der anderen. An Weihnachten waren wir bei ihm und haben den Schock unseres Lebens bekommen. Er lag da und hatte gefühlte 1 Millionen Schläuche in sich, mega angsteinflößende Geräte standen um ihn herum und er hatte eine Atemmaske auf die sein ganzes abgedeckt hatte. Die Ärztin war dazu noch eine blöde angefressene Kuh und das war das letzte Mal das wir ihn wach gesehen haben. Er liegt schon eine Woche auf der Intensiv und liegt seitdem im Dauerschlaf. Wenn er wach ist, dann geht sein Herz los wie ein Presslufthammer und das können die Ärzte nicht zulassen. Mein Vater ein sehr nervöser Mensch der sich sehr leicht aufregen kann und anscheindend hat er sich an Weihnachten genauso erschreckt wie wir und seitdem nicht mehr zur Ruhe gekommen. Er ist inzwischen stabil und ok aber uns wäre es viel lieber wenn er wach wäre und raus aus der Intensiv. Der Arzt hat zu uns heute gesagt, dass die ganze Prozedur leicht 3 Wochen dauern kann.

Jetzt frage ich euch: Habt ihr vielleicht Erfahrungen mit so einer Sache gemacht? Die Chemo und der Krebs haben die Nieren geschwächt - kaputt sind sie noch nicht.
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  #2  
Alt 04.01.2011, 16:24
antje43 antje43 ist offline
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Standard AW: Knochenkrebs

Hallo,
erstmal Willkommen hier.
Also Erfahrung in dem Sinn habe ich nicht, aber habe eine Schwester die Knochenkrebs hat, einen sogenannten Sarkom, genau Ewing-Sarkom.
Welchen Knochenkrebs hat denn dein Vater? Wird er in einer spezialisierten Klinik dafür behandelt?
Gruß A
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  #3  
Alt 04.01.2011, 20:52
fuzzi fuzzi ist offline
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Standard AW: Knochenkrebs

Hi! Die Bezeichnung lautet Plasmozytom und er liegt derzeit bei uns im Landeskrankenhaus auf der Intensiv und er bekommt eine Dialyse nach der anderen. Ich war vorhin bei ihm. Er hat kein Fieber und ist noch immer im Tiefschlaf. Morgen bekommt er den Schlauch aus seinem Mund und per Luftröhrenschnitt kriegt er einen Schlauch zum Atmen durch seinen Hals. So können ihn die Ärzte hoffentlich aufwecken und wir mit ihm reden. Das ist uns derzeit am Wichtigsten. Vielleicht können wir ihn beruhigen sodass er kein Herzrasen mehr kriegt.
Er war auch lange auf der Onkologie und kommt dort sicher wieder hin wenn er aus der Intensivstation raus kommt. Sein Krebs liegt in seinem Knochenmark und produziert "falsches" Blut. In dem Blut ist dann ein Stoff drin welches die Nieren angreift. So ist seine Hausärztin im letzten Herbst drauf gekommen, dass was nicht mit ihm stimmt. Der Krebs macht auch die Knochen brüchig und die können auch von selber brechen. Bisher ist das noch nicht passiert aber mein Vater hat Schmerzen und muss einen Haufen Tabletten nehmen und hat auch schon 2 - 3 Bluttransfusionen bekommen müssen weil er auch an Blutarmut wg. des Krebses leidet.
Meine Familie hofft nun sehr dass er einfach wach ist sodass wir mit ihm reden können. Wir vermissen ihn sehr und es fühlt sich so an als ob er schon 2 Monate im Tiefschlaf ist dabei sind es erst 12 Tage. Schlimm.
Wie geht es denn deiner Schwester zur Zeit?
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  #4  
Alt 04.01.2011, 21:04
fuzzi fuzzi ist offline
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Standard Wut

Hi an alle!
Wie geht ihr mit eurer Wut um?! Ich bin derzeit in einer Phase in der meine Nerven ziemlich blank liegen und ich sehr sehr wütend auf alles Mögliche bin. Mein Vater (61) hat Knochenkrebs und ich kann euch ehrlich nicht sagen ob er bald sterben wird oder ob er zu den Wundermenschen gehört die den Krebs besiegen und wieder gesund werden. Auch das macht mich wütend. Man weiß nicht woran man ist.
An manchen Tagen ist man sehr optimistisch und glaubt dass alles wieder gut wird und an anderen Tagen ist alles genau umgekehrt. Dieses Wechselbad der Gefühle ist sehr anstrengend und zermürbend.
Ich werde sauer wenn ich ältere Menschen sehe die noch fit sind und sogar schwere OP's überstehen und es denen besser geht als vorher. Ich werde sauer wenn ich mir vorstelle, dass mein Vater vieles eventuell nicht miterleben wird (Hochzeiten, Feiern, Enkel,...). Ich finde es einfach nicht fair.
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  #5  
Alt 04.01.2011, 21:35
edith57 edith57 ist offline
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Standard AW: Wut

Hallo Fuzzi,

Ich kann deine Wut sehr gut nachvollziehen. Als mein Mann die Diagnose Lungenkrebs erhalten hat, lag er in einem Krankenzimmer zusammen mit einem 96-jährigen Patienten, der eine kleine OP vor sich hatte und dem es sonst blendend ging. Mein Mann ist 56 Jahre alt und hat zudem eine schwere Gefäßerkrankung. Da habe ich auch einen Riesenzorn bekommen und mich gefragt, warum es die einen so hart trifft und die anderen können problemlos 100 Jahre werden. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mit der Krankheit meines Mannes halbwegs zurecht kam und nicht auf alle anderen Gesunden böse war - schlußendlich müsste ich dann sogar auf mich selber böse sein - ich bin zum Glück auch (noch) gesund.

Geholfen hat mir dann aber vor allem dieses Forum. Wenn du da ein wenig quer durch die ganzen Einträge liest, dann merkst du gleich, dass es so viele Betroffene gibt und dass wir mit unseren kranken Angehörigen keineswegs allein sind. Es wird auch nie eine Antwort auf die Frage "warum" geben. Es ist einfach so - die einen erwischt es, die anderen nicht.....

Lass die Wut zu, aber lass sie nicht an anderen aus. Keiner trägt Schuld an der Erkrankung unserer Angehörigen, weder sie selbst noch irgend jemand anderer. Ich bin sicher, dass du nach einiger Zeit ruhiger wirst. Man lernt mit der Krankheit umzugehen und lebt die guten Tage bewusster - aber auch die schlechten Tage erträgt man mit der Zeit besser.

Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit und für deinen Vater wünsche ich euch, dass er zu den "Wundermenschen" gehören wird, die den Krebs besiegen können.

LG Edith
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  #6  
Alt 04.01.2011, 22:01
fuzzi fuzzi ist offline
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Beiträge: 40
Standard AW: Wut

Hi Edith! Danke für deine Schilderung der Dinge. Du hast Recht dass ich die Wut nicht auf andere auslassen soll. Aber manchmal könnte ich Gläser zerschmeissen und Kassiererinnen anschnauzen. Wirklich.

Ich bin neu hier und hab noch nicht alle Themen gelesen aber was ich bisher gelesen habe hilft mir sehr - da hast du recht.

Mein Vater hatte auch Zimmernachbarn denen es äußerlich besser. Es dauert bei ihm bis er die richtige Liegeposition findet ohne dass es weh tut, er jammert und stöhnt unter seinen Schmerzen alles in allem ist er sehr laut und leidet sehr. Vielen Dank für deinen Trost!
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  #7  
Alt 04.01.2011, 22:34
mahanuala mahanuala ist offline
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Standard AW: Wut

hallo

ich glaube das wut eine völlig "normale" reaktion ist wenn das leben mich spüren läßt dass es keine fairness gibt auf der welt.und meines wissens nach gibt es keine religion die ernsthaft behauptet das leben sei fair...
grade in unserer gesellschaft wird alles mögliche getan um unterschiede auszugleichen und *fairness* gilt als hohes gut....und unfairness wird sogar versucht mit gestzen auszugleichen (antidiskriminierung und gleichstelung etc per gesetz)

umso heftiger trifft es uns oft, wenn wir mit dem *unfairen* in kontakt kommen....im sozusagen ausgeliefert sind.

mir hilft es dann mir immer wieder klar zu machen, dass ich selbst wenn es mich hart trifft, ich nicht *das ende der kette* bin...dass ein großer teil der weltbevölkerung noch viel mehr unfaires erlebt...und zwar nicht nur die allerärmsten in entwicklungsländern...auch hier. oder ist es fair, wenn eine familie gesunde kinder hat, ein anderes paar keine bekommt und ein drittes paar mehrere kinder hat, die an einer erbkrankheit erkranken?
oder ist es fair wenn jemand besoffen andere leute tot fährt? (das sind sachen bei denen ich regelmäßig in wut gerate...was aber am unverantwortlichen verhalten anderer nix ändert...)

wenn ich mir den gesamtzusammenhang vor augen führe,das hilft mir dann in meiner wut und vor allem in meiner verzweiflung nicht völlig zu versinken....denn damit ist weder mir geholfen noch hört dadurch irgendeine form von unfairness auf....

am ehesten haben mir buddhistische texte geholfen, mit diesem thema besser umgehen zu können...und die neuere gehirnforschung (aber die widerum bestätigt viele der buddhistischen ansätze)

dass die wut auftaucht finde ich nachvollziehbar...aber ob und wie wir damit umgehen lernen, ist unsere eigene entscheidung....

viele grüße
mahanuala
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once you have tasted filght,
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turned skyward
for there you have been
and there you want to return

leonardo da vinci

Geändert von mahanuala (04.01.2011 um 22:42 Uhr)
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  #8  
Alt 04.01.2011, 23:47
Nessy84 Nessy84 ist offline
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Standard AW: Wut

Hallo nur mal nebenbei, wenn ihr richtig WÜTEND seid dann geht mal in den Wald nehmt nen Aßt oder so und zerschlagt ihn, schreit ganz laut, zuschmeißt ne Tasse oder so an der Wand, holt euch nen stressball. Das sind Dinge die mir gut getan haben, ich hab noch nicht so langeKrebs aber ich habe eine große Unzufriedenheit in mir gehabt und Wut und diese Tipps hat man mir gegeben und mir haben sie geholfen. Einfach mal ausprobieren- LG
__________________
Viva la Vida- Lebe das Leben
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  #9  
Alt 05.01.2011, 00:22
diegoshaft diegoshaft ist offline
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Unglücklich AW: Wut

Hallo auch ich kann deine wut verstehen meine mutter liegt zur zeit im sterben sie hat krebs im endstadium ist 63 und ich bin manchmal so wutend das gerade ihr wo sie soviel gekämpft hat fur die familie wenigstens mal eine zeitlang ohne schmerzen leben konnte. İch werde bei kleinigkeitn sauer sogar auf meine freunde reagiere ich wütend wenn die mir ihre beziehungsprobleme schildern als gebe es nicht wichtigeres ich sage dann man deine eltern sind wichtig die kannst du nicht ersetzen. Auch allgemein kommt die wut wenn ich immer noch den obdachlosen sehe der seit jahre. Auf der strasse lebt. İch sage mir dann der lebt noch das gibs nicht. So was kann man dagegen tun. Daran arbeite ich.erstens ich sage mir dann wir sind hier sowieso vorubergehe d auf der erde hier ist die hölle und wenn man stirbt kommt man in den himmel.einige müssen länger bleiben da sie viel beichteb müssen gute menschen nimmt der liebe gott früher
Zweitens was auch hilft wie oben erwähnt sport treibe. Boxen, trainieren gewichte heben einfach herausforderungen annehmen. Du nimmst mir meine mutter weg also pass auf werde soviel arbejten und vielen menschen helfen und werde nicht daran zu grunde gehen.
Allgemein die wut ist normal sollte auch raus aber es sollte. Nicht zur gewalt werden. Gott stellt uns auf die probe wie stark wir sind und wenn wir das alles ohne ausbrüche schaffeb dann haben wir seiene prüfung überstanden.
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  #10  
Alt 05.01.2011, 01:16
undine undine ist offline
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Standard AW: Wut

Ich glaube, die Wut darf auch keinen Fall drin bleiben, deshalb ist ein Rauslassen regelrecht gesund!

Wie die anderen schon geschrieben haben, würde ich mir einen Ort suchen, wo ich mich mal so richtig austoben kann oder im Sport mich abreagieren. In so einem Fall wäre ich wohl eine "An-die-Wand-Schmeißerin!" Habe so meinen nagelneuen Reiskocher ins Jenseits gebracht

Ich kenne auch die Wut auf Leute, die wegen jeder Kleinigkeit jammern. Aber das bringt gar nichts. Denn so lange man nicht selbst in einer Extremsituation steckt, kann man es einfach nicht nachvollziehen!
Wie oft habe ich mich früher über Banaliäten geärgert! Weil ich die Lieblingsserie verpasst habe! Oder als der Hund auf's Bett gekotzt hat. Und. Und. Und. Da habe ich auch nicht daran gedacht, dass mein krebskranker Nachbar gerade Schlimmes durchlebt. So ist das Spiel namens Leben!

Ich muss gestehen, ich bin oft wahnsinnig traurig, kriege regelrechte Heulattacken, aber wütend bin ich nicht.
Dieses "Warum gerade ich / wir?" ist so etwas von hinfällig wenn ich in den einzelnen Threads lese. Wenn ich von kranken Kindern lese, von Menschen, die beide Eltern in kürzester Zeit verlieren, von Jugendlichen, die keine Perspektive haben... Und wenn ich sehe, wie viele Menschen, so wie ich, noch mitten in der Nacht am PC hocken, online sind und im Krebsforum sich Hilfe suchen.
Das macht mir bewusst, dass ich keinen Grund habe, auf andere wütend zu sein.
__________________
_________________________

Ich habe mit Hilfe der Menschen im Krebsforum meine Mutter 2010-2011 bei ihrer Lungenkrebserkrankung (Adenokarzinom) begleitet.
Sie starb Weihnachten 2011.
Danke an alle, die mir geholfen haben. Und alles Liebe für alle, die den Kampf gegen Krebs bestreiten.
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  #11  
Alt 05.01.2011, 11:52
Pferdchen Pferdchen ist offline
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Standard AW: Wut

Hallo Fuzzi!

Es tut mir sehr leid das dein Vater so krank ist.

Wut finde ich gut! Ich denke mir hat damals, als mein Freund im sterben lag, Wut die Kraft gegeben alles durchzustehen.
Ich war aber niemals wütend auf die Gesundheit anderes Leute, man weiß schließlich nie was diese Menschen schon alles durchmachen mußten in ihrem Leben.
Was sollten dann auch die armen Eltern machen dessen 4 jährige Tochter vorgestern an Krebs gestorben ist? Die müßten auf die gesamte Menschheit wütend sein!
Nein, meine Wut hat sich auf dieses schreckliche Vieh in meinem Freund gerichtet. Wenn er vor Schmerzen wimmernd vor mir gelegen hat...wie oft hatte ich den Gedanken diesen Krebs einfach aus ihn heraus zu reißen?!
Meine Wut habe ich dann heraus gelassen, wenn ich meine Pferde gemistet habe. Dort konnte ich mich dann wunderbar austoben.
Wenn dir danach ist Gläser an die Wand zu werfen...mach es doch...es wird dir bestimmt sehr gut tun.
Nur eins tu bitte nicht...deine Wut an arme Kassiererinnen aus zu lassen. Glaub mir, diese Berufsgruppe bekommt eh schon den ganzen Frust der Menschheit ab...

Alles Gute für dich und deinen Vater!

Michaela
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  #12  
Alt 05.01.2011, 13:14
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buffy197111 buffy197111 ist offline
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Standard AW: Wut

Hallo Fuzzi,

mir geht es sehr ähnlich wie Dir. Mein Freund weiss seit dem 03. Dezember das er Krebs hat und seit dem 03. Januar bekommt er die Chemo. Bei mir wechseln sich auch die Gefühle ständig zwischen Optimismus, Wut und Trauer. Ich hab zum Beispiel zur Zeit wieder eine Trauerphase, ich könnte ständig drauflosheulen, bin übersensibel, ziehe sogar meinen kranken Freund mitrunter. Aber wir können wohl nicht aus unserer Haut, auch wenn wir uns bemühen, nicht traurig oder wütend zu sein. Ich kann es nicht überspielen. Aber ich war seit mein Freund am 21. November ins KH kam, nicht mehr beim Sport und werde heute wieder damit beginnen, und mir dann auch wieder die Sauna gönnen, in der Hoffnung, das mir das weiterhilft, besser mit meinen Gefühlen klarzukommen.

Ich wünsche Dir, dass Du auch Deinen Weg findest, mit Deinen Gefühlen klarzukommen.. LG MEL
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  #13  
Alt 05.01.2011, 14:02
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Wut

Hallo Fuzzi,

eigentlich bin ich ja bereits seit nunmehr fast 3 Jahren auf der anderen Seite des Zauns. Trotzdem lese ich hier bei euch ab und an noch und finde mich immer wieder selbst in euren Beiträgen. Ich kenne deine Wut nur zu gut.

Wir werden wütend, wenn wir keinen Ausweg wissen, mit dem Rücken an der Wand stehen, nicht weglaufen können, machtlos daneben stehen und zusehen müssen, wie ein geliebter Mensch leidet und wir ihm oder ihr das Leid nicht abnehmen können. Ich kenne auch das Gefühl der Ungerechtigkeit. Man weiss ja schon, dass es ungerecht und unfair ist, andere, fremde Menschen unter unserer Wut (und Angst!) leiden zu lassen. Trotzdem kommen diese Gedanken und manchmal lässt man es sogar raus und fügt damit Dritten Leid zu, obwohl man genau weiss, wie unfair das ist.

Warum ist das so? Ich glaube, Wut und Angst sind Gefühle, die zusammen gehören. Es sind Relikte unserer Evolution und haben über Jahrtausende das Überleben unserer Spezies gesichert. Unsere Vorfahren konnten diese Gefühle noch austoben. Sie haben sich verteidigt .... oder sind einfach weg gelaufen. Beide Taktiken sicherten so ihr Überleben und unser Dasein.

Die Rechnung war ganz einfach: willst du mich töten, versuche ich dich zu töten. Willst du mir meine Jagdbeute abnehmen, versuche ich, mir dein Mammut unter den Nagel zu reissen. Willst du meine Sippe zerstören, so zerstöre ich deine ........ oder ich laufe einfach weg und suche mir ein anderes Plätzchen, wo ich in Ruhe leben kann. Eine simple, einfache Rechnung, die heute so nicht mehr funktioniert, nicht funktionieren kann in unserer Gesellschaft und bei dieser sch... Krankheit sowieso nicht. Die Gefühle von Wut und Angst, die gibt es jedoch immer noch in gleicher Intensität wir vormals. Da hat sich nichts verändert. Wohin also mit diesen Gefühlen? Wie sie ableiten oder kompensieren?

Sie unterdrücken hilft nicht. Höchstens für kurze Zeit. Sie austoben, um sich schlagen? Geht auch nicht. Hinzu kommt, dass wir die Gefahr für den geliebten Menschen sehen. Wir kämpfen auch um ihn. leiden mit ihm, versuchen alles, ihn oder sie wieder gesund werden zu lassen. Solange wir sehen, dass etwas Gutes dabei rauskommt, Erfolg da ist, haben wir ein Ventil. Irgendwann kommt dann die Ernüchterung, Zweifel, ob es denn wirklich einen Erfolg geben wird oder unsere Verteidigung sinnlos ist. Da findest du dich. Dann werden auf einmal Ernüchterung und Zweifel zur Gewissheit. Müdigkeit macht sich breit, manchmal auch Hass.

Weglaufen, die zweite Taktik? Die eigene Haut retten? Ja und nein. Es gibt Menschen, die laufen weg. Die/der eine früher, die/der andere später. Überall und in jeder Leidenssituation gibt und wird es Menschen geben, die das tun. Wir haben das alle erlebt und es hat weh getan. Es liegt mir fern, das zu verurteilen, ohne die Beweggründe zu kennen.

Die eigene Haut retten? Ja! Als Angehörige/er leiden wir mit. Den Tumor des anderen, den kann man mit den Händen greifen, versuchen in zu töten, ihn aus dem Körper zu entfernen. Zwar nicht selbst, doch mit Hilfe von Anderen. Der Tumor, das Leid des Patienten ist was greifbares, reales. Das eigene Leid, das kann man jedoch nicht greifen. Es existiert nur in unserem Kopf, in unserer Seele. In unserem Herzen, wenn man so will. Wenn auch mit durchaus körperlichen Konsequenzen.

Wie einige bereits geschrieben haben, hab ich es auch gemacht. Ich bin in den Wald, wo ich alleine war. Habs rausgeschrieen, getobt, geweint, Äste zertrümmert. Bin auch zeitweise "weg gelaufen". Hab mir eine Auszeit genommen. Beim Spaziergang im Wald, im Verein. Das musste sein um nicht selbst kaputt zu gehen, um wieder Kraft zu tanken, einen klaren Kopf zu bekommen. Nicht nur für mich, sondern vorallem auch um meiner Frau voll und ganz zur Seite stehen zu können. Und auch, um irgendwann zu akzeptieren, dass der Kampf verloren war. Das gibt die Kraft, auch die letzten Schritte noch gemeinsam zu gehen bis zum Ende. Das hat nichts mit "Aufgeben" zu tun, im Gegenteil. Da sei dir sicher.

Ich weiss nicht, ob du an einen Gott glaubst. Ich schon. Immer noch und vielleicht auch deswegen und in einem bin ich mir absolut sicher: mit diesem "alten Mann mit Bart" (wie manche das liebevoll ausdrücken) da oben hat das Ganze nichts zu tun. Das ist keine Prüfung oder so was in der Art. Das ist das Leben mit allen guten und schlechten Seiten. Es ist nicht so, dass ein Gott, Allah oder Manitou (wie auch immer man ihn nennen will) dem einem Menschen unsägliches Leid zufügt oder ihn gar tötet, nur um einen anderen Menschen zu prüfen. Was nicht heissen soll, es gefiele ihm nicht, wenn wir diesen gequälten Menschen nicht im Stich lassen.

Versuche deine Wut, deine Angst, in Bahnen zu lenken, die Dritten nicht weh tun. Versuche zwischendurch mal ab zu schalten und dadurch neue Kraft zu tanken. Nur so kannst du deinem Vater wirklich helfen. Wut und Angst, die nur in uns drinnen wüten, vernebeln irgendwann unsere Sinne. Damit ist niemandem gedient. Weder dir noch deinem Vater. Am allerwenigsten deinem Vater. Vielleicht suchst du dir auch professionelle Hilfe? Daran ist nichts ehrenrühriges.


Alles Liebe für euch

Helmut
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http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
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  #14  
Alt 05.01.2011, 19:01
fuzzi fuzzi ist offline
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Standard AW: Wut

Hi an alle die geschrieben haben! Danke für euren Trost und eure Tipps! Ich glaube ich werde das mit dem Wald machen - also meine Wut im Wald auslassen oder rausschreien oder so. Keine Angst ich bin ein sehr ruhiger und zürückhaltender Mensch und hab noch nie Leute angeschrien oder schlimmeres. Aber seit der Krebssache merke ich, dass meine Schmerzgrenze nicht mehr da ist wo sie war. Ich verliere schneller die Geduld und habe kein Verständnis mehr für andere.
So wie es aussieht bin ich nicht die Einzige hier. Undine hats gut ausgedrückt, dass man die Banalitäten des Alltags nicht mehr bemerkt und die Problemchen der anderen Leute überhaupt nicht mehr verstehen kann. Naja. Anscheinend müssen wir da alle durch.
Heute waren wir wieder bei meinen Vater im Krankenhaus und er hat nun den Beatmungsschlauch in seinem Hals und nicht mehr im Mund. Es war toll für uns ihn mal so wie früher zu sehen. Er hat zwar geschlafen aber das war uns egal. Jetzt werden die Ärzte versuchen ihn nach und nach wach zu bekommen. Das wäre sooooooo schön.
Wisst ihr vor der Krankheit hatte ich immer so meine üblichen Tagträume (Reichtum, Schönheit, der Traumtyp schlechthin kommt um die Ecke , usw.) aber jetzt träume ich davon dass mein Vater einfach wach ist und wir ihn wieder haben oder dass der Arzt reinkommt und sagt er ist wieder komplett gesund.
Er muss nicht mal bei uns in der Wohnung sein aber er soll einfach wach sein, sodass wir mit ihm reden können. Ihn mit dem Rollstuhl durch die Gänge fahren können, mit ihm über viele Dinge lachen können wie etwa über eine bestimmte Werbung über die er so lacht. Es wäre soooo schöööönn......
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  #15  
Alt 05.01.2011, 22:13
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HelmutL HelmutL ist offline
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Daumen hoch AW: Wut

Hallo Fuzzi,

hei, das glaube ich dir. Ich wünsche es dir auch, dass du deinen Vater wenigstens mal wieder durch den Flur schieben und mit ihm lachen kannst und wenn es auch nur über eine blöde Reklame ist. Du glaubst garnicht, wie gut ihm das tun kann, sich über solche Banalitäten zu unterhalten. Das ist auch für ihn eine Auszeit. Mal nicht der Krebs. Ein winziges Stückchen Normalität.

Mal ne Frage: Fuzzi ist zwar ein netter Nick, doch als Anrede ... ich weiss nicht. Ein Vorname wäre angenehmer .


Viel Glück

Helmut
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