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  #1  
Alt 28.09.2008, 11:25
Benutzerbild von Eleve
Eleve Eleve ist offline
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Standard Übers Sterben sprechen

Hallo,

ich möchte einmal ein schwieriges Thema anschneiden. Nicht, weil es akut wäre, zum Glück hab ich im Moment noch (eher: wieder) eine sehr gute Distanz dazu. Aber gerade deshalb möchte ich es jetzt ansprechen, wo mich abweisende Antworten oder gar eine Löschung des Themas vielleicht nicht so sehr mitnehmen.

Niemand, der an Krebs erkrankt ist, kommt am Thema Tod und Sterben völlig vorbei. Und leider ist es sehr sehr schwer, mit jemandem darüber zu sprechen, so, daß es zum aktuellen persönlichen Bedürfnis passt. Wo es doch im Alltag schon schwierig ist, über Krebs zu sprechen, ohne irgendwelche Verletzungen zu verursachen oder Kommunikations-Tabus zu brechen.

Als ich meine Diagnose hatte, habe ich mich natürlich zuerst einmal informiert über die Krankheit. Und gleichzeitig kamen lähmende Ängste und hektische Versuche, mit dem Ganzen klar zu kommen. Gedankenkarussellfahrten im Kopf, die so schwindelig machten, daß man am Ende glaubte, schon Metastasen im Gehirn zu haben.

Einer der ersten Gedanken war: Wie kann man sich schmerzlos umbringen, bevor das große Leiden beginnt? Google ist da nicht hilfreich. Suchst Du "Selbstmord" findest Du "Prävention" oder "Hilfen für Angehörige".
Irgendwo ist das auch gut so, denke ich jetzt, ein Jahr später. Damals habe ich einfach gewartet, ob ich aus dem dunklen Loch wieder herauskomme. Und tatsächlich: Nachdem sowohl der Winter als auch die Chemo zu Ende waren, kam ich Schritt für Schritt wieder zurück ins Leben. Heute z.B. gerade ein ganz normales Leben. Von ein paar Arztbesuchen und Untersuchungen hie und da abgesehen. Hätte ich das damals geglaubt?
Danke auch den Leuten hier im Forum, denen ich dann bald geglaubt habe, daß man an BK nicht soooo schnell stirbt, wie ich zunächst geglaubt hatte.

Trotzdem lungert es um mich herum, das Thema "Tod". Und trotz liebevollem Ehemann, Mutter und hie und da Psychiaterin oder Psychoonkologin an der Hand, evtl. auch Pfarrer, merke ich, daß ich mit niemandem meine Gedanken und Sorgen zu dem Thema teilen kann.
Hier im Krebskompass scheint mir auch nicht der richtige Ort. Alle wollen positiv denken. Keiner will wirklich übers Sterben und alles drum herum sprechen.
Mit dem Thema bleibt man allein.

Muß man das wirklich mit sich selbst ausmachen?
Oder könnt Ihr irgendeinen Ort empfehlen? Ein Forum? Oder an wen wendet Ihr Euch mit solchen Gedanken?

Ich wünsche mir irgendwie in dunklen Stunden schon einen gewissen Austausch, Gedanken von anderen Menschen, die meine Gedanken sicher nicht wirklich nachfühlen, aber ernst nehmen können. Wo ich auch mal richtig negativ sein kann und darf.

Hm... jegliche Gedanken oder Tipps sind herzlich willkommen.

Viele Grüße,
Eleve
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  #2  
Alt 30.09.2008, 13:49
Seniora Iris Seniora Iris ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo liebe Eleve,

ja, auch mir fällt es schwer übers Sterben zu reden, noch schlimmer ist es, wenn Dein Knirps aus der Schule nach Hause kommt (mein Sohn ist 9 Jahre alt) und erzählt, das die Oma von Luisa Krebs hatte und daran gestorben ist. Seine Frage: wirst Du auch sterben. Tja, wie geht man damit um? Ich habe mich mit ihm hingesetzt und ihm sachlich erklärt, ohne Emotionen, das war schwer, was passieren muss um zu sterben und daß ich noch lange nicht so weit bin.

Es hört sich sicherlich etwas banal an,aber in der Esotherik gibt es einige richtig gute Bücher, die sich mit dem Thema Sterben und was danach kommt beschäftigen.

Sicherlich ist diese Art von Literatur nicht jedermanns Sache, ich bin hier auch aus purer Neugierde gelandet und hängen geblieben.

Da niemand wirklich weiss, was kommt danach, hat es mich ein wenig getröstet und meine Phantasie beflügelt in der Hoffnung, das es dann wirklich so ist wie beschrieben.

Die Angst davor begleitet mich tagtäglich, ich denke sie wird trotz allem weiter bestehen.

Ich hatte letztens mit einer befreundeten Heilpraktikerin eine Unterredung, in der sie mir erklärte, daß wenn Menschen schwer krank sind und der Tod vor der Tür steht, der Körper und das Bewusstsein umschaltet. Der Tod ist dann kein großes Thema mehr, hier gilt dann nur doch die Erlösung.

Vielleicht ist es dann so???

Meine Erfahrung mit diesem Thema ist, daß ich alleine damit fertigwerden muss, wedermein Mann noch meine Eltern oder andere mir nahestehenden Menschen sind bereit sich mit mir darüber zu unterhalten aus irgendeiner Angst heraus. Also bleibt mir,wahrscheinlich kennt ihr die gleichen Reaktionen, nichts übrig um weiter zu forschen und zu lesen um Antworten und auch einen gewissen Trost zu finden.

Liebe Grüße von Iris
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  #3  
Alt 30.09.2008, 16:19
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Karin55 Karin55 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Liebe Iris,

ja, das mit den Kindern ist ein interessantes Thema, eigentlich sogar ein eigenes für sich.

Mein Sohn war zwar schon 18 als ich ihm von meiner Erstdiagnose berichten musste, aber mir tat das so unendlich leid. Er steckte in Abiturvorbereitungen und musste das mit tragen. Ich hätte mir so gewünscht, dass er sein junges Leben nicht mit dieser Belastung leben musste. Schon als ich mich scheiden lassen musste, weil es wirklich nicht mehr anders ging, da war er 16, tat es mir so weh, ihm die Nachricht, dass sich seine Eltern trennen, zu überbringen.

Ich weiß leider auch keine Lösung, gerade wenn man den Kindern vermitteln muss, dass der Tod der Mutter oder eines Angehörigen näher ist als man glaubte. Ich wollte meinen Sohn eigentlich immer irgendwie schonen, aber es war mir leider nicht möglich.

LG
Karin
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  #4  
Alt 01.10.2008, 14:20
Benutzerbild von mascha2600
mascha2600 mascha2600 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo Eleve,
hallo an alle !
Kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen. Auch ich kann mit meinem Mann nicht so über das Thema Tod sprechen, wie ich eigentlich wollte. In der Zeit nach der Chemo bis dieses Jahr August konnte ich das auch alles recht gut verdrängen.
Nachdem aber bei der letzten Blutuntersuchung rauskam, dass meine Tumormarker stark angestiegen sind, war das "Sterben" natürlich wieder in den Vordergrund gerückt. Mein Mann verdrängt das Ganze völlig; lt. ihm "werde ich mit Sicherheit 75 Jahre alt"......Gleiches gilt für Freunde oder auch Verwandte.

Ich versuche aber nicht allzu hart über meinen Liebsten/und Freunde zu urteilen, weil ich weiß, dass man als gesunder Mensch die Todesangst, die wir Betroffenen haben, nicht nachvollziehen kann. Ein Gesunder kann nicht nachvollziehen, was es heißt, quasi auf einem Pulverfass zu leben.

Lange hab ich auch drüber nachgedacht, was mir eigentlich so eine Angst macht und habe festgestellt, dass es nicht der Tod als solcher ist, sondern die Angst, dass ich so elendig "verrecken" muß, wie meine Mutter. Ich versuche daher mich damit zu beruhigen, indem ich mir sage, dass heutzutage niemand mehr unter solchen Qualen sterben muß, wie sie damals. Was ich hingegen aufgegeben habe, ist, mein Leben (so wie früher) langfristig - also auf die nächsten 10 Jahre - zu planen. Ich versuche hier und jetzt mein Leben so intensiv wie möglich zu leben.

LG Chris
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  #5  
Alt 01.10.2008, 15:07
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Karin55 Karin55 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo Chris,

gelingt dir das, hier und jetzt intensiv zu leben? Ich frage deshalb, weil ich das auch so machen wollte, als ich von meinen Metas erfuhr. Herausgekommen ist eine gewisse Hektik, dass ich alles und viel in einen Tag hineinstecken möchte und so viel (zu viel?) plane, was ich demnächst noch alles machen möchte, solange es noch geht. Das ist falsch, das weiß ich, aber die Angst, noch sooo viel zu versäumen, treibt mich an.

LG
Karin
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  #6  
Alt 01.10.2008, 15:54
Benutzerbild von Birgit4
Birgit4 Birgit4 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Ihr Lieben,
ich Plane ganz bewußt(aber immer mit den Gedanken .....werde ich noch dabei sein ? )....ich freue mich auf Weihnachten am Kamin , Urlaub,Geburtstage von den Kindern,Leonie wird 10 Jahre jung im November ....nächstes Jahr ist von meinen Freunden Silberhochzeit.Was kann ich schon an Geschenken Basteln und Vorbereiten !
Ja,ich brauche neue Ziele....ob ich sie erreiche weiß ich nicht.....aber ich habe mich darauf gefreut.
Wenn ich auf meinen Verstand hören würde......würde ich mich hinlegen.....und nur noch Trauern,und mich selbst Bemitleiden wie schlecht es mir doch geht.
Heute muß ich zum Elternabend....ich habe keine Kraft dort hinzugehen....das Wasser in meinem Bauch drückt auf mein Herz und die Milz.
Ich bin nun auch schon Medikamenten abhängig.....durch meine täglichen Schmerzen die ich habe.Aber ich kämpfe dagegen an....heute hatte ich wieder so ein Gefühl beim Einkaufen ( Wie lange noch).....mir war so schwindellig ."Wie lange macht mein Körper das noch mit" ???

Ich habe Angst vor dem Tag....wo ich nichts mehr kann.....außer auf dem Sofa zu liegen
So langsam stellt sich der Körper um....nähmlich auf Sparflamme zu leben.
Ich könnte manchmal nur heulen.....so ein schwerer Weg.....aber ich Plane trotzdem.....ich möchte noch an diesem,meinem Leben teilnehmen.
Mit Tränen in den Augen sitze ich hier.....es tut manchmal so weh in meiner Seele....ich muß was annehmen ,was ich nicht annehmen will.
Ich mußte das mal los werden.....Danke fürs Annehmen.
Lieben gruß von Birgit
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  #7  
Alt 28.09.2008, 13:29
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mona35 mona35 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo Eleve
Als ich meine Diagnose bekommen habe hab ich auch sofort ans Sterben gedacht und bin bei dem Gedanken fast verrückt geworden.
Am schlimmsten war es in der Chemozeit.
Heute geht es mir wieder gut und ich denk nicht mehr so viel darüber nach.
Es ist schon schwer darüber zu schreiben und die richtigen Worte zu finden.
Liebe Grüße Ramona
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  #8  
Alt 28.09.2008, 13:41
Benutzerbild von Karin55
Karin55 Karin55 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo Eleve,

ich kann mir gut vorstellen, dass dir das Gespräch über das Sterben fehlt. Mir macht es zunächst große Angst, was daran liegt, dass ich keine lange Lebenserwartung habe wegen Metastasen und ich - im halbwegs normalen Zustand - es einfach nicht aushalten kann, daran ernsthaft zu denken. Ich konnte vor 2 Jahren noch theoretisch darüber diskutieren, vielleicht meine "kleinen Ängste" beruhigen, als ich ohne Rückfall noch berechtigte Hoffnung auf Heilung hatte.

Vielmehr frage ich mich, wie man Palliativmedizin bzw. "palliative Psychoonkologie" für die Leute umsetzt, die noch nicht über das Sterben oder über Hospiz oder Schmerzbekämpfung reden wollen. Die vielleicht noch einige Jahre vor sich haben.

Gibt es das, eine langfristige Vorbereitung auf das, was uns alle einmal betrifft? Stirbt man dann leichter, mit sich mehr im Einklang? Oder mache ich mir mein derzeitiges Leben damit nicht noch schwerer?

Ich finde, es ist ein gravierender Unterschied, ob man über das Sterben redet, evtl. philosophiert, wenn die Hoffnung auf ein längeres Leben noch da ist als wenn man nur noch 1 bis 5 Jahre vor sich hat. Meine eigentlich sehr nette Ärztin sagte vor ein paar Tagen zu mir: "Manchmal muss man einfach verdrängen; wenn man sich immer sagt, der Krebs wird mich eines Tages von innen auffressen, dann ist das nicht gut ..." Das war ein ganz unangenehmes Bild für mich, hat mich niedergeschmettert, obwohl es so sein wird. So ähnlich wäre jetzt für mich die Auseinandersetzung mit dem Tod, der leider allzu wirklich ist.

LG
Karin
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  #9  
Alt 28.09.2008, 14:12
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andile2412 andile2412 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Liebe Karin!

Du hast so Recht, genau so stell ich mir das vor... wenn man sich "unmittelbar" mit dem Sterben befassen MUSS!! Einige leben ja wirklich mit der Hoffnung, dass sie gesund sind und schieben das Thema Sterben erst mal wieder weit von sich! Tut mir sehr leid für Dich, aber ich hoffe es ist soweit erträglich und Du hast noch eine relativ gute und lange Zeit!


Liebe Eleve!

Das Thema Sterben kann ich auch mit keinem besprechen! Jeder blockt da sofort ab und ich merke, dass niemand darüber reden will/kann! Da heisst es dann nur: "Du bist doch wieder gesund, an sowas brauchst gar nicht zu denken!!" Tja, was bringt mir das??? Überhaupt gar nix !!Anfangs hatte ich auch Panik, dass ich bald sterben werde! Ich dachte manchmal einfach nur ICH WILL NICHT !!!!!!!!!!!!!!!!!!Jetzt auch noch manchmal, aber nicht mehr ganz so oft! Vielleicht ist das ein Selbstschutz? Mein Doc hat letzte Woche zu mir gesagt: "Manchmal muss man bestimmte Dinge einfach verdrängen, sonst würde man durchdrehen!" Wir haben ja die Hoffnung, dass wir wieder "gesund" sind! Aber ich weiß auch, dass sich das sehr schnell ändern kann! Bin ich in 1 oder 3 oder 5 Jahren noch hier?? Sogar "20" Jahre wären mir noch zu wenig, weil da wäre ich ja auch erst 58 Jahre alt!!! Nun ist es wohl tatsächlich so, dass ich nicht in den Genuss komme 80 Jahre alt zu werden! Das macht mir manchmal solche Angst und ich werde auch irgendwie wütend darüber!! Angst vor dem Tod selber habe ich weniger, aber vor dem Sterben davor! Ich hoffe nur für mich, dass es schnell geht!! Wenn ich aber so mitbekomme, dann ist es für den der stirbt wohl gar nicht "so" schlimm, aber für die Lieben, die er zurück lässt!! Dann habe ich wieder Zeiten, an denen ich überhaupt keine Angst habe! ...dann ist es halt so, denke ich dann! "Gesunde" Menschen wissen doch auch nicht, wie lange sie noch Zeit haben! Ich kann ja auch an was ganz anderem sterben?!?!? Ach, irgendwie ist das ein Endlosthema...! Bald darf ich zur Reha und ich freue mich schon, wenn ich dort mal so richtig über meine Ängste reden kann - vielleicht tut mir das auch schon gut!!
Ich hoffe trotzdem, dass ich noch lange leben darf... so oder so!!

Schönen Sonntag noch, liebe Grüsse Andrea.
__________________
Hoffnung ist die Fähigkeit, die Musik der Zukunft zu hören.
Glaube ist der Mut, in der Gegenwart danach zu tanzen.
Und Glück ist die gute Fee, die aufpasst, dass wir dabei nicht ins Stolpern geraten. (Peter Kuzmic)
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  #10  
Alt 28.09.2008, 14:24
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Maphalda Maphalda ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Das Thema Sterben hat mich schon lange vor dem Krebs sehr beschäftigt. Intensiv auseinandergesetzt habe ich mich damit in einem mehrmonatigen Hospizkurs. Kurz bevor ich dort mit der ehrenamtlichen Arbeit beginnen wollte, erlitt meine Mutter zwei schwere Schlaganfälle. Sie lag etwa ein Jahr im Wachkoma und wurde dank Magensonde am Sterben gehindert. In dieser Zeit habe ich zum ersten Mal hautnah erlebt, wie wir unsere Mitmenschen sterben lassen.

Die Einschläferungsspritze, die man jedem leidenden Haustier gönnt, wird Sterbewilligen vorenthalten. Da kann man drüber denken, wie man will. Für mich steht jedenfalls fest, dass ich frühzeitig in ein Hospiz gehen werde, wenn ich irgendwann mal "austherapiert" sein sollte.

Ich habe eine Patientenverfügung, in der ausdrücklich steht, dass ich keine lebensverlängernden Maßnahmen wünsche und vor allem unter gar keinen Umständen eine Magensonde haben möchte. Wenn ich Glück habe, gerate ich an gnädige Ärzte, die meinen Willen respektieren.
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  #11  
Alt 28.09.2008, 15:15
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Rubbelmaus Rubbelmaus ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Ich denke da wie Maphalda.

Seit meiner Erkrankunge 2000 habe ich eine notarielle Patienverfügung und ich werde von sehr guten Ärzten betreut. Alle haben mir versprochen, dass sie sich dafür einsetzen, dass ich ich würdevoll sterben kann und so gut es geht auch schmerzfrei in einem Hospiz untergebracht werde. Mittlerweile bin ich auch Mitglied im Förderverein Palliativmedizin.

Früher habe ich auch immer gedacht, dass ich alleine bestimmen will, wann und wie ich gehen werde. Aber diese Ansichten haben sich in den Jahren geändert. Heute gibt es viele gute Möglichkeiten, bis zu seinem Ende ein einigermassen erfülltes Leben zu führen. Ausserdem ist das eine Sache des Glaubens und da ich an einem Leben nach dem Tode glaube, habe ich auch meine eigene Einstellunge dazu. Aber die ist privat und das muss jeder mit sich selber ausmachen.

Nur gibt es über das Thema auch noch andere Probleme. Sprechen ist kein Problem für uns und es gibt wohl kaum ein Buch über das Thema Sterben, das ich nicht gelesen habe. Doch jetzt merke ich, je kränker ich werde und je schneller es auf meinem Ende zu geht, umso größer ist auch meine Angst. Alle Jahre vorher habe ich immer gesagt und gedacht, wenn es mal so weit ist, dann habe ich alles geregelt und ich kann mich ganz dieser Zeit widmen, ohne Angst. Ich habe immer gesagt, jeder hat seine eigene Zeit zum Sterben und sterben müssen wir Alle einmal.

Aber seit einigen Wochen merke ich, es geht nicht so einfach. Es geht mir von Tag zu Tag schlechter. Auch unseren Urlaub mussten wir jetzt abbrechen, weil ich ganz große Problem mit der Atmung habe. Ich bekomme sehr schlecht Luft und neuerdinges habe ganz große, nie gekannte Ängste. Ich liege dann im Bett japse nach Luft, breche dabei viel und habe nur noch eine Scheixxangst. Schmerzen habe ich aber G.s.D. keine. Das hat nicht mal mit der Krankheit alleine zu tun, sondern ich merke, ich habe Angst davor, wie ich sterbe. Ersticke ich plötzlich oder bin ich gut versorgt und unter ärztlicher Kontrolle?

Auch mein Mann wird immer hilfloser. Früher habe ich ihn immer noch beruhigt und wir haben über alles offen gesprochen. Doch jetzt merke ich, ich brauche alle Kräfte für mich selber und kann ihm nur noch bedingt zuhören. Vorgestern bin ich sogar richtig grantig geworden und habe ich angeblafft, dass es mir ja auch leid tut, dass er nicht weiss was er machen soll, aber er muss mit seiner Situation langsam alleine klar kommen und soll sich Hilfe suchen. Ich muß mein Sterben auch lernen und bin schliesslich die Hauptbetroffene. Ich weiss, dass das gemein war. Denn ich habe einen wundervollen Mann der alles für mich tut und er hat das auch nicht verdient. Aber irgendwie kann ich momentan nicht anders und bin völlig neben der Spur.

Versteht ihr mich, was ich mit meinem Beitrag sagen will? Darüber sprechen wenn der Tod noch weit weg ist, ist etwas ganz Anderes als wenn er schon fast bei dir ist und damit real geworden ist.

Ich hoffe, dass ich meinen richtigen Weg noch finden werde,

Heidi
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  #12  
Alt 28.09.2008, 15:57
Evche Evche ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Liebe Heidi,

du hast vollkommen recht. Es gibt große Unterschiede zwischen Sterben wollen, Sterben können und Sterben müssen.

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, daß du deinen Weg findest.

Alles Liebe für dich vom Evche
__________________
Macht hat nur der über mich, dem ich sie gebe.
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  #13  
Alt 28.09.2008, 15:57
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Tamina Tamina ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Ich habe eine Freundin die sehr realistisch ist, mit ihr kann ich über alles reden. Zum Glück.

Sie kennt ein schönes Hospiz, dahin wird sie mich bringen.

Ich möchte bis zuletzt gut versorgt sein und alles bekommen, was mir das Sterben erleichtert.

Es ist furchtbar, wenn man noch so viel vor hatte und merkt, es ist nicht mehr viel Zeit da.

Es hat eine so unfaßbare Größenordnung, daß es einen manchmal einfach umhaut, der Gedanke ich werde nicht mehr so lange leben. Mich macht es traurig.

Im Moment kämpfe ich noch, aber die Gedanken sind im Unterbewußtsein und kommen in den Träumen hoch.

Letztendlich ist man alleine damit, für die anderen geht das Leben ja weiter.

Habe in vielen Beiträgen gelesen wo Angehörige schreiben wie sie sich fühlen, aber nichts darüber, was der Betroffene selbst fühlt und denkt.

Ich hoffe, ich werde dann mit nicht so viel Selbstmitleid der anderen überschwemmt.

Sage mir immer es sind so viele vor mir gestorben, daß werde ich dann auch noch schaffen und wende mich dem Leben wieder zu, so lange es dauert.

Liebe Grüße

Brigitte
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  #14  
Alt 28.09.2008, 13:51
Evche Evche ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo Eleve,

nach meinem schweren Unfall vor 8 Jahren hatte ich einige Monate Suizidgedanken, weil ich mich mit meinem veränderten Körperbild und den vielen Narben einfach nicht abfinden konnte. Knapp 2 Jahre später und nach den ersten Korrektur-Operationen konnte ich mein Leben wieder annehmen. Suizid in dieser Zeit wäre ein Weglaufen gewesen.

Vor 2 Jahren bin ich an Gebärmutterhalskrebs erkrankt. Dieses Mal war die Auseinandersetzung mit dem Sterben kein Weglaufen, sondern es war eine Möglichkeit des Verlaufes meiner Erkrankung. Die Gefühle von Hilflosigkeit waren dieselben wie 8 Jahre zuvor, mit dem Unterschied, daß ich dieses Mal um jeden Preis leben wollte.

Ich habe diese Phase genutzt, um die letzten "alten Leichen" aus meinem persönlichen Keller zu räumen, Ordnung und wirklichen Frieden in mein Leben zu bringen. Mein Testament liegt in der Schublade, ich habe sogar die Musik festgelegt, die bei meiner Beerdigung gespielt werden soll.

Der Tod kann jederzeit und plötzlich kommen, er gehört zum Leben wie die Geburt. Aber er ist ein Tabu-Thema in unserer Gesellschaft. Jeder denkt irgendwann darüber nach, vor allem wenn der Zenit überschritten ist, jemand an Krebs erkrankt oder einen lebensgefährlichen Unfall überstanden hat.

Für mich war die Auseinandersetzung wichtig, um mit meiner Angst vor dem Tod umgehen zu können. Denn durch diese Auseinandersetzung ist mir sehr bewusst geworden, wie schön das Leben ist. Auch mit meinen vielen Narben, mit meiner Brustamputation und ohne Gebärmutter.

Mir ist bewusst, daß ich irgendwann gehen muß. Wann das sein wird, weiß ich nicht, ich hoffe aber auf viele glückliche Jahre, die noch vor mir liegen. Aber egal, wann meine Uhr abläuft, es gibt keinen Bereich in meinem Leben, in dem ich nicht meinen Frieden habe. Und den hätte ich ganz gewiss nicht, wenn mein Unfall und meine Krebserkrankung nicht gewesen wären. Erst durch diese schlimmen und traumatischen Erfahrungen konnte ich reifen und habe das Loslassen gelernt. Dafür bin ich dankbar.

Liebe Grüße vom Evche
__________________
Macht hat nur der über mich, dem ich sie gebe.
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  #15  
Alt 28.09.2008, 14:02
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friebe friebe ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo Eleve,

eine Sekunde habe ich überlegt, ob ich das jetzt lesen will oder ob ich Deinen Beitrag ignoriere. Aber das Thema ist sowieso in einer Ecke im Kopf, warum also nicht darüber reden. Ich finde das Forum hier auch gar nicht schlecht dafür. Du hast eine gute Formulierung für das Thema gefunden. Wer nicht darüber lesen oder reden will, kann es gut umgehen.

Ich habe meine Diagnose im Januar bekommen und ich war der festen Überzeugung, dass mir nur noch wenige Monate bleiben. Ich war wie gelähmt und gleichzeitig ärgerlich, weil ich doch die verbleibende Zeit sinnvoll nutzen sollte. Ich hatte mein Leben zu einem ganzen Teil an dieser Gewissheit ausgerichtet: "Wozu neue Jeans kaufen. Die alten sind zwar zu weit, aber für die paar Monate geht es auch mit Gürtel." "Eigentlich bräuchte ich ein neues Handy, aber es lohnt sich nicht, dafür Geld auszugeben" … - Das muss für meine Familie ziemlich anstrengend gewesen sein. Darüber geredet haben wir nicht wirklich. Ich habe aber ein neues Handy bekommen, das viel zu teuer war und dass wir vor einem Jahr sicherlich nicht genommen hätten.

Irgendwann habe ich dann auch begriffen, dass es sich nicht so schnell stirbt. Ganz wegdrücken kann ich das Thema aber nicht und ich glaube, ich will es auch gar nicht. Es ist auch nicht so, dass ich über den Tod nachdenke, weil ich Krebs habe (hatte?), sondern der Krebs hat den Anlass dafür gegeben. Solange ich gesund war, war das Leben selbstverständlich. Schreckliche Dinge passieren - allerdings nur den anderen. Es ist die Erkenntnis, dass ich genau wie alle anderen sterblich bin, die mir erstmal die Füße weggehauen hat. Ich weiß nicht, wann und wodurch ich sterben werden, aber ich möchte nie wieder so eiskalt von dieser Erkenntnis überrascht werden. Ich denke, gut wäre es, wenn man es hinbekommt, den Tod als Teil des Lebens zu sehen. Ich weiß zwar noch nicht, wie ich das hinkriegen soll, aber ich habe das Gefühl, dass ich damit irgendwie dem Ganzen ein kleines bißchen den Schrecken nehmen kann.

Ich wüßte jetzt auch nicht, mit wem ich darüber sprechen sollte. Meine Familie steht ganz doll hinter mir, wäre damit aber überfordert. Ich hatte einen Versuch bei der Psychoonkologin gestartet, dass hat auch nicht funktioniert. Vielleicht muss man diese Todesangst selbst erlebt haben, um das überhaupt verstehen zu können?
Über den Tod zu sprechen, hat für mich nichts mit negativem Denken zu tun. Man muss nur aufpassen, dass man sich nicht runterziehen lässt. Im Moment geht es mir ganz gut, da ist das Thema ok. Ich weiß nicht, ob ich mich darauf einlassen würde, wenn ich mies drauf bin.

Liebe Karin, Du hast sicherlich Recht. Ob man sich damit beschäftigen will und kann, hat sicherlich etwas mit der Prognose zu tun. Bei mir sieht es im Moment nicht schlecht aus. Da ich nicht weiß, ob das so bleiben wird, will ich das Thema für mich lieber jetzt ein bißchen sortiert bekommen.

Liebe Grüße - Klara
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