Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Krebsarten > Brustkrebs

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 16.08.2011, 16:37
Benutzerbild von remeni
remeni remeni ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 08.11.2010
Ort: Raum FFM
Beiträge: 528
Standard nicht mehr drüber reden..

Hallo,
so langsam staut sich bei mir doch ein "Problemchen" auf.

Ich bin ja fertig mit meinen Behandlungen und dank TN gibt es bis auf vierteljährlich mal beim Onkologen reinschauen nichts mehr zu tun, ich bin also gesund. Meine Haare sehen wieder nach Frisur aus - damit ist das Thema Krebs für alle, insbesondere mein Mann, erledigt.

Dass Freunde und Bekannte und sogar Familie bis auf vorsichtige Fragen: wie geht es? und der Hoffnung, dass nur ein "danke, gut" kommt, nichts mehr von hören wollen, kann ich ein bisschen verstehen, nehme aber nicht immer Rücksicht drauf.

Aber mit meinem Mann kann ich gar nicht mehr drüber reden. Ne Zeitlang dachte ich, es sei so was wie Selbstschutz für ihn. Doch wenn ich jetzt eher durch Zufall mal erwähne, dass ich ja krank war, oder auch nur, dass die nächsten 2 Jahre halt noch kritisch sind, tut er es sofort ab: ich BIN gesund und soll gar nichts anderes denken.
Da macht sich bei mir fast der Eindruck breit, sollte ich je doch wieder was kriegen, habe ich Schuld, weil ich vielleicht (heimlich) doch dran gedacht habe und nicht stark genug war.

Ich fühle mich dadurch doppelt belastet. Klar, im Kopf bin ich gesund, doch im Herzen gibt es einen dunklen Winkel, wo die Angst sitzt.

Ich möchte meine Krebserkrankung nicht totschweigen, sie ist ein Teil von mir geworden.

Kann mich wer verstehen, oder drehe ich mich zu sehr um mich selbst?
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 16.08.2011, 20:37
Benutzerbild von ängel
ängel ängel ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.03.2009
Ort: Schweden Kolmården
Beiträge: 1.053
Standard AW: nicht mehr drüber reden..

Liebe Remini und alle anderen,
dieses Problem ist nicht das erste mal hier.
Es ging mir genauso und geht auch anderen so.
nach meinem Primärtumor und der Behandlung 2008 stand die nächste Kontrolle erst ein Jahr später an (trotz TN) und auch keine Medikamente. Ich fiel völlig ins Loch.
Als alle davon hörten dass ich Krebs hatte riefen die Bekannten und Verwandten an, aber dann war Schluss. Die Frage, wie es mir ginge, beantworteten sich die meisten selbst: du siehst ja so gut aus, es geht dir gut.
Für meinen Mann war ich auch wieder gesund.
Mir erzählte man auch, er hat vielleicht Angst um dich und will seine Angst verbergen. Wenn es so ist, frage ich mich warum er mir das weder sagt noch zeigt.
Ich fand die Zeit viel schlimmer als den Anfang.
Erst als ich das Forum fand und lesen konnte dass andere Frauen die gleichen Probleme hatten und so fühlten wie ich fand ich mich verstanden.
Ich hab dann ab und zu aus dem Forum vorgelesen (ohen Namen) um ihm verstehen zu geben wie andere fühlen und mich das auch beschäftigt. Ich glaube, das war gut.
Er bekam auch Bestrahlung, aber keine Chemo, (Prostata) und meint immer, ihm würde es ja nicht so schlecht gehen wie mir. Das meint er auch jetzt noch wo ich schon die nächste Chemo hinter mir habe.
Ach, ich kann gar nicht aufhören.
Als ich dann das Rezidiv bekam war es fast wie eine Genugtuung für mich: seht ihr, ich bin doch noch nicht gesund. Hört sich doof an, aber ich konnte das nicht mehr hören, dass ich ja gesund sei. Sicher, sie meinten es wohl gut, aber es gab auch zwei treue Seelen die wiklich wissen wollten wie es mir geht.
Ich antwortete und antworte übrigens auch nur mit gut, wenn ich das Gefühl habe, das wollen sie hören.
Ich würde so gerne mal drüber reden. Erklären welchen Krebs ich habe, aber von alleine will ich auch nicht anfangen. Das sieht dann aus wie aufdrängen.
__________________
Ängel
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 16.08.2011, 23:33
frollein frollein ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 14.06.2011
Beiträge: 255
Standard AW: nicht mehr drüber reden..

Hallo ihr Lieben,

zu meinem Glück habe ich zwei Vertraute über die ich noch jetzt über meine Ängste und alles anfallende im Anschluss der Erkrankung reden kann, die verstehen, dass ich mich hin und wieder wie ein verschrecktes Hascherl fühle wenn das Schreckgespenst Krebs offen aus seiner Ecke hervorgekrochen kommt um mir das Fürchten zu lehren.
Darum bin ich sehr dankbar; um jedes geteilte Lachen und das sie mir das Gefühl geschenkt haben, als Mensch aufgefangen zu sein.

Zu meinen Geschwistern habe ich im Laufe der vergangenen Monate den Kontakt nahezu auf null heruntergefahren, aus den unterschiedlichsten Gründen. Ich bin gegangen, weil ich es nicht mehr ertragen konnte zu hören, dass doch jetzt "alles" vorbei sei, ich so "anders" geworden sei. Der Krebs würde bei mir nicht wieder kommen und eine testamentarische Vorsorge für meinen Sohn bräuchte ich nicht zu treffen udm.
Die Ambivalenz der Schuldzuweisungen wurden mir zu viel, dass nicht offen reden können, weil sie es nicht ertragen können, dass ich Krebs hatte.

Das nichts mehr ist wie es wahr.

Das kann ich verstehen, jeden auf seine Weise. Meinen Bruder, meine beiden Schwestern.
An einen zu denken in der Zeit der Not würde reichen war ihre Devise. Mir war das zuwenig. Oder aber mir zu sagen, dass Brustkrebs immer auch ein Problem mit dem Frausein hätte, ich mich besingen lasse solle von einer Geistheilerin, an Engel glauben solle...mag ich nicht mehr aushalten! So gehts mir besser, weil weniger Kräfte zehrend und zerreibend...

PS: also mir geht es gut, richtig gut! Hoffe das klingt nicht zu melancholisch!

LG

Geändert von frollein (16.08.2011 um 23:56 Uhr) Grund: PS
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 17.08.2011, 10:38
Benutzerbild von remeni
remeni remeni ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 08.11.2010
Ort: Raum FFM
Beiträge: 528
Standard AW: nicht mehr drüber reden..

danke für eure Antworten, da waren sehr viele wirklich gute Anregungen dabei.

Ich glaube, bei meinem Mann liegt der Fall noch ein wenig anders. Er selber ist wohl in der Midlife crisis, seine Mutter ist mit 49 an Krebs gestorben, er ist gerade 45 geworden, hat absolutes Kampfgewicht von 94 kg erreicht, fühlt sich gefangen in seinen tausend Verantwortungen, kann eben nicht mal ein paar Wochen oder Monate wegen Krankheit ausfallen (er arbeitet bei einem amerikanischen Unternehmen gepaart mit einem kaum vorhandenen ungarischen Sozialsystem) .. da hat meine Erkrankung ihm nur vor Augen geführt, wie schnell alles vorbei sein kann und das soll dann das Leben gewesen sein! Er war depressiv und ich war krank, das war alles zu viel.

Nun hat er das Ruder für sich herum geworfen, er hat sich neue Klamotten gekauft, nimmt ab (hat schon 5 kg verloren), und will LEBEN. LANGE. Und da passt es nicht, dass ich immer wieder mit Krankheit und Sorgen anfange.

Ich denke, dass er mich durch das Nicht-drüber-reden-wollen auch ein Stück voran bringen will. Er will mich anspornen, eben gesund zu denken und so zu leben. Er will mir Mut machen.

Gut, ich kann ihn verstehen und unterstütze ihn, habe aber eben das Gefühl, dass ICH emotional auf der Strecke bleibe. Aber ihr habt Recht. Bei einer nächsten Gelegenheit spreche ich es an, dass ich eben MANCHMAL doch über meine Ängste auch reden muss.
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 17.08.2011, 11:31
PetraK PetraK ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 26.08.2005
Ort: Hamburg
Beiträge: 449
Standard AW: nicht mehr drüber reden..

Hallo Ängel,

du hast mir super mit deiner Aussage über die Genugtuung beim Rezidiv geholfen ! Ich dachte schon, ich sei nicht normal, denn ich hab mich (aus den gleichen Gründen wie du) auch über mein Rezidiv nach 8 Jahren fast "gefreut" (bitte nicht falsch verstehen, natürlich war es schrecklich). Weil erst jetzt gehen einige Leute anders damit um, als nach der Erstdiagnose........und nur dadurch hat es jetzt wohl nach vielen Jahren mit der EW-Rente geklappt, ich fühl mich irgendwie mehr ernst genommen......

Remeni, mit meinem Mann hatte ich auch das Problem: er hat mich zwar sehr unterstützt, aber als die Akutbehandlung vorbei war noch darüber reden, war einfach nicht möglich, alles sollte wieder "normal" sein. Bis mir dann irgendwann mal bewußt wurde, dass er einfach wahnsinnige Angst hat und die verdrängen wollte, indem er nicht redet und auch nichts hören will ( männliche Logik halt). Seine leibliche Mutter und auch seine Pflegemutter (bei der er aufgewachsen ist) hat er beide relativ qualvoll an den Spätfolgen von Brustkrebs sterben sehen und das ist immer noch in seinem Unterbewußtsein verankert...........
Aber wir hier haben uns halt verändert und so wie früher wird es bei den meisten nie wieder ganz werden...

Liebe Grüße

Petra
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 11:53 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55