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  #1  
Alt 03.11.2013, 01:37
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little_mermaid little_mermaid ist offline
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Standard Mein liebster Papa fehlt mir so sehr - ein halbes Jahr danach

Mein liebster Papa, vor knapp einem halben Jahr bist du gegangen, nach deinem kurzen und so schmerzhaften Kampf, der so unfassbar für mich war und kaum zu ertragen. Nach deiner Diagnose gab es keinen einzigen guten Tag mehr für dich. Diese Krankheit, die unsere glückliche Familie hinterrücks angefallen hat und dich aus dem Leben gerissen hat, innerhalb von nur drei Monaten, hat dich komplett zerstört. Ich beginne erst jetzt zu realisieren, wie es ist, so ein Leben ohne dich. Mit jeder Woche die vergeht, in der nicht das Telefon klingelt und du dran bist. Dich nie mehr sprechen zu dürfen, dich nie mehr umarmen zu dürfen, mich nie mehr bei dir 100% geliebt und angenommen zu fühlen ist so schlimm. Für mich ist alles immer noch so surreal. Im Januar feierten wir noch meinen Geburtstag gemeinsam bei einem Sportereignis, das uns allen viel bedeutete. Mama war dabei und mein beser Kumpel, mit dem du dich auch immer so gut verstanden hast. Als ob das Schicksal uns einen Wink gegeben hat, noch einmal etwas miteinander zu unternehmen. Und ich habe es als selbstverständlich betrachtet... Wie man so vieles als selbstverständlich betrachtet, wenn alles in Ordnung ist.

Du fehlst mir so sehr, Papa. Du hast noch erlebt als ich meinen liebsten neuen Freund kennengelernt hast, du hast dich noch mit deiner letzten Kraft so mit mir gefreut, weil du mich "nicht alleine" zurücklassen musstest. Er hat mich mittlerweile verlassen Papa, und auch das tut so weh. Ich weine so viel, er hat alles weggeworfen, was wir hatten...einfach so. Er war es wohl nicht wert würdest du sagen.

Ich habe vorgestern meine Bachelorarbeit abgegeben nach langem Kampf, Papa, damit hab ich als Erste aus unserer Familie einen Uni-Abschluss. Du warst so stolz auf mich, dass ich an die Uni gegangen bin, ohne Abitur, dass ich eine der Besten wurde dort. Du hättest dich so sehr gefreut mit mir, wir wären essen gegangen, hätten gebührend gefeiert. Irgendwie ist der Abschluss für mich nicht mehr das Selbe, weil ich nicht mit dir feiern kann.
Zu meiner Abschlussfeier wirst du nicht kommen können.

Bald kommt die erste Weihnachstzeit ohne dich, und dein Geburtstag, am 21.12.... Das wird so hart, mein liebster Papa. Dir hat Weihnachten immer viel bedeutet, dieses Jahr wirst du nicht unseren Baum kaufen und aussuchen, du wirst nicht die Engelskapelle mit mir aufstellen. Auch meinen 30. Geburtstag im Januar wirst du nicht mehr mit mir feiern. Wir haben meinen Geburtstag fast immer zusammen gefeiert, die letzten Jahre bist du extra nach Berlin gekommen deswegen, weil du mich so sehr geliebt hast, und obwohl ich schon lange erwachsen war.

Ach Papa, Mama ist jetzt zurück in ihre alte Heimat gezogen, ihr geht es mal besser mal schlechter. Sie ist dort wenigstens nicht alleine. Es ist so unfassbar sie ohne dich. Wir ohne dich. Ich weiß, dass du immer bei mir bist, in meinem Herzen und meiner Seele. Ich bin halb du. Ich habe so viel von dir gelernt. Du warst mein größes Vorbild, du hattest so viel menschliche Größe und Zuverlässigkeit.

Wenn es mir schlecht ging hast du mich aufgefangen, du hast immer hinter mir gestanden, immer zu mir gehalten, egal was auch war. Du hättest mich niemals im Stich gelassen.

Du fehlst mir so Papa, so unendlich!!

Ich habe mich so verändert in den letzten Monaten, Papa. Ich weiß nicht, wo mein Weg mich hinführt. Ich habe meine letzte "Unschuld" verloren, was das Leben angeht. Es sind nur noch die engste Freundinnen und Mama übrig geblieben. Ich bin an vielen Stellen so Verzweifelt und auch manchmal verbittert. Ich will stark sein, auch für dich. Aber manchmal bin ich einfach nur noch verzweifelt. Ich habe das Gefühl ich fange jetzt erst an zu weinen und zu verzweifeln. Die ersten Wochen waren einfach nur eine Schockstarre.

Bitte pass auf mich auf, von oben, wo auch immer du da jetzt bist.
__________________
Mein Papa (54): Ende Februar 2013 Diagnose CUP-Syndrom mit Metastasen im ganzen Körper. Drei Chemos. Am 16.05.2013 in den Armen meiner Mutter verstorben. Papa, wir lieben dich!!

http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=58546
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  #2  
Alt 03.11.2013, 12:09
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Gina79 Gina79 ist offline
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Standard AW: Mein liebster Papa fehlt mir so sehr - ein halbes Jahr danach

Liebe little mermaid! Deine Worte könnte ich genauso geschrieben haben, mir geht es gleich wie dir! Manchmal ist es echt zum Verzweifeln und auch ich fürchte mich vor der Weihnachtszeit und vor dem Weihnachtsfest! Papa fehlt einfach an allen Ecken und Enden.
Ich habe mich auch sehr verändert in der letzten Zeit. Habe auch so manche "Freunde" verloren, bin oft sehr verzweifelt und verbittert!
Ich kann dich so gut verstehen, es sind ja unsere Papas die fehlen! Sie haben uns so viel gelernt aber sie wissen auch dass wir die Stärke von ihnen haben und niemals im Leben aufgeben werden!

Ich wünsche dir einen erholsamen Sonntag und gib nicht auf, auch wenn es noch so schwer scheint! Alles Liebe
__________________
Mein Papa: Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Diagnose am 21.12.2011
am 23.2.2013
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  #3  
Alt 03.11.2013, 18:49
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little_mermaid little_mermaid ist offline
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Standard AW: Mein liebster Papa fehlt mir so sehr - ein halbes Jahr danach

Danke für deine Antwort, Gina. Es ist gut, dass einen hier jemand versteht.

Besonders meine Veränderung macht mir sehr zu schaffen. Ich weiß nicht wann ich das letzte Mal wirklich gelacht hab, nicht um anderen zu signalisieren "alles ist irgendwie normal"...sondern für mich. Von ganzem Herzen. Ich weiß nicht mehr wie das geht. In mir ist so ein Loch und so eine Dunkelheit. Das Leben geht derweile weiter in all seinen Facetten. Jeder trägt sein Bündel. Dabei habe ich es ja noch gut, ich bin selbst gesund, meine Mutter ist gesund (toitoitoi!!!), ich bin in einem reichen Land geboren. Mir fehlt matriell nichts. Und doch ist nichts mehr wie es mal war. Alles ist in Frage gestellt. Mir fehlt mein Papa, mir fehlt mein Freund, meine eigene Zukunft so sehr. Ich hab noch nie Härteres erlebt emotional. Manchmal scheint alles so schrecklich sinnlos. Dann schlaf ich einfach den halben Tag und kann mich zu nichts aufraffen - wozu auch. Ich bin schon in Therapie bei einer Psychotherapeutin.

Ja, nur die besten Freundinnen halten mit einem durch. Und selbst denen erzähle ich nicht mehr immer alles. Liebeskummer darf man ja auch nur ein paar Wochen haben, auch wenn es einen innerlich immer noch zusätzlich zur Trauer um den Papa zerreißt jeden Tag. Viele Leute verstehen das einfach nicht. Und wer noch keinen Elternteil verloren hat, weiß auch nicht so recht, wie das ist. Ich kann es ihnen ja nicht übel nehmen.

Ich drücke uns allen hier die Daumen für die anstehende stille Zeit. Die vielen Momente, in denen unsere Lieben so sehr fehlen werden!!
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Mein Papa (54): Ende Februar 2013 Diagnose CUP-Syndrom mit Metastasen im ganzen Körper. Drei Chemos. Am 16.05.2013 in den Armen meiner Mutter verstorben. Papa, wir lieben dich!!

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  #4  
Alt 03.11.2013, 20:04
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Gina79 Gina79 ist offline
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Standard AW: Mein liebster Papa fehlt mir so sehr - ein halbes Jahr danach

Hallo little mermaid! Ja, du hast vollkommen recht, mir geht es ähnlich! Ich lache zwar äußerlich, lasse mir nichts anmerken aber innerlich ist mir gar nie zum Lachen! Mir kommt es immer so vor als ob es für die anderen Leute "abgehakt" wäre. Sie hat ihren Papa verloren, arm und schrecklich, aber das Leben geht weiter und jetzt ist es wieder an der Zeit zu lachen und glücklich zu sein. Ich merke es sowohl in der Familie (außer natürlich bei meiner Mum), in der Arbeit und auch in meinem Freundeskreis. Ich versteh es ja, für die Anderen geht das Leben ja ganz normal weiter, sie sind es nicht die jemanden verloren haben und haben dies vielleicht auch noch nie erlebt. Sie wissen ja nicht wie es sich anfühlt. Ich mache auch niemanden Vorwürfe denn ich hab es ja vorher selbst nicht besser gewusst. Aber es ist halt für einem selbst einfach nur furchtbar. Man muss wieder ganz normal weiter funktionieren und weiß selbst noch nicht wohin und wie. Zumindest mir geht es so. Ich muss den Sinn des Lebens erst wieder finden. Ich weiß momentan überhaupt nicht wo ich stehe und ob das was ich jetzt gerade mache auch das ist was ich wirklich aus Überzeugung will. ICh bin seit Papas Tod sehr am Zweifeln.

ICh kann dich gut verstehen dass du einfach mal einen halben Tag liegen bleibst und dich zu nichts aufraffen kannst. Ich muss mich auch jeden Morgen aus meinem Bett quälen weil ich erstens noch immer erschöpft bin und zweitens manchmal keinen Sinn darin finde aufzustehen. Ich schaffs dann doch jeden Tag aber es kostet unheimlich viel Kraft!

ICh kann es manchmal auch immer noch gar nicht begreifen dass mein Papa nicht mehr da ist. Manchmal stelle ich mir vor dass er gerade heimkommt und uns begrüßt. Wie würde sich mein kleiner Hund freuen wenn er Papa nur noch einmal begrüßen dürfte!?

Ja, es stimmt, wir können uns trotzdem noch glücklich schätzen. Wir sind gesund, unsere Mütter sind gesund und wir führen ein gutes Leben! Aber ich habe auch die Angst dass dieses Kartenhaus wieder einmal zerbricht wie es ja schon einmal plötzlich zusammengefallen ist und mir mein Papa genommen worden ist. Manchmal fürchte ich mich schon vor der Zukunft.

Es ist gut dass wir uns hier austauschen können. Viele meiner Bekannten verstehen meine Situation überhaupt nicht. Wie gesagt, sie können es nicht verstehen weil sie es ja noch nie erlebt haben. Es tut manchmal so gut sich diese Gedanken ein bisschen von der Seele schreiben zu können!

Ich wünsch dir alles Gute und liebe Grüße! Drück dich!
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  #5  
Alt 04.11.2013, 00:26
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little_mermaid little_mermaid ist offline
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Standard AW: Mein liebster Papa fehlt mir so sehr - ein halbes Jahr danach

Zitat:
Zitat von Gina79 Beitrag anzeigen
Ich muss den Sinn des Lebens erst wieder finden. Ich weiß momentan überhaupt nicht wo ich stehe und ob das was ich jetzt gerade mache auch das ist was ich wirklich aus Überzeugung will. ICh bin seit Papas Tod sehr am Zweifeln.
...
Aber ich habe auch die Angst dass dieses Kartenhaus wieder einmal zerbricht wie es ja schon einmal plötzlich zusammengefallen ist und mir mein Papa genommen worden ist. Manchmal fürchte ich mich schon vor der Zukunft.
Wie gut ich dich verstehen kann.

Ich weiß auch nicht mehr, wo der Sinn des Lebens ist. Ich stehe auch vor so einer komischen Grenze - der 30. Geburtstag - und ich habe Angst. Ich wünschte mir wäre das Glück schon vergönnt, eine eigene Familie zu haben. Ich hätte mir so eine Familiengründung gewünscht, so vor drei, vier Jahren. Leider ist da alles bei mir bislang sehr schwierig gewesen, wenn ich mal jemanden gefunden habe, klappte es aus verschiedensten Gründen nicht. Die jungen Männer haben mich meist verlassen, da sie noch an alten Beziehungen hingen, die Gefühle nicht stark genug waren oder oder... Ich habe auch da so wenig Kraft mehr. Ich hab das Gefühl ich stehe an einem Tor zu einem Lebensabschnitt, den ich überhaupt nicht überblicken kann. Und ich fühle mich so scheiß alleine, obwohl ich ja noch meine Mama und meine Freunde habe. Bislang waren meine Eltern eben der feste Anker in meinem Leben, voran mein Papa. Es ist alles komplett ins wanken geraten.

Das "tragisch" ist ja, dass ich bis vor einem Jahr noch die totale Hypochonderin in der Familie war. Meine Hauptangst war eine Krebserkrankung, was ich schon alles habe machen lassen in meinem Alter, Brustultraschall, eine Spiegelung des Magen-Darm-Traktes...einfach unfassbar. Alles aus Angst und wegen "Symptomen", die ich mir einredete. Papa beruhigte mich immer (welch Ironie des Schicksals!!)

Seitdem diese Krankheit dann meinen Papa erwischt hat ist meine Angst fast komplett weg und einer Resignation gewichen. Ich hab irgendwie mit dem Holzhammer begriffen, dass es sowieso jeden jederzeit treffen kann. Und dass es nichts bringt, sich vorher deswegen fertig zu machen. Und irgendwie bin ich schicksalsergeben geworden, was das angeht. Meine Großeltern mütterlicherseits hatten beide Krebs (allerdings erst in hohem Alter), jetzt mein Papa...ich mache mir da familiär jetzt nicht mehr so viel vor, wie ich selber dastehe. Toitoitoi. Schlimm, wie ausgeliefert man sich fühlen kann. :-(

Jetzt versuche ich irgendwie meinen Alltag weiter zu meistern, habe meinen Bachelor abgeschlossen und einen Master angefangen. Manchmal frage ich mich, wie ich das alles schaffen soll. Nebenher weiter arbeiten, funktionieren...die Tapfere, Starke sein. Obwohl ich so viel zuhause heule. Es ist schwer. Ich darf nicht aufgeben, hier sind so unglaublich viele tapfere Menschen unterwegs, ich ziehe meinen Hut vor allen!
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