Blitz aus heiterem Himmel

[ThomasV]

Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für Eure Anteilnahme und Euren Zuspruch. Und sorry, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe.

Bis vor ca. drei Wochen war ich an den Wochenenden durch die Dinge, die halt zu erledigen sind, ausgelastet. Und unter der Woche bin ich durch meinen Beruf ausgelastet. Am vorletzten Wochenende war fast alles erledigt, aber das Wetter war schön, so dass ich in die Stadt gefahren bin, ein paar Klamotten gekauft habe und über den Weihnachtsmarkt geschlendert bin. Aber das letzte Wochenende war die Hölle. Alles war grau in grau und es regnete, so dass ich nicht rausgegangen bin. Und an diesem Wochenende ist mir bei der Beantwortung einer E-Mail zum ersten Mal so richtig bewusst geworden, dass mein Leben den größten und wichtigsten Teil seines Sinns verloren hat.

Seit Marias Tod habe ich nur funktioniert, aber jetzt schlägt die Realität zu. Organisatorisch ist alles klar, die Formalitäten sind erledigt, die Versicherungen haben gezahlt, alle Rechnungen sind beglichen, eine Nachbarin leert den Briefkasten, wenn ich nicht zu Hause bin und eine andere Nachbarin hält unsere Wohnung in Ordnung, die Oberhemden kommen in die Wäscherei, u.s.w.

Von meiner Ausbildung her bin ich Naturwissenschafler, zudem bin ich nicht gläubig, und von daher ist klar: Maria ist tot, ich habe sie begraben und sie wird nie wieder da sein. Aber wenn ich mir Fotos von Maria ansehe, Lieder aus den ersten Jahren unserer Partnerschaft oder "unser Lied", "Engel" von Wolfsmond, höre, kann ich gar nicht begreifen, was passiert ist, kann nur noch weinen. Und dann habe ich noch die Weihnachtszeit vor der Brust, mindestens zwei Wochen Urlaub und am 03. Januar Marias Geburtstag.

Ich weiß, ich werde das durchstehen. Aber es tut so verdammt weh. Und es hilft, sich hier ausweinen zu können.

Gute Nacht für heute

Euer Thomas

[Lissi 2]

Lieber Thomas,
ja, Du und wir alle die solch einen schweren Verlust hinnehmen mussten werden es durchstehen, irgendwie. Und ja es tut so verdammt weh, nicht zu jeder Sekunde gleich weh, aber so oft überfällt einem der Schmerz in einer Macht für die es keine Worte gibt. Ich jedenfalls finde dafür keine Worte, manchmal versuche ich es in Farben zu erklären. Seit dieser bewussten Stunde ist alles nur grau, mal ganz dunkel, mal etwas heller, ein stätig waberndes Grau, dann kommt dieser Schmerz mit voller Wucht und alles ist nur noch Schwarz, tiefstes Schwarz, keine Konturen, nix mehr. Und das schlimmste ist, ich finde selbst in diesem Schwarz keine Ruhe, keinen Frieden und keinen Trost.
Es bleibt nur die Hoffnung das Grau bald etwas mehr die Oberhand gewinnen kann, wie das weiß ich auch noch nicht.
Aber, lieber Thomas, ich halte mich an einen Satz von Hemingway fest, der da lautet: Niemand, den man wirklich liebt, ist jemals tot.

Alles Liebe
Lissi

[ThomasV]

Liebe Lissi, liebe Verena, liebe Diana,

Danke für Eure guten Wünsche.

Ja, es tut nicht immer so weh. Unter der Woche habe ich ziemlich viel Ablenkung, zurzeit ist mein Büro in London. Da komme ich dann abends im Hotelzimmer mal zum Schreiben im Forum und zum Nachdenken.

Aber wenn ich zum Wochenende nach Hause fahre, kommt es dafür doppelt dick: keine Maria, die mich zum Empfang küsst und umarmt, kein Hund, der schwanzwedelnd und vor Freude jaulend angesprungen kommt. Nur die leere Wohnung. Und an jeder Ecke etwas, das mich an Maria erinnert.

Ich weiß gar nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich nicht so starken Rückhalt durch Familie, Bekannte, Nachbarn und Arbeitskollegen hätte. In der Beziehung habe ich, glaube ich, ziemliches Glück. Ich war bisher an keinem Freitag- oder Samstagabend allein, aber das Wochenende besteht aus mehr als den Abenden. Und da kommt es dann zuweilen zu recht heftigen Gefühlsausbrüchen. Dann erscheint der Verlust unerträglich.

Aber nicht zuletzt dieses Forum hilft mir, das durchzustehen.

Ich danke Euch allen.

Gute Nacht für heute

Euer Thomas

[Polyglotte]

Lieber Thomas,
ich schreibe Dir zum ersten Mal, möchte Dir mein tiefstes Mitgefühl aussprechen. Es tut mir so unendlich leid, dass Du Deine Maria verloren hast.

Ich schreibe hier, weil ich eine gute Freundin verloren habe, frage mich seitdem eigentlich auch stündlich wie es ihrem Mann gehen mag, wie man es schafft mit einem so schmerzhaften Verlust umzugehen. Ich glaube, der Rückhalt bei Freunden und Familie ist da sehr wichtig. Schön, dass man sich da gut um Dich kümmert.

Was die Gefühlsausbrüche angeht...lass sie zu. Du schaffst es ja auch immer wieder, wieder in den Alltag einzusteigen, bist geschäftlich unterwegs, gehst Deiner Arbeit nach. Vermutlich fühlt sich das alles momentan sehr nach reinem "Funktionieren" an, aber, dass Du dazu überhaupt in der Lage bist, zeugt von einer ungemeinen Kraft. Ich wünsche Dir von Herzen, dass diese Kraft Dir ermöglicht auch die Momente durchzustehen, in denen es ganz aussichtlos erscheint. Bis irgendwann, vielleicht ganz unverhofft, wieder ein zarter Sonnenstrahl durch die Wolkendecke zu Dir dringt.

Ich grüße Dich aus dem gar nicht so fernen Colchester.
Alles Liebe,
Sarah

[ThomasV]

Hallo Polyglotte,

ja, die Gefühlsausbrüche lasse ich zu, auch wenn ich nicht zu Hause bin.

Das "Funktionieren" war seit Marias Tod bis etwa Ende November. Meine Arbeit empfinde ich nicht als "Funktionieren". Sie macht mir Spaß und es war Maria sehr wichtig, dass ich meiner Arbeit wieder nachgehe. Von daher fühle ich mich wohl, wenn ich am Montag Morgen in den Flieger nach London steige (vom frühen Aufstehen abgesehen) und zum Wochenende zurückkomme. Ich weiß nicht, ob das von ungemeiner Kraft zeugt, aber ich weiß, dass es mir nicht hilft, nur zu weinen und mich selbst zu bedauern.

Und nächste Woche wird unser Team eine kleine Weihnachstfeier in London haben:

1. Shopping in der City (wegen des aktuellen Wechselkurses interessant)
2. Abendessen in der Umgebung von Covent Garden
3. Ein oder zwei Gläser Wasser, vielleicht sogar mit Gas, in einem Pub (;-)

Du siehst, auch wenn ich im Moment ziemlich trauere, ich werde nicht aufgeben.

Ich weiß nicht, ob Maria stolz auf mich wäre, aber unser Hund ist gut untergebracht (bleibt in der Familie) und eine Nachbarin hält die Wohnung in Ordnung wenn ich in London bin. Die Dinge, die Maria wichtig waren.

Liebe Polyglotte, es gibt ups und downs. Ich bin sicher, dass ich diesen Tiefschlag überwinde, aber wieviel Zeit ich dafür benötige, weiß ich nicht. Aber was steht bei Tesco's immer dran? "Every little helps".

In diesem Sinne eine Gute Nacht

Herzliche Grüße

Thomas

[Mapa]

Lieber Thomas,
vor ca. einer Woche habe ich gerade an Euch gedacht und wollte mich nach Deiner Maria und Dir erkundigen. Zufällig habe ich jetzt erst die traurige Nachricht gelesen. Bitte entschuldige, dass ich Dir darum erst so spät mein tiefstes Mitgefühl aussprechen kann. Was Du fühlst kann ich wirklich nachvollziehen, da auch mein Mann am 08.12. verstorben ist und ich wie in einer großen, dunklen Wolke festsitze. Der Schmerz ist unerträglich und man wundert sich, wie man trotzdem weiter funktionieren muss. Im Moment weiß ich nicht, wie es weitergeht und sogar das Schreiben hier fällt mir sehr schwer.
Alles Liebe für Dich
Traurige Grüße
Mapa

[ThomasV]

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich werde diesen Thread jetzt schließen und in den Bereich für Hinterbliebene wechseln.

Vielen Dank für Eure bisherige Unterstützung.

Liebe Grüße

Thomas