Eigentlich alles gut bisher und doch sehr verzweifelt!

[Sizilianer]

Hallo,

bin neu hier - lese aber als neuer Leidensgenosse bereits ein paar Wochen mit! War wirklich sehr hilfreich.

Mir wurde vor knapp vier Wochen der linke Hoden entfernt (Seminom). Ich bin 43 Jahre alt und bringe die typischen Atlasten mit (als Kind OP aufgrund von Hodenhochstand und Leistenbruch).
Nun nach all den Untersuchungen wie CT, Knochenzyntigramm und PET-CT war ich gestern zur Besprechung im Krankenhaus. Nun ja, jetzt darf ich drei Monate warten damit dann nach einer weiteren CT die Entwicklung eines etwas größeren LK (1,5cm x 0,5cm) diagnostiziert werden kann. Je nach Entwicklung kommt dann entweder Chemo der Stufe 1 oder Stufe 2 auf mich zu. Ansonsten waren aber alle Befunde negativ.
Im Vergleich zu vielen anderen Schicksalen eigentlich recht erfreulich bis hierher. Ich sollte doch eigentlich glücklich und zufrieden sein !

Nur macht mich diese verbleibende Unsicherheit sehr mürbe! Bisher habe ich meinem Umfeld immer versucht die Sache zu beschönigen. Jedoch nagt diese Sache im tiefsten Innern sehr an mir. Die Gefühle/Gedanken fahren immer wieder Achterbahn. Diese Gedanken an Gesundheit, Familie, Beruf, Besitzstand, Zukunft usw..

Mein größtes Problem ist zur Zeit meiner Arbeit entsprechend nachzugehen. Ich habe z.B. Probleme mit zeitintensiven Ausarbeitungen; bin einfach nicht belastbar. Heute hatte ich vor lauter Termindruck fast einen Nervenzusammenbruch und musste die Arbeit vor Übelkeit und Kopfschmerzen einstellen. Kann ich mit Stress einfach noch nicht umgehen. Meine Arbeitsbelastung war vorher schon sehr hoch und wird aufgrund aktueller Rationalisierungen schon fast unerträglich (amerikanischer Automobilzulieferant / Chef mit Sitz in Asien). Hab echt Bammel den Job zu verlieren.

Und jetzt noch eine Krankheit die man eigentlich nicht sonderlich spürt einen aber trotzdem aus dem Gleichgewicht bringt!

LG

Der Sizilianer

[steffkar]

hallo sizi.
grüß dich ersteinmal hier.
hör bloß auf dir stress zu machen! mein mann wollte auch immer alles auf einmal und was kam: HK und von einem tag auf den anderen wars vorbei.

friß deine gefühle nicht rein, das zerfrißt dich!
rede, weine oder lache
laß dich in die arme deiner familie fallen und höre auf immer nur arbeit.
davon wird man nicht gesund.

laß dich lieb drücken
lg karina

[Sizilianer]

Hallo Karina,

vielen Dank für die lieben Worte. Das mit dem Sizi ist ein Volltreffer - genau wie mich meine Freunde nennen.

Wenn es doch immer alles nur sooo einfach wäre. Zumindest im Job muss man(n) schliesslich Stärke zeigen. Außerdem ernährt meine Tätigkeit meine Familie und auch andere.
Hatte meinen Chef über meine aktuelle Lage informiert - mit der Bitte um etwas Rücksicht. Hält ihn aber nicht davon ab auch nur vorübergehend etwas Last von meinen Schultern zu nehmen - ganz im Gegenteil.
Aber heute habe ich mich erst einmal entschuldigt und außer einem Arztbesuch habe ich nichts, rein gar nichts gemacht, keine E-Mail's, Telefon ist aus! Werde auf Anraten einen Termin in der Onkopsychologie wahrnehmen.

Na ja, ich denke mit der Zeit wird einen das Alltagsleben wieder aufnehmen. Auf jedem Fall hilft diese Krankheit gewisse Dinge neu zu ordnen.

LG
Der Sizi

[steffkar]

hi sizi.
ich versteh dich schon mit der arbeit ABER trotzdem was bringt es deiner familie wenn du mal komplett ausfällst als jetzt ein bissl auf die bremse zu treten. stell einen antrag auf schwerbhinderung, dann kann dein chef nicht mehr so arg wie er will.
alles liebe dir

[Sizilianer]

Hallo schon wieder!

Ich glaube ich werde versuchen etwas stärker auf die Bremse zu treten!

Mit der Sache mit Antrag auf Schwerbehinderung habe ich so meine Bedenken ob aus Segen nicht vielleicht Fluch werden könnte.

Jedenfalls ist diese Forum wirklich sehr hilfreich. Man trifft auf viele Leidensgenossen mit ähnlichen Problemen - mit gelebten Erfahrungen.

Dir ein ganz besonderes Dankeschön für die unterstützenden Worte.

LG
Der Sizi

[Nelvy_5]

hallo,

ui, das erinnert mich schwer an meinen mann ;-)

bei uns ist die op auch grad mal 3 (oder schon 4) wochen her - auch ein seminom, auch ein vergrösserter lk (allerdings bissl grösser mit 3,2 cm) - in 2 wochen nochmal pet scan und dann wird entschieden bezüglich chemo...

wg. schwerbehinderten ausweis war/ist mein mann auch SEHR skeptisch er sieht das ähnlich wie du und fürchtet das er dann nie mehr wieder nen job bekommt mit dem wisch...
da in seiner fa. allerdings zur zeit sehr viele kündigungen ausgesprochen werden und es auch schon einen hk kollegen von ihm erwischt hat, und auch wir als familie sehr angewiesen sind auf seinen job... tendiert er nun auch schon eher dahin ihn doch zu beantragen - aber mal schaun was kommt....

bei uns schauts bisher auch nicht soooo schlecht aus -und dennoch - ich kann dich sooooo gut verstehen .... fiese gedanken die man da hat... und er fehlt der sand im getriebe der gedanken maschine... wie wird das, wie wird jenes, wie checken das die kinder, wie checken wir das mit den kindern? ...

seufz....

nach dem ersten schock kann ich nun auch wieder positiver in die zukunft blicken und ich finde auch das dieses forum hier ungemein hilfreich ist....

kopf hoch und halt uns auf dem laufenden!

lg nathalie

[Sizilianer]

Hallo Leute,

wollte mal ein Update übermitteln!

Zwischenzeitlich habe ich mich so langsam mit dieser Geschichte abgefunden. Der Alltag hat mich zwar wieder, jedoch habe ich es geschafft so einiges in meinem Leben zu verändern. Ich versuche die Sache nicht mehr negativ zu sehen, sondern ziehe zwischenzeitlich auch Stärke aus der gegebenen Situation. Meine Familie freut sich und mein Chef beklagt sich hin und wieder über Aufgaben die nicht fristgerecht erledigt werden . Ein einziger Termin beim POD hatte geholfen mir die Augen zu öffnen...

Im Hinblick auf die Erkrankung hat man sich nach meiner letzten CT im September nun auf ein "Seminom im Stadium I nach Lugano" festgelegt.
Es ist insgesamt kein Anhalt für irgendetwas Sonstiges gegeben.

Nun dachte ich erst ich komme damit an einer Chemo vorbei, doch die Therapieempfehlung lautet "ein Zyklus Carboplatin mono Therapie nach AUC7". Denke hiermit will man alle noch nicht sichtbaren Eventualitäten erschlagen.

Aber egal, das wird nun auch noch mitgenommen. Bin mal gespannt wie ich das vertragen werde.
Wie sind denn so die Erfahrungswerte nach nur einem Zyklus dieser Art? Mir wurde eine gute Verträglichkeit prophezeit!

LG
Der Sizi

[christian31c]

Hallo Sizilaner!

Ich hatte auch diese Carboplatin Monotherapie. Mir wurde vorher gesagt, daß alles halb so wild sei, da man nebenbei Medikamente gegen Übelkeit usw.. bekommt.
Nur bei mir scheinen diese nicht geholfen zu haben. Ich war danach sehr müde, und mir war 3 Tage nur mehr schlecht. Ich konnte weder Essen riechen noch sehen. Ich hatte in diesen Tagen einen überaus empfindlichen Geruchsinn. Aber nach diesen 3 Tagen gings aufwärts, Haare verlierst normal keine.
Ich hab mir danach gedacht, wenn ich bereits bei dieser Monotherapie so leide, wie muß daß bei einer "richtigen" Chemo sein

Aber alles wird gut. Alles Gute weiterhin!
Lg Christian

[Sizilianer]

Hallo Christian,

vielen Dank für Deine Antwort.

Ich glaube langsam die Ärzte wollen einen im Vorfeld einfach nicht mit all den möglichen Nebenwirkungen belasten.

Wenn es bei mir auch einen solchen Verlauf nimmt, dann kann ich sicherlich damit leben. Aber wie Du schon schreibst! Was haben die doch zu leiden die mit einer "richtigen" Chemo konfrontiert sind

Ich habe nun nächste Woche die Besprechung zum Ablauf dieser Chemo. Bin mal gespannt wie das ablaufen wird? Wird das eigentlich ambulant erledigt?

LG
Der Sizi

[AxelF68]

Hallo,

ich hatte Ende Juli eine Behandlung mit Carboplatin 889 mg...auch aufgrund eines Seminoms.
Insgesamt habe ich diese Chemotherapie einigermaßen vertragen.
Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Abgeschlagenheit, Müdigkeit...das waren so die Dinge die ich durchlebt habe...es hielt sich in Grenzen von dem zeitlichen Ablauf...alles das war nach ca. einer Woche ziemlich vorbei!
Zum Behandlungsablauf kann ich dir sagen, das ich eine Nacht im Krankenhaus war und dann morgends um ca. 8.30 Uhr die Infusionen bekommen habe...und um 13 Uhr das Krankenhaus verlassen habe!
Gegen die Übelkeit wirst du Tabletten zur Prophylaxe bekommen und auch welche, falls es dir dennoch schlecht werden sollte. Ich mußte mich nicht übergeben.
Zu erwähnen bleibt noch, das ich nachts nicht durchschlafen konnte die ersten 2 Wochen nach der Therapie...aber das kann bei dir ganz anders sein.
Du brauchst dir also keine Gedanken zu machen, du wirst das gut vertragen! Achte auf die Übelkeit, nimm lieber mal eine Tablette mehr...und iss das worauf du Lust hast in dieser Zeit...und solltest du das Essen in deiner Hand halten und urplötzlich doch keine Lust mehr darauf haben, leg es halt einfach wieder weg...zwinge dir nichts rein!
Das solls gewesen sein, ich wünsche dir alles Gute und drücke dir die Daumen...aber du wirst sehen, es wird nicht so schlimm werden...und du wirst es gut vertragen!


Gruß Axel

[christian31c]

Hallo!

Ja, bei mir wurde sie ambulant gemacht. Bin morgens ins KH, da wurde mir Blut abgenommen und die Nadel gesetzt. Nach längerem Warten, so gegen Mittag, "durfte" ich dann ins Behandlungszimmer. Da hab ich anfangs zuerst ein Fläschchen gegen die Übelkeit bekommen. Und danach diese Flasche Carboplatin. So gegen 3 Uhr nachmittags durfte ich dann heim. Anfangs während der Infusion spürte ich eigentlich gar nichts. Erst am Heimweg kam dann etwas die Müdigkeit, Schwindel. Vielleicht bildet man sich auch etwas mehr ein, aber vom Gefühl her ist es etwas berauschend. Zu Hause bin ich dann gleich ins Bett gefallen. Die große Übelkeit, trotz Medikamenten, kam in der Nacht und dauerte ganze 3 Tage. So oft auf der Toilette war ich mein ganzes Leben vorher noch nicht! Aber da ich nichts essen konnte, war da natürlich nur der Brechreiz, nach Oben kam nicht mehr wirklich etwas. Aber wie gesagt, diese Nebenwirkungen sind bei jedem anders. Der Arzt hat gesagt, der letzte Patient hatte überhaupt keine Übelkeit!
Aber alles in allem, die Behandlung im KH ist wirklich nichts wovor du dich fürchten mußt. Und vl. halten sich die Nebenwirkungen bei dir ja auch in Grenzen. Ich wünsch es dir und alles Gute!!
Lg Christian

[Sizilianer]

Hallo Leute,

vielen Dank für die Erfahrungsberichte. Das macht mir noch mehr Mut.

Sollte es schlussendlich beim Verlust des einen Hodens bleiben kann ich ganz gut damit leben.

Zumindest habe ich wieder gelernt das Leben aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Ich wünsche allen -die in irgendeiner Art an Krebs leiden- alles nur erdenklich Gute!

LG
Der Sizi