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  #1  
Alt 17.06.2007, 14:19
Benutzerbild von Susanne28
Susanne28 Susanne28 ist offline
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Unglücklich Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Hallo,
ich eröffne heute ein neues Thema, weil ich beim Lesen hier im Forum noch nicht wirklich auf so etwas gestoßen bin, wie das was sich bei uns seit Monaten Tag für Tag ereignet... aber vielleicht gibt es ja doch jemanden, der sich angesprochen fühlt... Ich lese von so vielen, wie die Krankheit die Familie näher zusammenbringt, wie gemeinsam gekämpft wird, wie der Kranke egal wie hoffnungslos die Situation zu sein scheint doch auch irgendwie seiner Familie zur Seite steht und kämpft.... Nur bei uns scheint irgendwie alles anders zu sein und ich merke wie mir bei allem Kampfgeist die Kräfte schwinden.

Aber von vorne, auch wenn der ein oder andere vielleicht unsere Geschichte kennt.. Bei meinem Vater wurde nach langer Zeit der Schmerzen Im Februar 06 ein Plattenepithelkarzinom in der Lungenspitze (Pancoasttumor), eingewachsen in Schultergewebe, sowie eine Rippe und Wirbel diagnostiziert. Außerdem 2 kleine Lebermetas. Nach Cisplatin/Vinorelbin, Taxotere wurden die Schmerzen weniger, Morphin konnte reduziert werden, außerdem war die obere Hohlvene nicht mehr eingeengt und das alles obwohl auf den CTBildern nie wirklich ein Schrumpfen beobachtet werden konnte. Eine Chemoembolisation der Leber wurde versucht, elendige Schmerzen- die Dinger verdoppelten ihre Größe. Der Lungentumor hält seit ca Mai 06 seine Größe. Wegen der Leber bekam mein Vater im Januar Tarceva verordnet, zudem suchten wir einen Experten für diese Metas und haben ihn auch gefunden. Nun schrumpfen die Metas brav und eventuell werden sie nächste Woche oder in 4 Wochen per Laser entfernt. Der Stand vom letzten CT von vor 3 Wochen war also Lunge unverändert, Metas rückläufig.
Ich denke das ist ein gar nicht mal so unerfreulicher Verlauf für Stadium 4, aber mein Vater ist seit ca April dabei völlig durchzudrehen. Er ist der Meinung er hätte mehr Schmerzen und der Tumor würde wachsen. Davon lässt er sich auch trotz im Abstand von 4 Wochen durchgeführter CTs nicht abbringen! Er hat die ganze Zeit 3 mal 30mg MST eingenommen- bis er anfing durchzudrehen.... Ich hab ihn dann zu einem Schmerztherapeuten gebracht, der meinte er sollte auf 3mal90mg erhöhen, allerdings kämen die Schmerzen von einem Ödem am Wirbel (nach 2minütiger Untersuchung) und dagegen würde das Morphin nicht helfen.... Tja, was soll ich sagen, es half auch nicht. Allerdings hatte der Arzt meinen Vater nach Ausfallerscheinungen gefragt, die bei dieser Tumorart häufig seien und seit der Krankengymnast auch noch danach gefragt hat, wartet mein Vater auf diese. Überhaupt wartet mein Vater auf alles, er legt sich hin und überlegt ob er Schmerzen hat, er wartet darauf dass die Medikamente wirken, er wartet darauf dass die Schmerzen weggehen, er wartet darauf ob er eine Panikattacke bekommt oder ob sie vergeht. Er liegt da und wartet..... Und während er da liegt bekommt er Angst, Angst, dass er Schmerzen hat, die ihm keiner nehmen kann, Angst, dass er eine Panikattacke bekommt, Angst dass er abnimmt, weil er nicht genug isst, weil er Angst vorm Essen hat, er hat Angst vorm Duschen/Baden, er hatte Angst, dass wir ihm sein Bett im Wohnzimmer abbauen, dass er nur wegen einer Lungenentzündung im März 06 bekam, weil er die Treppe nicht hoch kam, Angst dass er Atemnot bekommt, die er nur wegen eben dieser Entzündung hatte.... Und alles negative was er irgendwo aufschnappt integriert er freudig. Seit der Radiologe erwähnte, dass er einen Patienten hatte, bei dem Tarceva Schmerzen verursachte, tut dies das Tarceva bei ihm auch, die Ausfallerscheinungen bemerkt er jetzt auch schon....
Wir haben versucht ihm klar zu machen, dass er sich ablenken muss, am Leben teilnehmen muss, aber mein Vater möchte eigentlich nichts anderes als daliegen und grübeln und mit uns über seine Ängste und Schmerzen reden - stundenlang. Er ist in psychotherapeutischer Behandlung, wir waren zudem zu dritt beim sauteuren Psychonkologen, der ihm auch versucht hat klar zu machen, dass er diesen gedanklichen Teufelskreis durchbrechen muss... Aber mein Vater ist mittlerweile zu der Überzegung gelangt, dass es viel schlimmer um ihn steht als ihm alles sagen- die Radiologen würden a) nicht genau hinsehen und ihn b) anlügen. Wir versuchen ihm klar zu machen, dass wir wohl kaum einem Sterbenden versuchen würden in den Hintern zu treten, er will es einfach nicht sehen... Er hat Simonton gelesen, begonnen die Visualisierungsübungen zu machen, mittlerweile muss er die immer genau dann machen, wenn wir es mal wagen uns im Wohnzimmer zu unterhalten, er bekommt genau dann starke Schmerzen wenn man mal über irgendetwas anderes mit ihm redet oder er mal aufstehen soll... Ich hjab teilweise das Gefühl er erpresst uns regelrecht mit den Schmerzen, damit wir alles mögliche für ihn tun bzw er nichts tun muss. Mein Vater macht nämlich seit über einem Jahr quasi überhaupt nichts, er denkt nicht einmal von sich aus daran zu essen, zu duschen oder irgendetwas zu tun.... Es ist schon ein Wunder wenn er den Geschirrspüler halb ausräumt, er kann sich nicht mal selber ein Brot schmieren... Er ist jetzt in Rente gegangen, seine Firma hat ihn aber sofort wieder als freien Mitarbeiter eingestellt und seine Chefs waren neulich hier, haben ihn auf dem Laufenden gehalten und gesagt, wie sehr sie ihn brauchen... Er hat das komplette Equipement hier um sich ins Firmennetzwerk einzuloggen und der Besuch war ein netter Nachmittag mit viel Ablenkung und ganz ohne Schmerzen und trotzdem - er macht nichts! Hat sich noch nicht eine Sekunde an den Firmen Laptop gesetzt.
Er macht sich jetzt gerade verrückt, dass er ja nicht mehr gut schläft- er wundert sich, dass er wenn er um 23h schlafen geht um 7h aufwacht und nicht mehr schlafen kann... ja von was soll er auch müde sein?! Vom Rumliegen?! Allein heute hat er wieder von 9h bis jetzt (14h) im Bett gelegen und "meditiert"....
Ich könnte hier noch stundenlang weiterschreiben, aber wer soll das nur alles lesen... Mein Vater ist körperlich wirklich in guter Verfassung (83kg bei 1,86), wir waren an meinem Geburtstag im März sogar zusammen essen, aber seit ca April befindet er sich in seinem Teufelskreis und ist nicht wirklich gewillt mit seinem Kopf daran zu arbeiten, es ist ja viel einfacher Tavor und Sevredol je nach Bedarf in recht kurzen Abständen einzunehmen. Und von den Ärzten bekommt man keine wirkliche Hilfe, denn die sehen ja gar nicht mehr den eigentlichen Menschen in guter körperlicher Verfassung sondern das Stadium 4... Der einzige der ihn mal auf seinen Schmerzmittelkonsum angesprochen hat, ist sein RadiologieProf gewesen- der hat ihm gesagt, dass das doch so gar nicht nötig wäre und ihn gefragt, was er denn eingentlich machen will wenns wirklich mal schlimmer wird (er hat jetzt 75er Fentanylpflaster und nimmt 20mg Sevredol nach Bedarf- also z.B. letzte Woche als er seine Angstphase mit 2 Tavor am Tag hatte gar nicht und heute schon 2 Stück zwischen 9 und 12h).... Tja, vielleicht will er dem jetzt deshalb nicht mehr glauben. Wir hoffen so, dass die Lebermetas vielleicht wirklich bald weg sind und er dann in die Reha kann, vielleicht kann ihm da geholfen werden und er wird wieder selbstständiger und gewinnt Interesse an irgendetwas.
Ich bin damals bei meinen Eltern eingezogen- der Hausarzt gab ihm bei Diagnose erstmal nur noch 6 Monate, er bekam unter der Chemo ein Lungenentzündung, die erst für massives Tumorwachstum gehalten wurde und an der er fast starb, ich möchte ihm so gerne helfen, suche nach Ärzten, Medikamenten, rede stundenlang mit ihm, helfe ihm, kümmere mich, fahre durch die Gegend und bin zudem noch das offene Ohr für meine verzweifelte Mutter die ohne ein nettes Wort zur Putzfrau und Köchin degradiert wurde und nebenher zu 50% beruftätig. Jetzt bin ich hin und her gerissen zwischen helfen und endlich doch wieder ein Stück weit ein eigenes Leben führen... Allerdings weiß ich schon nicht wo ich Zeit und Kraft für einen Umzug hernehmen sollte... Mein Freund ist lieb und geduldig, und wir sehen uns nur am Wochenende, aber da bin ich von Job und Familie völlig ausgelaugt und es geht ja dauernd lustig weiter...
Wer immer, das liest, ich danke für euer offenes Ohr,
Susanne

Geändert von Susanne28 (17.06.2007 um 18:25 Uhr)
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  #2  
Alt 17.06.2007, 14:43
jelo75 jelo75 ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Hallo Susanne,

So wie das im Moment gerade aussieht steht uns das was du gerade beschreibst alles noch bevor. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen das mein Vater ähnlich reagieren wird wenn es soweit sein sollte.

Mittlerweile muss ich auch selbst auf mich aufpassen, denn seitdem ich mich mit diesem Thema beschäftige beobachte ich auch jedes Muttermal an meinem Körper verdammt kritisch. Heute morgen habe ich mich verschluckt, der anschliessende Hustenreiz veranlasste mich dazu mir meine ganz eigene Diagnose zu stellen. Vielleicht gehe ich nächste Woche mal zum Arzt und lass mich komplett durchchecken - zur Vorsicht... (Info: ich werde nächsten Monat 32, gehe 3 mal die Woche zum Sport und wenn ich die Zeit finde laufe ich eine Runde...)

Das ist aber genau das was ich auch bei meinem Vater befürchte, das er sich gehen lassen wird, nicht mehr am leben teilnimmt. Und das ist der falsche Weg. Ich denke dass du nur für ein klein wenig Abwechselung sorgen kannst -vielleicht lädst du die Chef´s deines Vaters nochmal zum Kaffee ein...

Ich wünsche euch viel Kraft für alles was da noch auf euch zukommen mag. Hier findest du immer ein offenes Ohr...

Gruß

Jens
__________________
Die Hoffnung stirbt zuletzt...
-------------------------------
In memory off ... Peter L. 13.04.1948 - 09.10.2007
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  #3  
Alt 17.06.2007, 14:49
Ulla Krefeld Ulla Krefeld ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Meine liebe Susanne,

liebes Mädchen, warum hast Du Dir das nicht schon längst einmal von der Seele geschrieben. Das ist ja kaum zum Aushalten!!!

In Deinem Falle hilft - glaube ich - nur noch die radikale Lösung. Schliess dieses Firmen-Laptop an, log Dich ein in den KK, hol Deinen Bericht zum Vorschein und


LASS IHN GENAU DIESEN LESEN!!!!

Bevor Ihr beiden, Du und Deine Mam, Euch zum Sklaven seinerselbst machen lasst. Bei allem Verständnis. Aber so cool wie er alles für sich beansprucht, ist ihm nur mit Ehrlichkeit zu begegnen, und Deine wahren Gefühle kann er hier vielleicht durchaus nachvollziehen. Womöglich versteht er es dann, dankbar für Eure wahnsinnige Hilfe zu sein.


Ja, liebe Susanne, manchmal ist weniger mehr. Für Euch hoffe ich inständig, dass bald eine Reha durchgeführt wird.

Also ehrlich, in Deiner Haut möchte ich (trotz Krebs) jetzt aber auch nicht stecken.

Bleib weiter stark - ist leider das einzige, was man zur Zeit raten kann.

Alles Liebe

Ulla
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  #4  
Alt 17.06.2007, 15:30
Benutzerbild von Susanne28
Susanne28 Susanne28 ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Lieber Jens,
es muss ja nicht so kommen, bei meinem Vater hat es auch längere Zeit gedauert und wir sehen sehr erschreckende Parallelen zu seinen Eltern.... Und du selbst darfst dich nicht verrückt machen, ich hab in den 16 Monaten Erkrankung meines Vaters auch viel zu viel über viel zu viele Krankheiten gelesen und vor allem eins gelernt: Im Zweifelsfall weiß man gar nicht, dass man krank ist. Man verliert den Glauben an die eigene Unverwundbarkeit, den man ja irgendwie zuvor so mit sich herum trägt... Aber trotzdem darf man sich davon nicht verrückt machen lassen und dank meines Vaters hab ich auch gar keine Zeit mich wirklich um mich selbst verrückt zu machen... geschweige denn zum Arzt zu gehen, ich hab quasi nicht mal Zeit für eine simple Erkältung, so blöd das jetzt klingen mag. Hinzu kommt, dass ich an der Arbeit auch nur schwer fehlen kann... Naja, mach dich jedenfalls nicht verrückt und versuch deinen Vater besser IM Leben zu halten, als wir das geschafft haben...!

Liebe Ulla,
leider ist es nicht mal so, dass mein Vater dies alles nicht wüsste, wir es nicht schon sooft besprochen und erklärt hätten. Kurzzeitig versteht er sogar mal was wir von ihm wollen, aber er kann es einfach nicht umsetzen, es ist zum Verzweifeln. Dabei schöpfen wir immer mal Hoffnung, neulich hat er z.B. vergessen sein großes Pflaster zu wechseln und hat es erst 24 Std später zufällig gemerkt, er hatte somit nur noch ein halbes, wirksames Pflaster kleben und hatte nicht mehr Schmerzen... Aber so etwas will er sich gar nicht dauernd vor Augen führen... lieber all das Schlechte. Wir sind jetzt etwas härter zu ihm, haben u.a. dieses blöde Bett endlich abgebaut- da muss man sich ja krank fühlen, welcher normale Mensch schläft im Wohnzimmer. Aber in schlechten Momenten wirft er uns vor wir würden ihn quälen, wenn wir ihm nicht sofort seine Medikamente holen, er droht dann sich umzubringen, alles hätte keinen Sinn, er bräuchte Menschen die ihm helfen, will den Arzt rufen,ins Krankenhaus.... Er tut sogar so als würde er weinen, wirklich er tut so! In der nächsten Sekunde ist er völlig normal, kurz zuvor ist er so jämmerlich drauf wie ein Kleinkind, dem man etwas wegnimmt oder nicht gibt... Ich merke langsam wie er mir in solchen Situationen nicht mal mehr leid tut.... In drei Wochen bekomme ich Urlaub, eigentlich hatte ich meinen Eltern versprochen ein paar Tage in unser Ferienhaus mit Ihnen zu fahren, weil sie dort seit kurz vor der Diagnose nicht mehr waren, wir dachten auch das wäre ein Ansporn für ihn. Naja, mittlerweile überlegen meine Mutter und ich ob wir nicht alleine fahren und ihn zu seiner Mutter und Schwester geben- das sind die egoistischsten und nervigsten Menschen die ich kenne, vielleicht kommt er dort zur Besinnung.... Tja, vermutlich machen wir einfach alles falsch, sind dort zu nett, und dort zu hart, aber leider wurde meinem Vater auch kein Handbuch beigelegt.....
Liebe Grüße Susanne- mit einen dicken Dankeschön!
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  #5  
Alt 17.06.2007, 16:17
Ulla Krefeld Ulla Krefeld ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Zitat:
Naja, mittlerweile überlegen meine Mutter und ich ob wir nicht alleine fahren und ihn zu seiner Mutter und Schwester geben- das sind die egoistischsten und nervigsten Menschen die ich kenne, vielleicht kommt er dort zur Besinnung.... Tja, vermutlich machen wir einfach alles falsch, sind dort zu nett, und dort zu hart, aber leider wurde meinem Vater auch kein Handbuch beigelegt.....

Gut so, Susanne, wobei ich bemerken muss, dass der Apfel ja nicht weit vom Stamm fällt, in bezug auf seine Mutter und Schwester.

Macht es doch bitte so, wenn es für Deine Oma kein Problem darstellt. Denn auch sie müsste für Dich und Deine Ma das nötige Verständnis aufbringen. Setzt Euch durch, denn Ihr braucht Eure Kraft noch sehr.

Nochmals alles Liebe

Ulla


@alle - anderer Vorschlag?
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  #6  
Alt 17.06.2007, 17:16
Benutzerbild von MichaelaBs
MichaelaBs MichaelaBs ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Liebe Susanne,
bin gerade erst zurück und lese Deinen Thread. Ich glaube, ich muss vorbeikommen! Aber im Ernst: die Idee, ihn zu Mutter und Schwester zu "geben", beziehungsweise einige Tage in Kreis seiner trauten Anverwandten verweilen zu lassen, finde ich gut! Genauso macht Ihr das bitte! Wie Ulla schon schrieb, Ihr braucht Eure Kraft noch sehr, sowohl Deine Ma als auch Du müsst dringend ausspannen und auftanken.
Ich hatte so gehofft, dass der Firmenbesuch Aufschwung für Deinen Vater gebracht hätte und lese nun dies. Und noch was: warum sind die Ärzte manchmal so blöd, oder wie soll ich es bezeichnen? Einem Patienten, der so viel klagt, muss ich doch nicht erzählen, dass Tarceva auch Schmerzen bereiten könnte. Der überwiegende Teil erlebt eine Verbesserung des Befindens! (Selbst wenn er bis zur Halskrause voll Wasser steckt, wie mein Lungenarzt zu meinem Sohn und mir sagte, als wir neulich bei ihm waren und ich von den schönen Ergebnissen mit Tarceva berichtete.)

In einer Reha würde sicher einiges aufgearbeitet werden können. Was ich jetzt nicht in Erinnerung habe, geht er zum Psychologen auch allein zu Sitzungen, oder ist er nur mit Euch zusammen gegangen, um Euch eine Freude zu machen? Es muss auf jeden Fall was passieren, und das Du auch noch Dein eigenes Leben leben möchtest, ist sehr verständlich.

Ich drücke Dich ganz herzlich und melde mich noch anderweitig.

Liebe Grüße
Michaela
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  #7  
Alt 17.06.2007, 17:20
Juliane1979 Juliane1979 ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Liebe Susanne,

das ist eine schlimme Situation, ich kann Dich wirklich verstehen, allerdings habe ich (mittlerweile) auch Verständnis für Deinen Vater.

Meine Mutti war ähnlich, grantelig und manchmal ungerecht und sie hatte zu nichts Lust.

Aber ich habe die Erfahrung gemacht, umso mehr ich sie zum positiven Denken bewegen wollte, umso mehr igelte sie sich ein. Sie hat sich immer alles bringen lassen und ich musste mit ihr um 20Uhr schlafen gehen.

Leider habe ich auch erst im Nachhinein erfahren, dass Lungentumore bestimmte Hormone produzieren bzw. die Produktion ankurbeln und der Patient so eine Achterbahn der Gefühle durchlebt.

Ich kann Dir leider zu nichts raten.

Aber Dir und Jens möchte ich doch sagen, dass dieses Verhalten gar nicht so selten ist. Leider sind wir Angehörigen ja nur Statisten, das Leid durchleben wir mit, aber die nackte Angst, die erahnen wir nur. Ich habe meine Mama manchmal belehrt, ihr gesagt, sie ist ungerecht und müsste sich so und so verhalten. Ich kann nur sagen, ich bereue das heute sehr. Ich hätt sie gern zurück, selbst wenn ich den Rest meines Lebens mit ihr um Acht ins Bett gehen müsste.

Du und Deine Mutti, ihr seid sicher mit ihm durch die Hölle gegangen und am Ende Eurer Kräfte. Ihr möchtet vielleicht, dass wieder etwas Normalität einkehrt und das ist so verständlich.

Ich wünsche Euch einfach die Kraft, die Launen, Ägnste und Hilflosigkeit zu ertragen. Ich denke, wenn ihr zwei Euch mal eine Auszeit nehmt, könnt ihr das vielleicht noch, bis auch Deinem Dad sein Wohnzimmer auf den Keks geht.



Juliane
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  #8  
Alt 17.06.2007, 17:42
Ulla Krefeld Ulla Krefeld ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Zitat:
Ich kann nur sagen, ich bereue das heute sehr. Ich hätt sie gern zurück, selbst wenn ich den Rest meines Lebens mit ihr um Acht ins Bett gehen müsste
Nein, wie süss!! Ja, unser Herzblatt Juliane. Es tut so gut, Deine Worte zu lesen. Du bist ja ein richtiger Sonnenschein und hast Dein Herz am rechten Fleck.

Lass Dich mal


Gruss Ulla

Geändert von Ulla Krefeld (17.06.2007 um 17:45 Uhr)
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  #9  
Alt 17.06.2007, 17:47
Benutzerbild von Linde030
Linde030 Linde030 ist offline
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Daumen hoch AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Liebe Susanne,

ich kann dich gut verstehen denn ich bin seit 14jahren in der ambulanten pflege tätig u. habe oft mit überforderten angehörigen zutun ausserdem ist seid mai mein mann auch an lungenkrebs erkrankt aber zum glück noch keine größeren schmerzen hat,
ich kann deiner mutter u. dir nur raten allein in den urlaub zufahren u. falls dein vater in dieser zeit nicht von seiner schwester versogt werden kann, gäbe es als alternative noch ambulante pflegedienste z.b. diakoniestationen usw, was wahrscheinlich besser wäre denn es sind keine familienmitglieder u. nach meiner erfahrung verhalten sich die betroffenen ( kranken ) dann ganz anders und zeigen was sie alles noch selbsständig können, ich vermute mal dein vater hat schon eine pflegestufe dann würde für ca. 4wochen die pflegekasse die kosten übernehemen das gilt überings auch wenn ihr durch krankheit verhindert seid und euch um deinen vater nicht kümmern könnt, das ganze nennt man verhinderungspflege.
nun ich hoffe ich konnte dir etwas mut machen und nehmt deinen vater nicht alles ab,

liebe grüße u. viel kraft wünsche ich euch
linde030
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  #10  
Alt 19.06.2007, 12:43
Berta48 Berta48 ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Liebe Susanne,
kann dich gut verstehen, habe eine "fast" Schwiegermutter, 78 Jahre alt,welche seit Oktober 2006 an Lungenkrebs erkrankt ist.Es handelt sich um ein großzelliges BCA, inoperabel ( T3 NO MO/Stadium IIb)mit Rippenarrosion. Nach Strahlentherapie hat sich das "Haustierchen" gut zurückgebildet laut Kontroll CT, aber meine Schwiegermutter klagt nach wie vor über starke Schmerzen im linken Rippenbereich. Habe glücklicherweise seit Februar 2007 einen guten Onkologen gefunden ,welcher ihr auch MST verschreibt.Sind mittlerweile bei 60mg gelandet.
Reicht ihr aber immer noch nicht. Nimmt jetzt noch Novalgin Tropfen (120 tgl.)dazu. Einerseits schimpft sie auf die " Giftpillen ", anderseits habe ich sie gefragt, was sie denn ohne diese machen wolle? Ich mußte ihr das ganz einfach vor Augen führen.Hinzu kommt, dass Sie an chronischer Verstopfung leidet- seit Jahren - kein Wunder, wenn man keine Ballaststoffe zu sich nimmt, sondern jahrelang Bekunisdragees eingeworfen hat und sich auch fast nicht mehr bewegt.Und um den Teufelskreis zu schließen hat sie seit den Wechseljahren natürlich auch nichts gegen die Osteoporose unternommen.
Ihr Onkologe gibt ihr seit Februar monatlich Infusionen mit Bisphosphonate.
Nach ihrer Meinung "neumodisches Zeugs" und wer weiß, ob das überhaupt was bringt? Alles nur Quälerei - sagt sie - und angeblich hat sie in ihrem Alter das Verfallsdatum überschritten. Da sie als junges Mädchen an Lungentuberkulose erkrankt war und trotzdem mit ihrer Vorgeschichte bis vor 10 Jahren geraucht hat (40py), fällt es mir schwer, wirklich Mitleid für Ihren Zustand aufzubringen. Ich werde leider manchmal den Verdacht nicht los, daß sie Ihre Krankheit dazu benutzt, um die ganze Familie (Ehemann 85 Jahre, Sohn, Enkel und Schwiegertochter)in Schach zu halten. Wenn sie etwas braucht, will oder möchte, müssen alle springen, weil sie ja todsterbenskrank ist. Psychologisch gesehen, glaube ich, dass sie sich auch an ihrem Ehemann "rächen" will, für Dinge aus früheren Ehezeiten.Sie "scheucht" ihn von morgens bis abends und machmal tut er mir leid, da er auch nicht mehr der Jüngste ist.
So, ich wollte das nur mal los werden,vielleicht ist es ein schwacher Trost für Dich , wenn Du weißt, daß es ähnliche gelagerte Fälle gibt. Ich nehme mir auch ab und zu "Auszeiten", da ich selber zwei Enkelkinder habe, die auch Ansprüche auf meine Zeit haben und es macht mir natürlich Spaß ,diese mit Ihnen zu teilen, egal ob es meiner Schwiegermutter gefällt oder mißfällt.
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  #11  
Alt 25.07.2007, 00:29
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Susanne28 Susanne28 ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Hallo ihr Lieben,
jetzt muss ich meinen eigenen Thread mal wieder nach oben schubsen, weil es bei uns leider immer schlimmer wird....
Es gibt ja kleine Lichtblicke, aber insgesamt...
Vielleicht machen wir auch einfach alles falsch.... Tatsächlich fand ein Kurzurlaub statt, aber meine Mutter und ich haben auch meinen Vater mitgenommen und tatsächlich war der Reisetag und der erste Tag wirklich gut und mein Vater hat sogar ein bisschen etwas mit uns unternommen.... dann ging es aber nur noch bergab... Panikattacken, Schmerzen, endlose Gespräche darüber, ansonsten völlige Verweigerung für alles und jeden, alles wie daheim... Den letzen Termin beim Psychotherapeuten hatte er abgesagt, weil er "keine Lust hatte", jetzt ist der Mann für 3 Wochen im Urlaub....
Irgendwie hatte ich mir viel von diesem Ortswechsel versprochen, auch für meine Mutter die 2 Wochen vor der Reise eine Blutdruckentgleisung und Hörsturz hatte... der Arzt meinte, die Reise täte ihr bestimmt gut..... Tja, so kann man sich irren... Seit wir zurück sind wird es quasi täglich schlimmer, auch wenn sich der Auslöser geändert hat. Es hat nämlich urplötzlich eine relativ starke Neuropathie in den Füßen eingesetzt um die jetzt Tag und Nacht die Gedanken meines Vaters kreisen, weil er der festen Überzeugung das käme vom Tumor. Davon konnten ihn auch Telefonate mit Hausarzt, Oberarzt der Radiologie und Chefarzt der Radiologie nicht richtig abbringen... Er beschäftigt sich nur mit seinen Füßen, liest was man bei Polyneuropathie tun kann, lässt alles vorbereiten, tut aber nichts... wir haben Schüsseln mit Erbsen, Linsen, Reis etc im Wohnzimmer stehen- er geht aber nicht regelmäßig hinein. Er sitzt den ganzen Tag Nachdem er letzte Woche doch einmal kurz mit uns einkaufen war und gemerkt hat wie gut er am Einkaufswagen gehen kann, hat er sich von seiner Mutter den Rollstuhl seines (toten)Vaters bringen lassen- zum Schieben. Am nächsten Tag hatten wir ihm einen Rollator organisiert über den Hausarzt, aber übt nicht damit zu Laufen.... statt dessen läd er lieber die Akkus des Rollstuhls, damit die nicht kaputt sind, wenn er sie mal braucht.... Heute abend wollte er sich zum Fernsehen in das Ding setzen, weil das Sofa angeblich ungünstig steht- klar wie haben ja auch sonst keine Stühle... Er hat Gefühl in den Füßen, verlagert das Gewicht beim Laufen völlig auf Arme und Schultern- das ist natürlich super, wenn man einen Tumor im Schulterbereich hat.... trotzdem achtet er nicht darauf langsam und bewusst zu gehen, wenn er z.B. auf Toilette geht... lieber erhöht er das Fentanyl um ein weiteres 25er Pflaster. Er verhält sich als wären seine Beine gelähmt und nicht als hätte er ein Kribbeln in den Füßen. Eben hat er sich nach dem er die Teppe hochgegangen auf den Boden gesetzt, ist ins Bad gerobbt und hat dann versucht sich an Toilette und Waschbecken hochzuziehen OHNE auch nur ansatzweise Füße und Beine zu benutzen oder sich zuvor in eine halbwegs dafür geeignete Position zu bringen... Vor lauter Anstrengung atmete er dann nicht mehr richtig, hechelt nur, japst nach meiner Mutter und mir und dem Sauerstoffgerät.... Seit der Arzt ihm gesagt hat, dass er mit Fentanyl und Antidepressiva am oberen Limit angekommen ist, weil mehr die Atmung lähmen könnte, braucht er das zuvor in der Ecke einstaubene Gerät ziemlich oft...
Jetzt ist er recht normal vom Bad ins Bett gegangen und nachdem er nach diesem Auftritt auch noch eine Tavor nehmen konnte (neben Amineurin und Remagil? regelmäßig), ist seine Welt wieder in Ordnung.....
Das eigentlich Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass meine Mutter und ich ihn teilweise schon gar nicht mehr richtig ernst nehmen können, weil seine Auftritte teilweise wirklich filmreif und nicht ernstzunehmen sind, egal wie krank er ist und so gemein das auch klingen mag.... Schmerzmittel- und Psychopharmakagebrauch haben bei ihm tatsächlich Suchtcharakter und sein Verhalten wenn es darum geht liegt irgendwo zwischen einem 3jährigem Kind und einem Drogensüchtigen der um mehr Stoff bettelt und kann schlagartig von einem Extrem ins andere umschlagen, inklusive vorgetäuschten Weinens...
Im Moment müssen wir ihm einfach unterstellen, dass er daran arbeitet, wieder ein Bett unten im Wohnzimmer aufgestellt zu bekommen, was wir nach 14 Monaten endlich abbauen konnten (bekommen hatte er es im März06 wg einer Lungenentzündung)... Er weckt nachts alle auf, weil er enormen Lärm mit irgendwas macht, weckt regelmäßig meine Mutter weil sie ihm irgendwas holen soll- schon bevor das mit den Füßen war und ich höre ihn nachts ohne Publikum deutlich sicherer durch den Flur schlappen als mit...... Und dann eben das Drama.....
So, es war einfach mal wieder Zeit sich das von der Seele zu schreiben. Es ist einfach schrecklich, ich kann ihn bei vielen Dingen nicht mehr ernst nehmen, hab aber dauernd ein schlechtes Gewissen deswegen.... Und er tut mir so leid, wenn ich sehe wie schlecht er läuft, und dann könnte ich ihn anbrüllen wenn ich sehe, wie er sich anstellt wie der letzte Mensch und sich null auf sein Handeln konzentriert (also z.B. aufs Laufen...)... und meine Mutter obwohl sie krankgeschrieben ist und unter Schwindel leidet durchs Haus scheucht......
Liebe Grüße Susanne
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  #12  
Alt 25.07.2007, 00:44
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Susanne28 Susanne28 ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Liebe Berta,
entschuldige, dass ich erst jetzt antworte...
ja, es stimmt, das ist tatsächlich ein kleiner Trost für mich, ich kann mir immer nicht vorstellen, dass es anderswo auch nur annähernd so chaotisch zugeht wie bei uns... mein Vater verlangt Hilfe in welcher Art auch immer, nur von meiner Mutter und mir- wir sollen am besten Arzt, Therapeut und Apotheker ersetzen- irgendwie hab ich da wohl das falsche studiert....
Das Verhalten deiner Schwiegermutter erinnert mich ein bisschem an das meines Opas, der hat sich meiner Meinung nach auch an seiner Frau gerächt.... von je her haben die darum konkurriert wer kränker ist und am liebsten über sich und ihre "Leiden" geredet... Meine Oma hat lange Zeit "geführt", letztlich hat jedoch der Opa "gewonnen" und für sie war es die reinste Qual ihn pflegen zu müssen... Bei diesem netten Paar handelt es sich übrigens um die Eltern meines Vaters...
Und das was du bei deiner Schwiegermutter vermutest trifft vielleicht auch ein bisschen irgendwie auf meinen Vater zu.....
Liebe Grüße Susanne
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  #13  
Alt 05.08.2007, 20:55
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Susanne28 Susanne28 ist offline
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Standard AW: Wenn die Psyche nicht mehr mitspielt....

Immer wenn ich denke wir haben mal ein Problem etwas im Griff kommen mindestens zwei neue bei uns dazu... ich habe nach wie vor das Gefühl wir kämpfen ein völlig anderen Kampf als alle anderen hier, so bescheuert das auch klingen mag, ich frag mich immer wieder ob mein Vater eigentlich schon aufgegeben hat oder ob es wirklich jemanden gibt, der uns noch helfen kann, denn eigentlich wird es immer schlimmer- nur eben ganz anders als ich es bei der Diagnose eigentlich erwartet hätte- insoweit man sich überhaupt auf irgendetwas einstellen kann... Ich hatte so Angst davor- und hab ich natürlich auch immer noch- meinen Vater körperlich verfallen zu sehen, wie der Krebs sich ausbreitet, ihm Schmerzen bereitet, ihm die Luft zum Atmen nimmt, ihm nicht helfen zu können... Helfen kann ich ihm jetzt zwar auch nur am Rande aber der Krebs richtet ihn nur sehr indirekt zu Grunde, was ihn wirklich kaputt macht ist sein Kopf. Sein Lungentumor verhält sich ja relativ konstant, sein kurzes Aufbegehren konnte Chemoebolisation sei dank direkt gestoppt werden aber mein Vater horcht seit Monaten nur in sich und treibt sich und uns damit in den Wahnsinn. Erst waren es die Schmerzen auf die er Tag und Nacht geachtet hat und die egal mit welcher Schmerzmitteldosierung nicht zu lindern waren, dann die Panikattacken kombiniert mit den Schmerzen und jetzt seit ca 4 Wochen die Füße und Beine. Merkwürdigerweise sind jetzt die Schmerzen quasi weg und nachdem klar war dass auch ein bisschen die Motorik der Beine unter dem Fentanyl leidet, konnte es problemlos von 150 auf 75 reduziert werden und er würde am liebsten auf 50 gehen.... Keine Rede mehr von Schmerzen. Kein Wunder, die komplette Aufmerksamkeit liegt auf den Beinen. Mittlerweile kann er ja gar nicht mehr laufen, wundert sich dass er heute kaum noch stehen kann, wenn sein Trainingsprogramm darin besteht 3 mal am Tag aufzustehen und ca 1min das Laufen zu üben. Dann ist er entsetzt, wenn es nicht geht..... 300mal kann man ihm erklären, dass es sich ohne Muskeln, mit Medikamentencocktail, mit Wasser in den Füßen, Chemo und Polyneuropathie natürlich nicht gut läuft und dass er vermutlich nur mit sehr viel Training das wieder halbwegs in den Griff bekommt... so dass er vielleicht wenigstens wieder mit Rollator vorwärts kommt. Er war ja der festen Überzeugung dass der Tumor die "Lähmung" (die keine ist) verursacht, nach MRT der Lendenwirbelsäule konnte dies entkräftet werden und wir dachten es geht nun vorwärts... Auch der Radiologieprof meinte trainieren, trainieren, trainieren. Trotzdem ist er nun heute nachmittag zu der festen Überzeugung gelangt, dass es was organisches ist, hinzu kam noch Beklemmungsgefühl in der Brust...... da haben wir entschieden ihn ins Krankenhaus zu bringen, auch da wir so Angst hatten er bekommt eine Thrombose. Zum Glück konnte an allen Fronten Entwarnung gegeben werden. Er ist jetzt aber erstmal da geblieben, vielleicht kann da auch alles endlich neurologisch abgeklärt werden- alle guten Neurologen-Praxen sind natürlich zur Zeit im Urlaub....
Seit Monaten sitzt mein Vater nur auf dem Sofa/ Rollstuhl und macht nichts. Er liest nicht, er bastelt nicht, er wäscht sich nicht selber, er holt sich/macht sich nichts zu essen oder zu trinken...... wir schleppen Bastelsets an, versuchen ihn wenigstens zum Telefonieren zu animieren, waschen ihn, machen Übungen mit ihm, kontrollieren ob seine Füße warm sind, erinnern ihn daran sie hochzulegen wg des Wassers, massieren, cremen, holen, rennen,....
Mittlerweile steuern wir immer mehr auf den Rand der Belastbarkeit hin, permanent will er über seine Beine reden, warum das Gehen nicht klappt, warum es mal schlechter, mal besser ist, warum dies so und dies so ist.... Er macht nichts aus eigenem Antrieb, regt sich bei was immer er tut total auf, kann eigentlich keine Energie mehr für die eigentliche Aufgabe haben. Natürlich ist der Umgangston dann auch beim 3000. durchhecheln des gleichen Problems nicht mehr unbedingt herzlich...
Wir wissen einfach nicht mehr was wir machen sollen, er hört nicht auf uns, Krankengymnast, Professor... wen auch immer. Ich denke Reha wär vielleicht nicht schlecht, aber dann können wir nicht zur Therapie nach Frankfurt fahren, Psychiater/Neurologen sind im Urlaub, ebenso wie sein Psychotherapeut (bei dem er den letzten Termin abgesagt hat, weil er keine Lust hatte), Psychoonkologe hatten wir ja zu dritt aufgesucht, aber das hat ihm ja nicht gefallen, was der ihm gesagt hat und daher wollte er da nicht mehr hin. Ihm sind eigentlich die Ärzte am liebsten die einfach Tabletten u.ä. verschreiben und ihm nicht sagen, dass er auch mit dem Geist kämpfen muss. Oder eben wie jetzt mit dem Körper. Er geht davon aus wenn er das Fentanyl reduziert hat, dann müsste jetzt auch sofort alles wieder besser gehen....
Ich denke dass mein Vater unter einer handfesten Depression leidet, aber wir kriegen das alles einfach nicht mehr hin und kriegen auch keine gescheite Hilfe organisiert. Vielleicht hilft ja auch der Krankenhausaufenthalt ein bisschen... ich weiß es nicht. Für die Psyche nimmt er zur Zeit Remergil, Promethacin (?) und Tarvor, aber vermutlich muss er von einem Psychiater richtig eingestellt werden....
So, jetzt bin ich diesen ganzen Mist mal wieder los geworden, vielleicht hilft das wieder ein wenig. Ich werde gerade von vielen Freunden um die sensationellen 6 Wochen Ferien, die man als Lehrer hat, beneidet- 4 Wochen sind jetzt rum und bis auf 4 Tage in Hamburg mit meinem Freund kann ich kaum sagen was ich überhaupt gemacht hab, ich weiß nur, dass ich kaum eine ruhige Minute hatte und mich nicht ansatzweise erholt oder für das neue Schuljahr gewappnet fühle... Habe ich das Haus tatsächlich mal verlassen, hat sich meist in meiner Abwesenheit alles irgendwie noch mehr dramatisiert, dass es mich dann erst recht mit voller Wucht getroffen hat.... Ich weiß auch nicht....

Kann es eigentlich sein, dass der Tumor Botenstoffe ausschüttet die Muskeln abbauen und man dem nichts entgegensetzen kann? So ähnlich drückte sich mein Vater gerade im Telefonat aus, nach Gespräch mit dem Arzt, aber er neigt allgemein leicht zum dramatisieren..... Das man egal bei was nichts mehr machen kann, glaub ich erst wenn es soweit ist....

Susanne

Geändert von Susanne28 (05.08.2007 um 22:25 Uhr) Grund: Wörter in Sätzen vergessen..
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  #14  
Alt 05.08.2007, 21:29
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destiny68 destiny68 ist offline
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Hallo Susanne,

leider habe ich keine Tipps für Dich und weiß auch eigentlich gar nicht, was ich dazu sagen kann. Das muss unheimlich schlimm für Euch sein und ich kann gut verstehen, dass Ihr mit Eurem Latein am Ende seid, weil Dein Vater so gar keine Hilfe annehmen kann oder will.

Es hört sich wirklich nach einer schweren Depression an. Habt Ihr vielleicht hier die Möglichkeit, anzusetzen? Tavor ist ja, soweit ich weiß, zur Beruhigung. Die anderen Medis kenne ich nicht. Aber vielleicht könnt Ihr das ganze auch mal bei den Ärzten im Krankenhaus ansprechend und ihnen die ganze vertrackte Situation schildern.

Es tut mir wirklich total leid und wie ich schon sagte, habe ich auch keinen Tipp für eine solche Situation, aber ich finde es immer so traurig, wenn ein Thread zig mal gelesen wird und es folgt kaum eine Reaktion.

Lieben Gruß
destiny68
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  #15  
Alt 07.08.2007, 18:20
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Susanne28 Susanne28 ist offline
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Hallo ihr Lieben,
ich danke euch für eure netten Antworten-sie spiegeln genau das wieder was mir sowie so bewusst ist... es ist nur eben sehr schwer umzusetzen und das fängt eben leider schon damit an die richtige Hilfe zu finden- sei es für uns oder eben für meinen Vater.
Unterstützung bei der häuslichen Pflege brauchen wir eigentlich nicht, das nimmt quasi den geringsten Teil der Zeit in Anspruch und bis zum Rollstuhl mussten wir ja auch nur unterstützen. Es sind einfach die Millionen Kleinigkeiten im Alltag und dafür gibt es einfach niemand zum Helfen.. wie sollte sowas auch bezahlt werden. Die einzige Chance hierbei wird einfach sein einige Annehmlichkeiten zu streichen, ihn in die Selbstständigkeit zu führen. Tja und der alleraufwendigste Punkt sind die stundenlangen Gespräche über die Krankheit, Symptome,.... auch hierfür wird sich niemand finden, nicht in dem nötigen Ausmaß. Wir müssen wohl lernen NEIN zu sagen , spätestens wenn wir uns zum dritten Mal im Kreis drehen...
Meine Mutter hat heute mit dem Pychotherapeuten meines Vaters telefoniert, er kommt notfalls auch zum Hausbesuch, vielleicht kriegt er meinen Vater auch mehr als einmal pro Woche unter... Das wäre ein Anfang. Zudem versucht die Oberärztin meinen Vater in einer guten Rehaklinik unter zu bringen, vielleicht haben wir ja dabei Glück.

Der Besuch beim Neurologen gerade hat sich als totaler Fehlschlag entpuppt, ich bin stinksauer... Der hat zwar seine Tests durchgeführt und festgestellt dass mein Vater eine Polyneuropathie hat aber dass das nicht allein die Ursache sein... Das wussten wir auch schon! Woher die Schwäche nun kommt wusste er nicht- angeblich aber keinesfalls vom Nichtbewegen, was mir nicht so richtig einleuchtet,- naheliegend ist aber, dass es vom Tumor kommt. Klar, beim Tumorpatienten. Entweder würde der Tumor eine Krankheit verursachen (welche hat er nicht gesagt, ich tippe mal auf LEMS, allerdings gibt es das eigentlich mehr beim Kleinzeller) oder eben Tumor/Meta in der Wirbelsäule. Jetzt soll er zum MRT. Ich kann mir das nicht so richtig vorstellen, da mein Vater alle 4 Wochen in Frankfurt von einem sehr guten Radiologen CT und MRT mäßig gut durchgecheckt wird, der Tumor wächst ja wenn sowieso in Richtung Wirbelkörper, das wissen wir ja. Und die letzten Untersuchungen sind ja erst eine Woche her und der Radiologe wusste von den Problemen meines Vaters...
Naja, egal, was mich so richtig geärgert hat, war dass ich ihn dreimal auf auf die pychischen Probleme meines Vaters ansprechen musste bis er außer der Antwort " ach, er ist ja so schwer krank, da macht es dann nichts wieviel Tarvor er nimmt" die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, dass vielleicht was Stimmungsaufhellendes besser ist, als etwas dass ihn schachmatt setzt...aber ist ja auch egal wie er seinen Tag bewältigt. Krönung des Gesprächs war dann noch die Aussage, dass es ja alles insgesamt nicht gut für meinen Vater aussähe wie er das hier so vor sich hätte, auch wenn das natürlich nicht seine Baustelle sei....
GENAU DAS HABEN WIR GEBRAUCHT!!

Also, wir sind ja schließlich nicht blöd, wir wissen durchaus dass Lungekrebs eine sehr bedrohliche Krankheit ist und mein Vater im Stadium4 ist, aber die behandelnden Profs finden den Krankheitsverlauf meines Vaters bislang recht erfreulich. Sie machen ihm keine falschen Hoffnungen aber sie würdigen auch gute Ergebnisse. Alles ist eben relativ....

Jetzt hoffe ich, dass mein Vater wirklich keinen neuen Untermieter bekommen hat... bitte Daumendrücken.

Liebe Grüße Susanne
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