Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

 
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 26.08.2008, 22:08
Kathrin23705 Kathrin23705 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 23.12.2006
Beiträge: 278
Standard Ich musste meine Schwester gehen lassen

nach einigem lesen hier habe ich mich nun entschlossen, auch meine erfahrungen hier niederzuschreiben.

meine zwillingsschwester starb am 05.04.2007 im alter von nur 34 jahren. sie hatte bsdk - bauchspeicheldrüsenkrebs.

Ich hatte die Ehre und durfte sie bis zu ihrem allerletzten schritt begleiten. in der damaligen zeit habe ich mich sehr oft gefragt, ob ich das alles schaffen kann. und durch dieses und noch ein anderes forum habe ich sehr viel mentale unterstützung erfahren.

meine schwester hatte ihre diagnose -inoffiziell- am 24.12.2006 erhalten. die offizielle wurde ihr dann am 2.1.2007 bestätigt. gleich an weihnachten sagte sie mir, dass sie krebs habe. sie wusste aber noch nicht, welchen. sie hatte es nur durch zufall erfahren.

alles in allem hatten wir ein inniges verhältnis. und sie sprach im kh auch mit einer seelsorgerin, weil sie nicht wusste, wie sie mir helfen kann, mit dieser diagnose umzugehen. sie hatte angst, dass ich daran kaputtgehe. und in gewisser weise bin ich auch daran kaputtgegangen.

ursprünglich wollte sie mich an ihrem sterbebett als letzten haben - einfach, um mich zu schützen, da ich ein wirklich sehr emotionaler mensch bin. aber es lief darauf hinaus, dass ich die einzige person war, die sie bis zum schluss um sich haben wollte. sie wollte weder unsere mutter bei sich haben (sie leidet noch heute darunter), noch meine kinder, die sie als zweite mama ansahen. sie selbst konnte leider keine kinder bekommen.

ihre letzten 4 wochen verbrachte sie in einem hospiz. und ich muss sagen, es war die wirklich beste entscheidung, die sie hätte treffen können. ich konnte jederzeit zu ihr, wenn sie nach mir rief. und als sie ins hospiz "einzog", da fühlte sie sich gleich wie zu hause. ich selbst fuht täglich zwei- bis dreimal die 20 km hin und wieder zurück. meine familie musste in dieser zeit wirklich sehr zurückstecken. meine schwester hatte einfach priorität.

was ich sagen will: ich bin noch heute - fast 17 monate nach ihrem tod - ihr zutiefst dankbar für die erfahrungen, die ich machen durfte. auch sie war bei mir der erste mensch, den ich begleitet habe und auch der erste mensch, den ich tot gesehen hatte. ich hatte und durfte sogar noch beim waschen helfen, was mir sehr viel bedeutet hat.

dass ich dabei war, wie sie gestorben ist - davon zehre ich noch heute. denn ich bin mir sicher, dass sie friedlich eingeschlafen ist. ich konnte zusehen, wie ihre organe im wahrsten sinne des wortes langsam "heruntergefahren" sind. ich durfte ihr noch wasser geben, sie streicheln, leise mit ihr reden. und ich bin mir sicher, das sie weiß, dass ich da war, sie nicht im stich gelassen habe.

aber selbst jetzt, wo ich dies hier schreibe, habe ich noch tränen in den augen. seit dem tod meiner schwester ist bei mir nichts mehr wie es war. zehn monate nach ihrem tod ist auch noch einer meiner brüder gestorben. er war dialysepatient, medikamenten- und alkoholabhängig. sicher, wir wussten, er würde nicht ewig so weiterleben können. aber als er dann auf der its im kh lag, da hab ich bitterlich geweint. es sind doch beides geschwister von mir, die gehen mussten!!!!!!

auch die mutter meiner besten freundin habe ich nach dem tod meiner schwester begleitet. sie hatte leberkrebs, welcher auch erst sehr spät erkannt wurde.

auch familiär lief seit dem tod meiner schwester sehr vieles schief. meine schwiegereltern hassen mich mittlerweile und schikanieren mich, wo es nur geht! aber mein mann steht gottseidank zu mir!

und so frage ich mich immer wieder: warum nur ist das leben so ungerecht????

es heisst ja immer, dass du eine aufgabe gestellt bekommst, die du bewältigen sollst, um auf eine nächste vorbereitet zu sein. nur frage ich mich: was hat gott noch vor mit mir, dass ich immer aufgaben bekomme, die ich kaum in der lage bin zu lösen???? ich weiß es einfach nicht.

sorry, dass es so lang geworden ist. aber es war mir einfach mal ein bedürfnis, darüber zu schreiben. auch, wenn es schon relativ lange her ist.

kann man überhaupt mit dem tode geliebter menschen irgendwann umgehen???

lg kathrin
Mit Zitat antworten
 

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 20:40 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55