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  #1  
Alt 10.10.2005, 15:46
Siri1981 Siri1981 ist offline
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Standard Es ist so unendlich schwer...

hallo zusammen

wir haben heute vor einer woche die nachricht bekommen, dass meine mama unheilbar an krebs erkrankt ist... die ärzte können leider nichts mehr tun, und momentan bekommt sie einfach schmerztherapie... vielleicht sollte ich euch kurz die ganze geschichte erzählen - wie es dazu kam etc...

also, angefangen hat alles im januar 2004... damals ging es meiner mama plötzlich sehr schlecht, sie konnte nichts mehr essen und ihr war ständig schlecht... nach mehreren überzeugungsversuchen von mir (24) und meinem bruder (20) ist sie dann anfang februar endlich zum hausarzt gegangen... ich muss dazu vielleicht sagen, dass meine mama sehr auf die alternative medizin schwört und ihre hausärztin auch eher auf naturheilbasis arbeitet, wurde erst mal mit solchen mitteln versucht ihre beschwerden zu lindern...

nachdem dies dann aber langfristig gesehen nicht viel gebracht hat, haben wir kinder sie dann im april 04 endlich überreden können sich in einer uniklinik gründlich untersuchen zu lassen... nach sono, ct und mrt bekamen wir dann im mai den bericht, dass die ärzte einen tumor auf der leber entdeckt haben... anfang juni dann wurde meine mutter ins KH eingewiesen und ihr wurden laporoskopisch einige gewebeproben der leber entnommen welche dann untersucht worden sind... anscheinend war der tumor bösartig, und knapp 3 woche später wurde meiner mutter dann ca. 70% der leber komplett entfernt... die operation war relativ schwierig, da meine mutter bei der OP viel blut verloren hat... nach dem eingriff war sie dann erstmal knapp 4 wochen im KH, danach durfte sie wieder nach hause...

danach folgten dann regelmässige untersuchungen (alle 2 wochen), und im dezember 04 wurde dann leider wieder eine bösartige zelle auf dem verbleibenden teil der leber gefunden... anfang dieses jahres dann, hat meine mama eine chemo angefangen... zu beginn der therapie ging es ihr sehr gut, und wir glaubten schon an ein gutes ende... im april dieses jahres dann, begannen dann aber die probleme... meine mutter hatte plötzlich enorm viel wasser im bauch... sie bekam dagegegen tabletten, welche sie aber sehr schlecht vertrug... nach 2-maligen punktieren und wasser ziehen (das erste mal waren es knapp 8 liter, das zweite mal knapp 5 liter!) ging es ihr dann kurzfristig wieder besser... ende august dann fing es aber plötzlich wieder an und seit mitte september ging es ihr dann so schlecht, dass sie nur noch zuhause im bett lag...

in der nacht vom 2.10 auf den 3.10 rief mich dann mein bruder mitten in der nacht an (er wohnt noch zuhause) und teilte mir mit, dass mama im bad ganz schlimm gestürzt sei - sie wollte wohl auf toilette... ich bin dann sofort hingefahren und wir haben sie dann gemeinsam ins nächste krankenhaus gebracht... dort wurde ihre platzwunde am kopf genäht und die ärzte haben sie dann untersucht... am montag mittag bekamen wir dann die nachricht, dass es für meine mama keine hilfe mehr gibt... der leberkrebs war so stark und agressiv, dass er sowohl in der lunge wie auch im bauchfell metastasen gebildet hat... nach etlichen untersuchungen und rücksprache mit ihrem behandelnden arzt, wurde dann rasch klar, dass meine mama schon länger von dieser diagnose gewusst haben muss...

ich muss dazu sagen, dass ich niemals wirklich mit einem ihrer ärzte gesprochen habe - da mache ich mir natürlich jetzt viele vorwürfe... meine mutter beteuert allerdings niemals von den ärzten über den ernst der lage informiert worden zu sein... sie meinte ihr wurde immer wieder gesagt, dass das schon in ordnung käme... die ärztin im KH wo sie jetzt liegt, hat mir dann aber erklärt, dass viele patienten die diagnosen schlicht und einfach verdrängen... ich weiss jetzt nicht, wo die wahrheit liegt, aber das spielt wohl nun auch keine rolle mehr...

die nachricht darüber, dass meine mama nicht mehr lange hier sein wird, hat mich so tief getroffen, und hat mich derart umgehauen, dass ich die ersten 2 tage nur geheult habe... mein mann und meine besten freunde waren zwar sofort für mich da, aber ich konnte es einfach nicht begreifen...

meine mama ist 53 jahre alt, und war ihr leben lang immer gesund!!! sie war immer mein vorbild, war immer stark, und kein problem konnte sie je bezwingen... nach der scheidung meiner eltern vor 13 jahren hat meine mutter mich und meinen bruder alleine grossgezogen, und das verhältnis von uns war immer super!!! sie ist meine beste freundin!!!

und nun soll sie bald von dieser welt gehen müssen??? warum nur???? das ist doch nicht fair... wir brauchen sie doch...

momentan liegt sie nun wie gesagt im KH (dieses ist das bezirksspital ca. 5min von unserem wohnort entfernt) und erhält morphium, zur schmerzlinderung... letzte woche wirkte sie seit langem mal wieder richtig gelöst, was wohl bestimmt daran liegt, dass sie endlich keine schmerzen mehr hat... dieses wochenende war es dann aber so, dass wir bemerkt haben, dass sie zum teil sehr verwirrt ist... sie verwechselt die tage, sie erzählt von besuchern die gar nicht da waren und sie bricht plötzlich mitten im satz ab und starrt dann ins leere... schmerzen hat sie nach eigener aussage keine, und darüber bin ich sehr froh!!! dennoch verunsichert mich ihr zustand natürlich sehr... mein bruder und ich besuchen sie täglich und verbringen mehrere stunden bei ihr im KH... die ärzte konnten uns auf unsere frage wie lange "es" denn noch gehen kann keine genaue antwort geben... die eine ärztin meinte dass liege auch oft daran, wie schnell der jeweilige patient bereit ist loszulassen...

letzten montagnachmittag musste ich nach der diagnose zu meiner mama ans bett sitzen und alles genau aufschreiben... wie sie beerdigt werden will, wer was kriegen soll etc.. für mich und meinen bruder war dies sehr schlimm, denn anscheinend hat sie sich mit ihrem schicksal schon relativ gut abgefunden... sie meinte auch wir sollten nicht traurig sein, und wir wären ja inzwischen auch erwachsen und könnten nun auf eigenen beinen stehen...

ich hatte nun eine woche zeit mich mit dem gedanken abzufinden, dass sie wohl nicht mehr lange bei uns sein wird... bloss... es ist einfach so schwer... sie ist doch meine mama!!! wenn ich daran denke, was sie noch alles vorhatte... was sie noch alles erleben wollte... ich kann gar nicht beschreiben wie es mir zur zeit geht... ich bin traurig, hilflos, fühle mich leer... und doch merke ich seit ca. 2 tagen, dass da auch ein anderes gefühl dazu gekommen ist... momentan kann ich es (noch) nicht einordnen, aber ich glaube, dass mein verstand langsam zu begreifen beginnt...

ich habe mich die letzte woche bestimmt 1000x gefragt warum uns weshalb... warum meine liebe, herzensgute mama? warum nicht jemand anderer, denn man zwar auch bedauert, aber denn man eben nicht kennt... dessen schicksal einen nicht so betrifft...

auf der anderen seite habe ich mich gefragt ob es von mir nicht egoistisch ist so zu weinen... schliesslich muss nicht ich gehen sondern mama... ich werde hierbleiben können... werde weiterhin in urlaub fahren können, im sommer an den see zum grillen, werde weiterhin musik hören, werde weiterhin die 4 jahreszeiten durchleben dürfen... halt einfach bloss ohne sie...

ich weiss, der schmerz wird wohl irgendwann vergehen, aber im moment... ich denke meine mama ist mit dem loslassen schon einen gewaltigen schritt weiter als ich, und dafür bewundere ich sie von ganzem herzen!!! manchmal wünschte ich, ich wüsste genau wie lange wir noch zusammen sein können, und kurz darauf bin ich froh, dass ich es vielleicht nicht weiss...

wir geniessen die zeit zusammen, und ich hoffe von ganzem herzen, dass sie niemals schmerzen leiden muss... ich hoffe, dass sie einfach mal friedlich einschlafen wird, wenn es soweit sein sollte... und ich wünsche mir, dass ich dann an ihrer seite sein darf... ich möchte sie auf diesem letzten stück begleiten, möchte ihr zeigen, dass wir da sind... vor diesem letzten schritt habe ich sehr viel angst, besonders davor, dass ich vielleicht zu spät kommen könnte, oder dass sie geht ohne dass ich bei ihr bin...

momentan ist sie noch da und in knapp 2h werde ich wieder an ihrem bett sitzen können, ich hoffe es geht ihr heute etwas besser als gestern...

Siri
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  #2  
Alt 10.10.2005, 16:16
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Caroline3 Caroline3 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Liebe Siri!
Es tut mir sehr leid, dass es deiner Mutter so schlecht geht. Das Leben ist eben nicht fair und warum es gerade deine Mutter getroffen hat, wirst du nie erfahren.
Ich selbst bin sowohl Betroffene als auch Angehörige; meine Mutter und Schwester haben/hatten - wie auch ich - Brustkrebs.
Als Betroffene kann ich sagen, dass auch ich keine Angst habe vor dem Sterben. Natürlich mache ich mir Gedanken, was dann aus meinen Kindern wird, aber wenn ich gehen muss, dann ist es viel schwerer für die Hinterbliebenen als für mich. Deine Mutter weiss, dass sie bald gehen muss, deswegen erscheint sie auch so "gelassen".
Du hilfst deiner Mutter sehr, wenn du bei ihr bist, so dass sie sich nicht allein gelassen fühlt.
Ich wünsche euch, dass deine Mutter nicht so viel leiden muss, und, wenn es dann soweit ist, das sie friedlich von euch gehen kann.
Dir und deinem Bruder wünsche ich viel Kraft für die nächsten Wochen!
Alles Gute von Caroline
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  #3  
Alt 10.10.2005, 16:45
schirin schirin ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

liebe siri,viele liebe grüsse an dich und halt den kopf oben.habe gerade deine geschichte gelesen ,das macht mich sehr traurig.
mein mann liegt auch momentan im kh. diese woche sagen die aerztewie und wann seine methastase aus der leber entfernt wird.evtl soll 50 % der leber entfernt werden. na ja wie schon gesagt immer versuchen den kopf oben zu halten. ich wünsche dir viel kraft. selam waltraut.......
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  #4  
Alt 11.10.2005, 14:04
Tanne11 Tanne11 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Liebe Siri !

In Gedanken bin ich bei Dir. Ich lese hier meine eigenen Gedanken wieder und ich kann sehr gut verstehen was in Dir vor geht.
Meine Mutter ist letzten Mittwoch im Krankenhaus verstorben. Sie hat im September 2004 die Diagnose Brustkrebs gestellt bekommen.
Zunächst hatte sie eine Brusterhaltende OP, nach der Chemo jedoch tauchte schnell ein zweiter Knoten auf, der dazu führte, dass das gesamte Brustgewebe entfernt wurde. Dann kam Bestrahlung und wir alle dachten, sie sei wieder "gesund". Es folgten Rückenschmerzen die rasend schnell stärker wurden. Als sie dann die Diagnose erhielt, dass sich Metastasen in der Wirbelsäule, im Gehirn und an der Leber gebildet haben, hatten wir noch Hoffnung, dass auch dies wieder gut geht. Sie kam Ende August 05 ins Krankenhaus und war nochmal zwei Tage zu Hause. Aber die Schmerztherapie war nicht ok, so dass sie dann wieder ins KH ist und dort eben verstarb.

Meine Mutter hat auch all das durchgemacht, wovon Du berichtest (Verwirrt, hört mitten im Satz auf zu sprechen und starrt ins Leere, ist dann doch mal wieder ganz gut drauf...)

Ich war den Donnerstag ehe sie starb noch bei ihr, sie war echt fit (wenn man das so sagen kann..) und hat viel mit mir geredet. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht möchte, dass sie leidet. Sie sagte mir:

"Tanja, ich muß jetzt diesen Weg gehen. Mach' dir keine Gedanken !"

Ich sagte ihr, dass wir sie alle gehen lassen können und wir uns morgen wieder sehen.

Liebe Siri ! Sage Deiner Mutter alles, was Du ihr noch sagen möchtest, was Du ihr wünschst, das Du sie loslassen kannst, dass ihr euch wieder seht und sie mit ruhigem Gewissen gehen kann !

Das ist ihr wichtig. Sie brauch das. Meine Mutter ist gestorben, als keiner bei ihr war. Mein Vater kam täglich um 11.00 Uhr zu ihr. Sie hat sich um 10.50 Uhr alleine auf den Weg gemacht. Das gehört so. Sie wollte das.

Und Deine Mutter entscheidet auch, wann sie gehen wird, ob sie Dich/Euch gerne dabei hätte oder eben nicht. Die Hauptsache ist, dass sei keine Schmerzen hat.

Ich wünsche Dir viel Kraft beim Loslassen, es ist schwierig, aber verabschiede Dich ! Deine Hoffnung jedoch wird immer in Dir sein und Dich immer wieder zu Tränen rühren.

Mir half folgendes Gedicht von Mascha Kaléko:

Vor meinem eigenen Tod
ist mir nicht bank,
nur vor dem Tod derer,
die mir nah sind.
Wie soll ich leben,
wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast
ich todentlang
und las mich willig in
das Dunkel treiben.

Das Gehen schmerz nicht
halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl,
dem Gleiches widerfuhr;
und die es trugen,
mögen mir vergeben.

Bedenkt: den eignen Tod,
den stirbt man nur,
doch mit dem Tod
der andern muss man leben.

Ich drücke Dich ganz fest !

Tanja
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  #5  
Alt 11.10.2005, 16:33
Siri1981 Siri1981 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

hallo tanja

das gedicht ist wirklich wunderschön... ich sitze wieder mal hier und mir laufen die tränen...

irgendwie glaube ich, dass ich gar keine tränen mehr haben kann, soviel wie ich schon geweint habe...

ich will ihr noch sooo viel sagen, und ich habe angst, dass sie geht bevor ich all das zu ihr gesagt habe... sie weiss, dass ich sie liebe, und sie weiss, dass ich mein leben meistern werde...

es gibt einfach so viele dinge, die ich mir so sehr gewünscht hätte, dass sie sie noch erleben kann... ihr erstes enkelkind zum beispiel... sie hat sich immer riesig darauf gefreut... als ich mit 20 an kinder gedacht habe, war sie es aber, die mir geraten hat noch ein bisschen zu warten... sie hat zu mir gesagt: "geniesse erst einmal ein bisschen das leben mit deinem schatz, gehe auf reisen, geniesse die partnerschaft intensiv - ein kind kannst du auch in 5 jahren noch haben..." nun bin ich bald 25 und kinder sind bei uns in den nächsten 2 jahren geplant (soweit man das überhaupt planen kann?!)... leider wird meine mama ihre enkelkinder nie kennenlernen - und das macht mich sehr traurig...

das mit dem loslassen ist so eine sache... mein kopf sagt ich muss loslassen, mein herz sagt das gegenteil... ich bin mit 24 bestimmt kein kind mehr, und lebe auch seit 6 jahren nicht mehr zuhause, und dennoch fühle ich mich momentan wie mit 9 jahren... wie damals als ich mit aufgeschlagenen knien nach hause gekommen bin und mich weinend an mama geklammert habe... ich liebte es ihren "mama-geruch" einzuatmen, ich liebte das gefühl von liebe und geborgenheit, und ich liebte es, wie sie mich hin- und herwiegte und tröstete...

es ist schwer loszulassen - verdammt schwer... aber ich weiss, dass meine mama es verdient hat... sie hat es verdient, gehen zu dürfen... ich will nicht, dass sie leidet, ich will nicht, dass sie mitbekommen muss, wie sie langsam aber sicher "zerfällt"...

gestern abend hatte ich nochmals ein gespräch mit der ärztin und sie meinte, dass es wohl nicht mehr allzu lange dauern wird... die giftstoffe der leber, die nicht mehr ausgeschieden werden können, gehen langsam ins gehirn über, und sie wird nun wohl von tag zu tag etwas von ihrer kraft verlieren...

einerseits wünsche ich mir, die tage mögen nicht allzu schnell vergehen, andererseits wünschte ich, es wäre schon weihnachten vorbei...

es tut mir gut, meine gedanken hier aufzuschreiben, denn mit jeder zeile die ich schreibe, lasse ich ein wenig mehr los...

vielen dank fürs zuhören...

Siri
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  #6  
Alt 11.10.2005, 22:00
Tanne11 Tanne11 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Liebe Siri !

Zitat:
Zitat von Siri1981
das mit dem loslassen ist so eine sache... mein kopf sagt ich muss loslassen, mein herz sagt das gegenteil... ich bin mit 24 bestimmt kein kind mehr, und lebe auch seit 6 jahren nicht mehr zuhause, und dennoch fühle ich mich momentan wie mit 9 jahren... wie damals als ich mit aufgeschlagenen knien nach hause gekommen bin und mich weinend an mama geklammert habe... ich liebte es ihren "mama-geruch" einzuatmen, ich liebte das gefühl von liebe und geborgenheit, und ich liebte es, wie sie mich hin- und herwiegte und tröstete...
Was ich heute mittag geschrieben habe waren meine "sachlichen" Gedanken.
Mein Herz sagt mir auch was ganz anderes. Meine starke Mama ist gegangen. Die, wo ich hinkommen konnte wann ich wollte, sie wußte immer Rat, war immer da, half wann immer es von Nöten war und konnte auch "loslassen", nämlich uns Kinder ausziehen lassen, ihren eigenen Weg gehen lassen.
Der "Mama-Geruch" verfolgt mich immer dann, wenn ich "zu Hause" bin, wo meine Mutter bis zuletzt gewohnt hat.
Sie fehlt. Sie fehlt. Sie wird immer fehlen, ist durch niemanden zu ersetzen, da hilft einfach nur weinen.

Meine Mutter, 55 Jahre alt, hat zwei Enkelkinder (unsere Kinder) die nun 3 1/2 Jahre und 1 1/2 Jahre alt sind. Sie hat sie kennengelernt, aber sie wird sie nicht mehr großwerden sehen.

Ich wünsche Dir eine gute Nacht !

Tanja
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  #7  
Alt 12.10.2005, 08:42
Siri1981 Siri1981 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

hallo tanja

gestern abend war ich bei meiner mama und es war ein ganz schlimmer abend für mich... als ich ins zimmer kam lag sie mit grossen angsterfüllten augen im bett, die decke bis zum kinn gezogen... sie kam mir vor wie ein kleines kind, das nachts aus einem albtraum erwacht und angst hat...

sie hat geweint und wollte, dass ich wieder gehe... ich habe dann die schwester gefragt, was mit ihr los sei, und diese meinte dann, dass meine mama mitbekommen würde, wie sie nach und nach immer verwirrter werden würde - und das macht sie fertig!!!

ich bin dann wieder zu ihr hin, habe sie gestreichelt, gehalten, und habe ihr immer und immer wieder gesagt, wie sehr ich sie liebe, dass sie keine angst zu haben brauche und dass bald alles gut werden wird... sie hat sich dann langsam beruhigt, aber als ich dann nach hause gefahren bin, hat es mir fast das herz gebrochen... ICH WOLLTE SIE NICHT ALLEINE LASSEN!!!!

meine schwiegermama hatte mich extra ins KH begleitet, weil sie meine mama auch noch mal sehen wollte... meine mama wollte sie aber nicht sehen, wahrscheinlich hat sie sich geschämt...

ach tanja, es hat mir mein herz zerrissen, als ich diese angst in mamas augen gesehen habe... wie gerne würde ich ihr diese angst nehmen... wie gerne würde ich ihr ALLE negativen gefühle abnehmen und sie in einen tresor einschliessen... wie gerne würde ich 24h an ihrem bett sitzen und sie streicheln und trösten - einfach für sie da sein... aber das kann ich nicht... ich muss nebenbei ja auch noch arbeiten und ehrlich gesagt bin ich darüber auch ganz froh... es lenkt mich doch ein bisschen von meinem kummer ab, und wenn es nur ein paar stunden sind...

ich habe die schwester gebeten meiner mama doch was gegen die angst zu geben, aber sie sagte nur, dass sie das nicht könne... warum denn nicht? man sollte doch meinen in der heutigen zeit gäbe es gegen alles ein medikament... da wird es doch wohl eine pille geben, die meiner mama die angst nehmen kann?

ich bin gestern nach dem KH nach hause gefahren und mein mann war so lieb und hatte schon das abendessen vorbereitet... allerdings konnte ich nur zwei, drei löffel essen, und bereits dazu musste ich mich regelrecht zwingen... ich kann einfach nicht... seit knapp 10 tagen kann ich nicht mehr richtig essen... mir schnürt es einfach immer den hals zu wenn ich etwas schlucken muss, und mein magen fühlt sich immer völlig dumpf und verkrampft an... mein schatz wollte mich deswegen schon zum arzt schicken, aber was soll der denn tun? gegen traurigkeit und kummer gibt es nunmal kein medikament...

heute abend wenn ich zu mama fahre werde ich ihr mein ältestes und liebstes kuscheltier mitbringen und ich werde ihr sagen, dass susi (ein stoffhase) immer, immer auf sie aufpasst und für sie da ist, wenn ich oder mein bruder es nicht sein können... ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass meine mama bald nicht mehr leiden muss... ich wünsche es mir so sehr, wie ich mir noch niemals im leben zuvor etwas gewünscht habe...

heute morgen habe ich mir überlegt, was ich alles dafür hergeben würde... es ist eine ganze menge, aber leider liegt das alles nicht in meiner hand...

Siri
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  #8  
Alt 13.10.2005, 09:28
Siri1981 Siri1981 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

hallo ihr lieben,

gestern abend als ich bei meiner mama im KH war, ging es ihr wieder deutlich besser als noch am abend zuvor... sie war zwar nach wie vor ziemlich verwirrt, aber sie hat mich erkannt...

ich habe ihr dann ein bisschen mit dem essen geholfen (sie isst ja praktisch gar nichts mehr...) und mit guten zureden hat sie doch tatsächlich fast ein 1/4 von ihrer scheibe brot, 1/2 stück von ihrem käse und ein bisschen trockenfleisch gegessen... und eine kleine scheibe salatgurke war auch dabei... ausserdem hatte sie sich von der schwester eine cola gewünscht, welche sie dann auch bekommen hat...

im grossen und ganzen wirkte sie recht entspannt, und ich habe sie auch gefragt ob sie schmerzen hätte, was sie aber verneinte... die schwester hat mir dann erklärt, dass die morphindosis wohl angepasst worden sei, und meine mama das morphin nun nicht mehr in tablettenform bekomme sondern in form eines pflasters... dieses wird am rücken festgeklebt und soll wohl so an die 3 tage halten... ich kenne mich da leider nicht sonderlich aus...

auf jeden fall, scheint es ihr damit jetzt besser zu gehen... wobei ich mir natürlich schon bewusst bin, dass dies wohl auch immer auf den tag draufankommt... wir haben dann gestern noch gemeinsam ihre lieblingssendung im fernsehen (verliebt in berlin) angesehen und gegen 19h45 bin ich dann nach hause gegangen...

sie wirkt auf mich von tag zu tag zerbrechlicher, was aber sicher auch daran liegt, dass sie eben so wenig isst... sie war ja schon die letzten monate so extrem dünn (ca. 48kg bei einer grösse von 1m75), aber die letzten tage hat sie wohl nochmals ein bisschen abgenommen... irgendwie bin ich mir am überlegen wie das weitergehen soll... was ist, wenn mich die ärzte fragen, ob wir sie künstlich ernähren sollen? ich weiss ehrlich gesagt nicht genau, was ich darauf antworten sollte... einerseits wünsche ich mir natürlich, dass es ihr gut geht, und dass sie noch ein bisschen bei uns bleibt... andererseits finde ich mich langsam aber sicher mit dem gedanken ab, sie loszulassen...

ich möchte einfach auf keinen fall, dass sie leidet... die schwestern haben mir gesagt, dass es ihr den umständen entsprechend nicht schlecht gehe, auch wenn sie kaum etwas isst... vielleicht sollten wir das einfach dem schicksal überlassen??? es klingt hart, aber ich möchte nicht aus egoistischen gründen einer künstlichen ernährung zustimmen... es geht um meine mama, und ich möchte, dass SIE zufrieden ist, und es ihr gut geht, solange sie noch da ist...

klingt das herzlos? oder was meint ihr? ich merke wie ich seit gestern nachdem ich bei ihr war, etwas ruhiger geworden bin... solange es ihr gut geht, geht es auch mir gut... das wichtigste für mich ist, dass sie einfach keine schmerzen haben muss, und dass ihr ihre wünsche erfüllt werden...

gestern hat sie sich gewünscht, dass ich ihr heute eine maniküre mache, und ihr die nägel schön lackiere... das werde ich heute abend tun...

es ist komisch... als wir am 3.10 die diagnose erhalten haben, dachte ich mir, ich könnte NIE damit umgehen... ich habe in diesen 1.5 wochen soviel geweint, wie glaube ich noch nie zuvor in meinem leben... und dennoch, bereits heute 1.5 wochen danach, beginne ich langsam mich an den gedanken zu gewöhnen... einerseits ist dies sehr schlimm für mich, denn ich frage mich, ob ich deswegen ein schlechter mensch bin... wie kann man sich innerhalb so kurzer zeit an den bevorstehenden tod eines geliebten menschen "gewöhnen"??? ist es so, dass wir menschen darauf programmiert sind, uns den jeweiligen situationen raschmöglichst anzupassen?

ich weiss es nicht... ich weiss nur eines: dass ich meine mama von herzen ganz doll liebe, und dass ich ihr nur das allerbeste wünsche!!! sie ist ein so toller mensch, und egal was passiert, sie wird FÜR IMMER einen ganz grossen platz in meinem herzen haben!!!

MAMA, ICH LIEBE DICH!!!

Siri
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  #9  
Alt 13.10.2005, 10:38
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Caroline3 Caroline3 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Liebe Siri!
Erstmal freut es mich, dass es deiner Mama gestern besser ging, und sie keine Schmerzen hatte.
Ich glaube, dass wir Menschen immer versuchen uns auf die jeweilige Situation möglichst schnell einzustellen. Wir versuchen dann, das Beste draus zu machen. Das ist doch auch völlig in Ordnung.
Vielleicht nimmst du jetzt das Schicksal deiner Mutter einfach an, du weisst, dass du es nicht ändern kannst, aber deswegen musst du dir doch nicht als schlechter Mensch vorkommen. Es ist doch schön,dass du deiner Mutter ihre letzte Zeit einfach möglichst angenehm machen willst.
Was die künstliche Ernährung anbelangt; ich glaube, ich würde dem zustimmen, wenn es meine Mama wäre. Ich könnt mich nicht anders entscheiden. Wenn sie gehen will, dann wird sie gehen, denke ich.
Ich wünsche dir und deiner Mutter alles Liebe, ich denke an euch und ich hoffe, dass sie weiterhin keine Schmerzen hat!
Viele herzliche Grüße, Caroline
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  #10  
Alt 13.10.2005, 13:47
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ela68 ela68 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Hallo Siri

als ich deine Geschichte las,dachte ich es wäre meine,so ähnliches habe ich auch erfahren müssen,nur mit meinem Vater.

Wenn es ihm gut ging,ging es mir auch gut,es tut einfach nur weh einen lieben Menschen so leiden zusehen und nicht helfen können,außer für ihn da zu sein.

Ich hab mich auch oft gefragt,ob ich zu egoistisch bin, weil ich nicht möchte,dass er stirbt?Für mich hätte es noch Jahre so weiter gehen können,nur für ihn war es kein Leben mehr.

Wir haben ihm auch oft gewünscht,dass er doch endlich gehen kann,nur was es wirklich bedeutet,merkt man erst wenn es dann passiert ist.


Wünsche deiner Mama und dir alles Gute und viel Kraft für die kommende Zeit.

Liebe Grüße
Ela

P.S. deine mama scheint genauso eitel zu sein,wie es mein Papa war,obwohl es ihm so schlecht ging,mußten seine Haare richtig liegen,sein Schnäutzer richtig gestutzt.
__________________
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  #11  
Alt 13.10.2005, 20:37
Tantom Tantom ist offline
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Hallo!
Meine Mutter ist 1992 mit nur 39 Jahren an Gebärmutterhalskrebs gestorben. Im Februar 92 wurde die Krankheit im Stadium II entdeckt, dann folgte Bestrahlung, eine OP war nicht mehr möglich aber letztendlich ist sie im Oktober 92 gestorben. Ich war gerade mal 18 und konnte nicht begreifen was passiert ist. Erst ein paar Monate später ist die ganze Trauer hoch gekommen. Ich bin immer noch sehr traurig, selbst nach fast 13 Jahren ist die Trauer noch groß und der Verlust wiegt sehr schwer.

Zumal es in meiner Familie zur Zeit wieder einen Fall von Krebs gibt bei dem sich einem die Nackenhaare hochstellen.....
Bei meiner Cousine wurde 2002, sie war erst 16!!!!!, ein bösartiger Eierstocktumor von 1,4 kg festgestellt. Nach Chemo und etlichen anderen OPs wegen Bauchwasser, verdächtigen Schatten beim CT, etc. trat 2 Jahre lang nichts bösartiges mehr auf.
Vor ca 4 Wochen wurden dann 2 handteller große Metastasen an der Leber festgestellt. Montag beginnt die 2. Chemo. Sie ist jetzt 19 Jahre alt. Ich bin wütend und traurig, das darf doch doch einfach nicht war sein!!!!
Was soll man machen, sagen, tun? Es gibt keinen Trost für sie....

Grüsse, Tantom
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  #12  
Alt 13.10.2005, 22:10
Tanne11 Tanne11 ist offline
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Liebe Siri !

Wenn ich Deinen letzten Bericht lese, denke ich immer an meine Mama. Ihr ging es genauso. Der "Abbau" fing damit an, dass es ihr schwerfiel zur Toilette zu gehen. Es kam der Blasenkatheter. Sie hatte einen "Shunt" gelegt bekommen weil es einfach nicht mehr möglich war noch eine stechbare Ader zu finden. Durch diesen bekam sie ständig Infusionen (NaCl) und die letzten Tage auch künstliche Ernährung.
Wenn Du vor dieser Entscheidung stehst pro oder contra künstliche Ernährung: stimme dafür. Wolltest Du verhungern/verdursten? Es ist in dieser Situation keinerlei Lebensverlängernde Maßnahme.
Meine Mutter hat zwei Tage vor ihrem geplanten letzten KH-Aufenthalt eine Patientenverfügung ausgefüllt (ganz schön kompliziert, was man da alles hinein interpretieren kann) und ganz eindeutig für eine künstliche Ernährung gestimmt. Sie wollte bloß keine künstliche Beatmung. Sie erhielt auch die letzte Woche nur Sauerstoff durch die Nase um die Atmung zu unterstützen. Ich glaube sie hatte auch Metastasen auf der Lunge wenn ich das so im Nachhinein betrachte. Sie hatte ganz arge Schwierigkeiten mit der Luft. Aber so richtig ausgesprochen hat es niemand.

Ein Morphinpflaster hatte auch meine Mutter. Das ist schon besser. Es wirkt direkt durch die Haut hindurch und das Morphin muß nicht erst noch durch den Magen wo es vielleicht noch mehr Nebenwirkungen verursacht.
(Meine Erklärung, bin keine Arzt).

Es ist schön, dass Du soviel Zeit für Deine Mutter hast. Pflege Sie, tu' alles was sie möchte und redet viel. Das tut gut.

Ich hatte zuletzt den Eindruck, dass meine Mutter zu keiner Gefühlsregung mehr Kraft hatte. Das kommt bestimmt auch alles vom Morphin.

Viel Kraft für Dich und Deine Familie aus dem Westerwald

Tanja
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  #13  
Alt 14.10.2005, 09:59
Siri1981 Siri1981 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

hallo ihr lieben

gestern nachmittag als ich gerade meine mittagspause beendet habe, kam der anruf aus dem KH... eine schwester sagte mir, dass sich meine mama sehr aufregen würde und ständig nach mir und meinem bruder fragen würde... ich habe dann sofort alles stehen und liegen lassen (gottseidank ist meine chefin da sehr, sehr verständnisvoll!) und bin mit meinem bruder (der arbeitet gleich bei mir um die ecke!) ins KH gefahren...

dort haben wir dann meine mutter in einem sehr erregten und auch verwirrten zustand vorgefunden... sie erzählte ständig von flugzeugen, und von einer frau müller, die wir alle nicht kennen... und dann hat sie auch noch von ihrem ersten hund erzählt, denn sie mit 20 gehabt hat, und der schon jahre lang tot ist...

wir haben sie dann versucht zu beruhigen, und die schwester erklärte uns, dass meine mama einfach nicht schlafen könne (oder wolle?)... sie haben ihr mehrmals ein angstlösendes und entspannendes medikament angeboten, aber das wollte sie einfach partout nicht nehmen... nachdem wir so ca. 2h bei ihr waren, wurde sie dann auch tatsächlich wieder ruhiger, und die schwester meinte dann, dass es gut wäre, wenn jemand von uns über nacht bei ihr bleiben könnte... ich habe mich dann dazu bereit erklärt und bin dann nochmals rasch nach hause gefahren und habe ein paar sachen geholt...

ich habe dann den abend durch bei ihr verbracht und sie war bis ca. 20h30 relativ ruhig... wir haben zusammen ferngesehen und ich habe ihr ihre maniküre gemacht... plötzlich aber, hat sie wieder angefangen wirr zu reden... sie war davon überzeugt jemanden vor dem fenster gesehen zu haben, und das obwohl sie im 2. stock liegt... draussen war es dunkel und ich habe immer wieder versucht sie zu beruhigen... sie wollte dann aber unbedingt aufstehen und ich konnte sie fast nicht davon abhalten, also habe ich eine schwester gerufen... diese ist dann gekommen, und wir haben dann eine gute 3/4h versucht sie zu überreden, die tablette gegen die angst einzunehmen... sie hat sich aber strikt geweigert, und wollte mit dem arzt sprechen... dieser ist dann auch gekommen, und sie hat wieder ganz viel wirres zeug angefangen zu reden... die ärztin hat sie dann auch zu überzeugen versucht, aber sie blieb stur und hat sich immer mehr aufgeregt... die ärztin hat mir dann gesagt, dass sie ihr was spritzen müsste, wenn sie sich nicht beruhigt... schlussendlich kam es dann soweit, dass sie zu fünft (!!!) meine mutter festhalten mussten um ihr etwas zu spritzen... sie hat getobt und hat uns alle beschimpft, es war einfach nur schlimm...!!! das schlimmste an allem war aber dann, dass sie nach der spritze partout nicht mehr mit mir reden wollte... sie hat sich immer wieder weggedreht und ich habe sie dann einfach in ruhe gelassen...

die spritze hat dann auch relativ schnell gewirkt und sie ist merklich ruhiger geworden... kurz darauf ist sie dann sogar eingeschlafen, und ich auch... ich bin dann in der nacht ca. alle 2h mal aufgewacht, aber ich hatte das gefühl, dass sie relativ ruhig war... heute morgen dann wirkte sie relativ entspannt und als ich sie fragte ob sie gut geschlafen hat, meinte sie ja...

die schwester hat mich dann gefragt, ob ich heute abend wieder dort übernachten würde, oder ob sie lieber jemanden vom KH beauftragen sollte (es gibt da wohl so einen speziellen dienst)... ich habe dann gesagt, dass ich darüber sehr froh wäre, denn ich möchte heute abend einfach bei meinem mann sein... ich habe mich die letzte nacht so verdammt alleine gefühlt, und ich kann einfach heute nicht nochmals dort übernachten... allerdings kommen nun schon die schuldgefühle in mir hoch... lasse ich meine mama im stich??? bin ich eine schlechte tochter deswegen? die eine schwester (mit ihr hatte ich gestern ein sehr langes gespräch) meinte, ich müsse jedenfalls schauen, dass ich auch zwischendurch mal etwas kraft auftanken kann, ich könne nicht nur noch für meine mama da sein... aber ist das nicht die aufgabe als ihre tochter? ich frage mich immer, ob sie nicht auch (wenn alles umgekehrt wäre) jede nacht an meinem bett wachen würde? momentan bin ich hin- und hergerissen zwischen dem wunsch heute abend einfach mal wieder mit meinem mann auszugehen - unter menschen... mal wieder mit freunden zusammensitzen und versuchen all die probleme wenigstens für ein paar stunden zu vergessen, oder zumindest in den hintergrund zu stellen... und zwischen dem wunsch eine gute tochter zu sein und meiner mama beizustehen... bei ihr zu sein...

die pflege im KH ist wirklich hervorragend, und die schwestern kümmern sich wirklich rührend um mama, besonders, da auf ihrer station zur zeit nur ca. 5 patienten liegen... ich weiss sie in wirklich guten händen, und das beruhigt mich doch sehr... andererseits ist da eben dieses pflichtgefühl... ihr wisst bestimmt was ich meine...?! ich hoffe es zumindest...

die ärzte geben meiner mama nun alle 6h eine spritze, damit sie gar nicht mehr in diesen aufgeregten zustand kommen kann... ich denke es ist das richtige für sie, aber schlussendlich bleiben natürlich immer zweifel... darf ich einfach so über ihr leben bestimmen? sollte sie dies nicht selber tun dürfen? andererseits ist sie zunehmend so verwirrt, dass ich mich frage, ob sie noch objektiv etwas entscheiden kann...?!

ach leute es ist so schwer... aber einfach kann das ganze wohl ganz einfach nicht sein...

Siri
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  #14  
Alt 14.10.2005, 11:03
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Caroline3 Caroline3 ist offline
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Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Liebe Siri!
Wenn ich deine Zeilen lese, hoffe ich, dass mir so etwas hoffentlich nicht widerfährt. Es ist wirklich schwer diese Situation.
Ich denke, du brauchst kein schlechtes Gewissen haben, wenn du mal ausgehst - mal auf andere Gedanken kommen, bisschen Abwechslung und "Luft holen" tut dir bestimmr gut, und du kannst dann wieder mit neuer Energie für deine Mutter da sein.
Wenn deine Mutter so verwirrt ist, dann kann sie wahrscheinlich wirklich selbst keine Entscheidungen mehr treffen. Da braucht sie jemand, der das für sie tut. Das machst du dann so, wie du es für richtig hälst.
Ich wünsche dir viel Kraft und denke an dich!
Alles Liebe für dich und deine Familie!
Caroline
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  #15  
Alt 14.10.2005, 11:42
Tanne11 Tanne11 ist offline
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Beiträge: 15
Standard AW: Es ist so unendlich schwer...

Liebe Siri !

Tanke zu Hause Kraft. Du brauchst das jetzt. Meinem Vater, der täglich bei meiner Mutter war, hatten die Leute aus dem KH auch angeboten über Nacht zu bleiben. Aber er sagte, dass er dann nicht ruhig schlafen kann und zu Hause einfach mal "abschalten" muß, sofern man das so nennen kann.

Die Verwirrung kommt ganz bestimmt durch das Morphin-Pflaster und eine evtl. Erhöhung der Dosierung. Meine Mutter wurde, nachdem sie mal das halbe KH zusammengerufen hat weil sie dachte es sei ein Feuer in ihrem Zimmer "Feuer, Feuer, Feuer" hat sie ständig gerufen, in ein Einzelzimmer verlegt. Die noch "rüstigen" anderen Krebspatienten bekamen damit wieder ein bißchen Ruhe.

Ich habe mir auch oft Gedanken gemacht: Fährst du zu selten zu Mama, machst du alles richtig?, Könntest du nicht noch etwas mehr tun?, hättest du vielleicht mal besser.....

Selbstzweifel, Vorwürfe, das ist all' das was mich manchmal beim Gedanken an meine Mutter zerfrißt. Dieses "hättest du doch.." bleibt.

Viele liebe Grüße und ganz viel Kraft !

Tanja
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