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  #1  
Alt 21.11.2007, 17:27
Lasna Lasna ist offline
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Standard Über den Tod reden - Wie und wann?

Ihr lieben Leidensgenossen,

Lange Zeit haben wir gehofft, doch das Unvermeidliche steht nun bevor. Meine Mutter, die seit 4,5 Jahren an Eierstockkrebs leidet, wird wohl nicht mehr lange bei uns sein.

Ich merke, dass sie sich uns - meinem Bruder und mir - gegenüber zusammennimmt. Von den Ärzten und Pflegepersonal weiß ich aber, dass sie über das Sterben redet und Angst davor hat. Scheinbar will sie uns nur schonen, indem sie das Thema Tod nicht anspricht. Und ich möchte es eigentlich auch nicht ansprechen, weil es sie so aufwühlt. Aber es muss wohl sein. Es bringt doch nichts, wenn sich beide Seiten schonen wollen.

Nun meine Frage an die, die gerade in einer ähnlichen Lage wie ich sind oder die das Ganze vielleicht auch schon durchgemacht haben: Soll man das Sterben thematisieren? Wie redet man über den Tod? Ich fühle mich so hilflos und verzweifelt, dabei möchte ich meiner Mama doch Mut und Trost geben...

Liebe Grüße,
Ines
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  #2  
Alt 21.11.2007, 17:39
Martina R. Martina R. ist offline
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Ort: Solingen
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Hallo Ines,
ich habe meine Schwiegereltern beide in den letzten 10 Monaten an Krebs verloren und ich kann dich so gut verstehen!
Wir waren mit meiner Schwiemu beim Arzt und er hat ganz deutlich gesagt, dass sie austherapiert ist. Auf dem Nachhauseweg hat sie dann gesagt: Wieviele Jahre soll das denn noch so gehen, bis ich wieder ganz gesund bin?
Mein Mann hat dann alleine nochmal mit ihr gesprochen.
Sie hat aber bis zum Schluss immer wieder gesagt, das sie ja bald wieder gesund wird. Sogar bei der Einlieferung ins Hospiz. Mit den Schwestern und Ärzten hat sie aber über den Tod gesprochen.
Heute nach 10 Monaten weiss ich, daß sie uns schützen wollte und diesen Weg ganz alleine gehen wollte.
Vor fast 3 Wochen ist mein Schwiegervater gestorben, auch im Hospiz. Mit ihm konnte man ansatzweise über den Tod sprechen. Aber auch er wollte uns immer schützen und hat alles bagatellisiert: Macht euch nur keine Sorgen, das wird schon.
Was ich dir sagen möchte ist, biete ihr an über den Tod zu reden indem du ihr dazu die Möglichkeit gibst. Aber nimm es auch hin, wenn sie nicht darüber reden möchte. Durch Gesten und Worten, die gar nichts mit Abschiednehmen zu tun haben, haben meine Schwiegereltern uns gezeigt wie es ihnen geht und was wir ihnen bedeuten.
Leider haben wir es in der Sterbephase nicht richtig verstanden und immer auf klare, deutliche Worte gewartet. Das tut mir heute leid.
Sei immer für den Kranken da und such auch die körperliche Nähe, das ist auch Abschiednehmen und ein Zeichen von Liebe.
Viel Kraft
Martina
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  #3  
Alt 21.11.2007, 18:34
Mona66 Mona66 ist offline
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Ort: Bonn
Beiträge: 236
Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Ines,
meine eigene Diagnose liegt erst knapp ein Jahr zurück, daher hoffe ich, dass ich noch ein bisschen Zeit habe, rede aber auch dann und wann schon übers Sterben. Vielleicht noch ein bisschen unkonkret. Aber die Menschen sind da sicher unterschiedlich und daher mein Tipp: Suche mal, ob es in Deiner Gegend frei (d.h. ohne ärztliche Verschreibung, hoffentlich unkompliziert, geht meist schneller) zugängliche psycho-onkologische Unterstützung gibt (hab ich auch). Oft gibt es die im Kontext von Vereinen zur Krebshilfe o.ä. oder auch Krankenhäusern. Oder suche mal bei Hospizen oder Palliativstationen nach einem Beratungsgespräch. Wo ich wohne, wird sowas angeboten. Wenn du nichts findest, frag mal den Onkologen. Ich hab Ärzte als Leute kennengelernt, die viel wissen, aber nie so recht wissen, wann sie denn ihr Wissen an wen geben sollen (außer es geht um OPs und die Anwendung von Medikamenten), es sei denn, man fragt sie direkt und man weiß schon so ungefähr was man braucht...

Was ich mir vorstelle: Du suchst das Gespräch mit diesen Menschen, die viel Erfahrung mit dem Thema haben. Ich vermute, dass dir schon ein oder zwei Gespräche diesbezüglich weiterhelfen werden. Ich bin mir sicher, du wirst da viele tröstende Dinge hören. Meine Psycho-onkologin sagte z.B. dass die meisten Menschen bevor sie sterben, ihrer Beobachtung nach einen recht entspannten Gesichtsausdruck bekommen und offenbar auch die Schmerzen dann eher nachlassen.

Was ich auch noch ganz wichtig finde: Selbst wenn Deine Mutter mit Dir nicht darüber sprechen möchte... auch du und dein Bruder... ihr solltet euch etwas gutes tun und solche Gespräche in Anspruch nehmen. Alles, was man nicht kennt und mit dem man wenig Erfahrung hat, belastet letztendlich und Sterben ist im Leben wohl so etwas... warum soll man sich alle Gedanken darum selbst machen und selbst entwickeln, wo doch die Situation sowieso schon anstrengend ist? Lasst Euch unterstützen... Ich wünsch Euch, dass ihr einen guten Ansprechpartner findet.

lieben Gruss
Mona
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  #4  
Alt 23.11.2007, 13:02
Benutzerbild von mutzel
mutzel mutzel ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Hallo Ines,
es ist einfach schrecklich sich damit auseinander setzen zu müssen. Ich kann dich sehr gut verstehen.
Meine Mama wusste schon länger das sie Krebs hatte, hat aber nicht darüber
gesprochen. Sie hat alles mit sich selber ausgemacht. Sie musste Ende August ins Krankenhaus und erst da habe ich es auch erfahren. Geahnt habe ich es aber auch schon früher.
Vor zwei Wochen musste ich sie beerdigen. Der Weg war sehr schwer für
mich. Sie wollte auch über garnichts mit mir reden.
Weder über den Tod noch über andere wichtige Dinge wie Bankvollmachten,
Versicherungen und und .....
Ich stehe vor einem großen Scherbenhaufen.
Sie hat auch im Hospiz mit niemandem über den Tod gesprochen. Sie wollte nicht sterben - bis zum Schluss hat sie immer gesagt ich bin bald wieder zu Hause.
Aber ich denke meine Mama wollte ein Stück normales Leben erfahren wenn ich sie besucht habe. Sie wollte meinen Obtimismus und meine Lebensfreude
erleben. Ich habe mehrmals versucht mit ihr zu reden, aber sie hat immer gesagt ich solle ihr doch was positives erzählen.
Deshalb denke ich auch wenn es einem selber schwerfällt muss man die
Wünsche respektieren.
Zu einem würdevolle Tod gehört auch Selbstbestimmung bis zum Schluss und
wenn es der Wunsch deiner Mutter ist nicht über solche Dinge reden zu wollen - dann würde ich ihn respektieren. Begleite deine Mama so wie du meinst das es für sie gut ist. Erfülle ihre Wünsche und lerne sie loszulassen.
Auch das ist sehr wichtig, denn erst dann kann der Mensch gehen. So hat zumindest meine Erfahrung es gezeigt.
Meine Mama habe ich bis zu letzt begleitet und als ich sie losgelassen habe
und es ihr auch gesagt habe konnte sie in Ruhe einschlafen.

Aber DU solltest auf jeden Fall mit jemandem reden und deine Ängste und Sorgen aussprechen. Das habe ich zu wenig getan und momentan habe ich
das Gefühl das ich bald an meinen Sorgen und an meiner Trauer ersticke.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Stärke.
Ich fühle so mit dir

LG Simone
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  #5  
Alt 23.11.2007, 18:39
Lasna Lasna ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Martina,

Es tut mir so leid, dass auch du zwei liebe Menschen an diese verdammte Krankheit verloren hast. So wie deine Schwiegermutter aus deinen Erzählungen klingt, könnte es meine Mutter sein. Gerade heute hat sie gesagt, dass sie nächste Woche schon wieder normal gehen können wird - obwohl es von Tag zu Tag schlechter wird! Das tut mir so weh, dieser verzweifelte Optimismus. Aber ich habe akzeptiert, dass sie nicht über den Tod sprechen will. Sie will es so. Ich hoffe, ich kann bis zum Schluss bei ihr sein...

Liebe Mona,

Wir kennen uns ja schon aus dem EK-Forum. Wie geht es dir denn? Du Liebe, hast selbst so viel um die Ohren und so schwere Sorgen und hilfst auch noch uns Angehörigen! Hast du deinen letzten Chemozyklus schon beendet?
Danke für deinen Tipp mit der psychologischen Beratung. Meine Mama hat ja schon seit Beginn ihrer Erkrankung eine Psycho-Onkologin, die ihr sehr geholfen hat. Ich selbst werde, wenn sie einmal nicht mehr bei uns ist, sicher auch eine Therapie machen.
Ich glaube auch, dass der Tod nichts Schlimmes ist, nur das Leid, das ihm vorangeht, kann ich so schwer mitansehen.
Liebe Mona, du bist noch weit entfernt von so schweren Gedanken! Ich wünsche dir alles, alles Gute!

Liebe Birgit,

Danke, dass auch du als Betroffene dir unsere Sorgen anhörst! Dafür gebührt dir wirklich großer Dank.
Mir ist gerade heute klar geworden, dass ich Mamas Wunsch - oder ihre Realitätverweigerung? - einfach akzeptieren muss. Ich will es ihr nicht noch schwerer machen. Ich versuche, so viel Zeit wie möglich an ihrem Bett zu verbringen. Heute musste ich mich das erste Mal richtig zusammennehmen, um nicht weinen müssen. Das will sie sicher nicht sehen. Ich kenne sie so gut wie keinen anderen Menschen sonst. Und genau deshalb werde ich mir euren Rat zu Herzen nehmen und diese Zeit so durchstehen, wie meine Mama es für richtig hält...

Liebe Simone,

Es berührt mich sehr, was du seit August durchgemacht hast. Und ja, ich bin in einer ganz ähnlichen Lage. Meine Mama will einfach nicht der Realität ins Auge sehen. Gerade mal über die Sparbücher haben wir einmal nebenbei geredet. Ansonsten will sie noch immer so normal wie möglich leben. Und ich bemühe mich, ich bringe alle meine Kräfte auf, um halbwegs normal zu sein, wenn ich an ihrem Bett sitze. Auch wenn ich schreien könnte vor Schmerz. Aber ich erzähle ihr eben Dinge, die sie wenigstens zum Schmunzeln bringen. Diese Bilder schließe ich schon heute ganz tief in mein Herz ein. Wenn alles vorbei ist, werde ich therapeutische Hilfe annehmen. Was tust du, um deine Trauer irgendwie zu ertragen? Du klingst so traurig... und trotzdem befasst du dich noch mit den Sorgen von uns bzw. mir. Du bist sicher ein ganz starker Mensch!

Ihr Lieben, ich danke euch für eure Worte und Ratschläge. Es ist mir erst jetzt klar geworden, dass ich es eben akzeptieren muss und werde. Ich hoffe, ich stehe die Zeit, die nun vor uns liegt, durch...

Ines
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  #6  
Alt 26.11.2007, 12:03
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mutzel mutzel ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Hallo Ines,
ich bin wahrlich kein starker Mensch. Ich befinde mich gerade in einer eigenartigen Situation. Einerseits komme ich erstaunlich gut mit der Situation
klar, aber dann im nächsten Moment ist mir alles egal und und die Stimmung
schlägt um. Ich kann es nicht steuern.
Und mein Umfeld geht zur Tagesordnung über und lebt normales Leben weiter,
aber für mich ist nichts mehr wie es war.
Es ist ganz komisch zu beschreiben.
Da ich Einzelkind bin und meine Eltern geschieden sind bleibt auch alles was
jetzt noch kommt an mir hängen. Sämtliche Formalitäten und dieser ganze
Mist. Ich muss mich mit Dingen rumschlagen von denen ich wenig bis garkeine
Ahnung habe. Und vieles ist einfach nicht besprochen.....
Aber jetzt zu dir. Du darfst auch ruhig weinen, wenn dir da nach ist. Du bist
auch nur ein Mensch mit Gefühlen, diese Phase hatte ich auch.
Es ist ein Auf und Ab so wie diese Krankheit. Einen Tag kann man besser damit umgehen und mal schlechter. Und das ist auch ganz normal.

Ich finde dieses Forum eine super Sache, ich bin froh das ich es entdeckt habe. Hier kann man auch mal Dinge aussprechen, die man sonst in sich vergräbt.
Ich denke zur Zeit über eine Selbsthilfegruppe nach- mal sehen was es hier
Vorort gibt. Denn auch die Freunde die für einen da sind reichen auf Dauer glaube ich nicht aus.

Liebe Ines ich drück dich ganz doll - und wünsche dir viel Kraft, aber
auch noch viele schöne Stunden mit deiner Mama.
Ich habe die letzten Tage mit Mama aufgesaugt wie ein Schwamm.
Kopf hoch - du schaffst das

LG Simone
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  #7  
Alt 26.11.2007, 19:55
Lasna Lasna ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Hallo Ihr Lieben,

Mittlerweile geht es meiner Mama richtig schlecht. Vom Sterben will sie noch immer nichts wissen. Ich habe sie zwar noch nicht darauf angesprochen, aber sie redet noch immer davon, bald nach Hause gehen zu können. Leider kündigt sich ein Darmverschluss und/oder Leberversagen an. Wegen den Morphinen ist sie kaum ansprechbar. Wenigstens hat sie keine Schmerzen, das ist mein einziger Trost.

Zur Zeit bin ich wegen meiner eigenen Gefühle vollkommen verwirrt und wollte Euch fragen, ob es Euch ähnlich ergeht bzw. ergangen ist. Ich kann meine Gefühle selbst nicht verstehen. Wenn ich bei meiner Mama bin, bin ich total gefasst, sehe sie an und stelle mir schon vor, wie es sein wird, wenn sie nicht mehr atmet. Solche Gedanken gehe ich ganz nüchtern durch und ich akzeptiere das, was kommen wird. Sie tut mir unendlich leid und ich wünsche mir nur, dass sie einschlafen darf und nicht leiden muss. Aber in mir selbst tut sich gar nicht diese völlige Verzweiflung auf, mit der ich gerechnet habe! Sobald ich aber alleine zu Hause bin, bekomme ich einen Weinkrampf. Den heule ich dann aus und dann bin ich wieder so seltsam gefasst-nüchtern (wie jetzt). Ist das normal? Verdränge ich die Realität? Ich werd's wahrscheinlich erst dann fassen, wenn es so weit ist...

Liebe Simone,

Mir geht es ähnlich. Meine Eltern sind auch geschieden und zu meinem Bruder habe ich kaum Kontakt. Meine Mama ist der liebste Mensch, den ich habe und steht mir am nächsten. Ich weiß nicht, wie das Leben ohne sie sein wird, wie ich es überwinden soll.
Du und ich - wir dürfen nur nicht vergessen, dass es uns eines Tages besser gehen wird.
Ich wünsche Dir weiterhin viel und noch viel mehr Kraft. Ich fühle mich Dir sehr verbunden, obwohl ich Dich gar nicht kenne. Dieses Forum ist auch für mich ein Segen!

Viele Grüße an alle,
Ines
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  #8  
Alt 26.11.2007, 22:15
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Rena24 Rena24 ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Ines, du verdrängst die Realität nicht, mir geht es genau so. Meinem Schatz geht es auch sehr schlecht. Die genaue Ursache ist noch nicht geklärt. Vermutet werden wieder Metas im Kopf oder an der Wirbelsäule. Ich war heute den ganzen Tag im Krankenhaus, hab ihm auf die Toilette geholfen, Wasser gegeben, die Hand gehalten, die Schwester gerufen, wenn die Schmerzen zu heftig wurden. Total emotionslos. Erst als ich gehen wollte, musste ich weinen. Ich stelle mir schon seit längerer Zeit vor, wie es ohne meinen lieben Schatz ist. Immer in Situationen, wo ich eigentlich an "nichts" denke. Ich sehe mich dann bei der Beerdigung, stelle mir den Anruf aus der Klinik vor, dass ich sofort kommen muss. Überlege, ob ich selber oder mit dem Taxi fahre. Total verrückt, aber ich glaube normal.

Ich wünsche euch alles Liebe und ganz viel Kraft. Auch wenn man das so oft hört, es ist das Wichtigste! Auch für den lieben Menschen, um den es geht!
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  #9  
Alt 27.11.2007, 11:44
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mutzel mutzel ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Ines,
genau so habe ich mich auch gefühlt.
Du verdrängst die Realität nicht, genau das ist die Realität. Leider....
Auch wenn sie einem nicht gefällt und man auch nicht weiß wie wird es
Morgen oder Übermorgen. Man lebt wie in seiner eigenen Welt unter einer
Dunstglocke. Man bekommt zwar alles mit was um einen rum passiert, aber
an manchen Tagen interessiert es einen überhaupt nicht.
Ich habe Tage hinter mir wo ich Dinge tue, die ich mir in meinem künsten Träumen hätte niemals vorstellen können.
Ich wollte nur im Bett bleiben, keine Familie versorgen, nicht arbeiten, keinen
Sport machen, keine Verantwortung für irgendwas übernehmen. Einfach nur
da liegen..... Du kennst mich jetzt nicht, aber so bin ich nie gewesen. Ich bin
sonst ein sehr lebensfroher, verantwortungsbewusster, fürsorglicher Typ Mensch.
Das ist momentan alles weg - ich sage meine Termine ab - kann meine Sportgruppe nicht richtig trainieren, meine Kinder nicht richtig versorgen...
Das ist alles komisch und neu für mich, ich muss Hilfe annehmen obwohl ich sonst für alle die Hilfe bin. Das ist eine neue Erfahrung - mit der ich erstmal
lernen muss umzugehen.

Liebe Ines du merkst das in einer solchen Lebenssituation nichts unnormal
oder realitätsfern ist. Denn man durchlebt es gerade....
Es ist alles pure Realität, die jeder anders verarbeitet.
Ich drücke dich ganz dolle und hoffe das euer Leidensweg auch bald eine
ruhiges Ende findet. Begleite deine Mama so gut du kannst, das hilft dir hinterher ein ganzes Stück weiter. Und lerne sie los zu lassen und auch das
im richtigen Moment ihr zu sagen, auch wenn es schwer fällt.
Sie wartet darauf und es macht euch beiden den Abschied leichter.
Vielleicht noch ein kleiner Rat, meine Mama wollte nicht so eine hohe Dosis
Morphium, weil sie gerade diesen Schwummerzustand nicht haben wollte.
Wir haben eine gute Dosierung gefunden, womit Mama keine Schmerzen hatte, aber auch noch normal am Leben teilhaben konnte. Ist ein kleines ausprobieren, aber uns hat es sehr viel Lebensqualität gebracht.
Vielleicht sprichst du einfach mal mit dem Arzt.
Ist deine Mama im Krankenhaus oder in einem Hospiz?

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Ausdauer aber auch noch schöne
Momente mit deiner Mama.
Ich bin in Gedanken bei dir.....

LG Simone
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  #10  
Alt 27.11.2007, 19:55
Lasna Lasna ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Ihr Lieben,

Danke für Eure Gedanken, Antworten und Ratschläge. Ich empfinde es noch immer als großen Segen, dieses Forum gefunden zu haben. Es erleichtert ungemein, Dinge äußern zu können, die andere auch verstehen. Denn mein Umfeld kann ja beim besten Willen nicht verstehen, wie es einem als Angehöriger wirklich geht.

Nach wie vor machen mir meine eigenen Gefühle ein wenig Angst. Vielleicht ist es ein Schutzmechanismus meiner Psyche, dass ich plötzlich so nüchtern und rational über alles nachdenke? Natürlich kommen 3-4 Mal am Tag Einbrüche, wo ich weinen muss, aber alles in allem bin ich erschreckend gefasst. Nur gut, dass es auch Euch so geht, ich dachte schon, da stimmt etwas nicht mit mir!

Liebe Rena,

Wie geht es Deinem Mann? Hast Du schon über eine gut eingestellte Schmerztherapie gesprochen? Wie auch Werner sagt, Schmerzen müssen wirklich nicht sein!
Auch ich stelle mir immer wieder vor, wie die Verabschiedung sein wird. Ich sehe mich, wie ich von allen Verwandten ihr Beileid entgegennehme usw. Und wenn der Anruf aus dem Krankenhaus kommt, habe ich auch schon vorgesorgt. Alles durchgeplant - ist das nicht verrückt?! Eine durchgeplante Tragödie...
Liebe Rena, es ist unmenschlich, wie viel Kraft unsere Lieben und wir aufbringen müssen. Aber ich glaube, wir Angehörigen werden so lange "funktionieren", wie es sein muss. Und danach können wir schwach sein. Danach wird die Trauer kommen. Und auch das werden wir überstehen. Ich wünsche dir auch ganz viel Kraft, Zuversicht und schöne Momente mit deinem Liebsten!

Liebe Simone,

Ich glaube, du durchlebst gerade die Talsohle deiner Trauer. Bitte vergiss nicht, dass auch dieses Tal einmal durchschritten sein wird und es dir wieder besser gehen wird! Das braucht seine Zeit und wenn du jetzt hin und wieder apathisch bist und glaubst, deine Kinder nicht richtig versorgen zu können, dann mach dir bloß keine Vorwürfe. Die Trauer muss durchgearbeitet werden und verlangt nach ihrem eigenen Tempo. Ich finde, es ist eine gute Idee, Hilfe anzunehmen, um dich in deinem Trauerprozess zu begleiten und dich zu stützen, damit du nicht vergisst, dass es auch dir eines Tages wieder einmal besser gehen wird!
Zur Schmerztherapie: Auch meiner Mama behagt es nicht ganz, dass sie immer so müde ist und sofort wieder einschläft. Aber ich - und sie sicher auch! - möchte auf keinen Fall, dass sie Schmerzen ertragen muss. Deshalb bleibt das Morphinpflaster drauf. Bei ihr kommt noch hinzu, dass die Leberfunktion immer schlechter wird. Durch die innerliche Vergiftung wird sie auch immer müder. Die Ärztin hat mir und ihr heute gesagt, dass sie jetzt immer mehr schlafen wird und irgendwann einmal nicht mehr ansprechbar sein wird. Sie hat ihr versprochen, dass sie weder Schmerzen noch Atemnot haben wird. Ich hoffe und bete, dass es so sein wird.

Liebe Grüße,
Ines
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  #11  
Alt 27.11.2007, 20:49
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Rena24 Rena24 ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Ines, meinem Mann geht es unverändert. Ergebnisse kommen erst morgen. Über eine Schmerztherapie wurde noch nicht gesprochen, im Moment bekommt er immer Morphium, wenn die Schmerzen zu heftig werden. Die Ärzte wollen erst die Ursache für die Lähmung und für die Schmerzen herausfinden.

Wie geht es denn deiner Mama? Ich wünsche euch, dass deine Mama weiterhin keine Schmerzen hat und nicht zu doll leiden muss.

Ein "Satz" ist mir gestern abend noch eingefallen, wir sind nicht verrückt, der Krebs ist es. Auch wenn das kein Trost ist.

Weiterhin alles Liebe und viel Kraft. Rena.
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  #12  
Alt 28.11.2007, 08:31
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mutzel mutzel ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Ines,
ich meinte ja auch nicht, dass man garkein Schmerzmittel nimmt,
sondern das auch die Dosierung mit Schmerzpflaster und Medikamenten
so gewählt werden kann, das man nicht ständig dieses Gefühl hat neben
sich zu stehen. Meine Mama war teilweise so unter Morphium gesetzt das
sie garnichts mehr mitbekommen hat und auch mich nicht mehr erkannt hat.
Diese Phase war im Krankenhaus, damit man weniger Arbeit mit der Patientin
hatte. Da habe ich auch einige Dinge erlebt die nicht Menschenwürdig waren.
Im Hospiz hat man diese Schmerztherapie so umgestellt das ein Leben ohne
Schmerzen möglich war. Und Mama hat jeden Tag bewusst miterleben können. Sie ist auch immer wieder eingschlafen, aber das hängt auch mit dem
allgemeinen Verfall des Körpers zusammen.

Werner: Ich war und bin in keinsterweise egoistisch. Der Wunsch kam von
meiner Mama, sie sagte ich möchte diese hohe Dosis Morphium nicht, weil ich
dann so neben mir stehe und nicht mehr am Leben teilnehmen kann.
Ich habe meine Wünsche in dieses Zeit völlig zurückgestellt - Mama stand immer im Mittelpunkt. Ihre Wünsche wurden respektiert und umgesetzt.
Sie ist gerade deswegen weil ich ihre Wünsche erfüllt habe in aller Ruhe eingeschlafen. Sie hat bis zum Schluss alles selber entschieden, was mit ihr
passieren soll. Und das kann man oft im Krankenhaus nicht ist meine Erfahrung.
Im Hospiz ist menschenwürdiges Sterben möglich.......

liebe Ines ich drücke dich ganz doll

LG Simone
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  #13  
Alt 28.11.2007, 09:03
Lasna Lasna ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Simone,

Ich weiß, dass du dich nicht vollkommen gegen Schmerzmittel ausgesprochen hast. Ich habe dich schon richtig verstanden und werde meine Mama heute behutsam fragen, was sie sich wünscht. Ich fahre heute zu ihr ins Krankenhaus (sie liegt auf einer Palliativstation, die sich sehr, sehr gut um die Patienten kümmert - es gibt auch nur 4 Betten - ihnen aufmerksam zuhört und genau aufpasst, dass dieser letzte Weg in Würde gegangen werden kann) und bleibe auch über Nacht. Ich hoffe, ich habe die Kraft, das durchzustehen...

Ines
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  #14  
Alt 30.11.2007, 19:25
Lasna Lasna ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Meine liebe Mama durfte heute früh einschlafen. Ich konnte mich von ihr verabschieden, war die letzten Stunden bei ihr und als sie von uns ging, hatte sie sogar ein Lächeln auf dem Gesicht. Trotzdem tut es so weh und ich vermisse sie schon jetzt ganz furchtbar...

Ines
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  #15  
Alt 30.11.2007, 22:47
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Marie25 Marie25 ist offline
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Standard AW: Über den Tod reden - Wie und wann?

Liebe Ines ,
fühle Dich gedrückt, mein herzliches Beileid.

Stille Grüße
Marianne
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