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  #1  
Alt 01.09.2015, 10:16
Viva2011 Viva2011 ist offline
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Frage ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken aus?

Hallo zusammen,

ich bin Anfang 40 und seit Ende 2011 an metastasierten Brustkrebs erkrankt.

Ich habe dann 2013 den Versuch unternommen zu arbeiten, dieser Versuch hat sich dann nach sehr kurzer Zeit wieder erledigt.

Hin und wieder - nicht aus meinem engen Umfeld aber aus dem weiteren Umfeld werde ich gefragt: Was ich den ganzen Tag so tue? Ob mir nicht langweilig ist?

Nein, es gab keinen einzigen Tag an den ich mich gelangweilt habe. Ich habe kein Haus, keine Kinder. Ich muß mit meinen Kräften haushalten und ich bin froh, wenn ich das schaffe, was anliegt.

Wie ist das bei Euch? Zum einen wird Euch diese Frage gestellt, zum anderen kommt bei Euch manchmal so etwas wie Langeweile auf?

lg
Viva
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  #2  
Alt 01.09.2015, 12:38
Benutzerbild von mohnblume79
mohnblume79 mohnblume79 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Ich geb zu, dass ich beim ersten Lesen gedacht hab "eh, was ist das denn für ne bescheuerte Frage" (sorry), aber dann dachte ich, dass doch ein bißchen was dran ist.

Ich bin zwar nicht metastasiert, aber während meiner 6 Monate Chemotherapie kam doch so eine "Leere" auf, die ich nicht direkt mit Langeweile umschreiben würde, aber dem recht nahe kam.

Vorher hatte ich in einer WG gewohnt (viele Leute), Vollzeit gearbeitet (viele Kollegen und Kunden), berufsbegleitend studiert (Kommilitonen)... und dann wurde das Leben mit einer Vollbremsung plötzlich schneckenlangsam und unstrukturiert.

Grundsätzlich würde ich auch unterschreiben, dass ich (auch ohne Haus und ohne Kinder) vollständig damit beschäftigt war, nur den Alltag zu bewältigen. Und für anständige Aktivitäten fehlte mir jegliche Energie.

Aber es gab doch Phasen, in denen die Zeit sowas von gar nicht weiterging, dass ich mir Alternativbeschäftigungen gesucht habe. Hatte in der Adventszeit Strohsterne gebastelt (sowas wär mir ja früher nie eingefallen) und habe mir einen Berg Adventure PC Spiele (nix mit Geballer, eher Detektivspiele) gekauft, weil das nicht so passiv war wie Fernsehen, aber die körperlich schlimmeren Tage überbrückt hat und mein Verstand dann gemütlich als FBI Ermittlerin einen Mord aufklären konnte

Je länger aber die Therapie dauerte, um so mehr habe ich mich an die verlangsamte Geschwindigkeit meines Lebens gewöhnt, die Umstellung war aber richtig hart.

Wünsche Dir alles Gute und bin gespannt, wer hier sonst noch schreibt!!!
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  #3  
Alt 01.09.2015, 13:31
Kaye Kaye ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Hallo Viva!

Ich habe 1 Tag vor meinem 50. Geburtstag bei Besprechung der ED erfahren, dass ich metastasierten BK habe. Die ersten Wochen waren ein Schock. Nun bin ich seit 2 1/2 Monaten zu Hause und es kommt trotz Hunde und Kind und Mann langsam Langeweile bzw. Grübelphasen auf. Ich habe vor dem Befund 50-60 Stunden in der Woche gearbeitet und bin dann ins "Nichts" gestossen worden. Deshalb habe ich beschlossen, dass ich ab Mitte September wieder arbeiten gehe. Sicherlich nicht mehr in diesem Ausmaß aber ich brauche das um mich nicht permanent mit meiner Krankheit zu beschäftigen. Da ich einen 3 Wochen Zyklus habe, habe ich in meiner Firma ausgemacht, dass ich in der Woche nach der Chemo Home-Office mache und in den zwei Wochen vor der Chemo bin ich im Büro. Ich werde sehen wie ich das bewältige. Aber für mich ist es das Beste wieder einen regelmäßigen Alltag zu haben, damit ich nicht zu sehr grüble.
Ich wünsche dir alles Gute
LG
Natalie
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  #4  
Alt 01.09.2015, 15:13
Fink Fink ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

oh je das ist eine wirklich gute frage.

Als ich in Juni 2010 von meiner Kranheit erfahren habe stand ich nur 2 Tage vor
meiner 2 Firmen eröffnug,ich hatte 6 Leute angestellt und einen Mietvertrag
über 5 Jahre abgeschlossen.
War gerade geschieden und wollte komplett von vorne beginnen,für mich ist
erst mal alles zusammen gebrochen,zumal mein Sohn auch erst 12 Jahre war.
Leider stellte sich 4 Monate nach der ED fest das es schon Metas gegeben hatte
also Chronisch Krank .......und wie lange noch?????? konnte mir keiner sagen.
Ich hatte sehr viel Glück mit meinem Personal die es schafften über Monate
die Firma in Schwung zu bringen,als sich zeitweise gute zeiten hatte war ich auch dort konnte aber wegen der vielen OPs und dauer Chemo nicht mehr
mit Arbeiten. Dann kümmerte ich mich nur noch um die Papier Arbeiten und klein
gram der so zu machen war.
Inzwichen habe ich die Firma gut Verkauft.
Danch fing ich an zu Basteln ..... ging nicht lange gut wegen der Finger die durch die Chemo Taup wurden.
Dann fing ich mit einem Internet Handel an das war auch nicht s.
Jetzt bin ich Körperlich doch so fertig das ich es kaum noch schaffe etwas im
Haushalt zu machen,ich brauche für fast alles Personal usw.
Mein Sohn ist jetzt 18 Jahre und ist weiter weg zu Ausbildung.
Derzeit bin ich viel im Netz schaue meinen vielen Vögeln auf der Terasse zu
oder sehr Fernsehn,habe aber auch keine ausdauer mehr für irgend etwas
und Schlafe sehr viel.Ach ja eins habe ich noch habe eine Riesen Mini Parfüm
Sammlung die ich aber jetzt auch teilw in Netz Verkaufe das sauber halten
ist mir auch zu viel geworden.
Ja so ist es leider bei mir geworden aus einer Frau die immer 12-14 Stunden
am Tag gearbeitet hatte und das sehr sehr gerne.
Alles Liebe an alle
Nora
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  #5  
Alt 01.09.2015, 16:06
freundchen70 freundchen70 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Arbeiten würde ich auch gerne wieder.
Im Moment reicht es nur für ein bisschen Buchhaltung im Büro meines Göttergatten. Wir haben zwei Kinder und Haus mit Garten. Das bleibt alles liegen. oft hätte ich solche lustvden Garten umzugestalten. Geht aber nicht mehr.

Langweilig ist mir trotzdem nie. Im Winter stricke ich oder Puzzle . Das geht jetzt aber leider nicht mehr. Deswegen lese ich wieder mehr.
Beschäftigung gibt es genug. Wenn es mir ganz gut geht und es mit den Kindern klappt, versuche ich mit Freunden zu verreisen. Kurztrips .

Gefragt hat mich aber bis jetzt noch niemand ob mir fad ist.
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  #6  
Alt 01.09.2015, 16:26
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allgaeu65 allgaeu65 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Ich bin zwar jetzt wieder Vollzeit, aber ich war während meiner Behandlung komplett arbeitsunfähig geschrieben. In diesen 10 Monaten hatte ich auch keine Langeweile. Ich habe versucht meinen Tag zu strukturieren. Nicht ellenlang im Bett geblieben, sondern spätestens um 8.30 aufgestanden. Kaffee getrunken, geduscht und dann was im Haushalt gemacht.

Mittags gekocht, und nachmittags spazieren gewesen. 2x in der Woche abends Karate trainiert.

Aber ich war dann doch froh als ich wieder arbeiten gehen konnte.
__________________
Das Leben ist schönund das lassen wir uns nicht kaputt machen
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  #7  
Alt 01.09.2015, 21:38
jänchen jänchen ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Hallo zusammen,

ich war 1Jahr (von Juli 2012 bis Juli 2013) arbeitsunfähig.

Nach dem Schock der Diagnose hat es mir gut getan so viel Zeit "für mich "zu haben, denn das hatte ich nie.
Ich habe immer funktioniert und viel gearbeitet.

Ich habe viel Sport gemacht, frisch und gesund gekocht, viel gelesen und jede Menge Socken für den Winter gestrickt und während der Chemo viel viel geschlafen.

Langeweile hatte ich nie.

Grüße an alle
Claudia
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  #8  
Alt 02.09.2015, 10:08
Viva2011 Viva2011 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Vielen Dank für Eure Meinungen.

Zeit für mich selbst zu haben - das empfinde ich auch als sehr wichtig, das brauche ich sehr. ich kann gar nicht genau sagen, was ich in dieser Zeit mache.

ich lasse mir Zeit beim Frühstück, dann dusche ich mal, wenn ich dann einen Termin habe und eine halbe Stunde Luft, diese Zeit muß ich nicht füllen. Mein Tag vergeht irgendwie - aber im positiven Sinne. Essen kochen dauert auch eine Weile, weil es etwas gesundes sein soll. und dann hier und dann noch ein bißchen aufräumen, das ein oder andere Telefonat. und dann kommt irgendwann mein Mann nach Hause.

Im Moment lese ich wieder mehr und eine zeitlang habe ich auch ein Computerspiel gespielt, ich sollte mich noch etwas mehr bewegen, das fällt mir echt schwer.

Und wenn ich dann mal 2-3 Stunden unterwegs war, dann brauche ich auch eine Pause, ansonsten leide ich.

Ich wünsche allen einen schönen Tag.
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  #9  
Alt 10.09.2015, 11:28
freundchen70 freundchen70 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Hallo Viva,

vielleicht reicht ja auch erst mal 1 Stunde aus . So viel würde ich im Moment auch nicht schaffen.
Wie geht's dir denn ??

Im Moment habe ich wieder mit dem stricken angefangen.
Hoffentlich siehts auch gut aus , wenn ich fertig bin.

Liebe Grüße
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  #10  
Alt 12.09.2015, 23:29
Viva2011 Viva2011 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Hallo freundchen,

also wenn ich 2-3 h unterwegs bin, dann wegen eines Termins und der läßt sich dann leider nicht verkürzen. und dann brauche ich definitiv eine Pause.

Ansonsten...fahre ich jetzt erst mal in den Urlaub, vorher hätte es noch eine Untersuchung geben sollen, sie mußte jetzt verschoben werden, weil der Arzt doch später aus dem Urlaub kommt. Das fand ich auch eine sehr interessante Aussage, aber na ja. Ich hätte die Untersuchung gern hinter mich gebracht, aber nun muß ich noch mal 2 Wochen warten... und es liegt mitten in unserem Urlaub. Wer weiß wozu es gut.



Ich winke mal in die Runde und verabschiede mich mal in meinen Urlaub.

Paßt auf Euch auf.

lg
Viva
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  #11  
Alt 13.09.2015, 21:42
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mohnblume79 mohnblume79 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Alles Gute, Viva, ich hoffe Du hast eine tolle Zeit und es reicht auch die Kraft für viel Freude im Urlaub!!!
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  #12  
Alt 16.09.2015, 18:30
Florentine82 Florentine82 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Hallo ihr Lieben,

seit meiner Krebsdiagnose ist auch alles anders als vorher. Ich habe Vollzeit gearbeitet, viel Sport gemacht und war am Wochenende immer unterwegs. Ist ja auch normal mit Anfang 30...

Dann kam die Leukämie und alles war anders. Am Anfang war ich furchtbar verzweifelt und wusste nicht wohin mit meiner Zeit. Ich war es nicht gewohnt, soviel Stille um mich zu haben und keine Aufgabe mehr.

Inzwischen (nach acht Monaten) habe ich mich aber ganz gut strukturiert. Aufstehen um 8 Uhr, frühstücken, duschen, fertig machen. Darüber hinaus versuche ich jeden Tag einzukaufen, frisch zu kochen und eben so die kleineren Haushaltsaufgaben zu machen, damit ich meinen Mann entlaste.

Und ganz ehrlich: auch wenn es unspektakulär klingt, damit bin ich voll und ganz ausgelastet. Kommt irgendwas "Unvorhergesehenes" dazu, bin ich gleich im Stress. Ich brauche halt auch immer noch viele Pausen und Ruhe. Und inzwischen bin ich auch irgendwie ganz froh, soviel Zeit für mich zu haben.

Dennoch hoffe ich, dass ich irgendwann wieder die Alte bin und bald wieder arbeiten kann.
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  #13  
Alt 06.11.2015, 16:39
freundchen70 freundchen70 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Hey Viva,

immer noch im Urlaub?
Im Moment ist mir auch etwas langweilig, was bedeutet, dass meine Kinder überwacht werden. Ich bin gemein.
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  #14  
Alt 06.11.2015, 19:11
conquerer conquerer ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Hallo,

mir geht es auch wie einigen hier. Langeweile kenne ich nicht. Und wenn es mal so werden könnte kommt immer mal was Blödes dazwischen.

Mein Tag ist auch durchstrukturiert, quasi als Rentner in jungen Jahren. Mich hat mein Ex Vorgesetzter auch gefragt wie ich das aushalte ohne Arbeiten zu gehen, da meinte ich so langweilig kann mir nie werden, das ich das vermissen könnte.

Zugegeben ein sotialer Punkt fällt damit auch weg. Man hatte ja auch viel Spass mit den Kollegen. Aber dafür entwickelten sich andere Dinge.

Vielleicht ist es auch so, das wenn man an Krebs leidet, man eher das Gefühl hat noch dies und das im Leben tun zu wollen, bevor es zu spät ist ?

Melancholie und Trübsinn sind in der Situation die falschen Begleiter fürchte ich...

Grüsse
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  #15  
Alt 07.11.2015, 01:20
Daisy1979 Daisy1979 ist offline
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Standard AW: ***Ist Dir eigentlich nie langweilig?*** bzw. Wie sieht der Alltag ein Kranken au

Die Frage nach der Langeweile eines Krebspatienten ist eine sehr gute Frage! Das ist quasi mein "Hauptproblem" seitdem ich krank bin.
Ich leide seit Januar 2014 (also jetzt seit etwa 22 Monaten) unter einem metastasiertem Leiomyosarkom (uteriner Typ). Zu Beginn meiner Erkrankung wurde ich erst mal aus allem herausgerissen! Damals habe ich noch in einer WG gewohnt, habe nebenbei mehrere Jobs gehabt, habe studiert und bin einer sehr umfangreichen, ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen. Ich hatte bestimmt öfter mal einen Tag mit 10 Stunden Arbeit oder mehr (also mit Studium, jobben, Ehrenamt) in meinem Alltag vor dem Krebs! Quasi von einem Tag auf den anderen war (erst mal Schluß mit allem): mein Vermieter hatte der ganzen WG gekündigt (das hatte zwar nichts mit meiner Erkrankung zu tun, aber von Rücksichtnahme in meiner besonderen Situation war leider auch keine Rede), meine Jobs (auf Minijobbasis und halt noch schwarz nebenbei) habe ich alle sofort verloren, in meinem Studium mußte ich mich erst mal ein Urlaubssemester nehmen und mein Ehrenamt musste ich einstellen (war immer bis spät abends). In den ersten Monaten mit meiner Erkrankung war ich hauptsächlich im Krankenhaus, da ich mehrmals operiert wurde, das war von Januar bis Juli letzten Jahres. Dann habe ich im August letzten Jahres die Prognose "noch 1,5 Jahre" bekommen. Daraufhin bin ich erst mal in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen, und war im NCT Heidelberg in der psychologischen Akutbehandlung (zwar nicht stationär, sondern ambulant mehrmals pro Woche, was aber trotzdem sehr intensiv war). Doch seit dem Herbst 2014, also ca. seit 1 Jahr, geht es mir eigentlich ganz gut (physisch und psychisch), ich war zwar noch ein paar Mal im Krankenhaus, aber ansonsten bin ich kaum eingeschränkt, zumal auch zunächst erst einmal keine Chemo bei mir ansteht. Ich schlafe mehr als früher (früher haben auch mal 6h pro Nacht gereicht, jetzt sind es mindestens 8h, eher 9-10h) und bin etwas schneller erschöpft, wenn ich etwas tue, aber ansonsten geht es mir gut. Geheilt werden kann ich leider nicht mehr, aber auch mit meinen (wieder aufgetretenen) Metastasen kann ich gut leben, und werde wohl höchstwahrscheinlich mehr schaffen, als die 18 Monate, die man mir letztes Jahr im August prognostiziert hat. Die Frage, die ich mir nun seit dem letzten Herbst stelle ist: Was mache ich mit meiner ganzen Zeit? Finanziell sah es bei mir so aus, dass ich im gesamtem Jahr 2014 (direkt nach der Erstdiagnosehabe ich einen Antrag gestellt) Hartz 4 bekommen habe, und dann seit Januar diesen Jahres Sozialhilfe, weil es hieß: erwerbsunfähig. Ich bin in diesem Jahr recht viel gereist und habe Freunde (die in ganz Deutschland verteilt wohne) besucht. Jetzt im Sommer war ich viel draußen (am Badesee und im Freibad) und ich mache gerne ein bißchen Sport, aber mit so etwas kann man ja auch nicht immer den ganzen Tag füllen, zumal ich Single bin und keine Kinder habe. Meine Wohnung ist sehr klein (zum Glück habe ich letztes Jahr schnell Ersatz gefunden und liebe Freunde haben mir den Umzug gemacht), da gibt es also auch nicht viel zu machen, und konkrete Hobbies habe ich keine, so dass mir schon öfter mal langweilig geworden ist. So sehr, dass sich schon mein Freundeskreis ein klein wenig beschwer hat, weil ich meine Freunde natürlich immer mit meinen Fragen ("Hättest Du nicht Zeit zum Kaffee trinken gehen?") genervt habe. Die haben leider höchstens jeder 1 Mal im Monat mal ein paar Stunden Zeit für mich. Im Sommer habe ich mich entschlossen, etwas an meinem Zustand zu ändern und es auch durchgezogen: seit dem 12.10 gehe ich wieder zur Uni und studiere wieder aktiv. Ich stehe quasi (und stand, als ich meine Erstdiagnose bekam) kurz vor dem Abschluß. In diesem Semester muß ich noch 5 Scheine machen, und wenn alles gut geht, kann ich im nächsten Semester meine Bachelorarbeit schreiben und hätte dann meinen Abschluß im Sommer 2016. Der "Preis" den ich dafür zahlen mußte: der Wegfall der Sozialhilfe. Denn obwohl ich nur 10 Stunden pro Woche zur Uni gehe, gelte ich vor dem Gesetz nun wieder als erwerbsfähig. Was natürlich Quatsch ist! Bafög kann ich leider nicht beziehen, so dass ich mir nun einen Studienkredit beantragt habe. Mit dem Kredit und einem Nebenjob (2-4h pro Woche) werde ich gerade so über die Runden kommen. Und zeitlich ist das (also die 12-14h die ich dann insgesamt mache) schon mein Limit, mehr packe ich leider auch nicht, da ich die Univeranstaltungen ja auch noch vor und nachbereiten muß (also bin ich auf kein Fall richtig erwerbsfähig). Klar, ist das alles super stressig, aber seitdem ich wieder studiere und wieder arbeite fühle ich mich richtig gut. Psychisch geht es mir top! Gerade der geistige Anspruch hat mir in den Monaten, in denen ich nichts gemacht habe, total gefehlt. Sicher, ist das allles auf "dünnem Eis" gebaut, finanziell und auch von der Machbarkeit her, aber für mich ist das, was ich tue wieder sehr sinnvoll. Ein kleines Ehrenamt soll auch wieder hinzukommen, halt etwas, was nicht so zeitintensiv ist, bzw. etwas, das man auch gut von zu Hause aus ausüben kann. Ich habe übrigens eine Berufsausbildung (bin gelehhrte Industriekauffrau), somit wäre es nicht unbedingt "notwendig", den Uni Abschluß zu erlangen, jedoch mache ich meine Fächer einfach sehr gerne, und ich fand es so schade, ein Studium aufzugeben, bei dem gar nicht mehr viel gefehlt hätte. Bevor ich wieder losgelegt hatte, ob ich das alles auch packe, hatte ich schon Zweifel an mir und an meiner Leistungsfähigkeit, aber die 10 Stunden Uni und 2-4h Arbeit pro Woche sind mir auf keinen Fall zu viel, sondern tun mir richtig gut. Ich fühle mich wieder ausgeglichen und viel selbstbewusster. Mein neuer Nebenjob ist sogar eine körperliche Tätigkeit, aber mit so einem geringen Stundenumfang ist auch das gut zu schaffen. Jetzt muß ich nur noch körperlich in den nächsten Monaten durchhalten! Ich hoffe sehr, dass mein Krebs in der nächsten Zeit keine bösen Überraschungen für mich bereit hält!
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