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  #1  
Alt 06.04.2008, 14:46
dannisa dannisa ist offline
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Frage Krebs - und alle haben sich lieb ...... ????

Hallo liebe Angehörige eines Krebskranken,

ich lese hier immer wieder, daß sich alle lieb haben, sich nahekommen, seit eine Krebsdiagnose im Raum steht. Was mache ich falsch, daß es bei uns gerade andersherum läuft?
Mein Partner hat seit 2,5 Jahren Nierenkrebs und seither ist er sehr abweisend und unnahbar geworden. Meine Sorge um ihn nimmt er kaum wahr bzw. lehnt sie ab. Er selbst ignoriert die Krankheit so gut es geht: er schluckt Tabletten, unterzieht sich Bestrahlungen und vertieft sich in seinen Beruf, schaut Fernsehen und schläft. Familienleben und Gespräche gibt es fast nicht mehr. Und wenn, dann in der Richtung, daß aus seiner Sicht alle unfähig sind und sich nicht angemessen anstrengen.
Bestimmt klingt es vermessen, so negativ über einen Krebskranken zu schreiben, dem man nach außen seine Krankheit kaum anmerkt. Ich spüre bei mir, daß ich wirklich zunehmend verstört auf seine Härte reagiere und meine Konzentrationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit rapide abnimmt.
Wie kommen wir aus so einer Negativspirale heraus, wenn er niemand an sich heranläßt? Da ist meine Suche nach Nähe, doch sie wird mit Ablehnung beantwortet.
Ich weiß nicht, wie lange ich die Situation noch ohne Schaden aushalte, dabei ist es doch er, der krank ist, der Hilfe benötigen würde und ich sollte eigentlich nicht klagen.
Ich will niemand zu nahe treten, und ich freue mich für alle, bei denen die Kommunikation mit dem Krebskranken so positiv ist.
Dannisa
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  #2  
Alt 06.04.2008, 14:55
Benutzerbild von Renate23
Renate23 Renate23 ist offline
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Standard AW: Krebs - und alle haben sich lieb ...... ????

Hallo dannisa,
ich selbst bin betroffen und nich angehörig. Aber vielleicht solltest Du Deinem Partner einfach die Zeit geben, die er sich nehmen will. Manchmal kann zuviel Hilfe lästig sein. Wenn ich an mich zurückdenke, meine ich, dass mich das andauernde Mitgefühl und Hilfestellung auch etwas genervt hat. Versuch mal es genauso zu machen wie er, nimm es hin, beobachte, es zeigt sich, wenn der Partner Hilfe braucht, vielleicht sagt er es dann doch auch. Man will die Krankheit nicht so in den Vordergrund stellen, dass sich plötzlich alles ändert. Wenn es Dir gelingt, tu so als wär die Zeit vor der Krankheit. vielleicht hilft es Euch beiden. Liebe Grüße Renate
__________________
Ab einem gewissen Alter erzählt unser Gesicht unser Leben!
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  #3  
Alt 07.04.2008, 12:59
Sunshine77 Sunshine77 ist offline
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Beiträge: 35
Standard AW: Krebs - und alle haben sich lieb ...... ????

Hallo,

Meine allerliebste Tante ist Weihnachten am kleinzelligen Bronchialkrebs verstorben. Auch wir, zumindest die Mehrheit der Familie, hätten sich gewünscht, dass sie selber anders mit der Situation umgegangen wäre als sie es tat. Bis zum Schluss wollte sie nicht wahrhaben wie schlecht es um sie bestellt war und reagierte häufig gereitzt bis wütend wenn Andere ihr Dinge abnehmen wollten oder sie schonen wollten. Alles sollte so bleiben wie es war bevor die Krankheit festgestellt wurde und dennoch war zwangsläufig alles anders! Das war ein riesen Spagat den wir Angehörige da leisten mußten - zu wissen dass es langfristig keine Chance geben würde und dennoch ihr die Hoffnung die sie gebraucht hat für sich nicht zu nehmen. Oft war sie im Verhalten wohl auch ungerecht zu ihrem Mann - der ja in der selben Situation ist wie du. Plötzlich wollte er öfter helfen, mitentscheiden. Sie sah aber nicht warum sich alle einmischten (denn sie selber war schon nicht mehr wirklich in der Lage alles für sich zu entscheiden) empfand aber das Einmischen als eine Art Entmündigung und wurde zornig. Rückblickend sage ich dass es ihre Hilflosigkeit war die sie bei Zeiten an ihren Angehörigen ausließ mit launischem Verhalten oder Sticheleien. Und im endeffekt war es auch unsere Hilflosigkeit die uns dazu brachte sie anders zu behandeln als zuvor. Das traurige daran war, dass einigen von uns es immer so vorkam als ob man sich gegenseitig was vorspielen müßte - alles sollte so bleiben wie es war und bloß nicht drüber reden was kommen könnte. Bis zum Schluß haben nur meine Schwester und ich uns wirklich klar gemacht, dass es kein Happy End geben würde und rückblickend sind wir alle sehr dankbar, dass das Ende so schnell und schmerzfrei kam wie es kam.

Du wirst akzeptieren müssen, dass es seine Krankheit ist und er selber das Tempo nur vorgeben kann was er wann wissen möchte und wann ihm etwas zuviel wird. Ich würde dir vorschlagen, dass du nochmal das Gespräch mit ihm suchst und ihm sagst was du dir wünschen würdest und wie du dich bei dieser Sache fühlst. Evtl. könnt ihr Kompromisse finden, denn ich denke sein Rückzug ist eine Art Selbstschutz für ihn. Wenn er nicht reden will, vielleicht hilft dir ja dieses Forum oder eine andere Selbsthilfegruppe vorort damit du deinen Druck loswirst. Das Forum hat mir zu der schweren Zeit sehr geholfen - alleine das mitlesen, drum schau ich nach wie vor gelegentlich hier rein.

Euch alles Gute,
Sunshine
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  #4  
Alt 12.04.2008, 17:45
Sharanna Sharanna ist offline
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Registriert seit: 15.03.2008
Beiträge: 23
Standard AW: Krebs - und alle haben sich lieb ...... ????

Hallo Dannisa,

auch mein Mann ist an Nierenkrebs erkrankt, noch relativ frisch - die OP war erst Anfang letzten Monats.

Es ist natürlich richtig gesagt von meiner "Vorrednerin", daß es die Krankheit unserer Partner ist. Aber ich weiß nicht, ob man das so leicht unterscheiden kann. Wenn man sehr liebt, dann empfindet man es fast als "gemeinsamen Krebs", zumindest fühle ich manchmal so.
So eine schwere Krankheit, die auch über die OP oder akute Behandlung hinaus das Leben weiterhin (für immer) beeinflußt, ist meines Erachtens nach immer eine Krankheit der ganzen Familie. Daher ist es auch völlig ok, daß Du schreibst, daß Deine Energie langsam aufgebraucht ist - ich kann das sehr gut verstehen.

Deine Erzählung klingt ein bißchen so, als würdet Ihr im Moment in einer Achterbahn sitzen - die Krankheit "passiert" mit Euch, sie hat Euch im Griff, nicht Ihr die Krankheit. Die Sprachlosigkeit zwischen Euch führt zu Problemen, die werden wieder nicht ausgesprochen, die Gefühle leben aber in Euch und machen auch etwas mit Euch. Entweder machen sie traurig, sie schmerzen, tun weh, machen wütend - oder womöglich gar körperlich krank. Das betrifft auch Dich, natürlich!
Daher ist es für Euch wichtig, die Sprachlosigkeit zu durchbrechen. Eine Therapie wäre sicher ein guter Schritt für Euch beide, getrennt oder auch jeder (erstmal) für sich, aber wie ich es raushöre, würde Dein Mann z.Zt. nicht mitgehen. Ich fühle aber, daß Dir Deine Ehe, Dein Mann, sehr sehr wichtig sind. Du hast (noch) nicht aufgegeben, da spricht die Liebe in Dir.
Wir Frauen haben es oft leichter, über unsere Probleme zu sprechen. Das ist nicht grundsätzlich so, aber es passt oft. Daß Du hier im Forum kommunizierst, ist ja auch ein Zeichen dafür. Daher wird es Dir sicher leichter fallen, es (nochmal) zu probieren.
Suche einen Moment, in dem Ihr Ruhe habt (vielleicht Wochenende, bei einem Spaziergang). Sei bemüht, Dich nicht provozieren oder aus der Ruhe bringen zu lassen (was ja nicht immer so leicht ist, nicht wahr? ). Versuche vielleicht, Botschaften einfließen zu lassen wie: "Was brauchst Du im Moment?" - "Wie kann ich Dir eine Hilfe sein - was stört Dich eher?".
Versucht, Eure Grenzen zu erkennen. Wo kommst Du ihm in Deiner Sorge zu nahe (er stößt Dich dann weg)? Wo fühlt er sich entmündigt, indem du ihm zu viel (aus Liebe) abnimmst (don't forget: er ist ein Mann und möchte sich auch weiterhin so fühlen! ).
ABER: Ihr seid ein Paar, Deine Gefühle sind ebenso wichtig wie seine, unabhängig von seiner Krankheit! Daher: auch DEINE Grenzen sind wichtig: sage ihm, wo er Dich mit seinen Wutausbrüchen, seinen Kränkungen oder seiner Kälte überfordert und traurig macht. Versuche, es liebevoll aber bestimmt, ohne Anschuldigungen oder Vorwürfe zu sagen, sonst geht er gleicht wieder in die Verteidigung. Sage daher nicht "Du hast aber...!", sonder vielleicht eher "Es macht mich traurig / ängstlich / es kränkt mich, wenn ich das Gefühl habe, daß...".
Es ist nicht leicht, ein Gespräch so "vorsichtig" und "bewußt" zu führen, aber es kann helfen, keinen Streit eskalieren zu lassen, der Euch nur noch sprachloser macht. Positive Formulierung kann manchmal Wunder wirken. Statt "Ich wünschte, wir würden nicht immer streiten!" lieber "Ich wünsche mir für uns, daß wir uns wieder näher kommen..." - der erste Satz verlockt schnell zu Entgegnungen "männlicherseits" wie "ICH streite ja auch nie, aber DU...!!!" (also wieder Verteidigungshaltung), während der zweite Satz leichter ein "Das wünsche ich mir auch" zuläßt.

ICH wünsche EUCH auf jeden Fall, daß Ihr langsam, Stück für Stück, die Brücke zwischen Euch wieder festigt. Diese Erkrankung ist eine ganz schwierige Situation für die ganze Familie - nicht wenige zerbrechen daran.
ABER: auch ganz viele wachsen an dieser Aufgabe und gehen den Weg gemeinsam! Das wünsche ich Euch.

Liebe Grüße,
Sharanna

PS: Denke nicht, Deine Gefühle sind nicht "angemessen" - wenn Du wütend bist, dann bist Du wütend. Dann hat das auch einen Grund. Laß es raus, geh spazieren, verkloppe die Kissen (das hilft! selbst erprobt!), mach Sport, geh zu einer Freundin, komm hier in's Forum...
Es ist auch immer eine Idee wert, sich selbst psychologische Hilfe zu holen, auch ohne Deinen Mann. Denk an Dich, und sei gut zu Dir!
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