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  #1  
Alt 27.06.2002, 15:49
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Abschied nehmen ist so schwer

Hallo

gehört dieser Beitrag hier rein? ins Angehörigen/Freunde Forum? ins bk Forum ? ich weiß nicht genau.
Noch lebt meine Bekannte. Sie hat als Ersterkrankung vor 4 Jahren die Diagnose Brustkrebs bekommen. Damals 32 Jahr alt.
Kennengelernt habe ich sie erst vor 2 1/2 Jahren im Internet. Gesehen haben wir uns nie, doch Kontakt haben wir seit dem regelmäßig. Telefon - Mails - früher auch gemeinsame Mailinglisten.
sie war bisher immer optimistisch, hat immer wieder die Hoffnung trotz vieler Rückschläge nicht aufgegeben. Ein Grossteil ihres Bekanntenkreises, ihrer eigenen Familie haben sich in den letzten 2 Jahren mehr oder weniger abgewandt, konnten das Leid nicht mit ansehen? Ich weiß nicht - kein Besuch im Krankenhaus z.B. - jetzt auch nicht.
In den letzten 12 MOnaten kamen dann Gebärmutterhalskrebs und Anfang diesen Jahres Darmkrebs dazu. Auch hier - chemos, Bestrahlungen - alternative Möglichkeiten. Jeder kleinste Strohhalm ist ihrer. Als ich Anfang des Jahres dann meine eigene BK-diagnose bekam, war sie mir die ersten Tage eine grosse Hilfe.
Sie war einfach da.
Sie weiß von meiner Schwester die vor 5 Jahren daran starb - genauso alt wie sie jetzt ist - MItte 30; - wir haben schon vorher immer, und seit Anfang des Jahres insbesondere über alles sprechen/schreiben können. Haben in Mails gemeinsam gelacht. Uns gegenseitig Mut zugesprochen. Auch schon vorher, denn meine anderen körperlichen Erkrankungen sollte ich dabei ja nicht ausser Acht lassen, ist eben nur etwas dazu gekommen.
Nein, gelacht haben wir auch am Telefon - immer und immer wieder.

Als jetzt vor 6 Wochen die letzten Bestrahlungen rum waren, wegen den Darmkrebs und sie operiert werden konnte, hatte sie alle Hoffnung, das danach endlich das Leben beginnt.
Vor 3 Wochen wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen - körperlich hat diese Operation ihr eigentlich alle Kräfte geraubt. Sie wurde nach Hause entlassn - und eine Woche später hat sie ihre Reha angetreten. Heute habe ich einen Brief bekommen, vielleicht der letzte? Sie war nur einen einzigen Tag in der ReHa - als sie notfallmäßig ins Krankenhaus zurücküberwiesen wurde.

Ihr Kopfschmerzen, die sie seit Wochen hatte stellte sich als zusätzlichen Hirntumo raus - inoperabel.
Metastasen in Leber und Lunge. Ich frag mich, wie lange sie noch leiden soll. Darf man das fragen? sie hat mich danach gefragt.
Sie hatte Pläne - wollte nach der Darm-OP in den Urlaub. Es waren auch die Träume, die sie immer wieder so mutig haben sein lassen -jeden Kampf aufzunehmen.

Jetzt kann sie nicht einmal mehr laufen, kaum noch schreiben. Sie hat sich in dem Brief heute von mir verabschiedet. Das fällt schwer zu begreifen.

einen solchen Brief habe ich im Dezember von einer anderen, sehr lieben Person bekommen. Sie wußte, das sie eine schwere Herz-OP vor sich hatte und das das Riskiko sehr, sehr gross war, das zu überleben. Es ging alles schief, was nur schief gegen konnte. Auch sie war noch nicht einmal 40 Jahre alt.
Die letzten Tage vor ihrer OP haben wir jeden Abend, jede Nacht telefoniert - schöne gemeinsame Zeiten herauskristalliesiert - zusammen geweint, zusammen gelacht. 3 OP´s wurden gemacht - und vor der zweiten durfte ich abends noch mit ihr auf der Intensiv-Station per Telefon sprechen. Es war schön, es war das letzte Gespräch - und beide haben es geahnt. Hatten aber gleichzeitig die Hoffnung, das doch noch alles gut wird. Manchmal kann man eben doch ein Schnippchen schlagen, oder? Machten Pläne für diesen Sommer - wollten an die Nordsee fahren. Zu einem Leuchtturm.

Darf man sich so offen wünschen, ihr wünschen, das das Leid endlich doch mal zu Ende sein soll?
Darf man sagen, das das Leben manchmal ungerecht ist?

Meine Bekannt wohnt so weit weg - ich würde sie so gerne einmal sehen. Sie einfach mal in die Arme nehmen und sagen, ich bin da - gerade jetzt. Ich kann es aber noch nicht - durch meine Chemos bin ich selber dafür nicht fit genug. Das ist das was ich weiß und merke -habe aber das Gefühl sie in Stich zu lassen.

aber es ist quer durch Deutschland - von Nord nach Süd und weiter in die Schweiz. Ich schaffe es noch nicht mal, jetzt in die Straßenbahn zu steigen - und in die Stadt zu fahren. Muß für das meiste eine Taxe nehmen. Schon wegen dem Arm, der mir beim Rollstuhl fahren immer mehr Schwierigkeiten macht.

so wird es ein Abschied aus der Ferne sein.

Darf man sowas hier auch schreiben? --- Abschied nehmen ist so schwer. Manchmal aber muß das wohl auch sein.

Und trotzdem ist im Hinterkopf der Gedanke, wer weiß, jetzt aufeinmal ist da doch die Hoffnung, es könnte sich zum guten wenden. Es gab und gibt so viele Beispiele dafür - warum nicht auch in ihrem Falle.

Kann man auch nur ein bißchen Abschied nehmen? Was soll ich ihr wünschen? In erster Linie doch wohl, das sie keine Schmerzen leiden muss, das man alles für sie tut, um das zu verhindern;
Ich wünsche ihr, das sie die Hoffnung nicht aufgibt - aber ich wünsche ihr gleichzeitig, das das Leiden bald vorbei ist. Denn es reicht wirklich, was ihr auferlegt wurde.

elisabeth
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  #2  
Alt 29.06.2002, 23:42
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Abschied nehmen ist so schwer

Liebe Elisabeth!

Ich musste mehrfach an Dein Posting denken. Ja, ich finde schon, dass man auf diese Weise Abschied nehmen kann. Hier werden so viele Hoffnungen und Wünsche reingeschrieben. Es ist doch eigentlich genau der richtige Ort!

Ich finde es toll, wie Du für Deine Freundin da bist. Sie weiß das, bestimmt.

Mir kommt da gerade noch eine Idee. Gibt es vielleicht jemanden in ihrer Nähe, zu dem/der Du Kontakt aufnehmen kannst, der sie für Dich in die Arme nehmen kann? Man sagt doch auch immer am Telefon: "Gib' xy einen Kuss von mir". Wieso nicht eine Umarmung - mit Grüßen von Dir (und selbst wenn es eine Krankenschwester ist)?

Ich wünsche Deiner Freundin sehr, dass sich doch noch etwas zum Guten wendet oder wenigstens, dass sie keine Schmerzen leiden muss.

Schreib' doch einmal, wie es weitergeht.

Liebe Grüße
Tina
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  #3  
Alt 22.07.2002, 19:11
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Abschied nehmen ist so schwer

hallo

sorry habe mich nicht mehr gemeldet...

sie kämpft immer noch ihren Kampf, aber jetzt irgendwie anders Heute haben wir über das danach gesprochen,- und haben einen Treffpunkt ausgemacht, wo wir uns eben treffen werden, weil wir uns leider in dieser Welt nicht mehr sehen werden. In den letzten 6 Wochen ist aus einem Menschen, der/die immer gekämpft hat und nie den Glauben verloren hat - ein Pflegefall geworden. Sie kann leider nicht mehr laufen, schon 4 Wochen ist das so, nicht mehr sehen ( nur noch sehr, sehr eingeschränkt etwas Helligkeit erkennen). Sprechen geht noch - deswegen werden wir jetzt soviel wie noch nie miteinander telefonieren, wie es eben geht. Alle 2 Stunden kommen Pflegekräfte der Onkologie - und sie wird zu Hause sterben dürfen. darüber bin ich sehr froh. Das hat sie sich so sehr gewünscht. Seit heute ist sie irgendwie sehr gut sortiert.
Heute hat sie zum ersten Mal selber über ihr Sterben gesprochen, und das sie keine Angst mehr davor hat. Es war nicht nur so gesagt, sondern es ist wirklich so. Es kann nicht mehr lange dauern - ich bin traurig, aber auch froh. Denn sie hat unsagbar leiden müssen. Ob ich jemals bereit bin, einen solchen Kampf zu kämpfen? Ich habe sie einfach nur virtuell in die Arme genommen - und habe ihr ein Bild beschrieben, welches hier bei mir an der Tür hängt.
Diese Bild hat mir ein kleines Mädchen gemalt, als ich im Januar so fürchterlich traurig gewesen bin, als meine Freundin auch so jung (38 Jahre alt) gestorben ist...
Es ist das Regenbogenland, oben im Himmel, und dort habe ich eben meine Bekannte auch eingeladen, habe gesagt, egal wann, egal wie - aber dort werden wir uns wieder sehen. Auch sie kannte meine Freundin, sogar persönlich.
Mag sein, das das für Euch ein wenig albern klingt, aber ich habe schon so viele Menschen verloren, so daß ich mir einfach nur so selber sagen kann, wir werden uns dort oben einfach treffen.

Ich hoffe nur, das ich selber diese Stärke haben werde, meinen eigenen Kampf auch so zu kämpfen.. Vielleicht mache ich einiges anders - aber aufgeben will und werde ich selber auch nicht.
Mal sehen, was wird...

elisabeth

zwar sehr sehr traurig, aber eben auch irgendwie froh - das wir uns heute so offen unterhalten konnten. Es hat gut getan, ich glaube ihr selber und auch mir.
Ach ja, gelacht haben wir natürlich trotzdem , denn das Leben ist jetzt viel zu kurz dafür, das wir das ausklammern sollten.
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